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01.10.2010 · IWW-Abrufnummer 103234

Amtsgericht Sigmaringen: Beschluss vom 26.07.2010 – 8 K 273/10

Zur Unwirksamkeit einer Entwicklungs- und Anpassungsklausel in einem Chefarztvertrag zwischen Universitätsklinikum und beamteten Hochschulprofessor


VG Sigmaringen
Beschluß vom 26.7.2010
8 K 273/10
Tenor
Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, den Organisationsbeschluss seines Klinikumsvorstands vom 18.06.2008 in der Fassung des Umlaufbeschlusses vom 08./11.02.2010 zu vollziehen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine Organisationsentscheidung des Antragsgegners.
Die Antragstellerin ist im Jahr 2001 vom Beigeladenen Ziff. 2 zur Universitätsprofessorin ernannt worden und ist seitdem Inhaberin der C4-Professur für Viszerale Chirurgie an der Medizinischen Fakultät der Beigeladenen Ziff. 1. Gleichzeitig wurde ihr vom Antragsgegner die Leitung der Abteilung Viszeral- und Transplantationschirurgie übertragen (heute: Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie).
Der Klinikumsvorstand des Antragsgegners hat am 18.06.2008 die Errichtung eines Departments für Allgemeine und Viszeralchirurgie und damit zusammenhängend eine Umstrukturierung der von der Antragstellerin geleiteten Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie beschlossen. Leitungsfunktionen und Aufgabenbereich der Antragstellerin im Universitätsklinikum würden mit Inkrafttreten des Beschlusses zur Errichtung des Departments erheblich eingeschränkt (z. B. Leitung des Departments durch einen Vorstand, dem die Professoren der Besoldungsgruppe W3, C4 und C3 angehören; Untergliederung des Departments in „Klinik für Allgemeine Chirurgie“, „Klinik für Onkologische Chirurgie“ und „Abteilung für Kinderchirurgie“ sowie Herausnahme der Transplantationschirurgie, da diese der „Klinik für Urologie und Kinderurologie“ zugeordnet werden soll; der Antragstellerin verbliebe nur noch die Leitung der neu geschaffenen „Klinik für Allgemeine Chirurgie“). Der streitige Organisationsbeschluss enthält den Schlusssatz, dass die Organisationsmaßnahmen nach Zustimmung des Aufsichtsrats mit der Annahme eines Rufs auf eine auszuschreibende W3-Professur für Onkologische Chirurgie in Kraft treten. Nach Zustimmung des Aufsichtsrats und Feststellung der Funktionsbeschreibung für die neu zu schaffende Stelle der Professur für Onkologische Chirurgie ist im Deutschen Ärzteblatt vom 20.02.2009 eine W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie ausgeschrieben worden.
Bereits im August 2009 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Sigmaringen einstweiligen Rechtsschutz beantragt, gerichtet gegen die Universität (Beigeladene Ziff. 1) und gegen das Land (Beigeladener Ziff. 2). Dieser Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO blieb ohne Erfolg, da die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch auf die von ihr begehrte vorläufige Untersagung einer Berufung, Einvernehmenserteilung hierzu oder Ernennung eines Bewerbers auf die ausgeschriebene W3-Professur für Allgemeine und Viszeralchirurgie nicht glaubhaft gemacht hat (vgl. den Beschluss der Kammer vom 09.11.2009 - 8 K 1946/09 - sowie den hierzu ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, juris).
Die Antragstellerin hat am 10.09.2009 beim Arbeitsgericht Ulm Klage gegen den Antragsgegner erhoben. Ziel der Klage ist u. a. die Feststellung, dass der Beschluss des Antragsgegners vom 18.06.2008 unwirksam ist. Das Arbeitsgericht Ulm hat mit Beschluss vom 03.02.2010 - 4 Ca 440/09 - entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unzulässig ist und hat den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht Sigmaringen verwiesen. Die hiergegen von der Antragstellerin erhobene sofortige Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 02.06.2010 - 3 Ta 10/10 - als unbegründet zurückgewiesen. Die Klage wird seitdem beim Verwaltungsgericht Sigmaringen unter dem Aktenzeichen 8 K 1362/10 fortgeführt.
II.
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist zulässig und begründet.
Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist als gegeben anzusehen. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 03.02.2010 - 4 Ca 440/09 -, juris, mit dem das Hauptsacheverfahren zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht Sigmaringen verwiesen worden ist, ist rechtskräftig geworden. Die Verweisung ist nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG hinsichtlich des Rechtswegs bindend, so dass das Verwaltungsgericht Sigmaringen als das Gericht der Hauptsache nach § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zuständig ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.08.2005 - 12 E 860/05 -, NVwZ-RR 2006, 365).
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund für den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 und § 294 ZPO). Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand und der im vorläufigen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass eine (weitere) Umsetzung der vom Klinikumsvorstand am 18.06.2008 beschlossenen Organisationsmaßnahmen Rechte der Antragstellerin aus dem Vertrag vom 22.02./14.03.2001 (sog. Chefarztvertrag) verletzt.
Durch den Vertrag vom 22.02./14.03.2001 sind im Verhältnis zum Antragsgegner die Leitungsfunktion, der Aufgabenbereich und die Liquidationsbefugnis der Antragstellerin begründet worden. Der Chefarztvertrag regelt die einzelnen Bedingungen des Dienstverhältnisses zwischen dem Antragsgegner und der Antragstellerin. Diese Bedingungen betreffen nicht nur das Liquidationsrecht, die Mittelausstattung für medizinische Forschung und Lehre, sondern auch die sonstigen Arbeitsbedingungen, die fachlichen Entwicklungsmöglichkeiten sowie insgesamt das „Standing“ des betroffenen Chefarztes im Gesamtgefüge von Klinikum und Universität (vgl. Böhmann, MedR 2007, 465). Indem solche Bedingungen eingeräumt werden, wird die Attraktivität der zu besetzenden Stelle erhöht und damit auch die Chancen von Universität und Klinikum verbessert, im Wettbewerb der Hochschulen untereinander qualifiziertes akademisches Personal zu gewinnen; entsprechende Angebote sind in der Praxis nicht selten ausschlaggebend für die Standortentscheidung qualifizierter Professoren (vgl. zur Ausstattungszusage VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2008 - 9 S 1507/06 -, VBlBW 2009, 69). Das Liquidationsrecht beamteter Klinikdirektoren ist außerdem als notwendige Kehrseite des Verbots, eine eigene Praxis außerhalb der Klinik zu betreiben, bezeichnet worden (vgl. Blümel/Scheven, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Auflage, Bd. 1, S. 478). Zudem wurde das Liquidationsrecht als Ausgleich für die besonderen Dienstleistungsbedingungen und die ungewöhnliche Verantwortungslast des Amtes eines beamteten Chefarztes angesehen (vgl. Wahlers, ZBR 2006, 221, 227). Die Möglichkeit, ein persönliches Behandlungsrecht zu vereinbaren oder zuzusichern, sowie die Ausübung der entsprechenden Nebentätigkeit unter Inanspruchnahme der sachlichen und personellen Infrastruktur der Klinik sind als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Artikel 33 Abs. 5 GG gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1979 - 2 BvR 513, 558/74 -, BVerfGE 52, 303; BVerwG, Urteil vom 27.02.2008 - 2 C 27/06 -, BVerwGE 130, 252; Blümel/Scheven, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Auflage, Bd. 1, S. 478; Böhmann, WissR 2007, 403, 416 ff.). Auf die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material besteht im Rahmen des im Chefarztvertrag festgelegten Umfangs ein Rechtsanspruch, denn anderenfalls liefe das Recht auf Eigenliquidation, das beamteten Klinikdirektoren kraft eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums rechtswirksam eingeräumt werden kann, leer (vgl. Blümel/Scheven, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, 2. Auflage, Bd. 1, S. 478). Die einzelnen Regelungen im Chefarztvertrag vom 22.02./14.03.2001, insbesondere die Übertragung der Leitung der „Abteilung für Viszeral- und Transplantationschirurgie“, beziehen sich somit auf eine bestimmte oder zumindest bestimmbare Abteilung, wie sie insbesondere im gemeinsamen Berufungsangebot von Klinikum und Medizinischer Fakultät vom 13.02.2001 im Einzelnen beschrieben worden ist. Nur ein solches Verständnis wird dem Vertragstext und den damaligen Interessen der Vertragsparteien gerecht; anderenfalls würden auch einige Regelungen des Vertrages, wie etwa die Entwicklungs- und Anpassungsklausel (§ 4) oder der Ausschluss von Ausgleichsansprüchen (§ 5 Abs. 8) keinen Sinn machen.
Der Antragsgegner ist zu einer unmittelbaren Anpassung oder Änderung der vertraglich geregelten Rechtsbeziehungen nur dann befugt, wenn ihm eine entsprechende einseitige Vertragsänderungsbefugnis zustehen würde. Als Grundlage für die mit der streitigen Organisationsentscheidung einhergehende einseitige Vertragsänderung kommt derzeit nur die in § 4 des Chefarztvertrages vom 22.02./14.03.2001 enthaltene Entwicklungs- und Anpassungsklausel in Betracht. Diese Entwicklungs- und Anpassungsklausel ist jedoch unwirksam und fällt ersatzlos weg. Außerdem würde sie auch einer Ausübungskontrolle nicht Stand halten, da die streitige Organisationsentscheidung voraussichtlich weder dem Satzungsvorbehalt nach § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 bis 4 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UKG noch dem Erfordernis „Im Benehmen mit der Abteilungsleiterin“, welches in der Entwicklungs- und Anpassungsklausel enthalten ist, genügt.
Dabei kann offen bleiben, ob die Vereinbarung vom 22.02./14.03.2001 zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist. Die Verweisung der Hauptsache an das Verwaltungsgericht (ArbG Ulm, Beschluss vom 03.02.2010 - 4 Ca 440/09 -, juris; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.2010 - 3 Ta 10/10 -) ist nur hinsichtlich des Rechtswegs, nicht aber in Bezug auf das materielle Recht bindend (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 17a GVG Rdnr. 21). Für die Abgrenzung eines öffentlich-rechtlichen von einem zivilrechtlichen Vertrag kommt es auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrags bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.05.2010 - 6 A 5/09 -, juris). Es steht außer Frage, dass der Vertrag vom 22.02./14.03.2001 sich auf Rechtsnormen bezieht, die einen öffentlich-rechtlichen Charakter aufweisen, nämlich solche des Hochschulrechts, des Beamtenrechts und des Universitätsklinika-Rechts. Allerdings ist nach dem Grundsatz der Wahlfreiheit der Verwaltung die Verwaltung berechtigt, sich der Organisations- und Handlungsform des Privatrechts zu bedienen, sofern die Rechtsordnung dies nicht verbietet. Das Prinzip der Wahlfreiheit lässt gerade auch dann privatrechtliche Handlungsformen zu, wenn es darum geht, unmittelbare öffentliche Aufgaben zu erfüllen, und die öffentliche Hand öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegt. Hinsichtlich der Qualifizierung von Verträgen ist deshalb von dem Grundsatz auszugehen, dass nicht allein aus der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf den öffentlich-rechtlichen Charakter der betreffenden Maßnahme geschlossen werden darf. Maßgeblich für die Zuordnung eines Rechtsverhältnisses zum öffentlichen Recht oder zum Privatrecht ist nicht das Ziel, sondern die Rechtsform staatlichen Handelns und damit letztlich der Wille der vertragsschließenden Parteien (zum Ganzen vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.05.2007 - 6 B 10/07 -, BVerwGE 129, 9; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 40 Rdnr. 396; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 5, 215 f.). Der Wille, einen privatrechtlichen Vertrag abschließen zu wollen, kann zum Beispiel in einer vertraglichen Gerichtsstandsklausel zu erblicken sein (vgl. Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 40 Rdnr. 396; Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 216; einschränkend BGH, Beschluss vom 20.05.2009 - XII ZB 166/08 -, NVwZ 2009, 1054, wonach eine Gerichtsstandsvereinbarung dem öffentlich-rechtlichen Charakter nicht zwingend entgegen stehe). In dem Positionspapier der Kultusministerkonferenz zur „Neugestaltung des Personalrechts einschließlich des Vergütungssystems der Professoren mit ärztlichen Aufgaben im Bereich der Hochschulmedizin“ vom 19.11.1999 wurde unter dem Stichwort „Kombinationslösung Beamtenrecht/Vertragsrecht“ ein Modell vorgeschlagen, bei dem es einerseits für den Bereich Forschung und Lehre bei der bisherigen Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbleibt, andererseits mit dem künftigen Leiter einer klinischen Einrichtung ein gesonderter Chefarztvertrag abgeschlossen wird, durch den die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung vertraglich übertragen werden (vgl. auch den von der Kultusministerkonferenz erstellten „Bericht über den Stand der Umsetzung des Positionspapiers der KMK vom 19.11.1999 in den Ländern“ vom 20.06.2003). Vor diesem Hintergrund wird in dem einschlägigen Schrifttum nahezu einhellig davon ausgegangen, dass auch im Fall eines beamteten Hochschulprofessors die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung durch einen privatrechtlichen Dienstvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen werden (vgl. z. B. Böhmann, WissR 2007, 403, 411 ff.; Wahlers, ZBR 2006, 221, 223, 227 ff.; Sandberger, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Auflage, Kapitel 4 Rdnr. 1205; derselbe, in: Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Band 2, Hochschulmedizin und Universitätsklinika, Rdnr. 214). Hinzu kommt, dass zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner kein Beamtenverhältnis besteht (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 -, juris). Die Vereinbarung vom 22.02./14.03.2001 ist im Vorfeld des Vertragsschlusses vom Antragsgegner als Chefarztvertrag (vgl. den Vermerk des Kaufmännischen Vorstands des Antragsgegners vom 03.01.2001) bzw. als Chefarztvereinbarung (vgl. das gemeinsame Berufungsangebot des Antragsgegners und der Medizinischen Fakultät vom 13.02.2001) bezeichnet worden. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Aufgaben in der Krankenversorgung am Universitätsklinikum U. „in einem besonderen Vertrag von dem rechtlich selbständigen Universitätsklinikum übertragen“ werden und hat zugleich diesen Vertrag mit dem Universitätsklinikum als Dienstvertrag bezeichnet (vgl. das Berufungsschreiben des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg vom 04.12.2000; das an die Antragstellerin gerichtete Schreiben des Ministeriums vom 26.03.2001; die zwischen dem Land und der Antragstellerin getroffene Berufungsvereinbarung vom 26.04./30.04.2001). Schließlich enthält die Vereinbarung vom 22.02./14.03.2001 in § 12 Abs. 3 eine Gerichtsstandsklausel, wonach der Gerichtsstand für Streitigkeiten aus dieser Vereinbarung U. ist. Diese Gerichtsstandsvereinbarung macht nur Sinn, wenn die Vertragsparteien ein privatrechtliches Dienstverhältnis haben begründen wollen (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 24.02.2010 - 3 K 2749/08 -, juris; aus dem Tatbestand dieser Entscheidung geht hervor, dass in dem dort streitgegenständlichen Chefarztvertrag ausdrücklich geregelt war, dass das Dienstverhältnis zwischen dem beamteten Hochschulprofessor und dem Universitätsklinikum bürgerlich-rechtlicher Natur sei; das zunächst angerufene Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit gleichwohl an das Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen). Rückschlüsse auf die Rechtsnatur der Vereinbarung vom 22.02./14.03.2001 lassen auch die ursprünglichen Äußerungen des Antragsgegners und der Universität zu: So hat der Vorstandsvorsitzende des Antragsgegners in einem Schreiben an den Präsidenten der Universität U. vom 01.09.2009 ausgeführt, dass „die dem Änderungsbedarf zugrunde liegenden Prognosen eines Krankenhausträgers in solchen Fällen nur einer eingeschränkten (arbeits-)gerichtlichen Kontrolle“ unterliegen würden, ferner, dass die Einschränkung des Liquidationsrechts der Antragstellerin „nicht Gegenstand des verwaltungsrechtlichen Verfahrens sein kann“. Die Universität hat in ihrem Schriftsatz vom 03.09.2009 im Verfahren 8 K 1946/09 ausgeführt, dass eine Übertragung der Aufgaben als Ärztliche Direktorin der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie nicht durch Berufungsangebot oder Berufungsvereinbarung erfolgt sei, sondern die Antragstellerin diese Aufgaben „vielmehr aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags mit und für das (rechtlich selbständige) Universitätsklinikum“ wahrnehme. Bei einer Gesamtbetrachtung ist deshalb die Kammer in ihrem Beschluss vom 09.11.2009 - 8 K 1946/09 - (S. 5 f.) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Leitungsaufgaben und die Aufgaben in der Krankenversorgung der Antragstellerin durch einen gesonderten privatrechtlichen Chefarztvertrag mit dem Universitätsklinikum übertragen worden seien. Die Kammer geht in der folgenden Prüfung jedoch davon aus, dass der Chefarztvertrag bzw. Dienstvertrag zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner vom 22.02./14.03.2001 öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, juris). Das Ergebnis dieser Prüfung gilt erst recht dann, wenn der Chefarztvertrag privatrechtlicher Natur wäre.
Die in § 4 des Chefarztvertrags vom 22.02./14.03.2001 enthaltene Entwicklungs- und Anpassungsklausel verstößt gegen § 308 Nr. 4 und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 62 Satz 2 LVwVfG. Auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge finden nach § 62 Satz 2 LVwVfG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergänzend entsprechende Anwendung. Der Verweis auf das BGB ist dynamischer Natur. Nach Eingliederung des AGB-Gesetzes in das BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sind nunmehr die §§ 305 bis 310 BGB über § 62 Satz 2 LVwVfG auf öffentlich-rechtliche Verträge anzuwenden (vgl. z. B. Schliesky, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Auflage, § 62 Rdnr. 29; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage, § 62 Rdnr. 59; Grüneberg, in: Palandt, 69. Auflage, Vorb v § 307 Rdnr. 4; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Band 1, 12. Auflage, § 54 Rdnr. 24; Gurlit, in: Erichsen/Ehlers/Burgi, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Auflage, § 29 Rdnr. 11; Christmann, Der öffentlich-rechtliche Vertrag mit privaten Dritten im Lichte der Schuldrechtsreform, 2010, S. 75 ff., 105, 109; Geis, NVwZ 2002, 385, 386; SG Wiesbaden, Gerichtsbescheid vom 24.09.2008 - S 17 KR 296/07 -, juris). Der vorliegende Fall verdeutlicht, dass der Bürger im Verhältnis zum Staat unabhängig von der Wahl der Rechtsform gleichermaßen schutzbedürftig ist, weil in vielen Fällen öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Vertrag austauschbar bzw. funktionsgleich sind. Der in § 62 Satz 2 LVwVfG enthaltene Verweis auf die §§ 305 ff. BGB erstreckt sich zwangsläufig auch auf den Artikel 229 § 5 EGBGB, da dieser als „Allgemeine Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001“ lediglich die Anwendung der neuen §§ 305 ff. BGB auf bestehende Rechtsverhältnisse regelt. Solche Übergangsvorschriften treffen keine eigenständigen Regelungen in Bezug auf einen bestimmten Sachbereich, sondern sind unzertrennlicher Teil der neuen Regelungen, deren Anwendung sie insbesondere im Hinblick auf bereits bestehende Rechtsverhältnisse regeln. Sie sind daher Teil dieser Vorschriften, auf die sie sich beziehen, auch wenn sie - wie im vorliegenden Fall - aus Gründen der Übersichtlichkeit bei einer Kodifikation wie dem BGB nicht in diesem, sondern in einem eigenen Einführungsgesetz zusammengefasst werden. Im Übrigen beruht die in Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB für Dauerschuldverhältnisse getroffene Übergangsregelung auf dem allgemeinen Grundsatz, dass für Rechtsverhältnisse, die auf Dauer angelegt sind, im Zweifel das neue Recht anzuwenden ist (vgl. Handbuch der Rechtsförmlichkeit, hrsg. vom Bundesministerium der Justiz, 3. Auflage, Rdnr. 412 ff., 684 f, 756 ff.).
Die in § 4 des Chefarztvertrags vom 22.02./14.03.2001 enthaltene Entwicklungs- und Anpassungsklausel verstößt gegen § 308 Nr. 4 und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und fällt damit im vorliegenden Fall ersatzlos weg. Die Entwicklungs- und Anpassungsklausel in § 4 stellt eine vorformulierte Vertragsbedingung dar, die der Antragsgegner der Antragstellerin bei Abschluss des Chefarztvertrags stellte (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies ergibt sich eindeutig aus den Behördenakten, z. B. heißt es in einem Aktenvermerk des Antragsgegners vom 03.01.2001, dass der Antragstellerin am 12.01.2001 das „Muster eines Chefarztvertrages“ ausgehändigt werde (zur Verwendung von Chefarztvertragsmustern im Bereich der Hochschulmedizin vgl. z. B. Böhmann, WissR 2007, 403, 419 ff.; Wahlers, ZBR 2006, 221, 229). Der Chefarztvertrag datiert auf den 22.02./14.03.2001. Gemäß Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB finden auf Dauerschuldverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01.01.2002 begründet worden sind, vom 01.01.2003 an das Bürgerliche Gesetzbuch und somit auch die §§ 305 ff. BGB Anwendung. Damit hat Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB dem Dienstherrn eine Schutzfrist zur Umstellung seiner vorformulierten Dienstverträge bis zum 31.12.2002 gewährt. Mit Ablauf dieser Schutzfrist verlagert sich der Prüfungsschwerpunkt von der Ausübungs- zur Inhaltskontrolle. Anders als bei der früheren Prüfung im Rahmen des § 242 BGB ist bei zu weit gefassten Klauseln nicht mehr zu prüfen, ob sich der Dienstherr im konkreten Einzelfall Treu und Glauben oder billigem Ermessen entsprechend verhalten hat. Die Inhaltskontrolle nach den §§ 307, 308 BGB zwingt zu einer generellen, typisierenden Prüfung. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfall. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit tragen auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (vgl. BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, juris; Urteil vom 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 -, juris; Hümmerich/Bergwitz, BB 2005, 997 ff.).
Im vorliegenden Fall verstößt die vom Antragsgegner vorformulierte Entwicklungs- und Anpassungsklausel bereits deshalb gegen § 308 Nr. 4 und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da nicht angegeben ist, unter welchen Voraussetzungen tatsächlich das einseitige Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt werden kann. Voraussetzungen und Umfang der vorbehaltenen Änderungen müssen möglichst konkretisiert werden. Die widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe eindeutig sein, damit der Betroffene erkennen kann, was ggf. auf ihn zukommt. Der Kalkulierbarkeit und Vorhersehbarkeit hinsichtlich der Ausübung des einseitigen Vertragsänderungsrechts kommt ein besonderes Gewicht zu, weil der Betroffene die Möglichkeit haben muss, den Eintritt der Voraussetzungen für das vorbehaltene Vertragsänderungsrecht zu verhindern oder sich zumindest auf eine drohende Änderung rechtzeitig einzustellen. Bei einer gänzlich unbestimmten Entwicklungs- und Anpassungsklausel ist es für den Empfänger eines Anpassungsverlangens überdies kaum möglich festzustellen, ob die geltend gemachte Anpassung berechtigt ist. Keinesfalls genügt der in der Entwicklungs- und Anpassungsklausel enthaltene Passus „wenn dies sachlich geboten ist“, da diese Voraussetzung völlig unbestimmt ist, nichts zur Reichweite des Änderungsrechts aussagt und letztlich nur eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringt. In Rechtsprechung und Schrifttum ist geklärt, dass eine Entwicklungs- und Anpassungsklausel in der Art, wie sie in § 4 des Chefarztvertrags vom 22.02./14.03.2001 enthalten ist, gegen § 308 Nr. 4 und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt (vgl. ArbG Heilbronn, Urteil vom 04.09.2008 - 7 Ca 214/08 -, juris; ArbG Hagen, Urteil vom 05.09.2006 - 5 (2) Ca 2811/05 -, juris; ArbG Paderborn, Urteil vom 12.04.2006 - 3 Ca 2300/05 -, juris; Gaul/Ludwig, BB 2010, 55; Häcker, ArbRB 2009, 51; Maus, KHR 2007, 6; Böhmann, MedR 2007, 465; derselbe, WissR, 2007, 403; Junker, BB 2007, 1274; Hümmerich/Bergwitz, BB 2005, 997; Reinecke, NJW 2005, 3383; s. a. BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, juris; Urteil vom 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 -, juris; Urteil vom 12.01.2005 - 5 AzR 364/04 -, juris). Es kann offen bleiben, ob die streitige Entwicklungs- und Anpassungsklausel auch deshalb unwirksam ist, weil sie nicht erkennen lässt, welcher Anteil am Gesamtverdienst dem Chefarzt nach den Änderungen in jedem Fall verbleiben muss.
Der Verstoß gegen § 308 Nr. 4 und § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB führt zur Unwirksamkeit der Entwicklungs- und Anpassungsklausel, während der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt; ebenso entspricht es allgemeiner Auffassung, dass eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht kommt. Zunächst wurde erwogen, bei Verträgen, die vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 geschlossen worden sind, die durch die Unwirksamkeit der Klausel entstandene Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen (vgl. z. B. BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 -, juris; Reinecke, NJW 2005, 3383). Inzwischen wird jedoch nahezu einhellig davon ausgegangen, dass auch in einem solchen Altfall eine ergänzende Vertragsauslegung ausscheidet. Teils wird dies damit begründet, dass ein Arbeitgeber nur dann schutzwürdig sei, wenn er die ihm in Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB eingeräumte einjährige Übergangsfrist bis zum 01.01.2003 dazu genutzt hat, zu versuchen, die im Dienstvertrag enthaltene Entwicklungs- und Anpassungsklausel auf das nach dem neuen Recht zulässige Maß zurückzuführen. Teils wird eine ergänzende Vertragsauslegung bereits deshalb ausgeschlossen, weil die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine systemwidrige Lücke hinterlassen würde. Die ersatzlose Streichung der Entwicklungs- und Anpassungsklausel führe nicht dazu, dass der Dienstherr auf Dauer den bisherigen Aufgabenbereich des Chefarztes nicht ändern könne. Zur Durchsetzung der von dem Dienstherrn angestrebten Organisationsmaßnahmen sei er auf die arbeitsvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten zu verweisen, nämlich einvernehmliche Änderungen oder - aus betriebsbedingten oder verhaltensbedingten Gründen - eine Änderungskündigung; daneben sind Modifikationen möglich, wenn die Geschäftsgrundlage gestört ist (§ 60 LVwVfG, § 313 BGB) oder wenn das disziplinarrechtliche Instrumentarium greift. Teils wird darauf hingewiesen, dass bei der ergänzenden Vertragsauslegung anders als bei der geltungserhaltenden Reduktion nicht nach dem „gerade noch Zulässigen“ zu suchen sei. Vielmehr sei zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Abänderungsklausel bekannt gewesen wäre. Entscheidend sei dabei nicht die subjektive Vorstellung einer Vertragspartei, sondern welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Klausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre. Von diesem Ausgangspunkt wird die Auffassung vertreten, dass es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten gebe, um die infolge der unwirksamen Klausel entstandene Lücke auszufüllen, und regelmäßig kein Anhaltspunkt dafür bestehe, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Abänderungsklausel bekannt gewesen wäre. Dabei wird vor allem darauf hingewiesen, dass die Variationsbreite der möglichen Änderungen groß und nicht nur finanziell zu messen sei (siehe zum Ganzen: BAG, Urteil vom 11.02.2009 - 10 AZR 222/08 -, juris; Urteil vom 19.12.2006 - 9 AZR 294/06 -, juris; BGH, Urteil vom 03.11.1999 - VIII ZR 269/98 -, juris; ArbG Heilbronn, Urteil vom 04.09.2008 - 7 Ca 214/08 -, juris; ArbG Hagen, Urteil vom 05.09.2006 - 5 (2) Ca 2811/05 -, juris; ArbG Paderborn, Urteil vom 12.04.2006 - 3 Ca 2300/05 -, juris; Gaul/Ludwig, BB 2010, 55; Häcker, ArbRB 2009, 51; Maus, KHR 2007, 6; Böhmann, MedR 2007, 465; derselbe, WissR, 2007, 403; Junker, BB 2007, 1274; Hümmerich/Bergwitz, BB 2005, 997).
Die salvatorische Klausel in § 12 Absatz 2 des Chefarztvertrags führt zu keinem anderen Ergebnis. Die §§ 305 ff. BGB können im Ergebnis nicht durch eine formularmäßige Klausel abbedungen werden. Eine solche Klausel ist selbst nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 -, juris). Jedenfalls hat eine solche Klausel neben der - hier allerdings nicht gegebenen - Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung keine eigenständige Bedeutung (vgl. Junker, BB 2007, 1274, 1281).
Unterstellt, die in § 4 des Chefarztvertrags enthaltene Entwicklungs- und Anpassungsklausel wäre anwendbar, wäre hier jedenfalls davon auszugehen, dass das einseitige Vertragsänderungsrecht vom Antragsgegner fehlerhaft ausgeübt worden ist. Im vorliegenden Fall sind die streitigen Organisationsmaßnahmen nicht - wie vertraglich vereinbart - „Im Benehmen mit der Abteilungsleiterin“ vorgenommen bzw. beschlossen worden. Außerdem ist voraussichtlich dem Satzungsvorbehalt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 bis 4 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UKG nicht genügt worden. Offen bleiben kann dagegen, ob die vom Antragsgegner beschlossene Vertragsänderung billigem Ermessen entspricht, was zum einen voraussetzt, dass die Ausübung des Vertragsänderungsrechts nicht zu einer grundlegenden Störung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung und damit zu einer Umgehung des Kündigungsschutzrechts führt, und dass zum anderen die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen berücksichtigt worden sind (zum Erfordernis des billigen Ermessens vgl. z. B. BAG, Urteil vom 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 -, juris; Böhmann, MedR 2007, 465; Hümmerich/Bergwitz, BB 2005, 997; Reinecke, NJW 2005, 3383).
Unter dem Begriff des Benehmens ist eine Mitwirkungsform zu verstehen, die schwächer ist als das Einvernehmen oder die Zustimmung. Benehmen bedarf zwar keiner Willensübereinstimmung, verlangt wird jedoch ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung des anderen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der von einem solchen Erfordernis Begünstigte eigene Vorstellungen vor einer endgültigen Entscheidung des anderen einbringen und damit deren Inhalt beeinflussen kann. Danach erschöpft sich die Herstellung des Benehmens nicht in einer bloßen Information oder Anhörung. Stärker als die Anhörung setzt das Benehmen eine Fühlungnahme voraus, die von dem Willen getragen wird, auch die Belange der anderen Seite zu berücksichtigen und sich mit ihr zu verständigen. Erhebliche Einwände oder Bedenken dürfen deshalb nicht einfach übergangen werden. Vielmehr ist auf den Ausgleich aufgetretener Differenzen hinzuwirken. Bei dennoch verbleibenden Meinungsunterschieden ist jedoch der Wille des Regelungsbefugten ausschlaggebend. Als derart spezifische Form eines Zusammenwirkens hat das Benehmen schon bei der zu treffenden Sachentscheidung vorzuliegen, d. h. seine bezeichnenden Merkmale - Informierung, Abgabe und Entgegennahme der Äußerung, ggf. Bemühung um Konsens - müssen als äußere Akte prinzipiell bereits vor der entsprechenden Beschlussfassung über die angestrebten Änderungen erfolgen (vgl. z. B. BAG, Urteil vom 13.03.2003 - 6 AZR 557/01 -, juris; Urteil vom 24.08.1994 - 6 RKa 15/93 -, juris; Urteil vom 15.12.1976 - 5 AZR 600/75 -, juris; Hümmerich/Bergwitz, BB 2005, 997). Die Abrede, dass das Universitätsklinikum strukturelle und organisatorische Änderungen im Klinikum „Im Benehmen mit der Abteilungsleiterin“ vornehmen kann, stellt somit ein Korrektiv der hinsichtlich der einzelnen Voraussetzungen und Reichweite unbestimmten Entwicklungs- und Anpassungsklausel in § 4 des Vertrages vom 22.02./14.03.2001 dar.
Nach dem eigenen Verständnis des Antragsgegners ist der maßgebende und bindende Organisationsbeschluss von seinem Klinikumsvorstand am 18.06.2008 gefasst worden (vgl. z. B. den Schriftsatz des seinerzeit beigeladenen Universitätsklinikums an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Verfahren - 9 S 2586/09 - vom 14.01.2010; ferner den Beschluss der Kammer vom 09.09.2009 - 8 K 1946/09 - sowie den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 03.02.2010 - 9 S 2586/09 -, juris). Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat diese von den am 18.06.2008 beschlossenen Organisationsmaßnahmen erstmals am 20.06.2008 Kenntnis erlangt; eine wie auch immer geartete Anhörung fand bis dahin nicht statt. Auch den einschlägigen Sitzungsunterlagen, die dem Klinikumsvorstand bei seiner Beschlussfassung am 18.06.2008, dem Aufsichtsrat bei seiner Beschlussfassung am 09.07.2008 und dem Fakultätsrat bei seiner Sitzung am 22.07.2008 vorgelegen haben, kann nichts entnommen werden, was darauf hindeuten könnte, dass das Benehmen mit der Antragstellerin gesucht worden wäre. Insbesondere enthält das vom Antragsgegner verfasste „Positionspapier zur Gründung eines Departments Allgemeine und Viszeralchirurgie“, welches dem Gericht in zwei unterschiedlichen Versionen, jeweils ohne Datum, vorliegt, keinen Hinweis auf eine vorherige Anhörung oder gar Stellungnahme der Antragstellerin; es werden dort auch nicht die Folgen der Organisationsmaßnahmen für die Antragstellerin, deren betroffenen Interessen oder etwaige Alternativen dargestellt. Wie ausgeführt, soll das Erfordernis „im Benehmen“ sicher stellen, dass der betroffene Chefarzt seine Vorstellungen über Inhalt und Umfang der angestrebten Maßnahmen wirksam einbringen kann, bevor ein endgültiger Beschluss gefasst wird. Dieser Zweck wurde hier verfehlt, ohne dass eine Heilung oder Nachholung in Betracht kommt. Nach der Auffassung des Antragsgegners ist der Organisationsbeschluss vom 18.06.2008 maßgebend und spätestens seit der Zustimmung seines Aufsichtsrates am 09.07.2008 und der im gleichen Monat erfolgten Einvernehmenserteilung durch die Medizinische Fakultät auch bindend. Rechtlich kommt es daher nicht auf den Umstand an, dass in der Folgezeit „die Umstrukturierung der Allgemein- und Viszeralchirurgie nunmehr seit über einem Jahr zwischen der Antragstellerin und dem Universitätsklinikum wiederholt und ausführlich - sowohl in persönlichen Gesprächen wie auch schriftlich - diskutiert wurde“ (vgl. das Schreiben des Vorstandsvorsitzenden des Antragsgegners an die Universität U. vom 01.09.2009). Die Kammer vermag auch nicht der vom Antragsgegner vertretenen Ansicht zu folgen, dass es für das Benehmen rechtlich auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts ankomme, also außer auf die Zustimmung des Aufsichtsrats auch auf die Annahme eines Rufs auf eine W3-Professur für Onkologische Chirurgie. Für die Frage, ob die auferlegte Beteiligungspflicht erfüllt worden ist, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen und nicht auf den Zeitpunkt, an dem die bereits getroffene Entscheidung wirksam wird. Es liegt auf der Hand, dass die durch das Benehmen bezweckte Einflussnahme der Antragstellerin auf die Willensbildung des Antragsgegners geringer ausfällt, wenn die maßgebliche Entscheidung bereits getroffen wurde, die Zustimmung des Aufsichtsrates und das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät bereits erteilt wurden und parallel zu den Gesprächen, die der Antragsgegner mit der Antragstellerin geführt hat, bereits das Besetzungsverfahren für den künftigen Leiter der neu geschaffenen Klinik für Onkologische Chirurgie im Gange ist. Außerdem könnte die Antragstellerin im Fall einer Nachholung des Benehmens keinen Einfluss mehr nehmen auf die bereits erfolgte Zustimmung des Aufsichtsrates und das bereits erteilte Einvernehmen der Medizinischen Fakultät. Insbesondere die nach § 7 Abs. 1 Satz 3 UKG zu Organisationsentscheidungen des Universitätsklinikums erforderliche Einvernehmensentscheidung der Medizinischen Fakultät kann nach Auffassung der Kammer sachgerecht überhaupt nur dann getroffen werden, wenn der Antragstellerin zuvor ausreichend Gelegenheit eingeräumt worden ist, ihre Interessen geltend zu machen (zur Bedeutung des Einvernehmens der Medizinischen Fakultät vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.02.2010 - 1 BvR 1165/08 -, juris; Beschluss vom 02.07.2008 - 1 BvR 1165/08 -, juris; Beschluss vom 27.11.2007 - 1 BvR 1736/07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2010 - 15 B 2574/06 -, juris).
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UKG werden im Rahmen dieses Gesetzes die Rechtsverhältnisse des Universitätsklinikums durch Satzung geregelt. In der Satzung sind die Grundsätze für die Gliederung des Universitätsklinikums in medizinische und sonstige Einrichtungen, ihre Aufgaben, Nutzung und weitere Untergliederung gemäß den Belangen der Krankenversorgung unter Berücksichtigung der Erfordernisse von Forschung und Lehre festzulegen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 UKG). Darüber hinaus bestimmt die Satzung insbesondere Näheres über die Errichtung, Änderung, Aufhebung und die Leitung der dem Universitätsklinikum angehörenden Einrichtungen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 UKG). Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 UKG wird die Satzung vom Wissenschaftsministerium erlassen. Für die Gliederung des Universitätsklinikums gelten die bis zu diesem Zeitpunkt getroffenen Festlegungen, die der Satzung als Anlage beizufügen sind (§ 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 UKG). § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UKG regelt, dass der Aufsichtsrat über die Änderung der Satzung entscheidet. Änderungen der Satzung und der Gliederung bedürfen der Genehmigung des Wissenschaftsministeriums, wobei die Genehmigung aus rechtlichen Gründen oder dann versagt werden darf, wenn die Gliederung des Universitätsklinikums nicht mit den Zielen und Vorgaben des Landes in krankenversorgerischer Hinsicht übereinstimmt (§ 13 Abs. 2 Satz 4 und 5 UKG). Die Satzung wird gemäß der von der Universität aufgrund von § 8 Abs. 6 LHG getroffenen Regelung bekannt gemacht (§ 13 Abs. 2 Satz 6 UKG). Der Antragsgegner hat dem Gericht ein Exemplar der zur Zeit geltenden „Satzung des Universitätsklinikums U.“ mit Stand 15.11.2007 vorgelegt. Dieser Satzung ist die „Anlage zur Satzung des Universitätsklinikums U.“ beigefügt, die die weitere Überschrift „Gliederung gemäß § 7“ trägt. Unter „2. Zentrum für Chirurgie“ heißt es unter Ziff. 2.1. „Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie“.
Zunächst ist davon auszugehen, dass die Organisationssatzung nach § 13 UKG die innere Aufbauorganisation des Klinikums regelt, soweit diese nicht bereits durch das Universitätsklinika-Gesetz vorgegeben ist (vgl. Sandberger, in: Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Band 2, Baden-Württemberg, Rdnr. 223; derselbe, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Auflage, Kapitel 4 Rdnr. 1169). Anlagen dienen der Entlastung des Vorschriftentextes und teilen dessen Rechtsqualität. Damit sieht die Satzung des Universitätsklinikums derzeit als Organisationseinheit eine „Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie“ vor. Fraglich ist, ob die in der Satzung getroffenen Festlegungen hinsichtlich der Gliederung des Klinikums auch ohne Satzungsänderung geändert werden können. Dafür könnte sprechen, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 UKG die Satzung u. a. Näheres über die Errichtung, Änderung, Aufhebung und die Leitung der dem Universitätsklinikum angehörenden Einrichtungen bestimmt. Außerdem wird in § 13 Abs. 2 Satz 4 UKG geregelt, dass Änderungen „der Satzung und der Gliederung“ der Genehmigung des Wissenschaftsministeriums bedürfen. Könnte die Gliederung nur im Wege der Satzungsänderung geändert werden, hätte es dieser „und“-Konjunktion nicht bedurft.
Wenn allerdings die in der Anlage zur Satzung enthaltenen Festlegungen zur Gliederung des Universitätsklinikums dauerhaft geändert werden könnten, ohne dass dies entsprechende Änderungen der Satzung voraussetzen würde, würde dies die konkrete Gefahr in sich bergen, dass die normativ festgelegte Gliederung des Universitätsklinikums mit der Zeit immer weniger mit der tatsächlich vorhandenen Gliederung übereinstimmt und damit die Organisationssatzung letztlich ihre Regelungsfunktion einbüßen würde. Diese Frage kann offen bleiben, da die Satzung selbst eine Abweichung von ihren Bestimmungen nur „in Einzelfällen“ für zulässig erklärt, nämlich um neue Organisations- und Leitungsstrukturen zu erproben (§ 7 Abs. 4 der Satzung). Eine Organisationsmaßnahme, die bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung auf Dauer angelegt ist, erfolgt bereits begriffsnotwendig nicht „zur Erprobung“. Im Gegensatz zu einer endgültigen Regelung soll bei einer Erprobungsregelung erst noch ermittelt werden, ob die konkrete Regelung notwendig oder erforderlich ist (vgl. z. B. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StVO; § 20 LHeimG). Stellt sich also erst nach einer Erprobungsphase heraus, ob sich die Regelung - hier: die neue Organisationsstruktur - bewährt hat, so macht es in einem solchen Einzelfall auch keinen Sinn, die in der Satzung festgelegte Gliederung des Universitätsklinikums durch Satzungsbeschluss zu ändern, bevor nicht fest steht, dass sich die neue Organisationsstruktur bewährt hat und deshalb auf Dauer angelegt sein soll. Nach Aktenlage spricht derzeit Überwiegendes dafür, dass die Organisationsmaßnahmen, die der Klinikumsvorstand des Antragsgegners am 18.06.2008 beschlossen hat, nicht lediglich erprobt werden sollten, sondern bereits auf Dauer angelegt waren. In den Behördenakten findet sich insbesondere kein Hinweis darauf, dass die streitigen Organisationsmaßnahmen nur vorläufiger Natur sein sollen; einer solchen Betrachtungsweise würde im Übrigen auch die geplante Bestellung eines Leiters für die geplante neue Klinik für Onkologische Chirurgie entgegenstehen. Der in dem „Positionspapier zur Gründung eines Departments Allgemeine und Viszeralchirurgie“ enthaltene Hinweis, dass das Organisationsmodell „bei Eignung auf andere Kliniken des Chirurgischen Zentrums übertragen werden“ soll, relativiert nicht die Endgültigkeit der konkret beschlossenen Errichtung eines Departments für Allgemeine und Viszeralchirurgie, sondern trifft lediglich eine Aussage darüber, unter welcher Voraussetzung eine Übertragung dieses Organisationsmodells auf andere Kliniken des Chirurgischen Zentrums in Betracht kommt.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund, also die Dringlichkeit der Sache glaubhaft gemacht. Ohne den von ihr beantragten einstweiligen Rechtsschutz würde die Rechtsverwirklichung wesentlich erschwert werden. Würde - so wie beschlossen - das Department für Allgemeine und Viszeralchirurgie mit seiner neuen Leitung und Binnenstruktur, insbesondere mit dem neuen Leiter der neu geschaffenen Klinik für Onkologische Chirurgie, eingerichtet werden, wäre nach einem Hauptsacheerfolg eine vollständige Rückabwicklung aufgrund der inzwischen geschaffenen Fakten nur noch schwer zu erreichen. Darüber hinaus ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten, für die unter Umständen mehrjährige Dauer des Hauptsacheverfahrens so schwerwiegende Eingriffe in ihre vertraglich vermittelten Rechtspositionen hinzunehmen, wie sie nach dem Gesagten aufgrund der streitigen Organisationsmaßnahmen zu befürchten wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO.

RechtsgebieteUKG, VwVfG, BGBVorschriften§ 7 UKG, § 8 UKG, § 9 UKG, § 10 UKG, § 13 UKG, § 62 VwVfG, § 305 BGB, § 306 BGB, § 307 BGB, § 308 BGB, § 309 BGB, § 310 BGB

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