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30.09.2010 · IWW-Abrufnummer 103134

Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 12.05.2010 – 12 K 3078/05 B

1. Unter einer „künstlerischen Darbietung” i. S. v. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1998 ist das Präsentieren eines eigenen oder fremden Werks zu verstehen, wobei der Darbietung als solcher –unabhängig vom Kunstwert des dargebotenen Werks– eine eigenschöpferische Leistung zugrunde liegen muss. Auch für eine der künstlerischen „ähnliche” Darbietung bedarf es jedenfalls einer gewissen eigenschöpferischen Leistung. Übernimmt ein Unternehmen die technische Ausgestaltung für Livekonzerte einer Musikgruppe, ist diese Tätigkeit weder künstlerisch noch einer künstlerischen Darbeitung ähnlich, wenn das Unternehmen hinsichtlich der konzertbegleitenden optischen und akustischen Effekte „Bühnenshow”) nicht frei in der Gestaltung, sondern unmittelbar an das von der Musikgruppe entwickelte Aufführungskonzept gebunden ist und damit lediglich die technische Umsetzung der von einem anderen eigenschöpferisch entwickelten Darbietung übernimmt. Die bloße technische Umsetzung reicht für sich allein jedoch nicht aus, um der Leistung einen eigenständigen künstlerischen Charakter zu verleihen.



2. Die Annahme von mit einer künstlerischen Darbietung i. S. v. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG „zusammenhängenden Leistungen” setzt neben dem sachlichen auch einen personellen Zusammenhang voraus. Danach müssen beide Leistungen von demselben Anbieter „aus einer Hand” erbracht werden; der personelle Zusammenhang ist nicht gegeben, wenn die Nebenleistung (hier: technische Produktion von Livekonzerten) nicht von den Musikern, sondern von einem gegenüber dem Künstlern (hier: Musikgruppe) „unabhängigen Dritten” erbracht wird. Es bleibt offen, ob die Identität der Anbieter von Haupt- und Nebenleistung sich allein nach formalrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt oder ob und gegebenenfalls inwieweit sie sich darüber hinaus auch aus einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise” ergeben kann. Ein rechnerischer Zusammenhang, eine gemeinsame Abrechnung oder ein gesamtvertraglicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenleistung sind grundsätzlich kein geeignetes Kriterium für die Frage des „personellen Zusammenhangs”.


FG Berlin-Brandenburg
v. 12.05.2010
12 K 3078/05 B
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin eine an eine ausländische Gesellschaft gezahlte Leistungsvergütung dem Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung (nachstehend: „EStG a.F.”) zu unterwerfen hatte.
Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige, als Konzertveranstalter tätige Kapitalgesellschaft. Zwischen Mai und August 1998 veranstaltete sie in verschiedenen deutschen Städten insgesamt acht Konzerte der Rockmusikgruppe „B”. Zu diesem Zweck schloss die Klägerin einen Vertrag mit der Künstlergesellschaft der „B”, der … (nachfolgend: „RST”), einer in den U.S.A. ansässigen Gesellschaft, über den Auftritt der „B” ab. Des Weiteren schloss die Klägerin mit der ebenfalls in den U.S.A. ansässigen … (nachfolgend: „PP”) einen „Vertrag über die Bereitstellung von technischen Materialien und Dienstleistungen” ab, der die Verpflichtung der PP begründete, die für die Durchführung der Konzerte erforderlichen technischen Leistungen bereit zu stellen; dies betraf insbesondere den Bühnenaufbau, das Beleuchtungssystem, das Mikrophon- und Lautsprechersystem sowie zahlreiche musikbegleitende Lichteffekte und ein Feuerwerk.
Die von der Klägerin veranstalteten Konzerte waren der in Deutschland stattfindende Teil der weltweiten „B … Tour”. Zur Durchführung dieser Welttournee hatten zuvor RST und PP sowie eine aus mehreren Gesellschaften bestehende, nachstehend zusammenfassend als „TNA” bezeichnete Gruppe in einem am 20. Mai 1997 geschlossenen Vertrag, einem so genannten „Joint Services Operating Agreement” („JSOA”), umfangreiche Vereinbarungen getroffen, die die koordinierte Erbringung von Leistungen im Rahmen der Tournee, deren Vermarktung, die Verteilung der Verwertungsrechte sowie die Behandlung der bei der Tournee anfallenden Einnahmen und Ausgaben regelte. Die Klägerin war an dem JSOA nicht beteiligt; die darin niedergelegten Vereinbarungen waren ihr nicht bekannt.
RST hatte sich dafür entschieden, bei der Durchführung der Tournee mit PP zusammen zu arbeiten, weil PP bereits in der Vergangenheit in dem Bereich technischer Durchführung von Konzertveranstaltungen tätig gewesen war und ihre angestellten Mitarbeiter, insbesondere die verantwortlichen Fachleute (Product Manager, Sound Engineer, Stage Manager, Lighting Directors, etc.), über entsprechende Erfahrung und Fachwissen verfügten. PP war gesellschaftsrechtlich nicht mit der RST oder den Mitgliedern der „B” verbunden. Der geschäftsführende Gesellschafter der PP, Herr C, hatte allerdings als Mitinhaber der Rechtsanwaltskanzlei C & D in der Vergangenheit verschiedene Mitglieder der Band „B” sowie verschiedene Gesellschaften aus deren Umfeld in steuerlicher Hinsicht beraten; gleiches galt für weitere Anwälte aus dieser Kanzlei.
Das JSOA sah vor, dass grundsätzlich TNA als Veranstalter der Tourneekonzerte fungierte (§ 6 JSOA). RST lieferte neben den künstlerischen Leistungen der Gruppe „B” auch ein Aufführungskonzept für die Bühne; dieses Konzept war detailliert auf die jeweiligen Musiktitel abgestimmt. PP übernahm die technische Durchführung der Konzerte, wobei sie ihre Leistungen entweder selbst oder durch Subunternehmer zu erbringen hatte. Um welche technischen Leistungen PP es sich dabei im Einzelnen handelte, bestimmte sich insbesondere nach dem von RST vorgelegten Aufführungskonzept und war in einem Vertragsanhang, dem „Technical Rider”, festgelegt.
Das JSOA sah des Weiteren vor, dass PP während der Dauer der Welttournee sowie eine gewisse Zeit nach deren Beendigung exklusiv für diese Tournee tätig zu sein hatte und somit in dieser Zeit Dritten nicht für Veranstaltungsleistungen zur Verfügung stehen durfte (§ 5 [g] JSOA). Die Termine der einzelnen Konzertveranstaltungen konnten einseitig, insbesondere ohne Zustimmungsvorbehalt der PP, durch RST verändert sowie die Gesamtdauer der Tournee ebenso einseitig verlängert werden.
RST behielt sich im JSOA das Recht vor, für die Auftritte in bestimmten Ländern anstelle von TNA einen anderen, im jeweiligen Gastland ansässigen Konzertveranstalter („lokale Veranstalter”) zu bestimmen, der diese Konzerte veranstaltete und vermarktete (so genanntes „sell off”-Verfahren, definiert in § 1 [bs] des JSOA). Hintergrund dieses Vorbehalts war, dass RST sich nicht sicher war, dass TNA über genügend Erfahrung und Know-how verfügte, um in sämtlichen Ländern als Veranstalter auftreten zu können. Soweit RST von diesem Vorbehalt Gebrauch machen würde, waren die Tourneebeteiligten, darunter auch PP, verpflichtet, ihre jeweiligen Leistungen inhaltsgleich gegenüber dem betreffenden lokalen Veranstalter zu erbringen und mit diesem hierüber eigenständige Verträge abzuschließen. TNA war dann für die betreffenden Konzerte weder Gläubiger von Leistungen der übrigen Beteiligten noch Schuldner einer Vergütung. Für die in Deutschland stattfindende Konzerte übte RST ihr Bestimmungsrecht dahingehend aus, dass anstelle der TNA die Klägerin als lokaler Veranstalter eingeschaltet wurde.
Die Abrechnung und Ergebnisverteilung regelte das JSOA einheitlich für die Gesamttournee in der Weise, dass RST und PP jeweils bestimmte Festbeträge sowie eine Beteiligung am Gesamtüberschuss der Tournee zustehen sollten. PP sollte einen Festbetrag erhalten, der sämtliche ihr bei der Bereitstellung der technischen Materialien und Leistungen (im JSOA jeweils eingehend definiert) tatsächlich entstandenen Kosten um 250.000 US$ überstieg (§ 8 [a] JSOA). Von dem Gesamtüberschuss der Tournee (definiert als Überschuss sämtlicher Bruttoeinnahmen über sämtliche direkten Kosten) sollten RST und PP gemeinsam 90 % abzüglich der vorgenannten Mindestbeträge als so genannte „bedingte Vergütung” erhalten (§ 7 [c] JSOA). Nach welchem Maßstab diese „bedingte Vergütung” zwischen RST und PP aufzuteilen war, war im JSOA nicht ausdrücklich festgelegt. Zum Zweck der Abrechnung der Gesamttournee waren allen Tourneebeteiligten verpflichtet, sämtliche Zahlungsvorgänge einschließlich aller erhaltenen Entgelte über Treuhandkonten abzuwickeln, über die bis zur Gesamtabrechnung der Tournee allein der von ihnen gemeinsam eingesetzte Treuhänder, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, verfügen konnte. Hinsichtlich der im Weg des „sell off” vermarkteten Konzerte – also auch in Bezug auf die von der Klägerin veranstalteten Konzerte in Deutschland – sah das JSOA vor, dass PP die ihr von dem lokalen Veranstalter überwiesene Leistungsvergütung behalten und im Gegenzug keinen Anspruch auf Erstattung der ihr bei diesen Konzerten entstandenen Kosten haben sollte.
Wie sich nach Abschluss der Tournee herausstellte, erreichte die Gesamtsumme der Vergütungen, die PP im Rahmen der Tournee von lokalen Veranstaltern im „sell off”-Verfahren eingenommen hatte (rund 48 Mio. US$), bei weitem nicht den Gesamtbetrag der von PP getragenen Kosten (rund 88 Mio. US$), die im Rahmen der Berechnung der PP zustehenden Festvergütung (Gesamtkosten zuzüglich 250.000 US$) berücksichtigungsfähig waren. Aufgrund des Mechanismus des „cost plus”-Verfahrens relativierte sich somit ein wirtschaftlicher Erfolg der PP in Gestalt einer besonders hoch ausgehandelten Leistungsvergütung des lokalen Veranstalters wieder, indem die bei der Berechnung der Mindestvergütung anrechenbaren Kosten sich in entsprechend höherem Maße verringerten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des JSOA wird auf die zu den Gerichtsakten gereichte unbeglaubigte, von beiden Beteiligten als zutreffend akzeptierte Übersetzung jenes Vertrages verwiesen.
Als Summe aus Mindestentgelt nach Abzug der Kosten (250.000 US$) und Anteil an der „bedingten Vergütung” erhielt PP für ihre Leistungen im Rahmen der Gesamttournee schließlich eine Gesamtvergütung von 1.052.800 US$. Dieser Betrag entsprach einem Anteil von rund 0,7 % des Gesamtgewinns der Tournee.
Auf der Grundlage des mit PP bestehenden Vertrags schuldete die Klägerin dieser für das zweite Quartal 1998 eine Vergütung in Höhe von 3.643.731,67 DM. Da PP der Klägerin keine Freistellungsbescheinigung des Bundesamts für Finanzen vorlegen konnte, behielt die Klägerin bei Zahlung der Vergütung an PP Beträge von 1.522.351,09 DM als Körperschaftsteuer und 83.441,46 DM als Solidaritätszuschlag ein und führte diese Beträge gemäß §§ 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG a.F. an den Beklagten ab. Zugleich mit der am 10. Juli 1998 beim Beklagten für das zweite Quartal 1998 eingereichten Anmeldung dieses Steuerabzugs nach § 73e Satz 2 der im Streitjahr 1998 geltenden Einkommensteuer-Durchführungsverordnung („EStDV a.F.”) erhob die Klägerin hiergegen Einspruch. Sie machte geltend, zum Einbehalten und Abführen von Steuern auf die Vergütung der PP nicht verpflichtet zu sein; bei den von PP erbrachten Leistungen habe es sich weder um „künstlerische” oder „ähnliche” Darbietungen noch um mit solchen Darbietungen „zusammenhängende” Leistungen im Sinne des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. gehandelt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 01. Dezember 1998 wies der Beklagte den Einspruch zurück; die Leistungen der PP seien als mit künstlerischen Darbietungen zusammenhängende Leistungen anzusehen, so dass die Klägerin zum Einbehalten und Abführen der Steuer verpflichtet gewesen sei. Zwar setzte das „Zusammenhängen” derartiger Leistungen an sich voraus, dass die Nebenleistungen – anders als im Streitfall – aufgrund eines bestehenden Vertragsverhältnisses Teil der Gesamtleistung seien, für die eine Gesamtvergütung gezahlt werde. Die hier vorliegende Vertragsgestaltung stelle jedoch einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar, da die Ausgliederung der technischen Produktion aus dem Vertrag der Klägerin mit RST allein dem Zweck gedient habe, die Bemessungsgrundlage für die auf die Einnahmen der RST zu erhebende Abzugssteuer zu senken. Die technische Produktion sei für sich betrachtet unselbständig gegenüber der künstlerischen Leistung und damit Teil der Gesamtleistung. Gemäß § 42 der Abgabenordnung (AO) entstehe damit der Steueranspruch so, als wären die Leistungen der PP und deren Vergütung in einem einheitlichen Vertrag mit den künstlerischen Leistungen geregelt worden.
Ergänzend verwies der Beklagte darauf, dass das Bundesamt für Finanzen („BfF”) zwischenzeitlich mit Bescheid vom 08. Oktober 1998 den Antrag der PP auf Freistellung der Vergütung vom deutschen Steuerabzug abgelehnt hatte. Nach Ansicht des BfF hatte der von der Klägerin an PP gezahlte Betrag zur Bezahlung der von PP gegenüber RST (und nicht gegenüber der Klägerin) erbrachten Leistung gedient. Nach dem Veranlassungsprinzip handele es sich bei den Aufwendungen für die technische Produktion um Betriebsausgaben der RST, da die Leistungspflicht der PP sich bereits aus dem JSOA ergeben habe. Solche Betriebsausgaben der RST seien jedoch nach dem Prinzip der Bruttobesteuerung des § 50 a Abs. 4 EStG a.F. nicht steuermindernd zu berücksichtigen. Durch den Abschluss separater Verträge mit der Klägerin habe ein Teil der Einnahmen direkt der PP zugewiesen werden sollen, um die Bemessungsgrundlage der auf die Einnahmen der RST zu erhebenden Abzugssteuer entsprechend zu schmälern. Auch nach ausgiebiger Ermittlung des BfF sei kein wirtschaftlicher Grund erkennbar, der einer separaten Leistungserbringung der PP gegenüber der Klägerin eine Grundlage gäbe. Ferner verwies das BfF darauf, dass es sich bei dem geschäftsführenden Gesellschafter der PP, Herrn C, um eine den Künstlern der „B” nahe stehende Person handele; eine mittelbare Gewinnbeteiligung einer den Künstlern nahe stehenden Person führe aber dazu, dass gemäß Art. 17 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen den USA und Deutschland (DBA-USA) der PP kein Entlastungsanspruch zustehe.
Die Klägerin hat daraufhin am 23. Dezember 1998 Klage beim seinerzeit zuständigen Finanzgericht (FG) Berlin erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen … geführt wurde. Mit Urteil vom 10. Januar 2003 hat der seinerzeit zuständige 3. Senat des FG Berlin die Klage der Klägerin sowie eine mit dieser zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundene Klage der PP wegen desselben Sachverhalts (FG Berlin, …) abgewiesen: Die Klagen hätten bereits deshalb keinen Erfolg, weil die Klägerin jedenfalls zum Einbehalten und Abführen der Steuer zu Lasten der PP befugt gewesen sei; soweit die PP ihre Steuerschuldnerschaft in Abrede stelle, müsse sie ihre Rechte anderweit in einem Freistellungs- und Erstattungsverfahren (§ 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG a.F.) geltend machen. Auch materiell seien die Klagen im Übrigen nicht begründet; bei den Leistungen der PP habe es sich um den künstlerischen Darbietungen der „B” ähnliche Leistungen gehandelt.
PP habe nicht lediglich handwerkliche Leistungen erbracht, sondern sei einem detaillierten Aufführungskonzept gefolgt und habe hierdurch die Leistungen der Musikgruppe planmäßig um optische und akustische Effekte bereichert.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch PP Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) erhoben. Die NZB der Klägerin, die sodann als Revision behandelt wurde, hatte Erfolg. Mit Gerichtsbescheid vom 17. November 2004 hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil des FG Berlin aufgehoben und die Sache an das FG Berlin zurück verwiesen. Die Klägerin könne, so der BFH, im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Steueranmeldung eine abschließende gerichtliche Entscheidung über die beschränkte Steuerpflicht der PP herbeiführen. Ob die PP den künstlerischen Darbietungen „ähnliche” Leistungen erbracht habe, lasse sich nach den vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.
Das Verfahren ist daraufhin beim FG Berlin unter dem neuen Aktenzeichen 12 K 3078/05 B fortgesetzt worden.
Die Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, sie sei zum Einbehalten und Abführen der Steuer zu Lasten der PP nicht verpflichtet gewesen. Die seitens der PP erbrachten Leistungen hätten keinen künstlerischen oder dem künstlerischen ähnlichen Charakter, da es an einer eigenschöpferischen Gestaltung durch PP fehle; soweit die Licht- und anderen Effekte der Bühnenshow einem besonderen, auf die musikalischen Darbietungen abgestimmten Konzept gefolgt seien, habe nicht PP, sondern vielmehr RST die eigenschöpferische Leistung erbracht, während PP das vorgegebene Konzept lediglich handwerklich ins Werk gesetzt habe. Außerdem habe es an der eigenständigen Wahrnehmbarkeit der von PP geleisteten Tätigkeit gefehlt.
Auch eine mit den musikalischen Darbietungen zusammenhängende Leistung liege nicht vor. Hierfür sei es erforderlich, dass beide Leistungen von demselben Anbieter erbracht würden. An dieser personellen Identität fehle es im Streitfall. Die Identität bestimme sich grundsätzlich nach rechtlichen, nicht nach wirtschaftlichen Kriterien. Aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht habe PP ihre Leistungen ihr, der Klägerin, gegenüber in eigenständiger Weise, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht. Insbesondere habe kein Treuhandverhältnis der PP als Treuhänder mit RST oder einer anderen mit den „B” zusammenhängenden Gesellschaft als Treugeber bestanden. An der Selbständigkeit der PP ändere auch die umfassende Weisungsbefugnis der RST nichts, da ein Auftragsproduzent wie PP immer den Weisungen seines Auftraggebers unterliege.
Auch liege kein Fall des missbräuchlichen Auslagerns von Betriebsausgaben durch RST vor. Bei den Parteien des JSOA handele es sich um voneinander unabhängige Gesellschaften, die sich darauf geeinigt hätten, dass PP die technischen Leistungen erbringen solle, weil sie über das hierfür erforderliche Know-how verfügten; die der PP hierbei entstehenden Auslagen seien ihr von dem jeweiligen Veranstalter (TNA oder, wie im Streitfall, einem lokalen Veranstalter) erstattet worden. Dies sei nicht missbräuchlich, sondern entspreche vielmehr der gesetzlichen Regelung im Rahmen der Geschäftsbesorgung (§§ 670, 675 Abs. 1 BGB). Bei RST seien schlicht nicht so hohe Betriebsausgaben angefallen.
Schließlich liege zwischen RST und PP auch keine verdeckte Mitunternehmerschaft vor. Das JSOA schließe die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses ausdrücklich aus (§ 15 [c] JSOA). Auch fehle es angesichts der PP versprochenen Mindestvergütung an einer Verlustbeteiligung und damit an einem seitens PP zu tragenden Mitunternehmerrisiko.
Die Klägerin beantragt,
die für das zweite Quartal 1998 angemeldete und zwischenzeitlich abgeführte Körperschaftsteuer abweichend von der Steueranmeldung vom 10. Juli 1998 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 01. Dezember 1998 in Höhe von 1.522.351,09 DM zu erstatten, und zwar an die Klägerin, hilfsweise an PP, und den Erstattungsbetrag ab 29. Dezember 2006 mit 6 v. H. pro Jahr zu verzinsen,
sowie
die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass die Klägerin zum Einbehalten und Abführen der Steuer verpflichtet gewesen sei. Bei den Leistungen, die die Klägerin gegenüber PP vergütet habe, handele es sich in steuerlicher Hinsicht um solche der RST, so dass die Anbieter von Hauptleistung (künstlerische Darbietung der Musikgruppe) und Nebenleistung (technische Ausgestaltung des Bühnenprogramms) identisch seien. RST (und nicht PP) sei steuerlich als Leistungserbringer anzusehen, weil allein sie Ort, Zeit und Inhalt der Leistung beherrscht und die Dispositionsbefugnis über das Leistungsverhältnis innegehabt habe. PP sei nach den Bestimmungen des JSOA verpflichtet gewesen, mit dem von RST bestimmten lokalen Veranstalter ein Vertragsverhältnis einzugehen; die dabei zu vereinbarende Vergütung habe einen bestimmten Höchstbetrag nicht überschreiten dürfen.
PP sei gegenüber der Klägerin zwar im eigenen Namen aufgetreten; sie habe intern jedoch auf Rechnung der RST und damit als deren Treuhänderin gehandelt. Auch deshalb seien die Leistung und die dafür gezahlte Vergütung nicht PP, sondern RST zuzurechnen. Das Handeln auf Rechnung der RST ergebe sich aus dem Umstand, dass die Vergütungszahlungen der lokalen Veranstalter auf die Kosten angerechnet worden sei, deren Erstattung PP nach dem JSOA habe verlangen können. Zwar habe sich dieser Kostenerstattungsanspruch nach dem Wortlaut des JSOA gegen TNA und nicht gegen RST gerichtet; letztlich habe jedoch RST über die Regelung zur „bedingten Vergütung” den ganz überwiegenden Teil des Gesamtüberschusses der Welttournee erhalten, so dass auch die Verringerung des Volumens der Kostenerstattung letztlich vorrangig in ihrem, der RST, Interesse gestanden habe. TNA sei dem gegenüber in die Leistungsbeziehung zwischen PP und RST lediglich zwischengeschaltet gewesen. Infolge der Verrechnung der Vergütungen durch lokale Veranstalter mit dem Kostenerstattungsanspruch habe auch allein RST (und nicht PP) das unternehmerische Risiko aus den streitgegenständlichen Leistungen getragen. Die Vergütungen seien im Rechtssinne nicht PP, sondern RST zugeflossen; dies sei nach der Rechtsprechung des BFH wie auch des Bundesgerichtshofs (BGH) dann der Fall, wenn eine Zahlung an einen anderen derart erfolge, dass ein Dritter von einer Verbindlichkeit befreit werde.
In diesem Zusammenhang stelle die Beteiligung der PP an dem Gewinn der Gesamttournee die Zurechnung der Nebenleistung zur RST ebenfalls nicht in Frage. Der Gewinnanteil von lediglich rund 0,7 % sei so gering, dass daraus nicht auf ein rechtlich relevantes eigenes wirtschaftliches Interesse der PP an der Leistungsbeziehung zur Klägerin geschlossen werden könne.
Am deutlichsten belegt werde der Umstand, dass die künstlerischen Leistungen der RST und die streitgegenständlichen Nebenleistungen für dieselbe Rechnung erbracht worden seien, durch die einheitliche Behandlung der Entgelte und der Kosten im Rahmen der Rechnungslegung für die Tournee: Entgelte und Kosten für beide Leistungen seien unmittelbar in dieselbe Rechnungslegung eingeflossen, wobei wiederum nicht zwischen den Kosten und Erlösen aus den im „sell off”-Verfahren vermarkteten Konzerten und den übrigen, unter Einbindung von TNA veranstalteten Konzerten differenziert worden sei.
Anbieteridentität in Gestalt der RST bestehe auch dann, wenn man die Verrechnung der Vergütung lokaler Veranstalter mit dem Kostenerstattungsanspruch der PP nicht berücksichtige. In diesem Fall sei nämlich davon auszugehen, dass die RST unzulässigerweise Betriebsausgaben auf PP ausgelagert habe; PP habe von den ausschließlich der RST zuzurechnenden Kosten (Reise- und Übernachtungskosten für die Bandmitglieder, Trinkgelder) 99,9 % getragen, während RST selbst nur einen sehr geringen Restbetrag aufgewandt habe.
Schließlich liege Anbieteridentität auch deshalb vor, weil zwischen RST und PP eine verdeckte Mitunternehmerschaft bestehe. Eine solche könne selbst Subjekt der Einkünftezurechnung sein. PP habe Mitunternehmerinitiative entfaltet, indem sie das Know-how und die langjährige Erfahrung ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Organisation einer Welttournee einbrachte; das Mitunternehmerrisiko ergebe sich aus der Beteiligung der PP am Gesamtgewinn der Tournee.
Hilfsweise vertritt der Beklagte ferner die Auffassung, die streitgegenständlichen Leistungen seien als künstlerische oder diesen ähnliche Leistungen anzusehen. Die die musikalische Darbietung der „B” begleitenden optischen und akustischen Effekte stellten sich als Teil eines Gesamtkonzepts dar. Erst durch das Zusammenspiel dieser Elemente entstehe ein Produkt höherer Wertigkeit, das der Erwartungshaltung der Konzertbesucher im Rahmen einer Tournee weltbekannter Künstler entspreche.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihre ursprünglich auch auf Erstattung von Solidaritätszuschlag gerichtete Klage insoweit zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig und überwiegend – mit Ausnahme des Antrags auf Verzinsung des Erstattungsbetrags – begründet.
1. Die Klage auf Erstattung des angemeldeten und abgeführten Abzugsbetrags hat Erfolg. Die angefochtene Anmeldung über Abzugssteuer ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten; die streitgegenständliche Vergütung der PP unterfiel nicht dem inländischen Steuerabzug.
a) Nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 2d, 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. unterliegen (unter anderem) Einkünfte, die eine in Deutschland beschränkt steuerpflichtige Gesellschaft durch im Inland ausgeübte künstlerische oder ähnliche Darbietungen einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer; diese wird im Abzugswege erhoben. Der jeweilige Vergütungsschuldner ist gemäß § 73e EStDV verpflichtet, die innerhalb eines Vierteljahres einbehaltene Steuer bei seinem Finanzamt anzumelden und an dieses abzuführen.
b) Die der streitgegenständlichen Vergütung zugrunde liegenden Leistungen der PP stellen keine „künstlerischen” oder diesen „ähnlichen” Darbietungen im Sinne der vorgenannten Normen dar.
Unter einer „künstlerischen Darbietung” ist das Präsentieren eines eigenen oder fremden Werks zu verstehen, wobei der Darbietung als solcher – unabhängig vom Kunstwert des dargebotenen Werks – eine eigenschöpferische Leistung zugrunde liegen muss (vgl. nur Loschelder, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 29. Aufl. [2010], § 49 Rdnr. 29). Auch für eine der künstlerischen „ähnliche” Darbietung bedarf es jedenfalls einer gewissen eigenschöpferischen Leistung; eine bloße mechanische Reproduktion einer früheren (eigenen oder fremden) künstlerischen Leistung ist hierfür nicht ausreichend. Im Übrigen ist umstritten, ob die Ergänzung der künstlerischen u.ä. um die „ähnlichen” Darbietungen überhaupt dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung genügt (vgl. Loschelder, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, a.a.O.).
Im Streitfall fehlt es hinsichtlich der von der PP erbrachten Leistungen an einem solchen eigenschöpferischen Element. PP war insbesondere hinsichtlich der konzertbegleitenden optischen und akustischen Effekte („Bühnenshow”) nicht frei in der Gestaltung, sondern unmittelbar an das von RST entwickelte Aufführungskonzept gebunden. Damit übernahm PP lediglich die technische Umsetzung der von einem anderen eigenschöpferisch entwickelten Darbietung; die bloße technische Umsetzung reicht für sich allein jedoch nicht aus, um der Leistung einen eigenständigen künstlerischen Charakter zu verleihen.
c) Die Leistungen der PP sind auch nicht als mit den künstlerischen Leistungen der „B” bzw. der RST „zusammenhängende” Leistung anzusehen. Zwar liegt der jedenfalls erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen der künstlerischen (Haupt-) Leistung und der weiteren Nebenleistung im Streitfall vor. Die Nebenleistung (der PP) stand in wirtschaftlicher, örtlicher und zeitlicher Verbindung mit der Hauptleistung (der RST bzw. der Künstler) und wurde auch um der konkreten Hauptleistung willen erbracht (vgl. insoweit auch Hidien, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 144. Lfg. [Juli 2004], § 49 Rdnr. E 412, 414). Indes fehlt es nach Ansicht des Senats im Streitfall an der weiteren Voraussetzung eines personellen Zusammenhangs.
(1) Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, setzt die Annahme von mit einer künstlerischen Darbietung zusammenhängenden Leistungen neben dem sachlichen auch einen personellen Zusammenhang voraus. Danach müssen beide Leistungen von demselben Anbieter „aus einer Hand” erbracht werden (vgl. BFH, Urteile vom 16. Mai 2001 – I R 64/99, Bundessteuerblatt [BStBl.] II 2003, 641; vom 17. November 2004 – I R 20/04, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 2005, 892; vom 04. März 2009 – I R 6/07, BStBl. II 2009, 625). Umgekehrt fehlt es an einem personellen Zusammenhang, wenn die Nebenleistung von einem gegenüber dem Künstler „unabhängigen Dritten” erbracht wird (BFH, Beschluss vom 07. November 2007 – I R 19/04, BStBl. II 2008, 228). Nur diese Interpretation der Norm wird dem Umstand gerecht, dass die Einbeziehung der „zusammenhängenden” Leistungen keine personelle Erweiterung des Kreises der dem Steuerabzug Unterworfenen, sondern lediglich die sachliche Ergänzung um typische Nebenleistungen bezweckt (vgl. Hidien, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O. Rdnr. E 411).
Der grundsätzlichen Auffassung des BFH von der Notwendigkeit eines auch personellen Zusammenhangs folgen – mit Unterschieden im Detail – sowohl die jüngere instanzgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa FG Köln, Urteil vom 06. November 2008 – 15 K 4515/02, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2009, 255; FG München, Urteil vom 30. März 2009 – 7 K 3826/05, EFG 2009, 1119 [nicht rechtskräftig]; anders noch FG München, Beschluss vom 22. März 2001 – 1 V 4030/01 , EFG 2002, 835) als auch die überwiegenden Stimmen in der Literatur (vgl. Hidien, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O. Rdnr. E 411; Maßbaum, in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 49 Rdnr. 548; Gosch, in: Kirchhof, EStG, 8. Aufl. [2008], § 49 Rdnr. 43). Teilweise wird vertreten, es komme entscheidend darauf an, ob die Nebenleistung „aus dem Leistungsbereich des Darbietenden” stamme (vgl. etwa Wied, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 49 EStG Rdnr. 107).
Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings die Frage, ob die Identität der Anbieter von Haupt- und Nebenleistung sich allein nach formalrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt oder ob und gegebenenfalls inwieweit sie sich darüber hinaus auch aus einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise” ergeben kann (im letztgenannten Sinne etwa FG Köln, Urteil vom 06. November 2008 – 15 K 4515/02, a.a.O.; kritisch hierzu FG München, Urteil vom 30. März 2009 – 7 K 3826/05, a.a.O.).
(2) Bei Anwenden der vorgenannten Grundsätze auf den Streitfall fehlt es hinsichtlich der Leistungen, zu denen sich die PP in dem „Vertrag über die Bereitstellung von technischen Materialien und Dienstleistungen” mit der Klägerin verpflichtet und die sie auf jener Grundlage erbracht hat, an dem erforderlichen personellen Zusammenhang zur RST bzw. zu den Mitgliedern der „B”. Hierbei kann aus Sicht des erkennenden Senats die Frage, ob bei der Beurteilung eine formaljuristische oder aber eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten ist, dahingestellt bleiben; denn nach den Umständen des Streitfalls lassen sich auch bei wirtschaftlicher Betrachtung die Leistungen der PP nicht der RST zuordnen.
(a) Bei juristischer Betrachtung hat nicht RST, sondern PP die streitgegenständlichen Leistungen erbracht. Dass es sich bei PP nach den einschlägigen Vorschriften des US-Gründungsstaates um eine eigenständige juristische Person handelt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ebenso ist unstreitig, dass die Leistungen auf der Grundlage eines zwischen PP und der Klägerin abgeschlossenen eigenständigen Vertrages erbracht worden sind, an welchem die RST bzw. die Mitglieder der „B” rechtlich nicht beteiligt waren.
(b) Etwas anderes ergibt sich aber auch dann nicht, wenn man anstelle der formaljuristischen Betrachtung wirtschaftliche Kriterien heranzieht. Auch in diesem Fall können die Leistungen der PP nicht der RST zugeordnet werden.
Eine von den rechtlichen Gegebenheiten abweichende Zuordnung der Leistungen nach wirtschaftlichen Kriterien würde aus Sicht des Senats zumindest voraussetzen, dass der rechtlich zur Erbringung der Leistung im Außenverhältnis verpflichtete Rechtsträger (PP) die Leistung faktisch nicht selbst, d.h. durch eigene qualifizierte Mitarbeiter unter Einsatz des in der Vergangenheit erworbenen Know-hows, mit eigenen oder eigenständig beschafften Anlagen, Gerätschaften und technischer Ausstattung, erbracht hätte, sondern dass die Leistungen quasi unter dem „juristischen Mantel” der PP faktisch von einem anderen Leistungsträger erbracht worden wäre. Gerade dies lässt sich aber im Streitfall nicht feststellen. Unstreitig verfügte die PP – nicht aber die RST – über entsprechendes Personal und Know-how; unstreitig haben die Mitarbeiter der PP persönlich – und nicht Mitarbeiter eines anderen Rechtsträgers, etwa der RST – die eigentlichen Leistungshandlungen vorgenommen. Unstreitig hat die PP – und nicht die RST – in dem erforderlichen Umfang Leistungen bei Dritten (Subunternehmern) eingekauft und die geeigneten Subunternehmer hierfür ausgewählt.
Ohne Erfolg macht der Beklagte hiergegen geltend, PP habe gegenüber der Klägerin lediglich als Treuhänder für die dahinter stehende „Treugeberin” RST agiert. Ein Treuhandverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Treuhänder nach außen hin eine Rechtsstellung eingeräumt wird, die jedoch im Innenverhältnis durch den Treuhandvertrag begrenzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 21. September 2004 – IX R 5/03, BFH/NV 2005, 499, 499). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis sowohl rechtlich als auch tatsächlich beherrschen (BFH-Urteile vom 14. Oktober 2003 – VIII R 22/02, BFH/NV 2004, 620, 622; vom 04. Dezember 2007 – VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745), der Treuhänder ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handeln. Im Streitfall lag eine solche nach deutschem Rechtsverständnis als Treuhandverhältnis zu beurteilende Rechtsbeziehung nicht vor. Der Senat kann dabei offen lassen, inwieweit das auf das Innehaben von Wirtschaftsgütern und auf deren Zurechnung zugeschnittene Rechtsinstitut der Treuhand überhaupt auf vertragliche Leistungsbeziehungen übertragen werden kann. Jedenfalls im vorliegenden Fall fehlt es an einem „Treuhandverhältnis” in Bezug auf die von PP gegenüber der Klägerin erbrachten Leistungen bereits deshalb, weil diesen Leistungen ein eigenständiger Vertrag zugrunde lag, der hinsichtlich der Leistungsinhalte sowie hinsichtlich des Einstehenmüssens für Leistungsmängel und Schäden (Gewährleistung) eine originäre, durch RST nachträglich nicht mehr beeinflussbare Rechtsgrundlage darstellte. PP versprach darin der Klägerin rechtlich bindend das Erbringen bestimmter Leistungen und hatte dafür einzustehen, dass diese Leistungen mangelfrei waren und im Übrigen Rechtsgüter der Klägerin nicht anlässlich der Leistungserbringung verletzt würden. Die vertraglichen Gefahren lagen rechtlich wie wirtschaftlich bei PP, nicht bei der angeblichen „Treugeberin” RST.
Auch das mit der Klägerin vereinbarte Entgelt – dessen Höhe im Übrigen in einem bestimmten Rahmen frei ausgehandelt werden konnte – vereinnahmte die PP nicht, wie es für ein Treuhandverhältnis erforderlich wäre, für Rechnung von RST; dies zeigt sich schon daran, dass PP sich dieses Entgelt auf die Ersatzansprüche, die die Gesellschaft nach den Bestimmungen des JSOA gegenüber TNA hatte, anrechnen lassen musste. Hätte PP die Vergütung für Rechnung von RST vereinnahmt, wäre einer solchen Anrechnung von vornherein die Grundlage entzogen worden.
Der vom Beklagten hervorgehobene Umstand, dass die von der Klägerin an PP gezahlte Vergütung letztlich im Rahmen der Gesamtabrechnung der Tournee weitgehend der RST zugute gekommen sei, vermag für sich genommen noch kein hier zu berücksichtigendes Treuhandverhältnis zu begründen. Ein rechnerischer Zusammenhang, eine gemeinsame Abrechnung oder ein gesamtvertraglicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenleistung sind grundsätzlich kein geeignetes Kriterium für die Frage des personellen Zusammenhangs; sie sind einerseits nicht erforderlich, andererseits aber auch unschädlich (vgl. Gosch, in: Kirchhof, a.a.O., Rdnr.43).
Schließlich ist auch der Umstand unbeachtlich, dass sich PP durch die Regelungen des JSOA weitgehend der selbstbestimmten Gestaltung von Ort Zeit und Dauer der im Rahmen der Tournee zu erbringenden Leistungen sowie der selbstbestimmten Auswahl der Vertragspartner begeben hat. Die unstreitig vorhandenen Bindungen der PP an die Vorgaben der RST erscheinen dem Senat vielmehr dem gemeinsamen Projekt einer weltweiten, monatelangen Konzerttournee immanent. RST als der für die eigentlichen Künstler agierenden Gesellschaft fiel im Rahmen der Tourneeplanung unbestreitbar die Schlüsselrolle zu. Die Planung der Tournee wäre faktisch nicht möglich gewesen, wenn sich die an der Durchführung beteiligten Gesellschaften nicht wie geschehen vorab vertraglich gebunden hätten (im Ergebnis ebenso FG Köln, Urteil vom 06. November 2008 – 15 K 4515/02, a.a.O., zu einer im Rahmen der Tourneeplanung eingegangenen Ausschließlichkeitsbindung).
(c) Die Zuordnung von Haupt- und Nebenleistung zu einem Rechtsträger lässt sich, entgegen der Ansicht des Beklagten, auch nicht darauf stützen, dass zwischen RST und PP eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bestanden habe. Im Außenverhältnis zur Klägerin bestand eine solche GbR, die Trägerin von Leistungspflichten und Vergütungsansprüchen hätte sein können, unstreitig nicht, zumal das JSOA, welches die GbR nach Ansicht des Beklagten begründen soll, der Klägerin gegenüber nicht offengelegt worden ist. Ob die im Rahmen des JSOA getroffenen Abreden über die Kooperation bei der Durchführung der Tournee und die Koordination bei der Abrechnung der wirtschaftlichen Ergebnisse geeignet wären, eine GbR als bloße (Innen-) Gesellschaft zu begründen, kann dahin stehen; denn auch bejahendenfalls würde sich ein solches gesellschaftsrechtliches Konstrukt nur auf die internen Belange der Beteiligten beschränken und sich gerade nicht auf die das Außenverhältnis betreffende Leistungserbringung erstrecken. Im Übrigen hat auch der Beklagte bislang keine Konsequenzen aus seiner – wohl eher hilfsweise vorgebrachten – Ansicht über das Vorliegen einer GbR gezogen. Denn in einem solchen Fall wäre nicht nur die hier streitgegenständliche Anmeldung der Abzugssteuern, sondern auch die entsprechende Anmeldung hinsichtlich der Vergütungen der RST schon deshalb falsch, weil jeweils der „falsche” Vergütungsgläubiger – eben RST bzw. PP und nicht die GbR – benannt worden wäre. Dies aber hat der Beklagte gerade nicht angenommen. Vielmehr hat er die Anmeldung der Abzugssteuer für RST ohne Beanstandung hingenommen, und er vertritt ebenso die Auffassung, dass die für PP vorgenommene streitgegenständliche Steueranmeldung zutreffend sei.
(d) Die Anbieteridentität kann schließlich auch nicht mit Blick auf eine etwaige „Auslagerung von Betriebsausgaben” der RST auf PP fingiert werden. Der Beklagte bezieht sich insoweit darauf, dass PP in weitem Umfang Aufwendungen getragen habe, die wirtschaftlich unmittelbar der RST bzw. den Künstlern selbst zuzurechnen seien. Derartige Aufwendungen spielen jedoch im Streitfall keine Rolle. Streitgegenständlich sind allein die Leistungen, die PP auf der Grundlage des mit der Klägerin bestehenden „Vertrags über die Bereitstellung von Technischen Materialien und Dienstleistungen” erbracht und die Vergütungen, die die PP für diese Leistungen erhalten hat. Da die betreffenden Leistungen – wie oben ausgeführt – wirtschaftlich gerade nicht der RST zugerechnet werden können, hat RST insoweit auch keine Betriebsausgaben auf PP ausgelagert.
(3) Der fehlende personelle Zusammenhang kann auch nicht nach den Grundsätzen über den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO als unbeachtlich außer Betracht bleiben. Ein solcher Missbrauch lässt sich im Streitfall nicht feststellen. Insbesondere handelte es sich bei PP – wie bereits ausgeführt – nicht lediglich um eine zwar rechtlich existente, tatsächlich aber leere Hülle, die allein zum Zwecke der Steueroptimierung vorgeschoben, zur Erbringung der vereinbarten Leistungen aber überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre. Im Gegenteil war PP – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – bereits vor der Welttournee der „B” am Markt in der entsprechenden Branche tätig gewesen; die Gesellschaft verfügte über eine Reihe qualifizierter Mitarbeiter und war wegen deren Know-how als geeigneter Kooperationspartner bei der Planung und Durchführung von Konzerttourneen allgemein bekannt und bewährt. Gerade deshalb war es aus Sicht der RST erforderlich, sich die Dienste der PP für den Zeitraum der Tournee exklusiv zu sichern; hätte es sich bei PP um eine bloße Zweckgesellschaft der RST gehandelt, wäre eine solche ausdrückliche Bindung der PP nicht notwendig gewesen.
Soweit der Beklagte (unter Bezugnahme auf die Ausführungen des BfF) sich darauf beruft, es habe für den Abschluss separater Verträge der RST und der PP jeweils mit der Klägerin keine wirtschaftlich vernünftigen Gründe gegeben, kann der Senat dem nicht folgen. In letzter Konsequenz besagt diese Auffassung des Beklagten, wirtschaftlich wäre es allein angemessen gewesen, wenn RST im Außenverhältnis mit der Klägerin einen einheitlichen Vertrag auch über die Leistungen der PP abgeschlossen und sich die Dienste der PP gleichzeitig im Rahmen eines Subunternehmerverhältnisses gesichert hätte. Weshalb diese Gestaltung „angemessener” sein soll als die von den beteiligten Unternehmen gewählte Gestaltung mit separaten Verträgen, erschließt sich dem Senat nicht. Im Gegenteil war es aus Sicht der RST, die selbst die technischen Dienstleistungen nicht erbringen konnte, weil sie nicht über die dafür qualifizierten Mitarbeiter verfügte, schon aus Gründen der Gewährleistung wirtschaftlich vernünftiger und damit „angemessener”, auf getrennten Verträgen zu bestehen.
Letztlich zeigt gerade der Umstand, dass RST schon personell gar nicht in der Lage gewesen wäre, die von PP zugesagten und erbrachten Leistungen selbst zu erbringen, dass die Leistungen der PP im Streitfall gerade nicht „aus dem Leistungsbereich des darbietenden Künstlers” stammen bzw. dass beide Leistungen gerade nicht „aus einer Hand” erbracht worden sind, wie es nach allgemeiner Ansicht für den personellen Zusammenhang von Haupt- und Nebenleistung erforderlich gewesen wäre. Nur wenn die Leistungen faktisch aus ein und demselben Leistungsbereich gestammt hätten und durch formalrechtliche Gestaltungsmaßnahmen künstlich getrennt worden wären, wäre Platz für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs gewesen.
(4) Schließlich führt auch der Umstand, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der PP, Herr C, über seine Rechtsanwaltskanzlei steuerliche Beratungsleistungen an die Bandmitglieder der „B” erbracht hat, zu keinem abweichenden Ergebnis. Auf das vom BfF in diesem Zusammenhang für maßgeblich gehaltene DBA-USA kann schon deshalb nicht abgestellt werden, weil das DBA selbst keine Steuertatbestände zu schaffen vermag, sondern ihm allein die Funktion zukommt, an nach nationalem Recht bestehende Steuertatbestände anzuknüpfen und insoweit Abgrenzungen zwischen den nationalen Rechtsordnungen zu regeln. § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG a.F. als maßgeblicher Besteuerungstatbestand auf nationaler Ebene gibt jedoch für eine Einbeziehung nahe stehender Dritter – abgesehen von den Fällen eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, vgl. oben unter (3) – nichts her (so zutreffend Hidien, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, a.a.O., Rdnr. E 411
2. Keinen Erfolg hat die Klage in Bezug auf die begehrte Verzinsung des zu erstattenden Betrages. Ein Unterschiedsbetrag zwischen vorausgezahlten und letztlich festgesetzten Steuerabzugsbeträgen ist gemäß § 233a Abs. 1 Satz 2 AO ausdrücklich von der Verzinsung ausgeschlossen. Diese für den Empfänger einer dem Steuerabzug unterliegenden Vergütung geltende Regelung muss im Fall einer Erstattung von entrichteter Abzugssteuer an den Vergütungsschuldner erst recht Platz greifen. Der Ausschluss einer Verzinsung begegnet im Übrigen weder im Hinblick auf Gemeinschaftsrecht noch im Hinblick auf das Grundgesetz Bedenken; insoweit gelten die Ausführungen des BFH in seinem Beschluss vom 18. September 2007 (I R 15/05, BStBl. II BStBl 2005 II S. 2008, BStBl 2005 II S. 332), denen sich der Senat anschließt, auch für den vorliegenden Fall.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Senat ist bei Verkündung des Urteils im Anschluss an die mündliche Verhandlung davon ausgegangen, dass der überraschend erst in der mündlichen Verhandlung gestellte – zuvor nicht angekündigte – erfolglose Antrag auf Zuerkennung von Zinsen lediglich ein geringfügiges Unterliegen der Klägerin im Sinne des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO zur Folge haben würde.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZOP).
III. Die Revision zum BFH war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Frage, ob und in welchem Umfang neben formalrechtlichen auch wirtschaftliche Erwägungen bei der Beurteilung des personellen Zusammenhangs im Sinne der Rechtsprechungsgrundsätze zu den „zusammenhängenden Leistungen” maßgeblich sind, ist, soweit ersichtlich, bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Zwar hat der Senat im vorliegenden Fall auch das Vorliegen eines personellen Zusammenhangs aus wirtschaftlichen Gründen geprüft und verneint; es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass nach Auffassung des BFH der Kreis der hierbei einzubeziehenden wirtschaftlichen Erwägungen wesentlich weiter gefasst werden muss, als der Senat es für richtig hält.
IV. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig; die Sach- und Rechtslage war nicht so einfach, dass die Klägerin sich selbst hätte vertreten können.

RechtsgebieteEStG, EStDVVorschriftenEStG 1998 § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1998 § 50a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStDV § 73e

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