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30.09.2010 · IWW-Abrufnummer 103055

Amtsgericht Berlin Mitte: Urteil vom 16.02.2010 – 107 C 3279/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer:
107 C 3279/09
verkündet am 16.02.2010
In dem Rechtsstreit XXX
hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 107, Littenstraße 12 - 17, 10179 Berlin,
auf die mündliche Verhandlung vom 21.01.2010 durch den Richter am Amtsgericht Krause für Recht erkannt:
1. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 2.423,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

2. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin hatte für ihren PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXX bei der Beklagten eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung abgeschlossen.

Am 9. Dezember 2008 befuhr die Klägerin mit ihrem PKW die Klosterbergestraße in Magdeburg. Sie stieß gegen ein am Fahrbahnrand abgestelltes Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen JL-.... Dieses Fahrzeug wurde beschädigt.

Die Klägerin verblieb nicht an der Unfallstelle, sondern fuhr zunächst zu ihrer Arbeitsstelle. Sie begab sich ca. 2 1/2 Stunden nach dem Unfall zu einer Polizeidienststelle, wo sie den Unfall anzeigte.

Ein gegen die Klägerin eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.

Die Beklagte regulierte den Unfallschaden in ihrer Eigenschaft als Haftpflichtversicherer der Klägerin. Sie wendete für die Regulierung insgesamt 2.423,56 EUR auf.

Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin für leistungsfrei erklärt und verlangt die von ihr geleisteten Aufwendungen zur Regulierung des Unfalles zurück.

Die Klägerin trägt vor, dass sie durch den Verkehrsunfall einen Schock erlitten habe und deswegen nicht an der Unfallstelle verblieben sei. Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr Versicherungsschutz zu gewähren und nicht berechtigt sei, ihre Aufwendungen von der Klägerin zurück zu verlangen.

Die Klägerin habe keine Obliegenheitspflichtverletzung begangen. Sie habe den Unfall weniger als 2 Stunden nach dem Unfallereignis aus eigenem Antrieb bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle gemeldet.

Die Klägerin hatte zunächst beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des Schadensereignisses vom 9. Dezember 2008 –Schadennummer der Beklagten ....... Versicherungsschutz zu gewähren und keinen Regress gegenüber der Klägerin gemäß § 116 VVG zu nehmen.

Nach Erhebung der Widerklage durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Antrages in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und
entgegenstehende Kostenanträge gestellt.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben.
Sie bestreitet, dass die Klägerin einen Unfallschock erlitten hat und verweist auf frühere Unfälle, in welche die Klägerin verwickelt war.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass aufgrund der unerlaubten Entfernung der Klägerin vom Unfallort diese ihre Aufklärungspflicht gegenüber der Beklagten verletzt habe und sie deswegen von ihrer Verpflichtung zur Leistung aus dem Versicherungsvertrag frei sei und die von ihr geleisteten
Aufwendungen von der Klägerin zurückverlangen könne.

Die Beklagte beantragt widerklagend,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 2.423,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. August 2009 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die auf die §§ 117 Abs. 5 VVG, 426 BGB gestützte Widerklage ist begründet.

Die Klägerin trägt die Kosten der Erledigung.

Die Klägerin hat durch ihr Verhalten am 9. Dezember 2008 den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB erfüllt.

Die Klägerin hat sich unerlaubt vom Unfallort entfernt. Soweit sie sich darauf beruft, dass sie den Unfall im Nachhinein bei der Polizei angezeigt habe, entlastet sie dies weder hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandes des § 142 StGB noch hinsichtlich einer Verletzung der Aufklärungspflicht gegenüber der Beklagten.

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie sich nach Ablauf der Wartefrist oder berechtigt und entschuldigt vom Unfallort entfernt hat. In diesem Fall lässt eine unverzügliche nachträgliche Ermöglichung der Feststellung betreffend den Unfall eine Strafbarkeit nicht entfallen. Die freiwillige nachträgliche Ermöglichung von Feststellungen gemäß § 142 Abs. 4 StGB lässt eine Strafmilderung zu.

Entfernt sich der Unfallbeteiligte entgegen § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB vom Unfallort, bevor er eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, verletzt er auch bei eindeutiger Haftungslage seine Aufklärungsobliegenheiten aus § 7 Abs. 1 AKB (LG Berlin, 10. Juli 2008, 17 S 85/2007).

Auch bei einer nachträglichen Anzeige des Unfalls bei einer Polizeidienststelle (welche im vorliegenden Falle im Übrigen auch nicht unverzüglich erfolgte) ist eine Unfallflucht generell geeignet, die Aufklärung der Interessen des Versicherers zu beeinträchtigen; dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine eventuell fehlende Fahrtüchtigkeit des Versicherten, die durch eine Unfallflucht verdeckt würde (OLG München, 25. Juni 1999, 10 U 5636/98).

Soweit sich die Klägerin auf einen Unfallschock beruft, ist dieser weder ausreichend substantiiert dargelegt noch nachvollziehbar. Die Klägerin hat sich zu ihrer Arbeitsstelle begeben und nicht etwa in ärztliche Behandlung. Überdies ist sie nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten bereites mehrfach in Unfälle verwickelt gewesen, so dass ihre Behauptung, sie habe einen Schock erlitten, nicht glaubhaft ist.

Die Beklagte ist mithin gemäß § 7 V 1 AKB leistungsfrei bis zur Höhe von 5.000,00 EUR. Sie kann die von ihr getätigten Aufwendungen zur Regulierung des Verkehrsunfalls von der Klägerin zurückverlangen. Der Widerklage war stattzugeben. Hinsichtlich des Zinszeitpunktes ist eine Mahnung im Sinne des § 286 BGB nicht vorgetragen, so dass ab Rechtshängigkeit Zinsen zuzusprechen waren.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der für erledigt erklärte Klageantrag auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Versicherungsschutz und der Nichtberechtigung des Regresses unbegründet war. Die Klägerin hat somit die Kosten der Erledigung zu tragen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO, 247, 286, 288 BGB.

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