Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

30.09.2010 · IWW-Abrufnummer 103050

Landgericht Köln: Urteil vom 27.01.2010 – 26 O 224/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Köln
26 O 224/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T A T B E S T A N D :
Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Lebensversicherung geltend.
Der verstorbene Bruder der Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Risiko-Lebensversicherung (Versicherungsschein und Bedingungen Bl. 15 ff d.A.) mit einer Summe von 50.000,- DM, deren Begünstigte die Klägerin war. Die Versicherung kam zustande aufgrund des Antrages vom 11.10.2000 (Bl. 25 ff d.A.), in dem die Gesundheitsfragen – ausgenommen die Fragen nach Rauchen und Motorradfahren – mit "nein" beantwortet wurden.
Nach Anzeige des Todesfalles forderte die Beklagte mit Schreiben vom 20.2.2008 (Bl. 29 f d.A.) Unterlagen bei der Klägerin an. Mit Schreiben vom 3.4.2008 (Bl. 31 f d.A.) erklärte die Beklagte die Anfechtung des Versicherungsvertrages, weil bei dem Versicherungsnehmer seit vielen Jahren ein Alkoholabusus bestanden habe, die Frage nach regelmäßigem/gewohnheitsmäßigem Alkoholkonsum aber verneint worden sei; abschließend wies die Beklagte auf die Frist nach § 12 III VVG hin. Die Klägerin widersprach mit Schreiben vom 7.4.2008 (Bl. 33 d.A.) dem Alkoholabusus ihres Bruders, woraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 14.4.2008 (Bl. 34 d.A.) darauf hinwies, dass sie die eingeholten medizinischen Unterlagen nicht zur Verfügung stellen könne. Die Klägerin antwortete unter dem 21.4.2008 (Bl. 35 d.A.), woraufhin die Beklagte am 25.4.2008 (Bl. 36 f d.A.) nochmals auf die Berechtigung der ausgesprochenen Anfechtung hinwies. Mit Datum vom 14.5.2008 (Bl. 38 f d.A.) widersprach die Klägerin erneut, ehe die Beklagte mit Schreiben vom 12.6.2008 (Bl. 40 f d.A.) mitteilte, von der getroffenen Entscheidung nicht abzuweichen und darauf hinwies, dass die mit Schreiben vom 3.4.2008 gesetzte Frist weder unterbrochen noch gehemmt sei.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei nicht gemäß § 12 III VVG aF von ihrer Leistungspflicht befreit, da diese Vorschrift keine Anwendung (mehr) finde. Zwar sei gemäß Art. 1 EGVVG auf Altverträge bis zum 31.12.2008 das "alte" VVG anzuwenden, jedoch nur, soweit sich aus Art. 1 II und den Art. 2 bis 6 des EGVVG nichts anderes ergebe. Während gemäß Art. 1 IV EGVVG gelte, dass auf Fristen nach § 12 VVG aF, die vor dem 1.1.2008 begonnen haben, diese Vorschrift auch nach dem 1.1.2008 anzuwenden sei, habe vorliegend der Fristablauf (erst) am 5.4.2008 begonnen mit der Folge, dass § 12 III VVG aF nicht anzuwenden sei. Ferner bestreitet die Klägerin den von der Beklagten vorgeworfenen Alkoholkonsum ihres Bruders in der Zeit von 1990 bis 2000 und mithin eine falsche Beantwortung der gestellten Gesundheitsfragen.
Auf Antrag vom 31.10.2008 ist am 7.11.2008 ein Mahnbescheid erlassen und der Beklagten am 11.11.2008 zugestellt worden.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
an sie 25.564,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.2.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält unter Hinweis auf vorgelegte Arztberichte Dr. L (Bl. 65 ff d.A.) und Dr. M (Bl. 43 f d.A.) an dem Vorwurf des nicht angezeigten Alkoholkonsum und der Berechtigung der Anfechtung fest, die auch wegen einer nicht mitgeteilten deutlichen Cholesterinwerterhöhung begründet sei. Ferner sei die am 5.10.2008 ablaufende Klagefrist des § 12 III VVG nicht eingehalten. Diese Vorschrift sei auf Altverträge bis 31.12.2008 uneingeschränkt anzuwenden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
Die Beklagte ist – unabhängig von der Frage der Berechtigung der erklärten Anfechtung – wegen Versäumung der Frist des § 12 III VVG aF leistungsfrei.
Die Vorschrift des § 12 III VVG aF ist auch auf Fristsetzungen im Jahr 2008 anzuwenden. Die Fortgeltung folgt aus den im EGVVG geregelten Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts. Nach Art. 1 I EGVVG ist grundsätzlich auf Versicherungsverhältnisse, die – wie der streitgegenständliche Vertrag – bis zum 1.1.2008 entstanden sind, bis zum 31.12.2008 das alte VVG anzuwenden.
Die Kammer teilt die zu dieser Vorschrift des Art. 1 I EGVVG vertretene Auffassung nicht, wonach hiervon nur solche Vorschriften des VVG erfasst seien, die das laufende Versicherungsverhältnis selbst und damit diejenigen gesetzlichen Vorschriften betreffen, die vertragliche Ansprüche der Parteien aus dem Versicherungsvertrag regeln, so dass es für die außerhalb des eigentlichen Vertragsverhältnisses liegenden Regelungen – und damit auch für § 12 III VVG aF – bei dem in Art. 12 I 4 Nr. 1 VVG-ReformG bestimmten Grundsatz des Außerkrafttretens verbleiben solle (OLG Saarbrücken, VersR 2008,1337; Schneider in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl. 2009, § 1a Rn 45; ders. VersR 2008, 859; Fricke, VersR 2009,15). Denn diese im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze findende Auffassung berücksichtigt nicht, dass Art. 1 I EGVVG im Gegensatz zu Art. 1 II EGVVG das gesamte alte VVG betrifft, weil in Art. 1 I keine Einschränkung wie in Absatz II ("insoweit") vorgenommen worden ist.
Der Grundsatz der Fortgeltung des alten Rechts ist nur nach Art. 1 II und Art. 2 bis 6 EGVVG eingeschränkt. Als Einschränkung der Fortgeltung des § 12 III VVG aF kommt aber nicht Art. 1 IV EGVVG in Betracht, der schon nicht zu den aufgezählten Vorschriften zählt, die nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes als Ausnahmen der Fortgeltung des alten Rechts anzusehen sind. Soweit gleichwohl aus dieser Vorschrift gefolgert wird, dass die Ausschlussfrist nach dem 31.12.2007 nicht mehr wirksam gesetzt werden könne (Johannsen in Bruck7Möller, VVG, 9. Aufl. § 15 Rn. 3; Schneider aaO Rn. 47; Knappmann VRR 2007, 408; Uyanik VersR 2008, 468), vermag das nicht zu überzeugen. Allein schon wegen der fehlenden Erwähnung in Art. 1 I EGVVG und dem damit zutage tretenden eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers kann Art. 1 IV EGVVG keine Ausnahme zu der dort getroffenen Regelung darstellen. Darüber hinaus regelt Art. 1 IV EGVVG seinem ausdrücklichen Wortlaut nach nicht die Frage, ob die Ausschlussfrist auch noch nach dem 31.12.2007 gesetzt werden kann, sondern betrifft lediglich den Ablauf einer im Jahr 2007 gesetzten Frist im Jahr 2008, mithin eine gänzlich andere Situation. Auch die Begründung der Einfügung dieser Vorschrift lässt keinen Rückschluss auf erst im Jahr 2008 gesetzte Ausschlussfristen zu; es ist nicht ersichtlich, warum der Gesetzgeber keine eindeutige Formulierung hätten treffen sollen, wenn er eine solche Regelung gewollt hätte. Auch eine – analoge – Anwendung des Art. 3 IV EGVVG kommt nicht in Betracht, da sich diese Vorschrift nur auf auch im neuen VVG enthaltene Fristen beziehen soll, da nur diese dort erwähnt werden, während die Frist des "alten" § 12 III VVG nicht in das neue Gesetz übernommen worden und die Regelungslücke durch die Einführung des Art. 1 IV EGVVG geschlossen worden ist (vgl. hierzu Muschner, aaO).
Demnach ist davon auszugehen, dass die Ausschlussfrist des § 12 III VVG aF auch noch nach dem 31.12.2007 wirksam gesetzt werden konnte (so auch LG Dortmund, Urteil vom 28.5.2009 – 2 O 353/08 – , zitiert nach Juris; Muschner VersR 2008, 317; Voit/Neuhaus, r+s 2007, 177 und 441; Müller-Frank, Aktuelle Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung, 7. Aufl. S. 177).
Da diese, mit Schreiben vom 5.4.2008 wirksam gesetzte sechsmonatige Frist vorliegend – unstreitig – zum Zeitpunkt der Einleitung des Mahnverfahrens im November 2008 abgelaufen ist, ohne dass durch die spätere Korrespondenz eine erneute Frist gesetzt worden wäre (vgl. insoweit Prölls/Martin, VVG 27. Aufl, § 12 Rn 29), und die Klägerin ihre Ansprüche mithin nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht hat, ist die Beklagte leistungsfrei.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 I, 709 ZPO.

RechtsgebieteVersicherungsrecht, Erbrecht, KlagefristVorschriften§ 12 Abs. 3 VVG a.F.

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr