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31.08.2010 · IWW-Abrufnummer 102743

Verwaltungsgericht Gießen: Urteile vom 17.08.2010 – 8 K 168/09 und 8 K 4293/10.GI

1. Die aufsichtsbehördliche Feststellung des Status einer Stiftung ist ein Verwaltungsakt.


2. Eine kirchliche Stiftung ist nicht gegeben, wenn ein geschichtliches Statut der Stiftung - hier aus dem Jahr 1846 - keine spezifischen, auf kirchliche Zwecke festgelegten Regelungen enthält.


Geschäftsnummer
8 K 168/09.GI
VERWALTUNGSGERICHT GIESSEN
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Verwaltungsstreitverfahren XXX
wegen Stiftungsrechts
hat das Verwaltungsgericht Gießen - 8. Kammer - durch
XXX
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die XXX, streitet mit dem Beklagten, dem XXX, um den Status der Beigeladenen.
Diese ist eine Stiftung, die im Bereich der Kindererziehung tätig ist, insbesondere ein entsprechendes Heim unterhält.
Die Beigeladene wurde auf Initiative des Friedberger Blinden- und Taubstummenlehrers XXX im Jahre 1846 gegründet. Die sieben Gründungs- beziehungsweise Komiteemitglieder bestanden aus drei Pfarrern und einem cand. theol. zu Laubach sowie einem Kaufmann und zwei Lehrern, von denen XXX einer war. Am 27.08.1846 erteilte die großherzoglich-hessische Regierung in Darmstadt die Genehmigung zur Gründung einer „Rettungs-Anstalt“ für sittlich verwahrloste Kinder in Lich. Im Oktober 1846 erließ das Komitee „Leitende Grundsätze der Rettungs-Anstalt für sittlich verwahrloste Kinder im Kloster Arnsburg bei Lich in der Wetterau“. Zugleich stellte Graf Otto zu XXX dem Komitee das Gartenhaus des ehemaligen Klosters Arnsburg mit dem zugehörigen Gartenland für zunächst 30 Jahre unentgeltlich zur Verfügung.
In der Zeit nach 1945 wurde die Satzung des „Evangelischen Kinderheimes Arnsburg in Lich“ mehrmals geändert und die Stiftung als „Rechtspersönlichkeit des Privatrechts durch landesherrliche Verleihung vom 27.08.1846“ bezeichnet.
Nach § 8 dieser Satzung bestand der Vorstand der Stiftung aus einem Mitglied des gräflichen Hauses XXX, dem Stiftsdechanten in Lich, dem Stiftspfarrer in Lich, einem Vertreter des Diakonischen Werkes „Innere Mission und Hilfswerk in Hessen und Nassau“ und bis zu 12 weiteren Mitgliedern.
Die letzte Änderung der Satzung erfolgte am 03.05.2007, die am 19.06.2007 genehmigt wurde.
Mit Schreiben vom 11.12.2008 beantragte die Klägerin, den Status der Beigeladenen als kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts festzustellen.
Zur Begründung führte sie unter anderem aus, die Stiftung verfolge als Mitglied des Diakonischen Werks Hessen und Nassau einen diakonischen Zweck. Ein Pfarrer und ein Vertreter des Diakonischen Werks Hessen und Nassau e. V. seien geborene Mitglieder des Vorstands. Bei der Beurteilung der organisatorischen Verbundenheit der Beigeladenen mit ihr, der Klägerin, sei auf eine Gesamtbetrachtung abzustellen. Hierbei sei besonders zu beachten, dass die Beigeladene im Jahre 1877 nach dreijähriger Schließung ihre diakonische Tätigkeit durch den Einsatz der Diakonissen des Elisabethstifts Darmstadt wieder habe aufnehmen können. Die Diakonissen seien ohne Unterbrechung bis 1971 in der Stiftung aktiv gewesen.
Mit Bescheid vom 09.01.2009 stellte der Beklagte fest, dass die Beigeladene keine kirchliche Stiftung sei. Aus der Verfassung der Beigeladenen ergebe sich keine organisatorische Eingliederung in eine kirchliche Verwaltung. Auch durch die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk erlange die Klägerin keine Verwaltungs- oder Aufsichtsbefugnisse über die Beigeladene.
Am 04.02.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor: Sie habe im Jahre 2004 begonnen, ihre kirchliche Stiftungsaufsicht neu zu strukturieren. In diesem Zusammenhang sei aufgefallen, dass eine größere Anzahl von Stiftungen, die einen kirchlichen oder diakonischen Zweck verfolgten und ihr, der Klägerin, organisatorisch nahestünden, sich unter staatlicher Aufsicht befände.
Im Jahre 1846 habe der Friedberger Blinden- und Taubstummenlehrer XXX zusammen mit anderen engagierten evangelischen Christen ein provisorisches Komitee zur Gründung eines Rettungshauses für sittlich verwahrloste Kinder in Oberhessen gebildet und Graf Otto zu XXX habe das Gartenhaus des ehemaligen Klosters Arnsburg mit dem zugehörigen Gartenland für zunächst 30 Jahre unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Am 27.10.1847 sei die „Kinderrettungsanstalt zu Kloster Arnsburg“ mit einer Weiherede des Pfarrers XXX, eröffnet worden. Der Bestand der Einrichtung und die laufenden Kosten hätten aus „christlicher Liebestätigkeit“, das heißt durch Spenden, sichergestellt werden sollen. Diese seien von evangelischen Vereinen der inneren Mission aufgebracht worden, aber auch einzelne Personen hätten Naturalien, Kleidungsstücke und Geld gespendet. Auf diese Weise hätten drei Viertel der laufenden Kosten aufgebracht werden können. Im Jahre 1874 sei das Heim geschlossen worden, weil sich nach dem Tod des Hausvaters kein Nachfolger gefunden habe. Drei Jahre später, am 12.07.1877, sei die Stiftung unter Änderung ihres Zwecks wieder tätig geworden. Das Heim sei als Mädchenerziehungsheim wieder eröffnet worden, weil die Stiftung Elisabethstift in Darmstadt drei Diakonissen zur Heimleitung und Kinderbetreuung entsandt habe. Bei der Stiftung Elisabethstift handele es sich um eine im Jahre 1857 errichtete kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts, die Diakonissen-Mutterhaus sei. Gemeinsam mit den Diakonissen des Paulinenstifts Wiesbaden hätten die Diakonissen des Elisabethstifts zur damaligen Zeit eine Monopolstellung im Bereich der Diakonie im Großherzogtum Hessen-Nassau und darüber hinaus innegehabt. Neben den Diakonissen habe es kein qualifiziertes Personal in den Bereichen Kinderbetreuung, Jugendhilfe, Kranken- und Altenpflege gegeben. Die Diakonissen des Elisabethstifts Darmstadt seien von 1877 nahezu 100 Jahre bis 1971 mit der Leitung des Heims und der Betreuung der Kinder und Jugendlichen satzungsgemäß betraut worden. Das Ende der Tätigkeit sei durch den vollständigen Wegfall des Nachwuchses „verwischt“ worden, sodass die Stiftung Elisabethstift sich auf den Einsatz der verbliebenen Diakonissen in ihren eigenen Einrichtungen habe beschränken müssen. Die Beigeladene sei Mitglied des Diakonischen Werks in Hessen e. V. und verfolge insoweit satzungsgemäß den diakonischen Zweck der Erziehung, Betreuung, Förderung und Ausbildung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen jeglicher Herkunft und Religionszugehörigkeit, die in ihrer Entwicklung Unterstützung bedürften. Ausweislich der Stiftungssatzung von 2007 sei ein Pfarrer der Evangelischen Marienstiftsgemeinde Lich geborenes Mitglied des neunköpfigen Stiftungsrates. Das Diakonische Werk in Hessen e. V. entsende ein weiteres Mitglied, das das Diakonische Werk vorschlage und vom Stiftungsrat gewählt werden müsse.
Die Klage sei als Feststellungsklage, hilfsweise als Verpflichtungsklage zulässig. Die Klage sei begründet, denn die Beigeladene sei eine kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts gemäß § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz. Die Beigeladene verfolge einen diakonischen Zweck und sei ihr, der Klägerin, organisatorisch zugeordnet. Die Beigeladene sei im Zusammenhang mit der diakonischen Bewegung des 19. Jahrhunderts errichtet worden; engagierte evangelische Christen hätten die sachlichen und personellen Mittel zur Gründung der Stiftung aufgebracht. Der Fortbestand der Beigeladenen bis heute sei jedoch erst 1877 durch den Einsatz der Diakonissen des Elisabethstifts sichergestellt worden. Ihnen habe die Heimleitung und die Betreuung der Jugendlichen bis in die Neuzeit oblegen. Außerdem sei die Stiftung Mitglied des Diakonischen Werks und satzungsgemäß im Vorstand der Stiftung vertreten. Ferner sei sie Anfallberechtigter im Falle der Auflösung der Beigeladenen. Die Feststellung des Beklagten sei rechtswidrig, weil bei der Feststellung der Rechtsnatur der Beigeladenen allein auf die Organstruktur, wie sie sich in der aktuell geltenden Satzung darstelle, abgestellt worden sei, was methodisch unrichtig sei. Der Bescheid sei ferner rechtswidrig, weil er auf einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung beruhe. Durch die Begrenzung der Beurteilung der organisatorischen Verbindung mit ihr, der Klägerin, auf ein Sachverhaltsmerkmal würden alle anderen Merkmale, die eine organisatorische Verbindung der Beigeladenen zu ihr, der Klägerin, begründeten, außer Acht gelassen. Außerdem werde mit der Feststellung, dass es sich bei der Beigeladenen nicht um eine kirchliche Stiftung handele, das aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung folgende Recht verletzt, wonach sie, die Klägerin, die ihr organisatorisch verbundenen kirchlichen Stiftungen selbst beaufsichtige.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass es sich bei der XXX Arnsburg mit Sitz in Lich um eine rechtsfähige kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts handelt,
hilfsweise,
den Statusfeststellungsbescheid des Beklagten vom 09.01.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Status der XXX Arnsburg als kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, im Falle der Beigeladenen lägen die Voraussetzungen des § 20 Hessischen Stiftungsgesetzes nicht vor. Danach seien kirchliche Stiftungen solche, die überwiegend kirchlichen, diakonischen, karitativen oder religiösen Zwecken einer Kirche gewidmet seien, die organisatorisch mit der Kirche verbunden seien, oder deren Zwecke nur sinnvoll in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden könnten. Aus den „Leitende Grundsätze der Rettungs-Anstalt für sittlich verwahrloste Kinder in Kloster Arnsburg bei Lich in der Wetterau“ vom Oktober 1846 ergäbe sich kein überwiegender religiöser Zweck, da eine engere kirchliche Bindung aus dieser Formulierung nicht abgeleitet werden könne. Zwar sei unverkennbar, dass es darum gegangen sei, sittlich verwahrlosten Kindern einen Halt zu geben und ein gewisses Leitbild zu vermitteln durch Einbindung in eine christliche Gemeinschaft und deren Ritus. Dass dieser Zweck aber gegenüber dem Ziel, die Kinder zu brauchbaren Gliedern des Staates zu machen, überwiege, sei nicht zu erkennen. Auch aus der Formulierung, Hauptaufgabe der Anstalt werde es sein, ihre Zöglinge zu „künftigen Knechten und Mägden auszubilden“, lasse sich der Schluss ziehen, dass ihnen auf Grund ihrer Ausbildung die Möglichkeit zu diesen standesbezogenen Berufsbildern hätte eröffnet werden sollen. Die Neufassung in der Satzung vom 15.12.1954 führe hinsichtlich der Bewertung des Stiftungszweckes zu keinen anderen Ergebnissen. Der Stiftungszweck werde insbesondere verwirklicht durch die Errichtung/Unterhaltung und den Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung, Förderung und Bildung von Kindern und Jugendlichen. Insbesondere unterhalte die Stiftung ein Jugendheim und eine Sonderschule für Kinder mit Lernbehinderungen und Entwicklungsverzögerungen. Den Unterlagen sei auch nicht zu entnehmen, dass durch die satzungsrechtlichen Aussagen eine überwiegende Zuordnung zur evangelischen Kirche in dem Sinne, dass die Stiftung „ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen habe“, gesehen werden könne. Des Weiteren liege der Zweck der Stiftung und ihrer Aufgabenerfüllung nicht überwiegend im kirchlichen, diakonischen, karitativen oder religiösen Bereich. Eine solche Zweckbindung sei weder der großherzoglichen Genehmigung noch der Selbstdarstellung der Stiftung im Internet zu entnehmen. Hinsichtlich der Verflechtung zwischen der konkreten Stiftung und der jeweils in Betracht kommenden Kirche dürfe nicht nur auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Gründung abgestellt, sondern es müsse die konkrete Weiterentwicklung angemessen berücksichtigt werden. Beachte man aber dies, sei festzustellen, dass sich im Laufe der Entwicklung und insbesondere in der neueren Zeit der Anteil der Geistlichen in den Organen der Beigeladenen immer mehr reduziert habe. Dass die Beigeladene Mitglied des Diakonischen Werkes sei, rechtfertige ebenfalls keine andere Gesamtbewertung.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten, die ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist bezüglich des Feststellungsantrages unzulässig und hinsichtlich des Hilfsantrages zulässig, aber unbegründet.
Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag die Feststellung der kirchlichen Rechtsnatur der Beigeladenen begehrt, ist die Klage unzulässig, weil die Klägerin den damit verfolgten Zweck mit einer Gestaltungsklage - wie mit ihrem Hilfsantrag geschehen - verfolgen kann.
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung eines Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellungsklage ist nicht zulässig, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 VwGO).
Im vorliegenden Fall steht der in § 43 Abs. 2 VwGO normierte Grundsatz der Subsidiarität dem Feststellungsantrag der Klägerin entgegen. Denn die Klägerin kann ihr Begehren mit der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 2 VwGO) - wie im Hilfsantrag geschehen - verfolgen. Bei der Feststellung des Status einer Stiftung handelt es sich nämlich um einen feststellenden Verwaltungsakt, weil rechtserheblich eine Eigenschaft der Stiftung, nämlich ihr Status, verbindlich festgestellt wird (vgl. Bayer.VGH, U. v. 14.12.1989 - 9 B 87.2016 -, BayVBl. 1990, 719, 720; siehe ferner VGH Bad.-Württ., U. v. 08.05.2009 - 1 S 2859/06 -, juris, Rdnr. 43; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, Rdnr. 219, Fn. 1303 unter Hinweis auf Bayer.VGH, a.a.O.). Davon geht auch § 22 Hessisches Stiftungsgesetz aus, wonach bei bestehenden Zweifeln über die Rechtsnatur der Stiftung die Aufsichtsbehörde eine Entscheidung zu treffen hat. Der Begriff Entscheidung bedeutet nämlich, dass mit bindender Wirkung Rechte der Betroffenen festgestellt oder verneint werden (vgl. auch BVerwG, U. v. 05.11.2009 - 4 C 3.99 - juris, Rdnr. 15). Wird normativ eine solche regelnde Feststellung verlangt - wie hier von § 22 Hessisches Stiftungsgesetz -, geht es um einen feststellenden Verwaltungsakt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, Rdnr. 51 zu § 35). Steht aber ein feststellender Verwaltungsakt in Frage, ist statthafte Klageart die Verpflichtungsklage (vgl. Hess. VGH, U. v. 14.03.2006 - 11 UE 1426/04 -, NVwZ-RR 2006, 794, m.w.N.; U. v. 28.11.2007 - 6 UE 1882/06 -, juris, Rdnr. 26, insoweit in ESVGH, 58, 150 ff. nicht abgedruckt). Dies gilt namentlich für den Erlass eines Statusfeststellungsbescheides, wie ihn die Klägerin im vorliegenden Fall anstrebt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 08.05.2009 - 1 S 2859/06 -, juris, Rdnr. 41 ff, wo allerdings eine Anfechtungssituation vorlag).
Die Feststellungsklage ist hier auch nicht deswegen ausnahmsweise statthaft, weil sie effektiveren Rechtsschutz gegenüber der Verpflichtungsklage böte (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2005, Rdnr. 28 zu § 43). Denn dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin kann hier mit der Verpflichtungsklage vollständig und umfassend Rechnung getragen werden.
Die mit dem Hilfsantrag erhobene, nach den soeben gemachten Ausführungen statthafte Verpflichtungsklage ist auch ansonsten zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, in der Sache aber unbegründet. Die Klägerin kann nicht verlangen, dass der Beklagte den von ihr begehrten Feststellungsbescheid erlässt. Ein entsprechender Anspruch besteht nicht, weil die Beigeladene keine kirchliche Stiftung ist (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Beurteilung, ob eine Stiftung kirchlicher Natur oder ein weltanschauliche Stiftung vorliegt, ist § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz. Nach der Legaldefinition dieser Bestimmung sind kirchliche Stiftungen die überwiegend kirchlichen, diakonischen, karitativen oder religiösen Zwecken einer Kirche gewidmeten Stiftungen, die organisatorisch mit der Kirche verbunden sind oder deren Zwecke nur sinnvoll in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden können. Damit definiert der Landesgesetzgeber die Eigenschaft der kirchlichen Stiftung mit der Bindung an kirchliche Zwecke und der Zuordnung zur kirchlichen Organisation und befindet sich insofern in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Stiftungsgesetze der Bundesländer (vgl. Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Handbuch des Stiftungsrechts, 3. Aufl. 2009, § 23, Rdnr. 1 mit Fn. 1).
Im vorliegenden Fall wurde die Beigeladene bereits im Jahre 1846 und daher vor Inkrafttreten des Hessischen Stiftungsgesetzes errichtet. Die Rechtsstellung solcher schon zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehender Stiftungen regelt § 24 Hessisches Stiftungsgesetz, indem er diese Stiftungen den Vorschriften dieses Gesetzes unterwirft. Verbleibt es folglich für die Frage des Vorliegens einer kirchlichen Stiftung bei der Regelung des § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz, kann hier weder die spezifische, die kirchliche Stiftung ausmachende Zweckbestimmung der Beigeladenen noch ihre organisatorische Verbundenheit zur Klägerin festgestellt werden.
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 11.10.1977 - 2 BvR 209/76 - ausgeführt hat, ist jede Stiftung in das historisch-gesellschaftliche Milieu eingebunden, innerhalb dessen sie entstanden ist. Das bedeutet unter anderem, „daß der Stifterwille dauernd konstitutiv bleibt. Charakter und Zweck der Stiftung liegen mit diesem Anfang in die Zukunft hinein und für die Dauer der Existenz der Stiftung fest. Deshalb sind auch Erklärungen der Stifter aus dem zu ihrer Zeit herrschenden örtlichen Zeitgeist heraus auszulegen.“ (BVerfGE 46, 73, 85).
1. Im Streitfall sind daher die im Oktober 1846 aufgestellten, den Satzungszweck der Stiftung darstellenden „Leitende Grundsätze der Rettungs-Anstalt für sittlich verwahrloste Kinder im Kloster Arnsburg bei Lich in der Wetterau“ maßgeblich zugrunde zu legen. Aus ihnen ergibt sich indes eine spezifische, auf kirchliche Zwecke festgelegte Regelung bezüglich der „Rettungs-Anstalt“ nicht.
Gemäß § 1 S. 1 der Grundsätze war Zweck dieser Rettungsanstalt „sittlich verwahrloste oder der Verwahrlosung entgegengehende Kinder zu brauchbaren Gliedern für Kirche und Staat zu erziehen.“
Dieser Bestimmung kann eine ausschließliche Verbundenheit der Beigeladenen mit der Kirche schon deswegen nicht entnommen werden, weil neben dem Wort Kirche der Begriff Staat gleichrangig genannt wird. Nach § 1 S. 2 der Grundsätze wurde als Hauptaufgabe der Anstalt bezeichnet, „ihre Zöglinge zu künftigen Knechten und Mägden auszubilden; nur besondere Neigung und Anlagen zu einem anderen Berufe (Geschäft) wird die Anstalt berücksichtigen.“ Aus dieser Formulierung sowie weiteren Bestimmungen folgt, dass wesentlicher Zweck der „Rettungs-Anstalt“ darin bestand, den sittlich verwahrlosten Kindern eine Ausbildung zu gewähren durch Schulunterricht (§ 3) und dadurch, dass „Landwirtschafth mit der Anstalt verbunden (wird)“ (§ 8), damit die Zöglinge „auch Fertigkeit zu dem Stande gewinnen, dem sie später angehören sollen.“ (§ 8). Dem entspricht, wenn § 2 der Grundsätze die „Rettungs-Anstalt“ als „Armenanstalt“ kennzeichnet und die Kinder ihre Mittel und Zuwendungen „immer nach dem Maßstabe einer Armenanstalt und des künftigen Berufes“ erhalten sollten. Darüber hinaus legt § 10 der Grundsätze fest: „Die Anstalt ist keine Staats-Anstalt, sondern eine freiwillige; wozu übrigens höchstpreisliches Ministerium unterm 27. August die erbetene Concession gnädigst ertheilt hat.“ Aus dieser Formulierung erhellt, dass die Anstalt aus eigenem Antrieb, nicht aber auf kirchliche Veranlassung hin gegründet wurde und damit auch keine kirchliche Anstalt sein sollte. Dafür spricht ferner, dass - anders als im Falle der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - keine Regelungen in den Grundsätzen darüber enthalten sind, wonach die Kirche Wahlen von Vorstandsmitgliedern oder sonstigem Stiftungspersonal bestätigen muss, beziehungsweise Änderungen der Statuten der kirchlichen Genehmigung bedürfen. Vielmehr beschränkt sich § 10 der Grundsätze auf die Aussage, dass die Anstalt keine Staats-Anstalt, sondern eine freiwillige sei, ohne überhaupt die Kirche oder kirchliche Institutionen zu erwähnen. Auch der Personenkreis, der die „Rettungs-Anstalt“ gründete und die leitenden Grundsätze aufstellte, spricht nicht dafür, dass es sich ursprünglich bei der Beigeladenen um eine kirchliche Stiftung handeln sollte. Die Grundsätze wurden im Oktober 1846 von einem „Comité“ aufgestellt, das in seiner Zusammensetzung nicht überwiegend kirchlich geprägt war. Dieses Komitee bestand aus folgenden Personen: XXX. Zwar haben hiernach drei Pfarrer und ein cand. theol. an der Gründung mitgewirkt. Dass diese aber für die evangelische Kirche oder eine Institution der Kirche aufgetreten sind oder sich auf sie berufen haben, ist nicht ersichtlich. Als Umstand, der gegen eine Verflechtung von Stiftung und Kirche spricht, lässt sich weiterhin anführen, dass nicht die Kirche oder eine kirchliche Institution, sondern Graf Otto zu XXX dem Rettungshaus das Gartenhaus des ehemaligen Klosters Arnsburg mit dem zugehörigen Gartenland für zunächst 30 Jahre kostenlos zur Verfügung stellte, wie die im Internet veröffentlichte und schriftlich von der Klägerin ins Verfahren eingeführte Chronik der Stiftung ausführt.
2. Ist nach den früheren Statuten der Stiftung und ihrer geschichtlichen Lage davon auszugehen, dass es bei der Rettungs-Anstalt des Jahres 1846 überwiegend darum ging, sittlich verwahrlosten Kindern eine Ausbildung - wenngleich auch christlich untermauert - anzudienen, kann unter dem Gesichtspunkt „Ausbildung“ ebenfalls ein damit einhergehendes Überwiegen kirchlicher Zwecke, die nur sinnvoll in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden können, verneint werden. Zwar kann die Ausbildung bestimmter Personen zu den kirchlichen Zwecken gehören. Denn der Begriff kirchlicher Zweck geht in den Stiftungsgesetzen weiter als z. B. im Steuerrecht in den §§ 51, 54 AO und umfasst nicht nur die Einrichtung und Unterhaltung von kirchlichen Gebäuden, die Verwaltung von Kirchenvermögen, die Besoldung und Versorgung von Amtsträgern der Kirche, sondern auch Erziehung, Unterricht und Wohlfahrtspflege (vgl. Seifert/von Campenhausen, a.a.O., § 23, Rdnr. 13 f.). Dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz, wonach kirchliche Zwecke unter anderem solche sind, die nur sinnvoll in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden können, ist allerdings zu entnehmen, dass § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz namentlich die spezifische religiöse Eigenart der Erziehung oder des Unterrichts beziehungsweise der Wohlfahrtspflege meint. Nach den Statuten von 1846 kann hier aber nicht von einer besonders kirchlich-religiösen Prägung der Erziehung der sittlich verwahrlosten Kinder ausgegangen werden. Selbst wenn die Statuten vorgeschrieben hatten, die Kinder zu brauchbaren Gliedern für Kirche und Staat machen zu wollen, überwog der Charakter der „Rettungs-Anstalt“ als Armenanstalt, die auf den künftigen Beruf vorbereiten wollte (§ 2). Dass die „Rettungs-Anstalt“ nicht überwiegend kirchlich geprägt war, zeigt ferner § 7 der Statuten, der die Leitung der Anstalt einem Hausvater, der zugleich Lehrer sein musste, und nicht einem Pfarrer oder einer Diakonisse übertragen hatte. Deswegen kann es auch dahinstehen, ob ab einem späteren Zeitpunkt die Heimleitung von Diakonissen übernommen worden ist. Mit Blick auf die Grundsätze in ihrer historischen Situation ist daher das Vorliegen einer kirchlichen Stiftung auszuschließen, sodass ferner offenbleiben kann, ob einer der Gründer, der Friedberger Blinden- und Taubstummenlehrer XXX, als „lebendes Denkmal für Pestalozzi ein Rettungshaus für sittlich verwahrloste Kinder gründen“ wollte und dies gegen eine Einbindung der Kirche spricht - wie der Beklagte unter Hinweis auf die Geschichtsdarstellung der Beigeladenen im Internet vorträgt (Bl. 32 der Gerichtsakte).
3. Im vorliegenden Fall kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beigeladene im Sinne des § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz in die Verwaltung der Klägerin eingegliedert oder mit ihr organisatorisch verbunden war oder ist.
Bezogen auf den Zeitpunkt des Jahres 1846 ergibt sich dies aus den Bestimmungen der Grundsätze. Diesen kann nicht - wie ausgeführt - entnommen werden, dass die „Rettungs-Anstalt“ in irgendeine kirchliche Organisation eingegliedert oder mit dieser verbunden war.
Auch die weitere Entwicklung der Beigeladenen bietet keinen Anlass für die Annahme ihrer organisatorischen Eingliederung in die kirchliche Verwaltung. Zwar gehört die Beigeladene nach ihren Stiftungsverfassungen, welche sie nach 1950 erlassen hat, dem Diakonischen Werk an und damit - wie es z. B. § 4 der Satzung vom 24.06.1970 beschreibt -, dem Diakonischen Werk „Innere Mission und Hilfswerk in Hessen und Nassau“ und dem Spitzenverband der Evangelischen freien Wohlfahrtspflege „Diakonisches Werk Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland“. Damit liegt aber keine zureichende organisatorische Nähe im Sinne des § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz zur Klägerin vor. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf, dass auch außerhalb des Rechtsgefüges der Klägerin im Diakonischen Werk eine Mitgliedschaft möglich sei. Denn nach § 6 Abs. 1 der Satzung des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau können neben den Kirchengemeinden, -verbänden oder anderen Untergliederungen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau im Diakonischen Werk auch freikirchliche Dienste und Einrichtungen Mitglieder sein und diakonische Aufgaben wahrnehmen.
Im Übrigen liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine ausreichende Bindung vor, wenn die Stiftung nach dem in der Stiftungsverfassung offenbarten Willen des Stifters von kirchlichen Organen verwaltet wird (vgl. BVerfG, a. a. O., S. 87 ff.). Dies ist bezüglich der Beigeladenen nicht der Fall. Selbst wenn man nur die Satzungen nach 1950 in den Blick nimmt, lässt sich diesen eine entsprechende Verwaltungsbefugnis der Klägerin nicht entnehmen. Darüber hinaus überwogen beziehungsweise überwiegen auch nicht die kirchlichen Würdenträger im Vorstand der Beigeladenen - gleichviel auf welchen Zeitpunkt abgestellt wird - ungeachtet dessen, dass nicht erkennbar ist, dass die Vorstandsmitglieder, die Pfarrer waren beziehungsweise sind, ausschließlich in einer der Kirche zugehörigen Funktion ihre Vorstandsarbeit wahrzunehmen die Pflicht haben oder hatten.
4. Liegen nach den zuvor gemachten Ausführungen die Voraussetzungen des § 20 Hessisches Stiftungsgesetz nicht vor und ist die Beigeladene schon deshalb keine kirchliche Stiftung, spricht ferner gegen das Vorliegen einer kirchlichen Stiftung, dass die Klägerin sich erst zum jetzigen Zeitpunkt bemüht, die Beigeladene als kirchliche Stiftung anzusehen. Nach § 22 Hessisches Stiftungsgesetz wäre es ihr möglich gewesen, bereits viel früher eine Klärung der Rechtsnatur der Beigeladenen als kirchliche Stiftung herbeizuführen. Die Tatsache, dass die Klägerin dies unterlassen hat, zeigt, dass sie offensichtlich selbst nicht davon überzeugt war, die Beigeladene sei eine kirchliche Stiftung. Das formale Erfordernis einer organisatorischen Verbindung der Stiftung mit der Kirche erfordert, dass die Stiftung die inhaltlichen Anforderungen kontinuierlich erfüllt. Deswegen bedarf es eines Mindestmaßes an Einflussmöglichkeiten der Kirche, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung mit den kirchlichen Vorstellungen zu gewährleisten (VGH Bad.-Württ., U. v. 08.05.2009 - 1 S 2859/06 -, juris, Rdnr. 54). Davon kann im Falle der Klägerin aber nicht ausgegangen werden. Es liegen keine Indizien und es liegt auch kein entsprechender Vortrag dafür vor, dass die Klägerin als Institution auf die Beigeladene jemals Einfluss genommen oder ein irgendwie geartetes Aufsichtsrecht über die Beigeladene wahrgenommen oder geltend gemacht oder sie in finanzieller Hinsicht unterstützt hätte.
Nach alledem ergibt die Gesamtwürdigung des Vorbringens der Beteiligten, der Satzungsunterlagen und der Beiakten, dass es sich bei der Beigeladenen nicht um eine kirchliche Stiftung handelt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, abzuweisen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie sich mangels Antragstellung nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. §§162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die zugelassene Berufung zu. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Verwaltungsgericht Gießen
Marburger Straße 4
35390 Gießen
einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem
Hessischen Verwaltungsgerichtshof
Brüder-Grimm-Platz 1 - 3
34117 Kassel
einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof besteht gemäß § 67 Abs. 4 VwGO Vertretungszwang. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird.
Bei den hessischen Verwaltungsgerichten und dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof können elektronische Dokumente nach Maßgabe der Verordnung der Landesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 26. Oktober 2007 (GVBl. I, S. 699) eingereicht werden. Auf die Notwendigkeit der qualifizierten digitalen Signatur bei Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, wird hingewiesen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen die Streitwertfestsetzung steht den Beteiligten die Beschwerde zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, in dem Beschluss zugelassen hat.
Die Beschwerde ist bei dem
Verwaltungsgericht Gießen
Marburger Straße 4
35390 Gießen
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Sie ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, zulässig.
Soweit der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt wird, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG.
Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 2 GKG.
Bei den hessischen Verwaltungsgerichten und dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof können elektronische Dokumente nach Maßgabe der Verordnung der Landesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 26. Oktober 2007 (GVBl. I, S. 699) eingereicht werden.
Auf die Notwendigkeit der qualifizierten digitalen Signatur bei Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, wird hingewiesen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Geschäftsnummer
8 K 4293/09.GI
VERWALTUNGSGERICHT GIESSEN
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Verwaltungsstreitverfahren XXX
wegen Stiftungsrechts
hat das Verwaltungsgericht Gießen - 8. Kammer - durch
XXX
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die XXX, streitet mit dem Beklagten, dem XXX, um den Status der Beigeladenen.
Diese ist eine Stiftung, die das „XXX“ betreibt. Als Stiftung geht die Beigeladene zurück auf das im Jahre 1879 von Friedrich Graf zu XXX (1833-1900) gegründete „Johann-Friedrich-Stift“, welches wiederum hervorging aus einem im Jahre 1711 vom damaligen Friedrich Ernst Graf zu XXX (1671-1723) gegründeten und von dessen Vater, XXX Graf zu XXX (1625-1696), initiierten Armenhaus. Nach den von der Klägerin vorgelegten Quellen kam es zu einer Auflösung des Armenhauses und zu einer Neugründung im Jahre 1879, weil XXX Graf zu XXX bezüglich des alten Armenhauses Missstände festgestellt hatte.
Mit Schreiben vom 16.06.2005 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten, die Rechtsnatur der Stiftung „XXX“ gemäß § 22 Hessisches Stiftungsgesetz festzustellen.
Der Beklagte erließ am 26.11.2009 einen ablehnenden Bescheid und stellte fest, dass die Beigeladene keine kirchliche Stiftung sei. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, im Gründungsjahr 1879 sei die Widmung durch den Stifter zumindest auch unter dem starken Eindruck einer religiös-pietistischen Motivation in Orientierung am protestantischen Glauben, in Tradition und Fortführung des seit 1711 bestehenden gräflichen Armen- und Waisenhauses, ebenso jedoch aus einem so nicht näher spezifizierten obrigkeitlichen Willen zur Fürsorge und Verantwortung erfolgt.
Nach den in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ins Leben gerufenen Stiftungsverfassungen sei Vorstand beziehungsweise Vorsitzender ein Vertreter der Familie des Stifters gewesen, vertreten durch eine aus den Reihen des Stiftungsrates beziehungsweise des Gesamtvorstands gewählte Person. Stiftungsrat beziehungsweise Gesamtvorstand hätten sich als zentrales Entscheidungsgremium neben dem Vertreter der Gründerfamilie ferner aus einem Vertreter des Landesverbandes der Inneren Mission in Hessen, einem Pfarrer der evangelischen Kirchgemeinde Laubach sowie zwei bis vier weiteren zu wählenden Mitglieder zusammengesetzt. Nach der ab dem Jahre 1967 geltenden Stiftungsverfassung seien Mitglieder des vertretungsberechtigten Vorstands in Abkehr von der bisherigen Verfassung der Pfarrer der Kirchengemeinde und der Bürgermeister der Stadt Laubach sowie ein gewähltes Mitglied aus den Reihen des Stiftungsrats gewesen. Letzterem hätten neben diesen Vertreter des evangelischen Dekanats Grünberg und des Diakonischen Werks, aber auch der Landkreis Gießen und weiterhin die Stiftungsgründerfamilie angehört. Nach der Stiftungsverfassung aus dem Jahre 1954 habe das Stiftungsvermögen an die Evangelische Kirchengemeinde Laubach, nach den Stiftungsverfassungen aus den Jahren 1955 bis 1999 jedoch an die Stadt Laubach fallen sollen.
Die Beigeladene habe seit ihren Anfangsjahren beziehungsweise seit 1983 immer wieder Diakonissen des Diakonischen Werks Hessen-Nassau beschäftigt, sei Mitglied der Inneren Mission und des Hilfswerks der Deutschen Evangelischen Kirche gewesen und später auch Mitglied des Diakonischen Werks Hessen-Nassau geworden. Nur Letzteres sei sie bis heute. Faktisch sei bis 1967 der örtliche Pfarrer Geschäftsführer des Stifts gewesen.
Die Beurteilung, ob eine Stiftung als Kirche einzuordnen sei, bemesse sich nach § 20 Hessisches Stiftungsgesetz. Danach seien kirchliche Stiftungen solche, die überwiegend kirchlichen, diakonischen, karitativen oder religiösen Zwecken einer Kirche gewidmet seien und die entweder organisatorisch in ihre Verwaltung eingegliedert seien oder deren Zwecke nur sinnvoll in Verbindung mit einer Kirche erfüllt werden könnten. Hieraus folge, dass ein kirchlicher oder religiöser Zweck eine höhere Bedeutung für die Stiftung haben müsse als etwaige andere Zwecke, ohne letztere freilich zwingend ganz auszuschließen. Kumulativ hierzu müssten entweder eine „organisatorische Eingliederung“ in die kirchliche Organisation oder aber ein Stiftungszweck vorliegen, der nur sinnvoll in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden könne. Für eine organisatorische Eingliederung im benannten Sinne reiche es dabei aus, wenn sich die Stiftungsorgane aus Personen zusammensetzten, die Organträger der Kirche seien und in den Stiftungsgremien als solche handelten oder bei deren Auswahl den Organen der Kirche ein entscheidender Einfluss eingeräumt werde. Ein Stiftungszweck, der nur sinnvoll mit der Kirche erfüllt werden könne, liege vor allem bei der Förderung religiöser, d. h. dem Kultus im Rahmen der kirchlichen Tätigkeit angehörender Zwecke vor, wenngleich dem offenen Tatbestandsmerkmal durchaus die Funktion eines Auffangtatbestandes zuzuerkennen und der Charakter der Stiftung auch immer im Wege einer Gesamtschau der konkreten Umstände zu ermitteln sei.
Im Falle der Beigeladenen sei nicht ersichtlich, dass die Gesamtschau der Umstände weder hinsichtlich des Gründerwillens und seiner Auslegung noch im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Stiftung und ihrer Verpflichtung mit der Kirche „überwiegend“ kirchlichen bzw. diakonischen Zwecken zu dienen bestimmt sei. Die Stiftung sei aus dem bereits zuvor bestehenden gräflichen Armen- und Waisenhaus um 1711 hervorgegangen. Gehe man von einem erneuten Gründungsakt im Jahre 1879 aus, lasse sich hieraus nicht ersehen, dass es dem Stifter darum gegangen sei, die Entscheidungsgewalt überwiegend der Kirche zu überantworten. Dies müsse auch in Ansehung des Umstandes gelten, dass ihr gleichwohl eine stets tragende Aufgabe beschieden gewesen sei, die sich etwa in der Beschäftigung von Diakonissen bereits in der Frühphase widergespiegelt habe. Hieran habe sich auch in der Weiterentwicklung der Stiftung nichts geändert. Eine organisatorische Eingliederung in der kirchlichen Organisation sei ebenfalls wie auch ein Stiftungszweck, der nur sinnvoll in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden könne, nicht ersichtlich.
Am 21.12.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor: Sie habe im Jahre 2004 begonnen, ihre kirchliche Stiftungsaufsicht neu zu strukturieren. In diesem Zusammenhang sei aufgefallen, dass eine größere Anzahl von Stiftungen, die einen kirchlichen oder diakonischen Zweck verfolgten und ihr, der Klägerin, organisatorisch nahestünden, sich unter staatlicher Aufsicht befände.
Die Beigeladene sei 1711 von Landgraf Friedrich-Ernst Graf zu XXX errichtet worden. Der Vater des Stifters, XXX zu XXX, und seine Ehefrau XXX, seien eng befreundet gewesen mit dem Frankfurter Pfarrer XXX. XXX sei der Begründer des Pietismus und habe in regem Briefwechsel mit dem Laubacher Grafenpaar gestanden und sei mehrfach in Laubach gewesen, um dort zu predigen und Erbauungsstunden abzuhalten. Seine Bestrebungen seien auf eine praktische Frömmigkeit gerichtet gewesen. Auf seinen Einfluss hin sei bereits 1679 in Frankfurt ein Armen-, Waisen- und Arbeitshaus gegründet worden. Gräfin Benigna habe zudem mit August-Hermann Francke, der die Frankischen Anstalten in Halle gegründet habe, sehr enge Beziehungen unterhalten, und Graf Friedrich Ernst sei als dessen Schüler bezeichnet worden. Graf XXX sei auf die Idee gekommen, in Laubach ein Armenhaus zu errichten. Dies habe er jedoch nicht verwirklichen können; in seinem Testament aber seinem Sohn und Nachfolger XXX die Errichtung eines Armen- und Waisenhauses aufgegeben. XXX habe 1710 ein Gebäude als Armen- und Waisenhaus erbauen lassen und dieses teils mit Acker- und Wiesenland und Gärten, teils mit Abgaben, wie Brennholzlieferungen und den Bezug einen Teils des Klingelbeutels dotiert. Der Pfarrer der Grafschaft Laubach sei aufgefordert worden, geeignete und bedürftige Personen zur Unterbringung zu melden.
Nach dem Wiener Kongress sei die Grafschaft Laubach dem Großherzogtum Hessen zugeordnet worden. Die bis dahin errichteten landesherrschaftlichen Anstalten seien in die Verwaltung des großherzoglich hessischen Staatsfiskus übergangen. In einem 1819 abgeschlossenen Vertrag zwischen dem Grafen zu XXX und dem Großherzogtum Hessens sei aber klargestellt worden, dass das Armen- und Waisenhaus keine landesherrschaftliche Anstalt sei und weiterhin der Verwaltung des Grafen zu XXX zu unterstehen habe. Zum 31.12.1877 sei das Armen- und Waisenhaus geschlossen und am 01.09.1879 das „Johann-Friedrichs-Stift“ eröffnet worden. Die entscheidende Neuerung habe in der Entsendung zweier Schwestern aus dem Elisabethenstift in Darmstadt zur Pflege der Armen und Kranken und zur Leitung des Hauses bestanden. Das XXX-Stift habe nicht nur sogenannte Pfründner aufgenommen, sondern es habe auch eine Krankenstation für Frauen und Männer eingerichtet. Zudem hätten die Schwestern - soweit es ihre Arbeit zugelassen habe -, die Kranken in der Gemeinde besuchen und pflegen sollen.
Bei dem Elisabethenstift handele es sich um das Diakonissen-Mutterhaus Elisabethenstift in Darmstadt, eine kirchliche Stiftung öffentlichen Rechts. Dieses sei 1857 mit dem Zweck gestiftet worden, den Dienst der christlichen Liebe an hilfsbedürftigen Menschen auszuüben und damit in Wort und Tat das Evangelium von Jesus Christus zu bezeugen. Die Diakonissen des Elisabethenstifts hätten – gemeinsamen mit den Diakonissen des Paulinenstifts Wiesbaden – zur damaligen Zeit eine Monopolstellung im Bereich der Diakonie im Großherzogtum Hessen-Nassau und darüber hinaus innegehabt. Neben den Diakonissen habe es kein qualifiziertes Personal in den Bereichen Kinderbetreuung, Jugendhilfe, Kranken- und Altenpflege gegeben.
1954/55 sei es zwischen dem gräflichen Johann-Friedrich-Stift und der Stadt Laubach zu Auseinandersetzungen über die Zusammensetzung des Stiftungsvorstandes gekommen. Stiftungsvorstand, Regierungspräsident und Stadt Laubach seien sich jedoch darin einig gewesen, dass das gräfliche Johann-Friedrich-Stift seit seiner Entstehung und seiner ganzen Entwicklung nach den Charakter einer evangelischen Anstalt trage, deren Aufgabe es sei, christliche Wohltätigkeit zu üben.
Die Klage sei als Feststellungsklage, hilfsweise als Verpflichtungsklage zulässig. Die Klage sei begründet, denn die Beigeladene sei eine kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts gemäß § 20 Abs. 1 HStG. Die Beigeladene verfolge einen diakonischen Zweck der Pflege und Unterhaltung von Bedürftigen, Gebrechlichen und Waisen. Für den Stifter, Graf Friedrich-Ernst zu XXX, und seinen Vater, XXX zu XXX, sei die Errichtung der Stiftung und ihrer Ausstattung nicht einfach Ausfluss von Generosität, humanitärer Gesinnung und Selbstlosigkeit gegenüber Armen und Kranken, sondern der Antrieb, das bestimmende Motiv, sei ihre pietistische Gesinnung gewesen, die nach Betätigung gedrängt habe. Vater und Sohn seien als Landesherren nicht nur die obersten Geistlichen der Grafschaft zu XXX, sondern darüber hinaus evangelische Pietisten gewesen, und als solche hätten sie in enger Verbindung mit den führenden pietistischen Theologen ihrer Zeit, XXX und XXX gestanden. Die Stiftung der evangelischen Kirche sei ihr, der Klägerin, organisatorisch zugeordnet. Graf Friedrich zu XXX habe bei der Neuorganisation im Jahre 1879 drei weitreichende strukturelle Entscheidungen getroffen. Mit der Neuorganisation und der Verwaltung der Stiftung sei der jeweilige erste Pfarrer der Kirchengemeinde Laubach beauftragt worden. Wesentlich für den Neuanfang der Stiftung sei der Einsatz des ersten Laubacher Pfarrers, XXX, gewesen. Friedrich Graf zu XXX habe nicht wie sein Vorgänger weltliches Personal in der Einrichtung, sondern Diakonissen des Elisabethenstifts Darmstadt eingesetzt. Die dritte organisatorische Entscheidung habe in der Mitgliedschaft der Beigeladenen im Zentralausschuss für innere Mission sowie deren Folgeorganisationen bestanden.
Die Feststellung des Regierungspräsidiums Gießen sei rechtswidrig, soweit allein auf die Organstruktur abgestellt worden sei. Dies sei methodisch unrichtig. Durch die Begrenzung der Beurteilung der organisatorischen Verbindung mit ihr, der Klägerin, auf ein Sachverhaltsmerkmal würden alle anderen Merkmale, die eine organisatorische Verbindung der Beigeladenen zur ihr, der Klägerin, begründeten, außer Acht gelassen. Der Bescheid sei auch deswegen rechtswidrig, weil er das Selbstverständnis von ihr, der Klägerin, nicht beachte. Die Dominanz von Funktionsträgern der verfassten Kirche werde von ihr, der Klägerin, nicht als wesentliches Gestaltungsmerkmal einer kirchlichen Stiftung angesehen. Würde das vom Beklagten zugrunde gelegte Kriterium auf die eindeutig der Aufsicht von ihr, der Klägerin, unterstehenden Stiftungen angelegt, so würde kaum einer der kirchlichen Stiftungen als „kirchlich“ angesehen werden können. Mit der rechtswidrigen Feststellung, dass es sich bei der Stiftung nicht um eine kirchliche Stiftung handele, werde ferner das aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV folgende Recht verletzt.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass es sich bei der Stiftung Oberhessischen Diakoniezentrum – Johann-Friedrich-Stift mit Sitz in Laubach um eine rechtsfähige kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts handelt,
hilfsweise,
den Statusfeststellungsbescheid des Beklagten vom 25.11.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Status der Stiftung XXX als kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf seinen Bescheid vom 26.11.2009.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, die ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist bezüglich des Feststellungsantrages unzulässig und hinsichtlich des Hilfsantrages zulässig, aber unbegründet.
Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag die Feststellung der kirchlichen Rechtsnatur der Beigeladenen begehrt, ist die Klage unzulässig, weil die Klägerin den damit verfolgten Zweck mit einer Gestaltungsklage - wie mit ihrem Hilfsantrag geschehen - verfolgen kann.
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung eines Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellungsklage ist nicht zulässig, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage ver-folgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 VwGO).
Im vorliegenden Fall steht der in § 43 Abs. 2 VwGO normierte Grundsatz der Subsidiarität dem Feststellungsantrag der Klägerin entgegen. Denn die Klägerin kann ihr Begehren mit der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 2 VwGO) - wie im Hilfsantrag geschehen - verfolgen. Bei der Feststellung des Status einer Stiftung handelt es sich nämlich um einen feststellenden Verwaltungsakt, weil rechtserheblich eine Eigenschaft der Stiftung, nämlich ihr Status, verbindlich festgestellt wird (vgl. Bayer.VGH, U. v. 14.12.1989 - 9 B 87.2016 -, BayVBl. 1990, 719, 720; siehe ferner VGH Bad.-Württ., U. v. 08.05.2009 - 1 S 2859/06 -, juris, Rdnr. 43; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, Rdnr. 219, Fn. 1303 unter Hinweis auf Bayer.VGH, a.a.O.). Davon geht auch § 22 Hessisches Stiftungsgesetz aus, wonach bei bestehenden Zweifeln über die Rechtsnatur der Stiftung die Aufsichtsbehörde eine Entscheidung zu treffen hat. Der Begriff Entscheidung bedeutet nämlich, dass mit bindender Wirkung Rechte der Betroffenen festgestellt oder verneint werden (vgl. auch BVerwG, U. v. 05.11.2009 - 4 C 3.99 - juris, Rdnr. 15). Wird normativ eine solche regelnde Feststellung verlangt - wie hier von § 22 Hessisches Stiftungsgesetz -, geht es um einen feststellenden Verwaltungsakt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, Rdnr. 51 zu § 35). Steht aber ein feststellender Verwaltungsakt in Frage, ist statthafte Klageart die Verpflichtungsklage (vgl. Hess. VGH, U. v. 14.03.2006 - 11 UE 1426/04 -, NVwZ-RR 2006, 794, m.w.N.; U. v. 28.11.2007 - 6 UE 1882/06 -, juris, Rdnr. 26, insoweit in ESVGH, 58, 150 ff. nicht abgedruckt). Dies gilt namentlich für den Erlass eines Statusfeststellungsbescheides, wie ihn die Klägerin im vorliegenden Fall anstrebt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 08.05.2009 - 1 S 2859/06 -, juris, Rdnr. 41 ff, wo allerdings eine Anfechtungssituation vorlag).
Die Feststellungsklage ist hier auch nicht deswegen ausnahmsweise statthaft, weil sie effektiveren Rechtsschutz gegenüber der Verpflichtungsklage böte (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2005, Rdnr. 28 zu § 43). Denn dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin kann hier mit der Verpflichtungsklage vollständig und umfassend Rechnung getragen werden.
Die mit dem Hilfsantrag erhobene, nach den soeben gemachten Ausführungen statthafte Verpflichtungsklage ist auch ansonsten zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, in der Sache aber unbegründet. Die Klägerin kann nicht verlangen, dass der Beklagte den von ihr begehrten Feststellungsbescheid erlässt. Ein entsprechender Anspruch besteht nicht, weil die Beigeladene keine kirchliche Stiftung ist (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Beurteilung, ob eine Stiftung kirchlicher Natur oder ein weltanschauliche Stiftung vorliegt, ist § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz. Nach der Legaldefinition dieser Bestimmung sind kirchliche Stiftungen die über-wiegend kirchlichen, diakonischen, karitativen oder religiösen Zwecken einer Kirche gewidmeten Stiftungen, die organisatorisch mit der Kirche verbunden sind oder deren Zwecke nur sinnvoll in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden können. Damit definiert der Landesgesetzgeber die Eigenschaft der kirchlichen Stiftung mit der Bindung an kirchliche Zwecke und der Zuordnung zur kirchlichen Organisation und befindet sich insofern in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Stiftungsgesetze der Bundesländer (vgl. Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Handbuch des Stiftungsrechts, 3. Aufl. 2009, § 23, Rdnr. 1 mit Fn. 1).
Im vorliegenden Fall wurde die Beigeladene bereits im Jahre 1879 – möglicherweise sogar schon im Jahre 1711 - und daher vor Inkrafttreten des Hessischen Stiftungsgesetzes errichtet. Die Rechtsstellung solcher schon zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehender Stiftungen regelt § 24 Hessisches Stiftungsgesetz, indem er diese Stiftungen den Vorschriften dieses Gesetzes unterwirft. Verbleibt es folglich für die Frage des Vorliegens einer kirchlichen Stiftung bei der Regelung des § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz, kann hier weder die spezifische, die kirchliche Stiftung ausmachende Zweckbestimmung der Beigeladenen noch ihre organisatorische Verbundenheit mit der Klägerin festgestellt werden.
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 11.10.1977 - 2 BvR 209/76 - ausgeführt hat, ist jede Stiftung in das historisch-gesellschaftliche Milieu eingebunden, innerhalb dessen sie entstanden ist. Das bedeutet unter anderem, „daß der Stifterwille dauernd konstitutiv bleibt. Charakter und Zweck der Stiftung liegen mit diesem Anfang in die Zukunft hinein und für die Dauer der Existenz der Stiftung fest. Deshalb sind auch Erklärungen der Stifter aus dem zu ihrer Zeit herrschenden örtlichen Zeitgeist heraus auszulegen.“ (BVerfGE 46, 73, 85).
Im Streitfall ist daher auf die zur Zeit der Gründung der Stiftung maßgeblichen Umstände abzustellen. Diese lassen die Feststellung nicht zu, dass die Beigeladene ausschließliche oder überwiegend kirchliche Aufgaben wahrgenommen hat, beziehungsweise mit der Klägerin organisatorisch verbunden war.
Zur Begründung nimmt die erkennende Kammer zunächst Bezug auf die Entscheidungsgründe des Bescheids vom 26.11.2009, denen die Kammer folgt, und sieht von einer weiteren Darstellung einer Begründung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Im Hinblick auf das Klagevorbringen ist ergänzend zu erwähnen, dass die von der Klägerin im Verwaltungs- beziehungsweise erstmalig im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen nicht die Rechtsansicht der Klägerin stützen, vielmehr die Annahme des Beklagten bestätigen, wonach die Beigeladene keine kirchliche Stiftung ist. Dies gilt sowohl für die von dem ehemaligen Pfarrer XXX gefertigte Jubiläumsschrift aus dem Jahre 1979 mit dem Titel „Hundert Jahre im Dienste am Menschen 1879-1979 Sozialzentrum Laubacher Stift“ als auch für die weiter vorgelegten Unterlagen, nämlich die historischen Notizen des Grafen Friedrich Graf zu XXX vom 10.10.1879, den Auszug aus dem kirchlichen Archiv aus dem Jahre 1879, gefertigt von dem damaligen Pfarrer XXX, das Schreiben des Regierungspräsidenten Darmstadt vom 20.09.1955 an den Vorsitzenden des gräflichen Johann-Friedrich-Stifts zu Laubach, Georg Friedrich Graf zu XXX, und die Verfassung der Stiftung vom 01.12.1955.
Nach der Jubiläumsschrift von Pfarrer XXX hat sich das Stift aus einem Armenhaus, gegründet 1711 entwickelt. Gründer des Armenhauses war der 1671 geborene und 1723 gestorbene Friedrich Ernst Graf zu XXX, der unter dem christlichen Einfluss seines Vaters, XXX Graf zu XXX (1625-1696), stand. Letzterer hatte die Errichtung eines Armen- und Waisenhauses seinem Sohn und Nachfolger Friedrich Ernst in seinem Vermächtnis aufgegeben. XXX Graf zu XXX war eng befreundet mit dem Frankfurter Pfarrer Philipp Jacob Spener (1635-1705), einem Anhänger beziehungsweise Begründer des Pietismus.
Im Jahre 1879 kam es unter Friedrich Graf zu XXX (1833-1900) zu einer Neugründung der Stiftung. In der Jubiläumsschrift von Pfarrer XXX heißt es hierzu, dass Friedrich Graf zu XXX am 26.09.1866 (richtig wohl 1877) bestimmt habe, den bisherigen Bestand des Armenhauses aufzulösen. Der Armenhausverwalter solle zum 01.01.1878 in den Pensionsstand treten; die Pfründner sollten ein Jahr in Privatpflege untergebracht und die Ökonomie solle nach Beendigung der „Winterausstellung“ aufgelöst werden. XXX habe Pfarrer XXX mit den nötigen Vorbereitungen zur Unterbringung der Pfründner ersucht. Nach den Umbauarbeiten habe die Einweihung, bei der der Graf einen Überblick über die Geschichte der Einrichtung gegeben habe, stattgefunden. Neben der Baulichkeit habe die ent-scheidende Neuerung in der Mitarbeit zweiter Schwestern aus dem Elisabethenstift in Darmstadt zur Pflege der Armen und Kranken und zur Leitung des Hauses bestanden. Das neue Haus habe nicht nur Pfründner, das heißt Arme und Gebrechliche, aufgenommen, sondern es sei auch eine Krankenstation eingerichtet worden. Die Schwestern hätten die Aufgabe gehabt, auch die Kranken in der Gemeinde zu besuchen und zu pflegen. Pfarrer XXX habe neben der Seelsorge auch die Aufgabe der Geschäftsführung des Johann-Friedrich-Stift innegehabt.
In den historischen Notizen des Grafen Friedrich vom 10.10.1879 heißt es u.a., dass das ursprüngliche Armenhaus ein „missratenes Unternehmen“ geworden sei, das bis in die neueste Zeit ein „vegetierendes Leben“ nach Art so mancher aus älteren Zeiten stammenden Stiftung geführt habe. Bis zur „Mediation“ (gemeint ist die ab dem Jahre 1803 beginnende Mediatisierung, bei der die reichsunmittelbare Städte, Grafschaften usw. größeren Territorien zugeordnet und damit die unmittelbare (immediate) Unterstellung zum König aufhoben wurde), sei das Armenhaus eine landesherrliche Anstalt gewesen. Nach der Zuteilung der Grafschaft Laubach zu dem Großherzogtum Hessen sei 1819 ein „Separatvertrag“ geschlossen und die Bestimmung getroffen worden, wonach das Armenhaus aus privaten Mitteln des gräflichen Hauses dotiert und allgemein diesem zu unterstehen habe. Am Ende der historischen Notizen heißt es wörtlich: „Am 01.09.1879 begannen wir mit Gottes Hilfe und unter Leitung von Schwestern aus dem Darmstädter Elisabethenstift die erneuerte Anstalt und dem Namen „XXXs-Stift“ in der Hoffnung, dass der schon vor nahezu 200 Jahre erbetene und erhoffte, aber vorenthaltene Segen dem Hause im reichen Maße zu teil werden möge, das gebe der Herr!“
Dem Auszug aus dem kirchlichen Archiv lässt sich entnehmen, dass Pfarrer XXX, der die Notizen offensichtlich verfasste, das Haus mit Gottes Wort und Gebet zu einer Stätte christlicher Barmherzigkeit einweihte. Das Stift stehe unter unmittelbarer Leitung von zwei Diakonissen – was der tiefgreifendste Unterschied zum alten Armenhaus sei. Der Anstalt sei auch eine Krankenstation für Männer und Frauen und eine Kinderstation angegliedert worden. Die Diakonissen, mit denen ein ganz anderer Geist in das Haus eingezogen sei, würden sich auch um die Armen- und Krankenpflege in der Stadt kümmern. Ihm, dem Verfasser, sei die Seelsorge und die Oberaufsicht über das Haus anvertraut worden. Schließlich heißt es: „Das Pflegegeld für kranke Erwachsene (einschließl. Arzt und Medizin) auf eine Mark täglich und für kranke Kinder auf -,50 Pf. tägl. Natürlich steht es dem Grafen jederzeit frei, Ausnahmen eintreten zu lassen, wie ebenso natürlich Aufnahmen in das Stift nur mit Seiner oder Seiner Erlauchten Gemahlin Bewilligung erfolgen können.“
Diese Quellen vermögen die Ansicht der Klägerin nicht zu stützen, es handele sich bei der Stiftung um eine kirchliche. Denn ihnen lässt sich eine organisatorische Verbundenheit der Beigeladenen zur Klägerin nicht entnehmen.
Anders als in dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 46, 73 ff.) entschiedenen Fall, in dem der Bischof vom Stifter aufgerufen war, seine Zustimmung zu allen wichtigen Fragen der Stiftung zu geben, zeigen vorliegend die Quellen eine solche Eingliederung in die oder eine Verbundenheit mit der Institution Kirche nicht. Dies wird zunächst darin deutlich, dass das Wort „Kirche“ keinerlei Erwähnung findet. Es ist indes davon auszugehen, dass die Quellen eine Zuordnung des Stifts zu einer Kirche angeführt hätten, wenn dies tatsächlich auch vom Stifter gewollt gewesen wäre. Stattdessen wurde als tiefgreifendster Unterschied zwischen dem alten Armenhaus und dem neuen Stift von Pfarrer XXX die Leitung durch die beiden Diakonissen genannt. Dass ein Pfarrer seine eigene Kirche unerwähnt lässt bei der Organisation eines solchen Stifts, ist aber schwer vorstellbar, zumal wenn er selbst mit Verwaltungsaufgaben betraut ist. Die Quellen belegen überdies den erheblichen Einfluss den der „Erlauchte Patron“ oder „Seine Erlauchte Gemahlin“ auf das Stift hatten, weil diese jederzeit Ausnahmen hinsichtlich der Aufnahmen in das Stift anordnen konnten. Dies zeigt, dass andere - gleichviel ob Kirche oder weitere Personen - keinen wesentlichen Einfluss besaßen, und deswegen auch eine organisatorische Verbundenheit zur Kirche nicht angenommen werden kann. Angesichts der Haltung der Grafschaft zu XXX zum Pietismus eines Philipp Jacob Speners und August Hermann Franckes und einer „feindseligen“ Stellung zum strengen orthodoxen Christentum, belegt in den Notizen von Friedrich Graf zu XXX vom 10.10.1879, liegt es weiterhin nahe, dass jede kirchliche Eingliederung oder Verbundenheit mit der Kirche in den historischen Quellen Erwähnung gefunden hätte.
Die erkennende Kammer ist nach alledem der Überzeugung, dass schon eine Verbundenheit mit der Kirche des Stifts zur Zeit seiner Errichtung in die Institution Kirche nicht erfolgte. Soweit die Quellen sich deutlich auf christliche Werte beziehen und eine Nähe zum diakonischen Gedanken belegen, handelte es sich nicht um Umstände, die überwiegend kirchliche oder religiöse Zwecke, denen die Stiftung gewidmet sein könnte, dartun. Die Mitarbeit von nur zwei Diakonissen, die ferner auch für die Stadt Laubach arbeiteten, und die Oberaufsicht eines Pfarrers zeugen mangels Nennung der Kirche beziehungsweise mangels Erwähnung einer engen Verbundenheit des Stifts mit der Kirche in diese nur von einer allgemein christlichen Einstellung des Stiftsgründers. Darüber hinaus ist weiter das Fehlen einer Stiftsurkunde, die der oder einer Kirche irgendeinen Einfluss auf das Stift gestattete, von entscheidender Bedeutung. Wie der Kammer aus anderen, auch die Klägerin betreffenden Verfahren bekannt ist, war zur damaligen Zeit ein Stiftungstext nicht ungewöhnlich. Diesen zu erstellen wäre auch für den Gründer des Johann-Friedrich-Stifts naheliegend gewesen – erst recht, wenn mit der Stiftungsurkunde Einflussmöglichkeiten kirchlicher Institutionen gewollt gewesen wären. Diesbezüglich Erklärungen des Stifters sind indes nicht bekannt, und sie lassen sich nicht ansatzweise den Quellen entnehmen.
Auch das von der Klägerin angeführte Schreiben des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 20.09.1955 an den Vorsitzenden des gräflichen XXX-Stifts, die Änderung der Verfassung der Stiftung betreffend, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dieses Schreiben zeigt, dass der damalige Vorstand der Stiftung nach der einschlägigen Satzung vom 26.08.1939 aus dem Grafen zu XXX als Vorsitzendem, dem leitenden Anstaltsarzt, dem ersten Pfarrer der evangelischen Gemeinde Laubach, dem Bürgermeister der Stadt Laubach und einem Vertreter des Landesverbandes der inneren Mission als ständige Mitglieder sowie nach Bedarf aus einer zahlenmäßig nicht begrenzten Anzahl weiterer Mitglieder besetzt wurde. Eine besondere Nähe oder Verbundenheit der Stiftung zur Klägerin ergibt sich hieraus schon deshalb nicht, weil nichtkirchliche Mitglieder im Vorstand überwogen. Lediglich der erste Pfarrer der evangelischen Gemeinde Laubach bildete als Vorstandsmitglied eine Ausnahme. Zwar betont die Satzung vom 01.12.1955 in § 1 Abs. 2 „den Charakter einer evangelischen Anstalt, deren Aufgaben es ist, christliche Wohltätigkeit zu üben.“ Andererseits wird in § 1 Abs. 1 S. 1 der Satzung hervorgehoben, dass das „Gräfliche XXX-Stift eine Stiftung des gräflichen Hauses XXX“ ist. In § 1 Abs. 1 S. 2 der Satzung heißt es: „Es ist eine selbständige Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit.“ Damit folgt auch aus dieser verfassungsgebenden Satzung - trotz der Tatsache, dass ein Vertreter des Landesverbandes der inneren Mission und der ständige Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Vorstandsmitglieder sind und der Pfarrer in der Regel sogar die Geschäftsführung innehat - keine solche organisatorische Verbundenheit zu der Klägerin, die es rechtfertigen könnte, der Klage stattzugeben.
Liegen nach den zuvor gemachten Ausführungen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Hessisches Stiftungsgesetz nicht vor und ist die Beigeladene schon deshalb keine kirchliche Stiftung, ist ferner gegen das Vorliegen einer kirchlichen Stiftung anzuführen, dass die Klägerin sich erst zum jetzigen Zeitpunkt bemüht, die Beigeladene als kirchliche Stiftung anzusehen. Nach § 22 Hessisches Stiftungsgesetz wäre es ihr möglich gewesen, bereits viel früher eine Klärung der Rechtsnatur der Beigeladenen als kirchliche Stiftung herbeizuführen. Die Tatsache, dass die Klägerin dies unterlassen hat, zeigt, dass sie offensichtlich selbst nicht davon überzeugt war, die Beigeladene sei eine kirchliche Stiftung. Das formale Erfordernis einer organisatorischen Verbindung der Stiftung mit der Kirche erfordert, dass die Stiftung die inhaltlichen Anforderungen kontinuierlich erfüllt. Deswegen bedarf es eines Mindestmaßes an Einflussmöglichkeiten der Kirche, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung mit den kirchlichen Vorstellungen zu gewährleisten (VGH Bad.-Württ., U. v. 08.05.2009 - 1 S 2859/06 -, juris, Rdnr. 54). Davon kann im Falle der Klägerin aber nicht ausgegangen werden. Es liegen keine Indizien und es liegt auch kein entsprechender Vortrag dafür vor, dass die Klägerin als Institution auf die Beigeladene jemals Einfluss genommen oder ein irgendwie geartetes Aufsichtsrecht über die Beigeladene wahrgenommen oder geltend gemacht oder sie in finanzieller Hinsicht unterstützt hätte.
Nach alledem ergibt die Gesamtwürdigung des Vorbringens der Beteiligten, der Satzungsunterlagen und der Beiakten, dass es sich bei der Beigeladenen nicht um eine kirchliche Stiftung handelt.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, abzuweisen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie sich mangels Antragstellung nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§§ 124 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die zugelassene Berufung zu. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Verwaltungsgericht Gießen
Marburger Straße 4
35390 Gießen
einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem
Hessischen Verwaltungsgerichtshof
Brüder-Grimm-Platz 1 - 3
34117 Kassel
einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof besteht gemäß § 67 Abs. 4 VwGO Vertretungszwang. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird.
Bei den hessischen Verwaltungsgerichten und dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof können elektronische Dokumente nach Maßgabe der Verordnung der Landesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 26. Oktober 2007 (GVBl. I, S. 699) eingereicht werden. Auf die Notwendigkeit der qualifizierten digitalen Signatur bei Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, wird hingewiesen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen die Streitwertfestsetzung steht den Beteiligten die Beschwerde zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, in dem Beschluss zugelassen hat.
Die Beschwerde ist bei dem
Verwaltungsgericht Gießen
Marburger Straße 4
35390 Gießen
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Sie ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, zulässig.
Soweit der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt wird, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG.
Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 2 GKG.
Bei den hessischen Verwaltungsgerichten und dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof können elektronische Dokumente nach Maßgabe der Verordnung der Landesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 26. Oktober 2007 (GVBl. I, S. 699) eingereicht werden. Auf die Notwendigkeit der qualifizierten digitalen Signatur bei Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, wird hingewiesen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO).

RechtsgebietStiftungsrechtVorschriften§ 20 Hessisches Stiftungsgesetz

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