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27.08.2010 · IWW-Abrufnummer 102736

Landgericht Stuttgart: Urteil vom 10.11.2009 – 16 O 494/08

Das Vorliegen einer nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse im Gesundheitswesen als Voraussetzung für eine nachträgliche einseitige Änderung der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) eines Krankenversicherungsvertrages zum Nachteil des Versicherungsnehmers kann nicht mit einer Änderung der Rechtsprechung begründet werden. Auch ein Berufen des Versicherers auf eine entsprechende Klausel ist nicht möglich, da Klauseln, welche dem Versicherer die Änderung der Bedingungen bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erlauben, unwirksam sind.


LG Stuttgart, Urt. v. 10.11.2009

16 O 494/08

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 809,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2009 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Versicherungsvertrag … hinsichtlich der Material- und Laborkosten ohne den Tarif-Zusatz „Erstattungsfähig sind Aufwendungen für zahntechnische Laborarbeiten und Materialien, soweit sie im Rahmen der in Deutschland üblichen Preise berechnet sind“ und ohne die Fußnote 4): „Sind zwischen den Innungsverbänden der Zahntechniker und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen Höchstpreise vereinbart, gelten diese als üblich“ besteht und das „Bundeseinheitliche Leistungsverzeichnis (BEL)“ von der Beklagten nicht herangezogen werden kann.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Kläger trägt 67 % der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte 33 %.
5. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des vollstreckbaren Betrages die Vollstreckung abwenden, wenn nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit in gleicher Höhe geleitstet hat.

Streitwert: 8.451,00 €

Tatbestand

Der Kläger verlangte von der Beklagten zunächst auf der Basis eines Heil- und Kostenplans die Erstattung von 50 % der Zahnbehandlungskosten (Material- und Laborkosten). Nunmehr verlangt er die restliche Erstattung der in der Zahnarztrechnung ausgewiesenen Kosten. Daneben begehrt er die Feststellung, dass die Beklagte auch in Zukunft 50 % der medizinisch notwendigen Zahnarztbehandlungs-, Material- und Laborkosten zu erstatten hat.

Der Kläger ist Beihilfeberechtigter und schloss im November 1984 bei der Beklagten einen Krankenversicherungsvertrag mit einem Kostenerstattungssatz von 50 % (Beihilfe-Tarif Z) ab. Die Beklagte informierte den Kläger über die Änderungen der Tarifbedingungen in den Jahren 1988 und 1993. Es wurde der Satz „Erstattungsfähig sind Aufwendungen für zahntechnische Laborarbeiten und Materialien, soweit sie im Rahmen der in Deutschland üblichen Preise berechnet sind“ eingefügt. Diese Änderungen wurden vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) genehmigt. Im Jahr 1996 fügte die Beklagte in die Tarifbedingungen zusätzlich folgende Fußnote 4) zu dem oben genannten Satz ein: „Sind zwischen den Innungsverbänden der Zahntechniker und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen Höchstpreise vereinbart, gelten diese als üblich“. Hierfür erteilte der Treuhänder am 31.07.1996 nach § 178g Abs. 3 VVG a.F. die Zustimmung. Zum 01.10.1999 erfolgte eine Änderung des Versicherungsschutzes des Klägers. In dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom 11.10.1999 wurde darauf hingewiesen, dass die Umwandlungsbedingungen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen ergänzen. Der Zahnarzt des Klägers, Herr …, erstellte am 20.05.2008 zwei Heil- und Kostenpläne, die der Kläger bei der Beklagten mit der Aufforderung zur Kostenzusage einreichte. Der Heil- und Kostenplan Nr. 2/2683/1 sah voraussichtliche Gesamtkosten von insgesamt 1.747,59 € (Honorarleistungen 1.053,74 €, Praxis-/Verbrauchsmaterialkosten 493,85 e€, Material- und Laborkosten 200,00 €) der Heil- und Kostenplan Nr. 2/2683/2 Gesamtkosten von 13.025,08 € (Honorarleistungen 4.025,08 €, Praxis-/Verbrauchsmaterialkosten 98,00 €, Material- und Laborkosten 8.902,00 €) vor. Mit Schreiben vom 05.06.2008 teilte die Beklagte mit, dass sie von den voraussichtlichen Kosten 50 % der Honorarleistungen, d.h. 526,87 € und 2.012,54 €, und 50 % der Material- und Laborkosten des Kostenplans Nr. 2/2683/1, aber nur 50 % von 4.860,00 € der Material- und Laborkosten des Kostenplans Nr. 2/2683/2, also 2.430,00 €, erstatten würde. Der Kläger ließ sich im Dezember 2008 die Implantate einsetzen und am 17.08.2009 wurde die Zahnarztbehandlung beendet. Der Kläger legte der Beklagten mit Schriftsatz vom 07.09.2009 die Rechnung vom 21.08.2009 vor, in der Material- und Laborkosten in Höhe von 6.856,40 € abgerechnet waren. Die Beklagte bezahlte im September und Oktober 2009 auf diese Rechnungspositionen insgesamt 2.618,96 €
Der Kläger trägt vor,
dass die Änderungen der Tarifbedingungen für den Beihilfe-Tarif Z, die seit Beginn des Versicherungsverhältnisses erfolgten, nicht wirksam in den Krankenversicherungsvertrag einbezogen seien, da es an der Voraussetzung „Veränderung der Verhältnisse im Gesundheitswesen“ nach § 178g Abs. 3 VVG a.F. fehle. Zudem gebe die Beklagte nicht konkret an, welche Positionen aus welchen Gründen nicht zu erstatten seien. Die Beklagte habe seine außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 825,26 € (Streitwert von 8 451,00 € 1,3 Gebühr [631,80 €], nebst 20,00 €, 19 % MwSt) zu erstatten.

Er beantragte zuletzt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 809,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Zustellung des Schriftsatzes vom 20.10.2009 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtstreit erledigt hat, soweit beantragt wurde, die Beklagte zur Zahlung von weiteren 3.641,76 € zu verurteilen, und hilfsweise die Feststellung beantragt wurde, dass die Beklagte 50 % der Material- und Laborkosten von 8.902,00 € aus der Heil- und Kostenplan Nr. 2/2683/2 des Zahnarztes … vom 20.05.2008, also 4.451,00 €, zu erstatten hat.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger auch bei künftigen zahnärztlichen Behandlungen 50 % der medizinisch notwendigen zahnärztlichen Behandlungen, sowohl des Zahnarzthonorars, als auch der medizinisch notwendigen Material- und Laborkosten aus dem Versicherungsvertrag … zu erstatten hat.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 825,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Sie meint,
dass der ursprüngliche Klageantrag Ziffer 1 und der Hilfsantrag (Feststellung der Zahlung von 4 451,00 €) unzulässig gewesen sei. Die Leistungspflicht sei nicht nur vom Zeitablauf, sondern auch von weiteren Voraussetzungen abhängig gewesen. Erst mit der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs des Zahnarztes müsse sie die Versicherungsleistung erbringen. Das Rechtsschutzbedürfnis wäre allenfalls in Höhe des ursprünglich streitigen Differenzbetrages in Höhe von 2 021,00 € gegeben gewesen. Nach den geänderten Tarifbedingungen Z seien nur solche zahntechnische Material- und Laborkosten erstattungsfähig, die nach dem Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis (BEL) als übliche Preise im Sinne von §§ 631, 632 Abs. 2 BGB i.V.m. § 9 GOZ anzusehen seien. Der Klageantrag Ziffer 2 sei unzulässig, da nicht die Feststellung des Bestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses verlangt werde. Das Landgericht sei sachlich unzuständig.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften vom 05.01.2009 (As. 36 ff) und 26.10.2009 (As. 96 f) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zuletzt gestellten Klageanträge sind zum Teil zulässig und begründet.

Die Klage ist hinsichtlich des Antrags Ziffer 1 begründet, des Antrags Ziffer 2 unzulässig, des Antrags Ziffer 3 teilweise unbegründet und des Antrags Ziffer 4 vollständig unbegründet.

Das Landgericht Stuttgart war gemessen an dem Zuständigkeitsstreitwert der ursprünglichen Klageanträge des Klägers (Leistungsklage 4.451,00 €; Feststellungsklage 4.000,00 €) von Anfang an nach § 71 Abs. 1, § 23 Abs. 1 GVG, §§ 3, 5 ZPO sachlich zuständig.
1.Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein vertraglicher Erstattungsanspruch in Höhe von 809,24 € zu.
a) Der Umfang des Krankenversicherungsschutzes ergibt sich gemäß § 1 Abs. 3 MB/KK 94 aus dem Versicherungsschein, den späteren schriftlichen Vereinbarungen, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie den gesetzlichen Vorschriften. Der ursprüngliche Krankenversicherungsvertrag von November 1984 machte die Erstattungspflicht nicht von der Üblichkeit der Preise abhängig und die Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf § 1 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 2 MB/KK 94 berufen (vgl. BGH, NJW 2003, 1596 ff).
b) Der Krankenversicherer kann nur nach § 178g Abs. 3 VVG a.F. die vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen zum Nachteil des Versicherungsnehmers einseitig ändern, § 178o VVG a.F. Neben dem Ausschluss des Kündigungsrechts des Versicherers (§ 14 MB/KK 94) ist eine nicht nur vorübergehende Veränderung der Verhältnisse im Gesundheitswesen und die Genehmigung durch einen unabhängigen Treuhänder (bis Juli 1994 des Bundesaufsichtsamts für Versicherungswesen) Voraussetzung. Die Genehmigungen sind vorliegend unstreitig erfolgt. Jedoch fehlt es an der nicht nur vorübergehenden Veränderung der Verhältnisse im Gesundheitswesen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung wird nicht mit der Genehmigung des Treuhänders abschließend festgestellt, sondern der Versicherungsnehmer kann eine gerichtliche Überprüfung veranlassen (vgl. BVerfG, VersR 00, 214; OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1111).

Die Änderung der Rechtsprechung im Sinne der genannten Auslegung der § 1 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 2 MB/KK rechtfertigt keine Änderung der Versicherungsbedingungen nach § 178g Abs. 3 VVG a.F. (vgl. BGH, VersR 2008, 246 ff; vgl. aber Anlage B 5 Seite 2, „Klarstellung zur GOÄ bzw. GOZ“, zweiter Absatz). Die Beklagte kann sich auch nicht auf § 18 Nr. 1 lit d MB/KK 94 berufen, da Klauseln, welche dem Versicherer die Änderung der Bedingungen bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erlauben, nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind (BGH, VersR 08, 248).

Für die Erfüllung der Voraussetzung kann auch nicht § 9 GOZ als Argument herangezogen werden. Nach dieser Vorschrift können als Auslagen nur die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen neben den für die einzelnen zahnärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren berechnet werden, soweit diese Kosten nicht nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses mit den Gebühren abgegolten sind. Zudem steht der Begriff der Angemessenheit in § 9 GOZ in seinem Bedeutungsgehalt dem Begriff des üblichen Lohns nach § 612 Abs. 2, § 632 Abs. 2 BGB nahe (vgl. Palandt-Weidenkaff, 68. Auflage, § 612 BGB Rdnr. 8, § 632 BGB Rdnr. 15; Dieter Haberstroh, VersR 2000, 538–548). Die Tatsache, dass in etwa 90 % aller in Deutschland abgerechneten zahnprothetischen Leistungen, d.h. bei den gesetzlich krankenversicherten Patienten, die zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und dem Bundesinnungsverband der Zahntechniker vereinbarte „BEL-Liste“ zugrunde gelegt wird, ist jedoch unerheblich. Die Beiträge und Leistungen werden in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung nach jeweils unterschiedlichen Gesichtspunkten errechnet und erbracht. Zudem werben Privatversicherungen in der Öffentlichkeit damit, dass sie eine bessere Versorgung als die der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglichen wollen. Die von sozial- und wirtschaftspolitischen Erwägungen mitbestimmten Sätze der BEL-Liste enthalten Vorgaben an die gesetzliche Krankenkasse, welche für die Erstattungspflicht des privaten Krankenversicherers gegenüber dem Privatpatienten grundsätzlich nicht maßgebend sind (vgl. BGH, VersR 2006, 497, unter II b) 2; OLG Celle, 10.01.2000, 1 U 100/98; LG Suttgart, VersR 1999, 1101; LG Hamburg, VersR 2001, 224; LG Köln, VersR 2005, 1421; LG Köln, 29.03.2006, 23 O 269/03; LG Wiesbaden, 15.03.2006, 9 O 243/03; aA LG Heidelberg, VersR 2008, 911). Zudem wird in der privatzahnärztlichen Versorgung teilweise auch die vom Verband deutscher Zahntechnikerinnungen erstellte „Bundeseinheitliche Benennungsliste (BeB-Liste)“ mit ihren durchweg höheren Honoraransätzen herangezogen.

Der § 178g Abs. 3 VVG a.F. ist ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Eine die Änderung rechtfertigende erhebliche Äquivalenzstörung setzt externe Umstände voraus, die nicht vorhersehbar waren (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, Vorb. I Rdnr. 28 ff, § 178g VVG Rdnr. 25). Die Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen. Zudem stellen auch gesetzliche Änderungen erst dann eine Veränderung der Verhältnisse im Gesundheitswesen dar, wenn sie zu Kostensteigerungen führen. Ob und welche Kostensteigerung bereits im Zeitpunkt der Anpassung der Bedingungen in den Jahren 1988, 1993, 1996 vorlag, wird von der Beklagten nicht vorgetragen.

c) Auch anlässlich des Nachtrags zum Versicherungsschein vom 11.10.1999 (Anlage B 8) erfolgte keine Einbeziehung der aktuellen AVB zum Tarif Z. Will der Krankenversicherer eine vom Versicherungsnehmer beantragte Umgestaltung des Vertrages dazu benutzen, dem Vertragsverhältnis geänderte Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde zu legen, so muss er nach § 5 Abs. 2 VVG a.F. den Versicherungsnehmer auf hierin enthaltene, gegenüber dem bisherigen Rechtszustand wesentlich nachteilige Bestimmungen ausdrücklich hinweisen (Prölss/Martin a.a.O. § 5a VVG Rdnr. 22a; Vorb. I Rdnr. 26 m.w.N.), soweit wie vorliegend nicht bereits im Versicherungsantrag auf die AVB hingewiesen wurde. Ein ordnungsgemäßer Hinweis auf die nachteiligen Änderungen der bisher geltenden AVB (Einführung der Geltung der BEL-Liste) erfolgte nicht durch den beigefügten Anhang bzw. durch Unterstreichungen oder Markierungen. Somit konnte der Kläger davon ausgehen, dass die Änderungen auf der Basis der 1984 geltenden AVB erfolgten.
d) Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die abgerechneten Preise ganz unverhältnismäßig sind und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßen (BGH, NJW 03, 1596). Der Vortag in der Anlage B 10, dass Kosten in Höhe von 196,18 € medizinisch nicht notwendig gewesen seien, ist unsubstantiiert.

2.Die Feststellungsklage betreffend der Teilerledigung des Rechtsstreits (Klageantrag Ziffer 2) ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig, aber unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die Klage in Höhe der auf die Rechnung vom 21.08.2009 bezahlten Material- und Laborkosten in Höhe von insgesamt 2.618,96 € (50 % von 5.237,92 €, siehe Anlage B 10) erledigt hat.

a) Der ursprüngliche Antrag Ziffer 1 auf Zahlung von 4.451,00 € war unzulässig. Die Beklagte war erst mit der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs des Zahnarztes Dr. Hendrik Putze zur Kostenerstattung verpflichtet, denn die Leistungspflicht des Krankenversicherers setzt immer einen wirksamen und fälligen Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes voraus (OLG Düsseldorf, VersR 07, 937). Auch die Voraussetzungen für eine Klage auf Erbringung zukünftiger Leistungen nach §§ 257, 259 ZPO lagen nicht vor. Eine Leistungsklage auf zukünftige Leistung erlaubt nämlich nicht die Verfolgung eines erst in Zukunft entstehenden Anspruchs, sondern setzt dessen Bestand vielmehr voraus und ermöglicht dann dessen gerichtliche Geltendmachung, obwohl noch keine Fälligkeit eingetreten ist (BGH, NJWRR 2006, 1485 unter II. 1b). Die Leistungsverpflichtung hing hier aber nicht nur vom reinen Zeitablauf, sondern auch von weiteren Faktoren wie tatsächliche Umsetzung des Heilungsplans, Fortdauer der Versicherungsvertrags bis zur Beendigung der zahnärztlichen Behandlung, Beachtung von Obliegenheiten des Klägers etc. ab. Zudem hatte die Beklagte bereits die Zahlung von 2.430,00 € zugesagt, so dass lediglich weitere 2.021,00 € in Streit standen und darüber hinaus kein Rechtsschutzbedürfnis gegeben war.

b) Die hilfsweise beantragte Feststellungsklage nach § 256 ZPO war ebenfalls unzulässig, denn es stand nicht fest, welche ärztlichen Behandlungen tatsächlich durchgeführt würden und zwischen den Parteien war gerade nicht streitig, ob die im Heil- und Kostenplan vorgeschlagene Zahnbehandlung medizinisch notwendig ist. Zwar ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, NJW-RR 2006, 678; OLG Karlsruhe, VersR 08, 339) anerkannt, dass ein Feststellungsbegehren gerichtet auf die Eintrittspflicht des Versicherers hinsichtlich einer bestimmten Heilbehandlung zulässig ist, wenn das Begehren nicht nur auf künftige, sondern auf bereits aktualisierte, bevorstehende ärztlich für notwendig erachtete Behandlungen gerichtet ist und zu erwarten ist, dass durch das Feststellungsurteil der bestehende Streit, ob für die in Aussicht genommene Behandlungsmethode Versicherungsschutz besteht, bereits jetzt sachgemäß und erschöpfend beigelegt werden kann. Allerdings fallen darunter lediglich solche Feststellungsbegehren, die hinsichtlich bestimmter, anhand von Heil- und Kostenplänen konkretisierter Heilbehandlungen eine grundsätzliche Leistungsverpflichtung des Versicherers festgestellt wissen wollen und mithin auf die Feststellung abzielen, dass sich der von dem Versicherer zu gewährende Versicherungsschutz auf die aus dem Heil- und Kostenplan ersichtliche Art der Heilbehandlung erstreckt. Klagen, welche auf die Feststellung weiterer Voraussetzungen zielen, von denen im Einzelnen die Erstattungsfähigkeit der Kosten abhängen kann, werden dagegen nicht erfasst. Genau dies verlangt jedoch der Kläger hinsichtlich der abgelehnten einzelnen Material- und Laborkosten, da zwischen den Parteien die medizinische Notwendigkeit der dem streitgegenständlichen Heil- und Kostenplan zugrunde liegenden Heilbehandlung nicht streitig war (vgl. auch LG Konstanz, VersR 08, 1682; LG Köln, VersR 2008, 774).

3.Der Feststellungsantrag, dass die Beklagte dem Kläger auch bei künftigen Behandlungen 50 % der medizinisch notwendigen zahnärztlichen Behandlungen und der medizinisch notwendigen Material- und Laborkosten aus dem Krankenversicherungsvertrag zu erstatten habe (Antrag Ziffer 3), ist in dieser Form nicht möglich. Die Zulässigkeit von Feststellungsklagen wird dann bejaht, wenn die Feststellung ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis in dem Sinne betrifft, dass die zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Beziehungen schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden (BGH, NJW-RR 2006, 678). Es muss die Feststellung bestehender konkreter Ansprüche verfolgt werden und nicht die Feststellung einer reinen Rechtsfrage (BGH, NJW 2001, 445). Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die Beklagte grundsätzlich die Kosten, die auf einer medizinisch notwendigen Behandlung beruhen, zu 50 % zu erstatten hat. Für das gegenwärtige Rechtsverhältnis der Parteien war vielmehr relevant, ob der Vertrag vom November 1984 ohne die Einbeziehung der geänderten Tarifbedingungen in den Jahren 1988, 1993 und 1996, also ohne den Zusatz – "„Erstattungsfähig sind Aufwendungen für zahntechnische Laborarbeiten und Materialien, soweit sie im Rahmen der in Deutschland üblichen Preise berechnet sind“" nebst Fußnote 4): "„Sind zwischen den Innungsverbänden der Zahntechniker und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen Höchstpreise vereinbart, gelten diese als üblich “" – besteht und die Beklagte das Bundeseinheitliche Leistungsverzeichnis (BEL) als Maßstab der erstattungsfähigen Kosten heranziehen darf. Hierauf hat das Gericht in beiden mündlichen Verhandlungen und in dem Beschluss vom 17.04.2009 hingewiesen. Da die Erstattung der aufgrund einer medizinisch notwendigen Behandlung entstandenen Kosten von weiteren Faktoren abhängen, wie zum Beispiel der Prüfung nach § 242 BGB (BGH, NJW 2003, 1596), kann dem Feststellungsantrag nicht in dieser allgemeinen Fassung stattgegeben werden. Allerdings zielte das Interesse des Klägers auch auf die Feststellung des Vertragsinhalts ab, sodass ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO die tenorierte Feststellung als Minus und unter Abweisung des weitergehenden Feststellungsantrags möglich war.

3.Ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB anlässlich des Anwaltsschreibens vom 09.09.2008 besteht nicht, da sich die Beklagte bis zur Verweigerung der weiteren Zahlung nach Vorlage der Rechnung vom 07.09.2009 nicht in Zahlungsverzug befand.

4.Die Verzugszinsen gemäß Ziffer 1 des Tenors ergeben sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert hat sich durch die teilweise einseitige Erledigungserklärung nicht verringert (Zöller-Herget, 25. Auflage, § 3 ZPO Rdnr. 16). Der Streitwert betrug für die ursprünglichen Zahlungs- und Feststellungsanträge 4.451,00 € und 4.000,00 €. Nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG führte der Hilfsantrag zu keiner Streitwerterhöhung. Bezüglich der reduzierten Feststellung in Ziffer 2 des Tenors ist der Kläger mit 2.000,00 € unterlegen.

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