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31.08.2010 · IWW-Abrufnummer 102631

Landgericht Berlin: Urteil vom 14.01.2010 – 44 O 64/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer: 44 O 64/09
verkündet am 14.01.2010
In dem Rechtsstreit XXX
hat die Zivilkammer 44 des Landgerichts Berlin in Berlin-Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 14.01.2010 durch die Richterin am Landgericht XXX als Einzelrichterin für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger hatte bei der Beklagten für sein Krad Honda, amtliches Kennzeichen XXX, eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen.
Am 24.9.2007 meldete der Kläger auf dem Abschnitt 13 beim Polizeipräsidenten in Berlin um 20.45 Uhr den Diebstahl des Fahrzeugs, wobei er als Tatzeit Samstag, 22.9.2007, 18.00 Uhr bis Montag, 24.9.2007, 20.00 Uhr und als Tatort Aroser Allee 154, 13407 Berlin-Reinickendorf angab.
Mit Schadensanzeige vom 20. 12. 2007 trug er bei der Frage nach der Gesamtfahrleistung des Kfz ein: “8 TKM”, obwohl die Gesamtlaufleistung bei 11.000 km gelegen hatte, wie er mit Anwaltsschreiben vom 4.12.2008 einräumte.
Unter dem 10.3.2009 lehnte die Beklagte die Leistung von Schadensersatz ab, sie bestritt das Vorliegen eines Diebstahls und setzte die 6-Monatsfrist gem. § 12 Abs.3 VVG a.F..
Der Kläger behauptet, sein Fahrzeug sei entsprechend seinen Angaben bei der Polizei gestohlen worden. Er ist der Ansicht, die Beklagte sei nicht leistungsfrei geworden, weil die Kilometerleistung nur eine Ca. - Angabe gewesen und geschätzt worden sei, da niemand den Kilometerstand genau kenne; er sei der Meinung gewesen, dass das Krad nur einen Kilometerstand von ungefähr 8.000 gehabt habe, auch mit einem Kilometerstand von 11.000 km betrage der Wiederbeschaffungswert 7.950 € wie bei einem solchen von 8.000 km, die Laufleistung sei zudem rechtzeitig, nachvollziehbar und unter Aufklärung seiner ursprünglichen irrtümlichen falschen Angaben korrigiert worden, weshalb keine zum Ausschluss von Versicherungsleistung führende vorsätzliche Obliegenheitsverletzung vorliege.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an ihn 7.950,--€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.8.2008 zu zahlen,
2. an ihn vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 661,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet den Diebstahl und beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen falscher Angaben des Klägers u.a. hinsichtlich der Gesamtfahrleistung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat den Kläger persönlich gehört, wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.1.2010 Bezug genommen.
Die Akten der StA bei dem Landgericht Berlin XXX lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 1 VVG, 12 Abs.1 I b, 13 AKB.
Abgesehen davon, dass die Beklagte ist bereits gem. §§ 7 V Abs. 4 AKB, 6 Abs. 3 VVG wegen falscher Angaben des Klägers zur Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei ist, hat der Kläger auch den ihm obliegenden Beweis des Diebstahls nicht geführt. Nach den genannten Vorschriften besteht Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Versicherungsnehmer seine in § 7 I Abs. 2 AKB aufgeführten Obliegenheiten verletzt, nach dem Versicherungsfall alles zu tun, war zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, es sei denn, die Obliegenheitsverletzung beruht weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit. Zur Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers gehört in der Fahrzeugversicherung auch die wahrheitsgemäße Unterrichtung des Versicherers über die Umstände, die für die Beurteilung der Schadenshöhe von Bedeutung sind. Dem Versicherer muss es durch richtige Auskünfte des Versicherungsnehmers ermöglicht werden, sachgemäße Feststellungen über die Ursache und das Ausmaß des Schadens zu treffen und demgemäß den Schaden zu regulieren. Er soll sich ohne eigene Nachforschungen auf die Richtigkeit der Angaben verlassen können (BGH VersR 1976, 849; 1975, 752).
Der Kläger hat in der Schadenanzeige vom 20.12.2007 unstreitig objektiv falsche Angaben zum Kilometerstand des Kraftfahrzeugs gemacht, indem er dort 8000 km angegeben hat. Tatsächlich lag dieser jedoch bei mindestens 11.000. Dies stellt eine Abweichung der Gesamtkilometerleistung von über 37 % dar, was erheblich ist.
Liegt mit den falschen Angaben in der Schadenanzeige der objektive Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung vor, so wird gesetzlich vermutet, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich gehandelt hat (st. Rspr., z.B. BGH VersR 1998, 577; Römer/Langheid, VVG, § 6 Rn. 94). Ihm obliegt die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, er habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt (vgl. BGH NJW 2002, 518; Prölss/Martin, VVG, 26. Auflage, § 7 AKB Rn. 77). Diesen Beweis hat der Kläger nicht erbracht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er seine Falschangabe billigend in Kauf genommen und daher mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Wenn er beim Ausfüllen der Schadenanzeige die Angabe des Kilometerstands nur geschätzt hat, so entlastet ihn dies nicht. Stellt der Versicherungsnehmer - wie hier der Kläger - , ohne seine Unterlagen zu sichten oder sich genau zu informieren einen Sachverhalt als feststehend dar, obwohl er darüber keine sichere Erkenntnis hat, macht er Angaben ins Blaue hinein in dem Bewusstsein, dass diese auch falsch sein können (vgl. OLG Köln Schaden-Praxis 2004, 270).
Nach den Grundsätzen der so genannten Relevanzrechtsprechung schadet eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung nur dann, wenn sie generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und den Versicherungsnehmer der Vorwurf groben Verschuldens trifft (vgl. z.B. BGH VersR 1998, 577; 1984, 228). Diese Voraussetzungen liegen hier indes vor.
Falsche Angaben zur Laufleistung beeinflussen generell das Interesse des Kaskoversicherers daran, nur eine dem tatsächlichen Wert des als gestohlen gemeldeten Fahrzeugs entsprechende Entschädigung zu leisten, erheblich (vgl. BGH a.a.O.; NJW 2002, 518; KG Urteile vom 7. Oktober 2003 – 6 U 169/02, 13. Dezember 2002 – 6 U 168/01 -, 10. Februar 2000 – 6 U 4726/98 - und 9. Februar 1999 – 6 U 3453/97 - ). Wird der Wiederbeschaffungswert des verschwundenen Fahrzeugs mangels Kenntnis von der tatsächlichen Laufleistung nicht richtig berechnet, besteht die Gefahr, dass der Versicherer eine zu hohe Entschädigung zahlt. Es liegt auf der Hand, dass es für die Wertschätzung eines Fahrzeugs von Bedeutung ist, ob das Krad 8000 oder 11000 km Laufleistung aufweist., denn dies ist eine Abweichung von immerhin über 37 %.
Der Vorwurf eines erheblichen Verschuldens ist bei vorsätzlich falschen Angaben regelmäßig begründet, sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände das Verhalten des die falschen Angaben machenden Versicherungsnehmers in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. OLG Hamm VersR 1981, 454; KG Urt. vom 30. April 2002 – 6 U 283/01 - ). Derartige Umstände sind hier nicht gegeben. Es sind keine Anhaltspunkte für ein Verhalten ersichtlich, das auch einem durchschnittlichen, auf Wahrung der Interessen auch des Versicherers bedachten Versicherungsnehmer einmal unterlaufen kann und für das ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen hätte. Ein solcher Ausnahmefall ist hier in Anbetracht der klaren Vordruckfrage und der erheblichen Abweichung nicht ersichtlich.
Über die Folgen bewusst unwahrer oder unvollständiger Angaben, auch wenn dem Versicherer hierdurch kein Nachteil entstehen würde, ist der Kläger in der von ihm unterschriebenen Schadenanzeige an auffälliger Stelle unmittelbar über der Unterschriftszeile in Fettdruck hinreichend belehrt worden.
Es kann auch keine Rede davon sein, dass der Kläger seine Falschangabe rechtzeitig korrigiert hat, denn der Kläger trägt selbst vor, dass dies erst mit Schreiben vom 4.12.2008, also fast 1 Jahr nach Einreichung der Schadensanzeige mit dem falschen Kilometerstand, geschehen ist. Vorher hatte er der Beklagten auch keine Belege oder Schriftstücke, aus denen sich die richtige Kilometerleistung ergab, vorgelegt.
Da der Kläger unstreitig falsche Angaben zum Kilometerstand gemacht hat, kann ihm auch der Diebstahl des Krades nicht geglaubt werden.
Zwar sind an den Nachweis des Versicherungsfalls nach ständiger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Der Versicherungsnehmer kann sich grundsätzlich auf Beweiserleichterungen berufen. Zum Nachweis genügt, wenn er das äußere Bild eines Diebstahls darlegt und nachweist. Dafür genügt der Nachweis, dass er das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort nicht wieder aufgefunden hat. Stehen einem Versicherungsnehmer wie im vorliegenden Fall für das Abstellen und Nichtwiederauffinden des Fahrzeugs keine Zeugen zur Verfügung, so können auch die eigenen Angaben einer Partei zum Nachweis genügen, wenn gegen die persönliche Glaubwürdigkeit und Lauterkeit des Versicherungsnehmers keinerlei Bedenken bestehen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn es bestehen erhebliche Bedenken gegen die persönliche Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese ergeben sich daraus, dass er, wie oben ausgeführt, falsche Angaben in der Schadensanzeige zur Gesamtfahrleistung des Krades gemacht hat. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung bei seiner persönlichen Anhörung im Termin keine vernünftige, nachvollziehbare Erklärung abgeben können, weshalb er die Gesamtfahrleistung falsch angegeben hat. Vielmehr versuchte er diese Falschangabe noch zu relativieren und zu minimieren, indem er darauf hinwies, dass die “Km-Angabe ja auch mehr eine Baucheinschätzung” sei, genau kenne ja niemand den km-Stand,
ferner wurde - zudem wahrheitswidrig vorgetragen, dass “ja immer nur Ca.-Angaben gemacht” worden seien.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr.11, 711 ZPO.

RechtsgebieteVersicherungsrecht, Kaskoversicherung Vorschriften§§ 1 VVG, 12 Abs.1 I b, 13 AKB

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