Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

23.07.2010 · IWW-Abrufnummer 102320

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 02.03.2010 – 8 K 254/07

Zu den Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Für Teilwertabschreibungen auf eigenkapitalersetzende Darlehen greift das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG nicht ein, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang des Gesellschafterdarlehens mit steuerfreien Einkünften nicht gegeben ist.


Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der (Teil-) Verzicht auf eine Darlehensforderung in voller Höhe gewinnmindernd berücksichtigt werden kann oder ob diesbezüglich nur der hälftige Abzug nach § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) möglich ist.

Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter der XY-GmbH (GmbH). Zwischen der GmbH als Betriebsgesellschaft und dem Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen besteht eine Betriebsaufspaltung.

Mit dem „Kontokorrentvertrag” vom 2.1.1994 vereinbarten der Kläger und die GmbH die Führung eines Kontokorrentkontos zur Abwicklung der Zahlungen zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter.…Mit einer Ergänzungsvereinbarung vom 18.12.1999 vereinbarten die Vertragsparteien eine jährliche Verzinsung der Kontokorrentvaluta von 1,2 %. Der Kläger erfasste die Forderung gegenüber der GmbH in seinem Einzelunternehmen zutreffend als Betriebsvermögen. Zum 31.12.2003 wies das Kontokorrentkonto eine Forderung in Höhe von 477.849,70 Euro, zum 31.12.2004 in Höhe von 550.078,33 Euro aus.

Bei den Forderungen des Klägers handelt es sich aufgrund der vorliegenden Überschuldung der GmbH um eigenkapitalersetzende Darlehen – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist–. Hinsichtlich des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages in der Bilanz der GmbH wird Bezug genommen auf die Steuerakten des Beklagten.

Am 3.1.2004 sowie am 4.1.2005 schlossen die GmbH und der Kläger jeweils eine wortgleiche Vereinbarung, mit welcher der Kläger auf einen Teil seiner Forderungen gegenüber der GmbH in Höhe von jeweils 20.000 DM unter Vereinbarung eines Besserungsvorbehaltes verzichtet. Unter Punkt II. der Vereinbarung ist ausgeführt: „Der Darlehensgeber verzichtet auf einen Forderungsteilbetrag in Höhe von € 20.000. Der Darlehensforderungsverzicht gilt, solange die Vermögens- und Ertragslage der Darlehensnehmerin sich nicht verbessert hat. Für den Fall, dass der im Jahresabschluss zum 31.12.2004 (bzw. 2003) ausgewiesene, nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag nicht mehr besteht, lebt die Darlehensschuld in Höhe des übersteigenden Betrages bis zur Höchstgrenze des hier getroffenen Forderungsverzichtsbetrages wieder auf. Schuldzinsen werden hinsichtlich des Verzichtsbetrages nicht nachträglich geltend gemacht.”

Der Kläger erfasste in den Gewinnermittlungen der Streitjahre den Forderungsverzicht jeweils mit 20.000 Euro als Betriebsausgabe und ermittelte einen Verlust von 25.017 Euro im Jahr 2004 und einen Verlust von 8.117,37 Euro im Jahr 2005. Mit den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärte der Kläger die entsprechenden Beträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der Beklagte erkannte den Forderungsverzicht mit den Einkommensteuerbescheiden unter Hinweis auf § 3c Abs. 2 EStG nur mit einem Anteil von 50 %, d.h. in Höhe von 10.000 Euro als Betriebsausgaben an und berücksichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von – 15.017 Euro im Jahr 2004 und in Höhe von 1.883 Euro im Jahr 2005.

Die dagegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid zurück. Zur Begründung führte er aus, der Forderungsverzicht stehe im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG. Die Hingabe des Darlehens bzw. das Stehenlassen in der Krise der GmbH sei gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen, das Darlehen habe damit eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Die im Zusammenhang mit dem Darlehen entstehenden Aufwendungen seien daher nach § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte abzugsfähig.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Kläger tragen vor, die Darlehensforderung sei im Betriebsvermögen des Klägers ein von der Beteiligung an der GmbH zu trennendes selbstständiges Wirtschaftsgut, so dass § 3 Nr. 40 EStG nicht einschlägig sei. Diesbezüglich berufen sich die Kläger auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 14.1.2009 I R 52/08 (BStBl II 2009, 674). Zwar sei das Urteil zu § 8 b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ergangen, es sei auf den hier vorliegenden Sachverhalt jedoch entsprechend anzuwenden.

Die Kläger beantragen,

weitere Betriebsausgaben in Höhe von jeweils 10.000 Euro zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Hinsichtlich des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Steuerakten.



Gründe
Die Klage ist begründet.

Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ist für die Streitjahre jeweils um eine Teilwertabschreibung in Höhe von 20.000 Euro zu mindern.

1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Verbindung mit dem handelsrechtlichen Niederstwertgebot war die Forderung des Klägers gegenüber der GmbH mit dem um 20.000 Euro geminderten Teilwert anzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 9.5.1996 IV R 64/93, BStBl II 1996, 642). Die durch den vertraglich vereinbarten Forderungsverzicht zum jeweiligen Bilanzstichtag eingetretene Wertminderung war – wie auch der Beklagte einräumt – aufgrund des hohen, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages in der Bilanz der GmbH dauerhaft. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände bei Vorliegen einer Betriebsaufspaltung, denn ein gedachter Erwerber des Besitzunternehmens würde aufgrund der vorliegenden Überschuldung der GmbH für die Anteile an der Betriebsgesellschaft nur einen unter dem Buchwert liegenden Preis zahlen (hinsichtlich der besonderen Anforderungen bei einer Betriebsaufspaltung vgl. BFH – Urteil vom 14.10.2009 X R 45/00 , BFHE nn, DB 2010, 198).

2. Für die Teilwertabschreibung auf das eigenkapitalersetzende Darlehen greift das Abzugsverbot des § 3 c Abs. 2 EStG nicht ein.

Nach § 3 c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden.

Ein derartiger wirtschaftlicher Zusammenhang des Gesellschafterdarlehens mit steuerfreien Einkünften ist hier nicht gegeben.

Ein unmittelbarer Zusammenhang des Wertverlustes mit steuerfreien Einnahmen scheidet aus, denn nach § 3 Nr. 40 EStG sind z.B. Dividenden, Erlöse aus der Veräußerung und Entnahme des Anteils, Erlöse aus Kapitalherabsetzungen oder Erlöse aus einer Betriebsaufgabe jeweils zur Hälfte steuerfrei. Nicht aufgeführt im Katalog des § 3 Nr. 40 Buchstaben a bis j EStG sind jedoch Zinseinnahmen aus der Gewährung von Gesellschafterdarlehen, so dass § 3 Nr. 40 EStG für Erträge aus Darlehen bereits nicht einschlägig ist (vgl. auch Dr. Eberhard „Steuerwirksame Abschreibung auf Gesellschafterdarlehen” in DStR 2009, 2226).

Auch ein nur mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, der für das hälftige Abzugsverbot nach § 3 c Abs. 2 EStG ausreichend wäre, ist im Streitfall nicht gegeben.

Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass das Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter hat, denn der Kläger hat das Darlehen in der Krise der GmbH (Überschuldung) in der Gesellschaft belassen. Die Hingabe bzw. das Stehenlassen des Darlehens ist mithin durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes handelt es sich jedoch auch bei eigenkapitalersetzenden Darlehen um eigenständige Schuldverhältnisse, welche von der Beteiligung als solche unbeschadet ihrer gesellschaftlichen Veranlassung zu unterscheiden sind. Solche Darlehensforderungen stehen als eigenständige Wirtschaftsgüter neben der Beteiligung (Urteile des BFH vom 20.4.2005 X R 2/03, BStBl II 2005, 694; vom 14.1.2009 I R 52/08, BStBl II 2009, 674). Der Zusammenhang besteht daher lediglich zwischen der Stellung als Gesellschafter und der Darlehensgewährung, nicht jedoch zwischen dem Wertverlust und der Erzielung von Beteiligungserträgen. Dies gilt zur Überzeugung des Senats sowohl für den vom BFH entschiedenen Fall der Darlehensgewährung durch eine Kapitalgesellschaft (Urteil vom 14.1.2009 I R 52/08, BStBl II BStBl 2008 II S. 2009, BStBl 2008 II S. 674) als auch für den hier vorliegenden Fall der Darlehensgewährung durch eine natürliche Person oder Personengesellschaft (so auch Henning Rolf und Frank Pankoke „Steuerliche Anerkennung von Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen in BB 2009, 1844; Dr. Bettina Lieber, Anmerkung zum BFH Urteil vom 14.1.2009 I R 52/08, jurisPR-SteuerR 19/2009; Dr. Eberhard „Steuerwirksame Abschreibung auf Gesellschafterdarlehen” in DStR 2009, 2226; Hermann in Frotscher, § 3c Rz. 47; a.A. Neumann „Forderungsverluste von Gesellschaftern im Betriebsvermögen” in Ubg 2008, 749 (761); Desens in H/H/R, § 3c Rz. 62).

Die hier vorliegende allgemeine betriebliche Veranlassung reicht nicht aus, um den Anwendungsbereich des § 3 c Abs. 2 EStG zu eröffnen, denn das Wesen der Einkommensbesteuerung liegt in der Verknüpfung von Einnahmen und Ausgaben. Nur Aufwendungen, die in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang mit der konkreten Gewinnerzielungsabsicht angefallen sind, sind als Betriebsausgaben abzugsfähig (vgl. BFH-Urteil vom 26.11.1997 X R 146/94, BFH/NV 1998, 961 m.w.N.) und Werbungskosten sind nur solche Aufwendungen, die durch die Erzielung von Einnahmen veranlasst sind. Erforderlich ist mithin eine Veranlassung durch die Beteiligung an der GmbH als Einkommensquelle (vgl. auch Dr. Eberhard „Steuerwirksame Abschreibung auf Gesellschafterdarlehen” in DStR 2009, 2226). Die Hingabe des Darlehens führt jedoch nicht zu Beteiligungseinkünften, so dass auch der Wertverlust des Darlehens nicht durch die Beteiligung als Einkommensquelle veranlasst ist.

Dem steht nicht entgegen, dass nach der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der GmbH vom 18.12.1999 das Darlehen nur mit 1,2 % p.a. zu verzinsen war. Auch bei niedrig verzinslichen Darlehen dient die Wertminderung der Darlehensforderung nicht der Sicherung künftiger, teilweise steuerfreier Dividendeneinnahmen oder Beteiligungsveräußerungsgewinnen. Vielmehr erzielt der Kläger auch mit einem niedrig verzinslichen Darlehen noch Zinseinkünfte und hat diese in den Gewinnermittlungen der Streitjahre zu 100 % als Erträge erfasst. Auch bei niedrig verzinslichen Forderungen fehlt es am Zusammenhang zwischen dem Wertverlust des Darlehens und den Beteiligungserträgen.

Danach war dem Klagebegehren zu entsprechen. Dem Beklagten war die Steuerberechnung nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO zu übertragen.

3. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO zuzulassen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO, § 155 FGO iVm. § 709 ZPO.

Der Senat hat nach § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 3c Abs. 2 EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr