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07.07.2010 · IWW-Abrufnummer 102033

Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 06.05.2010 – 3 Wx 35/10

Das Registergericht ist nicht befugt, von dem Vereinsvorstand, der eine Satzungsänderung anmeldet, im Wege der Zwischenverfügung eine Erklärung des Inhalts zu verlangen, es werde versichert, dass der eingereichte Wortlaut der Satzung mit dem im Vereinsregister verlautbarten Text der Satzung - Ursprungsfassung und Änderungen - identisch sei.


I-3 Wx 35/10

In der Vereinsregistersache
...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf
auf die Beschwerde des betroffenen Vereins
gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Rechtspfleger - Wuppertal vom 28. Januar 2010
in der Fassung des Schreibens vom 5. Februar 2010 und des Beschlusses vom 23. Februar 2010
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G. sowie
der Richter am Oberlandesgericht v. W. und D.
beschlossen:

Tenor:
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben. Das Registergericht wird angewiesen, von seinen dort geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.

Gründe
I.

Unter dem 20. Januar 2010 hat der betroffene Verein die Änderung einer Satzungsbestimmung zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet. Beigefügt hat er unter anderem eine Abschrift der geänderten Satzung. Mit Schreiben vom 28. Januar 2010 hat das Registergericht mitgeteilt, der Anmeldung könne noch nicht in vollem Umfang entsprochen werden, und dies damit begründet, nach der Änderung des § 71 BGB zum 30. September 2009 sei es erforderlich, dass der Vereinsvorstand bei der Anmeldung einer Satzungsänderung nunmehr die Übereinstimmung mit der vorherigen Fassung der Satzung unter Einbeziehung der Änderungsbeschlüsse versichere; um Nachreichung der entsprechenden Erklärung binnen eines Monats werde gebeten. Auf ein Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des betroffenen Vereins vom 2. Februar 2010 hat das Registergericht seinen vorbezeichneten Standpunkt mit weiterem Schreiben vom 5. Februar 2010 näher begründet.

Gegen die Äußerungen des Registergerichts hat sich der betroffene Verein unter dem 5. Februar 2010 mit einer Beschwerde gewandt. Daraufhin hat das Registergericht zunächst einen Vermerk dahin, dass es dem Rechtsmittel nicht abhelfe, gefertigt und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt. Nach einer Äußerung des Senats hat es sodann mit - dem betroffenen Verein zu Händen seines Vorstandes sowie dessen Verfahrensbevollmächtigten bekannt gegebenem - Beschluss vom 23. Februar 2010 erklärt, der Beschwerde werde nicht abgeholfen; diesen Beschluss hat es mit einer Rechtsmittelbelehrung, nach der gegen die vorbezeichnete Entscheidung das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig sein soll, versehen.

Eine Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. Februar 2010 hat der betroffene Verein mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 17. März 2010, am selben Tage bei Gericht eingegangen, eingelegt. Hierzu hat das Registergericht im Wege des Aktenvermerks erklärt, der Beschwerde werde nicht abgeholfen, Nachricht hiervon an den Verfahrensbevollmächtigten erteilt, und die Sache erneut dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel des betroffenen Vereins gegen die Zwischenverfügung des Registergerichts ist als Beschwerde zulässig, §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 378 Abs. 2 (374 Nr. 4), 59 Abs. 2, 63, 64 FamFG. Es hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Der Antrag des betroffenen Vereins ist vom Registergericht nicht verfahrensfehlerfrei behandelt worden.

a)

Nach § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG hat das Registergericht, falls eine Anmeldung zur Eintragung in das Vereinsregister unvollständig ist oder der Eintragung ein anderes durch den Antragsteller behebbares Hindernis entgegensteht, dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Beseitigung des Hindernisses zu bestimmen. Das durch eine solche Zwischenverfügung herbeigeführte Verbesserungsverfahren ist aus rechtsstaatlicher Sicht geboten, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen.

Voraussetzung für den Erlass einer Zwischenverfügung ist nach nunmehr geltendem Recht allein das Vorliegen eines behebbaren Hindernisses; ist ein bestimmtes Eintragungshindernis unbehebbar, ist der Eintragungsantrag nach § 382 Abs. 3 FamFG abzulehnen, wobei es regelmäßig geboten sein dürfte, zur Gewährung rechtlichen Gehörs zuvor einen gerichtlichen Hinweis mit der Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls zur Rücknahme des Antrags zu erteilen, der jedoch nicht selbständig anfechtbar ist.

Bei alledem hat die Zwischenverfügung durch Beschluss gemäß § 38 FamFG zu ergehen; denn wenn es sich bei ihr auch nicht um eine Endentscheidung handelt, ist sie - allein schon aufgrund der durch § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG eingeräumten Rechtsmittelmöglichkeit - einer solchen Endentscheidung doch ausnahmsweise gleichgestellt und kann deshalb nicht wie eine bloße verfahrensleitende Anordnung behandelt werden. Der Beschluss muss mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein, § 39 FamFG, und ordnungsgemäß bekanntgegeben werden, § 41 FamFG (zu allem Vorstehenden: Keidel-Heinemann, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 382 Rdnr. 20-22 und 25-28 m.w.Nachw.).

Hier verfehlt das bloße gerichtliche Schreiben vom 28. Januar 2010, dessen Begründung zudem durch ein späteres gerichtliches Schreiben vom 5. Februar 2010 noch ergänzt worden ist, die Formerfordernisse eines Beschlusses mit Rechtsbehelfsbelehrung.

b)

Nach Einlegung einer Beschwerde hat das erstinstanzliche Gericht - hier das Registergericht -, falls es die Beschwerde für begründet erachtet, dieser abzuhelfen, § 68 Abs. 1 Satz 1,1. Halbs. FamFG. Hält es sie für unbegründet, ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG. Auch über die Nichtabhilfe ist, worauf der Senat bereits hingewiesen hat, durch einen bekannt zu gebenden Beschluss zu entscheiden. Dabei dürfte es zumindest empfehlenswert sein, im Beschlussausspruch die Erklärung der Nichtabhilfe und der Vorlage an das Beschwerdegericht miteinander zu verbinden; über die Kosten des Beschwerdeverfahrens kann das erstinstanzliche Gericht nicht befinden. Vor allem aber verbietet sich, falls einer Beschwerde in vollem Umfang nicht abgeholfen wird, die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung; denn ein derartiger Nichtabhilfebeschluss ist vom Beschwerdeführer nicht selbständig anfechtbar, im Übrigen selbst dann nicht, wenn er mit einer gegenüber der angegriffenen Entscheidung neuen oder abweichenden Begründung versehen ist (statt aller: Keidel-Sternal a.a.O., § 68 Rdnr. 33).

Diesen Grundsätzen zuwider enthält hier der registergerichtliche Beschluss vom 23. Februar 2010 - abgesehen von einem zumindest unklaren Ausspruch zu den Verfahrenskosten - eine Rechtsmittelbelehrung. Der Belehrung folgend, hat der betroffene Verein überflüssigerweise erneut Beschwerde eingelegt, hinsichtlich deren das Registergericht - nunmehr erneut im Wege einer bloßen Verfügung - die Nichtabhilfe erklärt und die Vorlage an den Senat angeordnet hat.

2.

Auf die dargestellten Verfahrensfehler kommt es indes letztlich nicht entscheidungserheblich an. Denn die angefochtene Zwischenverfügung kann auch in der Sache keinen Bestand haben.

a)

Nach der bis zum 29. September 2009 geltenden Rechtslage war der Anmeldung einer Satzungsänderung zur Eintragung in das Vereinsregister der die Änderung enthaltende Beschluss in Urschrift und Abschrift beizufügen (§ 71 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F.). Jedoch konnte das Registergericht die Eintragung davon abhängig machen, dass eine fortlaufend lesbare Fassung der Satzung unter Hervorhebung der beschlossenen Änderungen vorgelegt werde, falls nämlich der Inhalt der Satzung des Vereins durch bereits eingetragene Änderungen nicht oder nicht sicher feststellbar oder falls die zur Eintragung angemeldete Satzungsänderung selbst unübersichtlich war, sofern nicht der Verein darlegte, dass die Eintragung der Satzungsänderung keinen Aufschub dulde; jedoch war die fortlaufende Fassung der Satzung in den Akten als Lesehilfe zu kennzeichnen (§ 9 Abs. 4 Vereinsregisterverordnung - VRV - a.F.).

Nunmehr bestimmt § 71 Abs. 1 Satz 3 und 4 BGB, dass der Anmeldung eine Abschrift des Änderungsbeschlusses und der Wortlaut der Satzung beizufügen sind, wobei in diesem Wortlaut die geänderten Bestimmungen mit dem Beschluss über die Satzungsänderung, die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt eingereichten vollständigen Wortlaut der Satzung und - falls die Satzung geändert worden ist, ohne dass ein vollständiger Wortlaut der Satzung eingereicht wurde - auch mit den zuvor eingetragenen Änderungen übereinstimmen müssen. Danach ist es zumindest nicht von vornherein zweifelsfrei, ob es sich bei der beizufügenden Satzung nach wie vor um eine bloße "Lesehilfe" handeln soll. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/12813, S. 12, zu § 71 BGB) geht auf diese Frage jedenfalls nicht gesondert ein.

b)

Sollte dem jetzt beizufügenden vollständigen Wortlaut der geänderten Satzung eine über eine Lesehilfe hinausgehende Bedeutung zukommen, entsprächen dem ohne weiteres ein auf die Identität des eingereichten Wortlauts mit den vorangegangenen Eintragungen im Vereinsregister gerichtetes Prüfungsrecht und eine diesbezügliche Prüfungspflicht des Registergerichts.

Aber auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, scheiden ein Prüfungsrecht und eine Prüfungspflicht des Gerichts nicht ohne weiteres aus. Denn nach der Gesetzesbegründung soll der vollständige Wortlaut der geänderten Satzung aus zwei Gründen eingereicht werden: zum einen damit dem Registergericht immer auch der vollständige aktuelle Wortlaut der Satzung vorliege und dem Gericht auf diese Weise die Prüfung der Anmeldung von Satzungsänderungen erleichtert werde; zum anderen deshalb, weil die Einsicht in die Satzung durch Dritte dann erheblich erleichtert werde, indem sich für denjenigen, der das Register einsehe, der aktuelle Satzungswortlaut immer aus einem Dokument ergebe und er sich diesen Wortlaut nicht mehr mühsam aus der ursprünglich eingereichten Satzung und den angemeldeten Änderungsbeschlüssen erschließen müsse. Diese Erwägungen sprechen dafür, dass die nach neuem Recht einzureichende Satzung nicht bloß eine für den gerichtlichen Geschäftsgang hilfreiche Arbeitsunterlage, sondern eine sowohl für das Gericht als auch für die in das Vereinsregister Einsichtnehmenden eine verlässliche Grundlage sein soll. Eine derartige Grundlage jedoch ist ohne eine Prüfung im oben näher beschriebenen Umfang nicht zu gewinnen.

c)

Ob und in welchem Umfang ein Prüfungsrecht und eine Prüfungspflicht des Registergerichts im Zusammenhang mit dem nunmehr vorzulegenden vollständigen Wortlaut der Satzung besteht, bedarf im vorliegenden Verfahren aber keiner abschließenden Entscheidung. Infolgedessen ist der Senat auch nicht genötigt, zu den Schwierigkeiten Stellung zu nehmen, die sich daraus ergeben, dass die Satzungsvorlegung ausweislich der Gesetzesbegründung auf der einen Seite dazu dienen soll, dem Registergericht die Prüfung der Anmeldungen von Satzungsänderungen zu erleichtern, auf der anderen Seite die gerichtliche Tätigkeit bedeutend erschwert würde, wenn es dem Registergericht obläge, den eingereichten Satzungstext vollständig mit der ursprünglichen Satzung und den bisherigen Änderungsbeschlüssen abzugleichen.

aa)

Denn selbst wenn man eine Prüfungspflicht des Registergerichts unterstellt, ist die vom hiesigen Amtsgericht geforderte Versicherungserklärung kein geeignetes Mittel, dieser Prüfungspflicht zu genügen.

Bereits dadurch, dass er einen bestimmten Wortlaut der geänderten Satzung der Anmeldung beifügt und bei dem Registergericht einreicht, erklärt der Vorstand des Vereins, dass dieser Wortlaut den gültigen Text der ursprünglichen Satzung nebst allen bisherigen Änderungen sowie der nunmehr angemeldeten Änderung darstelle. Es ist funktionslos, dem Vorstand diese Erklärung nochmals in Form einer ausdrücklichen Versicherung abzuverlangen. Dadurch würde der Verantwortungsbereich des Vereins nicht erweitert und derjenige des Registergerichts nicht beschränkt. Eine Beschränkung der gerichtlichen Prüfungspflicht träte nur ein, wenn zuvor eine andere Stelle als neutraler Dritter diese Identitätsprüfung vorgenommen und hierüber eine eigene Erklärung, die dem Gericht vorzulegen ist, errichtet hätte. Eine solche Lage besteht für Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, indem bei ihnen nicht nur der vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrages/der Satzung beizufügen ist, sondern dieser auch mit einer Bescheinigung eines Notars versehen sein muss, dass die geänderten Bestimmungen mit dem Änderungsbeschluss und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Handelsregister eingereichten vollständigen Wortlaut des Gesellschaftsvertrages/der Satzung übereinstimmen. Gerade auf die Mitwirkung eines Notars und damit auf die vorbezeichnete Bescheinigung sollte, wie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich klargestellt wird, im neuen Vereinsrecht aber verzichtet werden.

bb)

Darüber hinaus erscheint die hier geforderte Versicherungserklärung auch systemfremd.

Das materielle Recht sieht an verschiedenen Stellen vor, dass Organe juristischer Personen gegenüber dem Registergericht Versicherungserklärungen dazu abzugeben haben, dass in ihrer Person keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung zum Organ nach den gesetzlichen Regelungen entgegenstehen und dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind, ferner, dass die Regelungen zur Aufbringung und Erhaltung des Garantiekapitals beachtet wurden. Haben die Organe die entsprechenden Versicherungen abgegeben, muss das Registergericht weitere Ermittlungen zur inhaltlichen Richtigkeit dieser Erklärungen nur anstellen, wenn konkrete Anhaltspunkte dazu Anlass geben, mit anderen Worten wenn an der Richtigkeit Zweifel bestehen (vgl. nur Krafka/Willer, Registerrecht, 7. Aufl. 2007, Rdnr. 959 und 980 m.w.Nachw.). Diese Beschränkung der gerichtlichen Prüfungspflicht ist bedeutsam, weil sich die Versicherung auf tatsächliche Umstände außerhalb des registergerichtlichen Verfahrens bezieht, die das Gericht regelmäßig nur mit größerem Aufwand zu überprüfen vermag. Um eine derartige Lage geht es hier aber nicht. Ein etwaiger Zweifel - nämlich an der oben mehrfach erwähnten Identität - bezieht sich nicht auf tatsächliche Umstände außerhalb des Verfahrens, sondern auf eine eingereichte Unterlage im Verhältnis zu dem bisherigen Akteninhalt. Die Pflicht einer dahingehenden Prüfung kann das Registergericht auch nicht teilweise auf einen antragstellenden Verein abwälzen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; insbesondere ist kein Fall des § 81 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FamFG gegeben.

Ebensowenig besteht ein Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG, und zwar bereits deshalb nicht, weil sie mangels Beschwer von dem betroffenen Verein nicht in zulässiger Weise eingelegt werden könnte.

Schließlich erübrigt sich, da gerichtliche Gebühren im Beschwerdeverfahren nicht entstehen, die Festsetzung eines Geschäftswertes.

RechtsgebietFamFGVorschriften§ 382 Abs. 4 S. 1 FamFG

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