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30.06.2010 · IWW-Abrufnummer 101942

Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 16.03.2010 – 1 AR 11/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 AR 11/10

Tenor:
Der Antrag des Rechtsanwalts X. für seine Tätigkeit als gewählter Beistand des Verfolgten pp. eine an die Stelle der gesetzlichen Gebühr tretende Pauschvergütung festzusetzen, wird abgelehnt.

Gründe
Rechtsanwalt X. hat mit Schrift vom 3.2..2010 beantragt, für seine Tätigkeit als gewählter Beistand des Verfolgten Pp. eine Pauschvergütung in Höhe von 775.--EUR festzusetzen. Der Bezirksrevisor bei dem Oberlandesgericht Karlsruhe ist diesem Begehren, welches als Antrag auf Feststellung einer Pauschvergütung nach § 42 Abs. 1 RVG auszulegen ist, mit Schrift vom 16.2.2010 entgegengetreten. Der Auftraggeber des Rechtsanwalts, der Verfolgte Pp., hat sich zu dem Antrag nicht geäußert.

De' Senat ist in Übereinstimmung mit dem Vertreter der Staatskasse der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Feststellung einer Pauschvergütung nach § 42 Abs. 1 RVG vorliegend nicht erfüllt sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann in Auslieferungssachen nach dem IRG ebenso wie generell in Strafsachen - eine Pauschvergütung dann - und nur dann - festgestellt werden, wenn entweder der besondere Umfang der Auslieferungssache und/oder deren besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten den Beistand nötigten, eine über das Maß üblicher und normaler Bemühungen in Auslieferungssachen erheblich hinausgehende Tätigkeit zu entfalten, und wenn sich deshalb die in Teil 6 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG bestimmten Gebühren eines Wahlanwalts als unzumutbar niedrig erweisen (stand. Rechtsprechung des Senats, vgl. zul. B.v. 26.11.2009 - 1 AR 58/09 - und v.. 28.1.2009 - 1 AR 51/08 und 1 AR 52/08 -). Dies ist nach Abwägung und Bewertung aller die Tätigkeit des Antragstellers prägenden maßgeblichen Umstände vorliegend nicht der Fall.

Bei dieser Bewertung hat der Senat einerseits durchaus beachtet, dass der Antragsteller an dem Termin vor dem Amtsgericht Pforzheim am 21.7.2009 zur Eröffnung des Auslieferungsersuchens und Vernehmung des Verfolgten nach §§ 28, 41 RVG teilgenommen hat und die Beistandsleistung in diesem Termin - auch und gerade weil sie keine spezielle Terminsgebühr nach Nr.. 6001 VV RVG oder Nr. 4102, 4103 VV RVG zu begründen vermag (vgl. hier- zu den das vorliegend Auslieferungsverfahren betreffenden Senatsbeschluss vorn 13_1.2010 - 1 AR 66/09 - ) - bei der Bewertung des Umfangs der von dem Antragsteller entfalteten anwaltlichen Bemühungen nicht unberücksichtigt bleiben kann (ständ. Rechtsprechung des Senats, vgl. zul. B. v. 26.11.2009 - 1 AR 58/09 - und v. 3.11.2009 - 1 AR 55/09 - ). Andererseits musste allerdings Beachtung finden, dass das vorliegende Verfahren, in dem es wegen der deutschen Staatsangehörigkeit des Verfolgten praktisch allein auf dessen Zustimmungserklärung nach § 80 Abs. 3 IRG ankam und das mit der am 21.7.2009 erfolgten Nichterteilung dieser Zustimmung und dem daraufhin konsequenterweise und zwingend ergangenen Senatsbeschluss vom 5.8.2009 ohne weiteres beendet wurde, tatsächlich und rechtlich ausgesprochen einfach gelagert war und keine - jedenfalls keine überdurchschnittlichen - rechtlichen Schwierigkeiten aufwies. Abgesehen von zwei ganz kurzen terminsvorbereitenden Schriftsätze vom 3.7.2009 und 14.7.2009 hatte der Beistand keine arbeits- und zeitaufwändigen schriftlichen Stellungnahmen auszuarbeiten und abzufassen. Wegen der im Hinblick auf § 80 Abs. 3 IRG klaren und einfachen Rechtslage hatte er auch keine - ggf. ebenfalls zeitaufwändigen - vertieften Recherchen im Bereich des materiellen und formellen ungarischen Strafrechts anzustellen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Umfang der Akten, welche der Antragsteller zu bearbeiten hatte - die Hauptakte belief sich zum Zeitpunkt seiner Akteneinsicht auf gerade einmal 73 Seiten und zum Zeitpunkt des verfahrensabschließenden Senatsbeschlusse vom 5.8.2009 auf 101 Seiten - im Vergleich zu sonstigen beim Senat anhängigen Auslieferungssachen ausgesprochen gering war und sich die Dauer der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers - diese betrug von der Mandatierung am 3.7,2009 bis zum Verfahrensabschluss am 5.8.2009 gerade ein- mal knapp 5 Wochen - ebenfalls in einem deutlich unterdurchschnittlichen Bereich bewegte. Zu beachten war auch, dass sich der Verfolgte - für ein Auslieferungsverfahren nach dem IRG untypisch - während der gesamten Dauer des Verfahrens auf freiem Fuß befand und der Antragsteller, welcher seinen Kanzleisitz in Pforzheim hat, durch die Wahrung des ca. 25 Minuten dauernden Termins vor dem Amtsgericht Pforzheim am 21.7.2009 nur für kurze Zeit seiner sonstigen anwaltlichen Tätigkeit entzogen war.

Nach umfassender Würdigung und Abwägung der genannten und aller sonstigen die Tätigkeit des Rechtsanwalts prägenden maßgeblichen Verfahrensmomente kann die beantragte Pauschvergütung nach alledem nicht bewilligt werden. Nach seinem Sinn und Zweck soll § 42 Abs. 1 RVG - ebenso wie § 51 Abs. 1 RVG für den Bereich der Pflichtverteidigerbestellung - in solchen Fällen einen Ausgleich ermöglichen - in denen ein für den gewählten Verteidiger unzumutbares Missverhältnis zwischen den im Vergütungsverzeichnis zum RVG bestimmten Gebühren eines Wahlanwalts - diese wurden durch zwischenzeitlich rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16.11.2009 zutreffend auf 330.-- EUR festgesetzt - und dem durch einen besonderen Umfang und/oder eine besondere Schwierigkeit der Strafsache bedingten Tätigkeitsaufwand besteht (Senat a.a.O. ). Ein solches Missverhältnis ist - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Rechtsanwalts in der Antragsschrift vom 3.2.2010 - im vorliegenden Verfahren, welches nach Würdigung und Abwägung aller maßgeblichen Verfahrensmomente weder einen besonderen Um- fand noch besondere Schwierigkeiten aufwies, nicht festzustellen.

RechtsgebietRVGVorschriften§ 42 RVG

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