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28.07.2010 · IWW-Abrufnummer 101868

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 30.07.2009 – 13 K 1121/07

Für die Zurechnung von Vermietungseinkünften kommt es nicht darauf an, wer Eigentümer des Mietobjekts ist, sondern wer die maßgebliche wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über das Mietobjekt hat.

Übt der Inhaber eines dinglichen Wohnrechts dieses nicht mehr aus und haben die Eigentümer die Wohnung mit Zustimmung des Wohnrechtsberechtigten im eigenen Namen an Dritte vermietet und die Miete vereinnahmt, erfüllen diese den Tatbestand der Einkünfteerzielung.

Die vertragliche Vereinbarung im Übergabevertrag, dass das Grundstück nicht an Dritte überlassen werden darf, steht der wirksamen Zustimmung zur Wohnungsüberlassung durch die Parteien des Übergabevertrages nicht entgegen.

Aufwendungen, die ein Eigentümer auf eine Wohnung macht, die mit einem Nutzungsrecht belastet ist, sind dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn ein erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit zukünftig erzielbaren Vermietungseinkünften besteht.


Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob im Streitjahr negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffend das Objekt B-Straße 14, B., einheitlich und gesondert festzustellen sind.

Die Klägerinnen sind Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft.

Mit Übergabe- und Anteilsvertrag vom 11. November 1994 wurde das Eigentum am Grundstück B-Straße 14, B., unentgeltlich seitens Frau E. F. und Frau L. F. auf Herrn S. F. übertragen. Im Vertrag vom 11. November 1994 verpflichtete sich Herr S. F., zugunsten Frau E. und L. F. ein Wohnrecht einzuräumen. Die Eintragung als persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch wurde seitens Herrn S. F. bewilligt. In dem Vertrag ist weiter geregelt, dass die Ausübung des Wohnrechts keinem Dritten überlassen werden darf und nach dem Tode des Erstversterbenden dem Überlebenden das Wohnrecht bis zu dessen Tode allein und uneingeschränkt weiter zusteht.

Die Eintragung des Wohnrechts im Grundbuch erfolgte am 07. Februar 1995.

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass aufgrund des vor dem 01. Januar 2004 eingetretenen Todes der Frau E. F. im Streitjahr das Wohnrecht am streitgegenständlichen Grundstück alleine der Frau L. F. zustand.

Herr S. F. verstarb am 15. Juni 2004.

Rechtsnachfolgerinnen des Herrn S. F. sind die Klägerinnen.

Mitte 2004 zog Frau L. F., die zuvor eine der Wohnungen des streitgegenständlichen Objekts bewohnt hatte, ins Altenheim.

Daraufhin ließen die Klägerinnen – ausweislich der vorgelegten Rechnungen – Ende des Jahres 2004 im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Immobilie renovieren. Zur Finanzierung der Renovierungskosten nahmen die Kläger im Oktober 2004 ein Darlehen in Höhe von 37.500,- € auf.

Den Klägerinnen entstanden im Streitjahr Aufwendungen für die Renovierung in Höhe von insgesamt 34.527,- €.

Die Klägerinnen vermieteten die in der Immobilie befindlichen drei Wohnungen jeweils ab dem 01. Januar, dem 01. April und dem 01. Mai 2005 im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und vereinnahmten den Mietzins.

Sie reichten für das Streitjahr eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung ein, in welcher sie insgesamt einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 7.693,- € deklarierten. Dieser Betrag beinhaltet neben Aufwendungen für Schuldzinsen und sonstige Werbungskosten i. H. v. 323,- € Werbungskosten für Absetzung für Abnutzung des Gebäudes in Höhe von 464,- €. Als Renovierungskostenanteil, der auf das Jahr 2004 entfällt, machten die Kläger den Betrag von 6.906,- € als vorweggenommene Werbungskosten geltend, indem sie den Gesamtaufwand an Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 34.527,- € gemäß § 82 b der Einkommensteuerdurchführungsverordnung auf fünf Jahre verteilten.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21. November 2006 die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr ab.

Zur Begründung führte der Beklagte an, dass die Voraussetzungen für eine einheitliche und gesonderte Feststellung nicht vorlägen. Die Werbungskosten seien nicht abzugsfähig, da das Grundstück mit einem dinglichen Wohnrecht belastet sei. Dieses Wohnrecht erlösche nicht mit dem Auszug.

Für die Jahre 2005, 2006 und 2007 erließ der Beklagte hingegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und stellte die in diesen Jahren erzielten Einkünfte der Erbengemeinschaft aus der Vermietung des streitgegenständlichen Objekts einheitlich und gesondert fest.

Gegen den negativen Feststellungsbescheid vom 21. November 2006 betreffend das Streitjahr legten die Klägerinnen Einspruch ein.

Zur Begründung führen sie an, dass im Übergabevertrag vom 10. November 1994 geregelt sei, dass die Ausübung des Wohnrechts keinem Dritten überlassen werden dürfe. Somit könne Frau L. F. aus ihrem Wohnrecht keinerlei Einnahmen erzielen. Da aus der Vermietung des Objekts B-straße 14, B., jedoch Einnahmen erzielt würden, stelle sich die Frage, wem die Einnahmen zuzurechnen seien, wenn nicht den Klägerinnen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 09. März 2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Er begründete dieses damit, dass zugunsten Frau L. F. ein lebenslanges Wohnrecht in das Grundbuch eingetragen, welches nicht durch ihren Auszug aus der streitgegenständlichen Immobilie erloschen sei. Frau L. F. sei daher auch nach Auszug noch zur uneingeschränkten Nutzung berechtigt gewesen, ihr stehe somit auch der Nutzungswert an der Immobilie zu. Das habe zur Folge, dass mangels Einnahmeerzielungsabsicht die Klägerinnen die Aufwendungen nicht als Werbungskosten in Ansatz bringen könnten.

Frau L. F. verstarb am 17. Januar 2007.

Die Klägerinnen verfolgen ihr Ziel im Klageverfahren weiter.

Sie sind der Auffassung, dass maßgebend für die Frage, wem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen seien, sei, wer die tatsächliche Macht habe, eines der in § 21 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen. Maßgebend hierfür sei wiederum, wer Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder einem ähnlichen Vertrag über die Nutzungsüberlassung sei, mithin wer als Inhaber (Eigentümer, sonstiger Nutzungsberechtigter, tatsächlich Nutzender) über das mit der Erwerbsgrundlage verbundene Nutzungsverhältnis selbst wirtschaftlich verfügen könne. Im vorliegenden Fall komme es somit entscheidend darauf an, wer die maßgeblichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt habe. Dieses seien nach Auffassung der Klägerinnen sie. Frau L. F. habe nämlich ihr dingliches Wohnrecht faktisch durch Auszug aufgegeben. Durch den Auszug habe sie das Wohnrecht faktisch nicht mehr ausgeübt.

Da die Vermietung seitens der Klägerinnen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erfolgt sei und die Aufwendungen für die Renovierung der Immobilie auch durch sie getragen worden seien, seien ihnen auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.

Da nach Auffassung der Klägerinnen ein ausreichender wirtschaftlicher Zusammenhang der für die Renovierung entstandenen Aufwendungen mit den im Jahre 2005 erzielten Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bestehe, handele es sich bei den Aufwendungen für die Renovierung um vorweggenommene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung.

Zur Darlegung ihres Vortrages, dass die seitens der Klägerinnen im eigenen Namen erfolgte Vermietung mit Zustimmung der Frau L. F. erfolgt sei, reichten die Klägerinnen eine auf den 11. Januar 2005 datierende durch Frau L. F. unterzeichnete Erklärung mit folgendem Wortlaut ein:

„Zustimmung zur Vermietung der Wohnung B-Straße 14, B.

Im Wohnhaus B-Straße 14, B., ist für mich, L. F., …, ein Wohnrecht auf Lebenszeit für die Wohnung im Erdgeschoss grundbuchlich eingetragen.

Meine Nichten, E. R., …und G. K., …, sanieren zurzeit diese Wohnung und beabsichtigen, diese Wohnung zu vermieten.

Hiermit stimme ich der Vermietung als Wohnberechtigte zu.

Ebenfalls stimme ich zu, dass der Mietertrag meinen Nichten zufließt.

Sollte für die Bezahlung meines Heimplatzes im Haus Y. mein Geldvermögen nicht mehr ausreichen, ist der Mietertrag der Wohnung für den Ausgleich der Heimkosten an mich zu leisten.

Für den Fall, dass ich die Wohnung in Anspruch nehmen müsste, ist von mir die jeweilige Kündigungsfrist des Mieters zu beachten.”

Sie behaupten ergänzend, dass die vorgelegte Erklärung das wiedergebe, was bereits bei Auszug der Frau L. F. Mitte 2004 zwischen den Klägerinnen und Frau L. F. vereinbart worden sei.

Die Klägerinnen haben am 12. April 2007 Klage erhoben.

Sie beantragen,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. November 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09. März 2007 die Beklagte zu verpflichten, die Klägerinnen zu 1) und 2) erklärungsgemäß unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur einheitlichen und gesonderten Feststellung 2004 zu veranlagen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass im Streitzeitraum keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Klägerinnen haben erzielt werden können, da das Grundstück mit einem dinglichen Wohnrecht der Frau L. F. belastet gewesen sei. Unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Mai 1980 VIII R 128/78, BStBl 1981 II S. 299 und der Kommentierung bei Schmidt/Drenseck: Einkommensteuerrecht, 27. Auflage 2008, § 21 Rz. 46, führt der Beklagte insoweit aus, dass, sofern ein Nutzungsrecht an einem Grundstück (Nießbrauch, Wohnrecht oder sonstiges Nutzungsrecht) bestehe, der Eigentümer mangels Einkünfteerzielung keine Werbungskosten geltend machen könne.

Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04. Juni 1996 IX R 84/94, BFH/NV 1996, 808, führt der Beklagte zudem aus, dass er meint, ein Abzug der den Klägerinnen entstandenen Renovierungskosten als vorweggenommen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung scheide zudem deshalb aus, da es an dem erforderlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit der Einkunftsart fehle. Es fehle nämlich dann an diesem Zusammenhang, wenn sich nicht absehen ließe, ob und gegebenenfalls wann Einnahmen erzielt werden könnten. Da das Grundstück mit einem dinglichen Wohnrecht belastet gewesen sei, mit der Folge, dass die Wohnrechtsberechtigte ihr Recht auf unbestimmte Zeit habe ausüben können, sei es für die Klägerinnen im Streitjahr noch nicht absehbar gewesen, ob und wann sie Einkünfte aus dem Objekt hätten erzielen können.

Zudem behauptet der Beklagte, dass in den Feststellungserklärungen für die Jahre 2005 und 2006 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung seitens der Klägerinnen Werbungskosten in Höhe der Kosten für das Altenheim der L. F. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erklärt worden seien. Dieses – so meint der Beklagte – sei ebenfalls ein Argument dafür, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht den Klägerinnen zuzurechnen. Schließlich sei durch diese Zahlung der Klägerinnen L. F. ein Geldbetrag zugeflossen.

Ferner, so meint der Beklagte, fehle es auch an einer rechtlich begründeten Dispositionsbefugnis der Kläger betreffend das Vermietungsobjekt. Aus abgeleitetem Recht hätten die Klägerinnen nicht tätig werden können, da die Ausübung des Wohnrechts keinem Dritten gestattet gewesen sei. Zudem fehle es an einer im Streitjahr rechtlich wirksamen schuldrechtlichen Nutzungsvereinbarung zugunsten der Klägerinnen. Die Erklärung vom 11. Januar 2005 entfalte insoweit keine Rückwirkung.

Im Falle des Unterliegens, meint der Beklagte, seien den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens gemäß § 137 der Finanzgerichtsordnung – FGO – aufzuerlegen, da – was unstreitig ist – die Erklärung der L. F. vom 11. Januar 2005 erst im Klageverfahren eingereicht worden sei.

Die dem Streitfall betreffenden Steuerakten haben dem Gericht vorgelegen.



Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerinnen haben in Erbengemeinschaft im Streitjahr negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 7.693,- € erzielt, die einheitlich und gesondert festzustellen sind.

Sowohl die auf den Streitzeitraum entfallende für das Gebäude B-Straße 14, B., geltend gemachte AfA in Höhe von 464,- €, die Aufwendungen für Schuldzinsen und sonstige Werbungskosten i. H. v. 323,- € als auch die Renovierungsaufwendungen in Höhe von 6.906,- € stellen vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar.

1. Die Klägerinnen haben gemeinschaftlich den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt.

Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen; er muss Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag oder einem ähnlichen Vertrag über eine Nutzungsüberlassung sein (vgl. Urteil des BFH vom 11. März 2003 IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043, m. w. N.; Urteil des BFH vom 06. September 2006 IX R 13/05, BFH/NV 2007, 406).

Nicht entscheidend ist, wer rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Mietobjekts ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1992 IX R 17/88, BFH/NV 1993, 227); maßgebend ist vielmehr, wer als Inhaber (Eigentümer, sonstiger Nutzungsberechtigter, tatsächlich Nutzender) über das mit der Erwerbsgrundlage verbundene Nutzungsverhältnis selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter wirtschaftlich verfügen kann. Danach kommt es für die Zurechnung von Vermietungseinkünften darauf an, wer die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt und damit eine Vermietertätigkeit selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter oder Verwalter ausübt (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 2003 IX R 54/00, BFH/NV 2004, 1079, m. w. N.; Urteil des BFH vom 06. September 2006 IX R 13/05, BFH/NV 2007, 406).

Die Klägerinnen verfügten zum Zeitpunkt der Vermietung der Wohnungen in dem Objekt B-straße 14, B., über die maßgeblichen Dispositionsbefugnisse über das Vermietungsobjekt. Sie waren als Eigentümer Ausübungsberechtigte und zudem tatsächliche Nutzer des Vermietungsobjekts. Nachdem Frau L. F. ins Altenheim verzogen war, somit ihr Wohnrecht am Grundstück nicht mehr ausübte, haben die Klägerinnen Renovierungsaufwendungen im eigenen Namen durchgeführt, zur Deckung der Kosten ein Darlehen aufgenommen und die angefallenen Kosten selbst getragen. Sie haben die Wohnungen jeweils zum 01. Januar, 01. April und 01. Mai 2005 im eigenen Namen an Dritte vermietet und auch die Miete vereinnahmt und somit die Vermietertätigkeit selbst ausgeübt.

Dass die Vermietung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu welchem Frau L. F. bereits nicht mehr im Vermietungsobjekt wohnte und Frau L. F. damit einverstanden war, dass die Vermietung nicht in ihrem Namen erfolgte, sondern im Namen der Klägerinnen, ergibt sich zudem aus der vorgelegten Erklärung der Frau L. F. vom 11. Januar 2005. Aus dieser Erklärung ergibt sich zudem eindeutig, dass Frau L. F. eine Vermietertätigkeit nicht ausüben wollte.

Dieser Feststellung, dass der Tatbestand der Einkünfteerzielung durch die Klägerinnen verwirklich worden ist, steht das bis zu ihrem Tode im Januar 2007 noch bestehende Wohnungsrecht der Frau L. F. nicht entgegen.

Die Klägerinnen konnten vielmehr aufgrund ihrer tatsächlichen Machtposition die entsprechenden Dispositionen über die Vermietungstätigkeit aus eigenem Recht auszuüben. Sie waren Eigentümer des Mietobjekts und waren, nachdem Frau L. F. ihr Wohnrecht nicht mehr ausübte, auch faktisch in der Lage, über die in dem fraglichen Objekt befindlichen Wohnungen zu disponieren.

Wie bereits dargelegt, hatten die Klägerinnen nämlich im Zeitpunkt der Vermietung die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt und übten die Vermietertätigkeit selbst und im eigenen Namen aus. Dass Frau L. F. zu diesem Zeitpunkt ein dingliches Wohnrecht am Grundstück innehatte, aufgrund dessen auch sie berechtigt gewesen wäre, die wirtschaftliche Disposition über das Grundstück auszuüben und etwa das Grundstück selbst zu nutzen, ist unerheblich. Denn sie hat ihre Nutzungsbefugnisse nicht ausgeübt, vielmehr ihr Einverständnis zur Ausübung der Nutzung durch die Klägerinnen erklärt, und die Klägerinnen haben die Nutzung auch tatsächlich ausgeübt.

Abgesehen von dieser bereits dargelegten Dispositionsbefugnis aus eigenem Recht und der tatsächlichen wirtschaftlichen Verfügungsbefugnis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vermietung, waren die Klägerinnen – zumindest was die nach dem 11. Januar 2005 abgeschlossenen Mietverträge angeht – auch aus abgeleitetem Recht berechtigt, über das Vermietungsobjekt zu disponieren und eine Vermietertätigkeit im eigenen Namen ausüben.

Im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich zu welchem die Klägerinnen zwei der Wohnungen im fraglichen Objekt an Dritte vermieteten, bestand zwischen ihnen und Frau L. F. eine schuldrechtliche Nutzungsvereinbarung. Mit Erklärung vom 11. Januar 2005 gab Frau L. F. eindeutig ihre Zustimmung dazu, dass das Objekt nicht mehr durch sie genutzt, sondern im Namen der Klägerinnen und auf deren Rechnung vermietet werde.

Einer derartigen schuldrechtlichen Nutzungsvereinbarung steht ein noch fortbestehendes (dingliches) Wohnungsrecht, das der Sicherung dient (vgl. BFH-Urteil vom 3. Februar 1998 IX R 38/96, BFHE 185, 379, BStBl II 1998, 539; BFH-Beschluss vom 31. August 2000 IX B 72/00, BFH/NV 2001, 309) und tatsächlich nicht ausgeübt wird, nicht entgegen (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juli 1999 IX R 64/96, BFHE 190, 125, BStBl II 1999, 826; vom 17. Dezember 2003 IX R 60/98, BFHE 204, 485, BStBl 2004 II S. 646 IX R 105/00, BFH/NV 2004, 1273 und vom 06. September 2006 IX R 13/05, BFH/NV 2007, 406).

Der Wirksamkeit dieser schuldrechtlichen Abrede steht entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht das im Übergabevertrag vom 10. November 1994 geregelte Verbot der Ausübung des Nutzungsrechts durch Dritte entgegen. Parteien des Vertrages waren die vormaligen Eigentümer des Grundstücks und die Übernehmer des Grundstücks. Wenn die Regelung lautet, dass die Ausübung des den vormaligen Eigentümern einzuräumenden Nutzungsrechts an dem Grundstück keinem Dritten überlassen werden dürfe, so ist diese Vereinbarung dahingehend auszulegen, dass „Dritte” alle diejenigen sind, die nicht Parteien des Übertragungsvertrages sind. Tritt – wie vorliegend – eine Gesamtrechtsnachfolge ein, mit der Folge, dass die vertraglichen Rechte auf andere Personen übergehen, so handelt es sich ebenfalls bei diesen Personen um keine „Dritten” im Sinne dieser Abrede. Sinn dieser Abrede ist es, Personen, die weder Eigentümer noch Wohnrechtsberechtigte sind, von der Nutzung des Grundstücks auszuschließen, nicht hingegen es zu unterbinden, dass mittels schuldrechtlicher Vereinbarung der Nutzungsberechtigte auf die Wahrnehmung seines dinglichen Nutzungsrechts verzichtet.

Das der Frau L. F. bestellte Wohnrecht diente der Sicherung und wurde zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr ausgeübt.

Einer solchen Würdigung steht auch nicht die seitens des Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Mai 1980VIII R 128/78, BStBl 1981 II S. 299 entgegen.

Denn auch in dieser Entscheidung führt der BFH aus, dass maßgebend für die Frage, wem nach einer Nießbrauchsbestellung die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen seien, ob dem Eigentümer oder dem Nießbraucher, sei, wer den Tatbestand der Einkunftserzielung erfülle. Dieses waren in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall die Nießbraucher, da die Mietverträge in ihrem Namen abgeschlossen worden waren.

Insoweit gehen auch die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen des Beklagten dahingehend, dass der Eigentümer eines Grundstücks immer dann keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen könne, sofern ein Nutzungsrecht an diesem Grundstück bestehe, fehl.

Die Entscheidung des BFH vom 13. Mai 1980VIII R 128/78, a. a. O. und die seitens des Beklagten angeführte Kommentierung von Drenseck/Schmidt: Einkommensteuerrecht, 21. Auflage 2008, § 21 Rz. 46, stellen klar, dass der Eigentümer bei einem entgeltlich bestellten Nießbrauch bzw. entgeltlich bestellten Wohnrecht, für welches die Vorschriften des Nießbrauchs entsprechend gelten, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Ebenso wird klargestellt, dass bei einem unentgeltlich bestellten Nießbrauch bzw. unentgeltlich bestellten Wohnrecht der Eigentümer keine Einkünfte erzielt und mangels Einkünfteerzielung auch keine Werbungskosten geltend machen kann.

Dass die Klägerin vorliegend aus dem unentgeltlich eingeräumten dinglichen Wohnrecht und dem sich daraus begründenden Rechtsverhältnis keine Einkünfte erzielten und sich hieraus auch nicht die Berechtigung zum Werbungskostenabzug herleitet, steht außer Frage. Völlig unabhängig von diesem Rechtsverhältnis, das zwischen den Klägern und der Wohnrechtsinhaberin bestanden hat, haben die Klägerinnen aber an Dritte im eigenen Namen vermietet und somit unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt.

2. Die Klägerinnen können auch die AfA, die Schuldzinsen und sonstige Aufwendungen sowie die angefallenen Reparaturkosten als vorab entstandene Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 EStG) sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Sie können schon anfallen, wenn mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden.

Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (BFH-Beschluss, Großer Senat vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl 1990 II S. 830 unter C.III.2.a). Ein solcher Zusammenhang ist gegeben, wenn sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst und nicht wieder aufgegeben hat (vgl. BFH-Urteile vom 14. Mai 2003 XI R 8/02, BFH/NV 2003, 1315, unter II.A.2.a); vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005,477). Dabei ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und späterer Vermietung kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Abzug von Werbungskosten; ihm kommt vielmehr (nur) eine indizielle Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteile vom 8. Februar 1983 VIII R 130/79, BFHE 138, 195, BStBl II 1983, 554; vom 4. Juni 1991 IX R 30/89, BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761).

Nach den vorliegenden Umständen ist der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit der späteren Vermietungstätigkeit der Klägerinnen gegeben.

Nach dem Auszug der Frau L. F. Mitte des Jahres 2004 haben die Klägerinnen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Renovierung des Hauses durchgeführt. Zudem haben sie einen Darlehensvertrag zur Finanzierung der Aufwendungen abgeschlossen. Die Vermietung der Wohnungen erfolgte sodann im Januar, April und Mai 2005.

Aufgrund der Tatsache, dass die Aufwendungen zu einem Zeitpunkt getätigt wurden, als Frau L. F. das Haus nicht mehr bewohnte, sowie auch der zeitlichen Abfolge des Abschlusses des Darlehensvertrages im Oktober 2004, der durchgeführten Renovierungsarbeiten im Dezember 2004 und sodann der Vermietung im Januar, April und Mai 2005 lässt sich ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Aufwendungen mit der späteren Vermietungstätigkeit ableiten.

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerinnen im Zeitpunkt der getätigten Aufwendungen noch nicht den Entschluss gefasst hatten, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wie dieses der Beklagte annimmt, bestehen nicht. Der Vortrag der Klägerinnen, dass bereits bei Auszug der Frau L. F. geplant war, das Haus einer anderweitigen Nutzung zuzuführen, nämlich der durch Fremdvermietung im eigenen Namen der Klägerinnen und auf deren Rechnung, erweist sich als schlüssig. Dafür spricht zum einen, dass die Klägerinnen die Aufwendungen für die Renovierung getragen haben, zum anderen die Vermietung auch in ihrem Namen zeitnah erfolgte und dieses auch, wie Frau L. F. in der Erklärung vom 11. Januar 2005 bekundet hat, in ihrem Einverständnis erfolgt ist. Es ergeben sich weder Anhaltspunkte dafür, dass das Haus im Namen und auf Rechnung der Frau L. F. hätte vermietet werden sollen noch dafür, dass beabsichtigt war, das Objekt zu veräußern. Dass die Aufwendungen erfolgt sind, um seitens der Klägerinnen der Ausübung des dinglichen Wohnrechts durch Frau L. F. Rechnung zu tragen, dürfte aufgrund der Tatsache, dass Frau L. F. zum Zeitpunkt der Aufwendungen bereits ins Altenheim verzogen war, ebenfalls auszuschließen sein.

Der Auffassung des Beklagten, dass es an dem erforderlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit der Einkunftsart aufgrund der Tatsache, dass das Grundstück mit einem dinglichen Wohnrecht belastet gewesen ist, fehle, kann nicht gefolgt werden. Wenn der Beklagte insoweit ausführt, dass aufgrund des Wohnrechts, das auf Lebenszeit gewährt war, die Klägerinnen nicht hätten absehen können, wann sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätten erzielen können, so gehen diese Erwägungen fehl. Sie zeigen, dass der Beklagte offenbar davon ausgeht, dass seitens eines Eigentümers eines mit einem Wohnrecht belasteten Grundstücks Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erst erzielt werden können, wenn das dingliche Wohnrecht erloschen ist. Dass ein Eigentümer trotz bestehendem dinglichen Wohnrechts an seinem Grundstück bei entsprechendem Vorliegen der Voraussetzungen den Tatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erfüllen kann, wurde hingegen dargelegt.

Auch auf Grundlage der Grundsätze des durch den Beklagten angeführten Urteils des BFH vom 04. Juni 1996 IX R 84/94, BFH/NV 1996, 808, ergeben sich keine Zweifel an einem Zusammenhang der getätigten Aufwendungen zum Tatbestand der Einkünfteerzielung.

In dem angeführten Urteil wird unter Verweis auf ein Urteil des BFH vom 07. Dezember 1982 VIII R 166/80, BStBl 1983 II S. 660 ausgeführt, dass Aufwendungen, die ein Eigentümer auf eine Wohnung macht, die mit einem Nutzungsrecht belastet ist, grundsätzlich nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden können, denn es sei nicht absehbar, wann Einnahmen erzielt würden. Normalerweise könne nämlich ein notwendiger Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den zukünftigen Einnahmen nicht bejaht werden, da die Lebenserwartung des Nutzungsberechtigten nicht absehbar sei (vgl. BFH, a. a. O.).

Die zitierten Urteile betreffen Sachverhalte, in denen ein dingliches Nutzungsrecht besteht und ausgeübt wird. Seitens des Steuerpflichtigen werden Werbungskosten mit dem Hinweis geltend gemacht, dass das Nutzungsrecht ein persönliches Recht sei, das auf Lebenszeit dem Berechtigten gewährt worden sei, was zur Folge habe, dass nach Ableben des Berechtigten eine Fremdvermietung wieder in Betracht käme.

Im Gegensatz zu diesen Sachverhalten, geht es vorliegend nicht darum, dass Aufwendungen geltend gemacht werden im Hinblick auf eine etwaige zu einem unbestimmten Zeitpunkt nach Erlöschen des Nutzungsrechts beabsichtigte Vermietung, die insoweit hypothetisch bleibt, als der Zeitpunkt des Erlöschens des Nutzungsrechts nicht absehbar ist. Es geht vielmehr um den erforderlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen mit zeitlich kurz darauffolgenden Vermietungseinnahmen, die bereits vor dem Ableben des Nutzungsberechtigten erzielt werden. Eben dieser wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen zu den tatsächlich erzielten Einnahmen lässt sich – wie bereits dargelegt – aufgrund der tatsächlichen Umstände herstellen.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, wonach der unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens trägt.

Die Kosten waren nicht deshalb, wie der Beklagte meint, den Klägerinnen aufzuerlegen, weil diese die Erklärung der L. F. vom 11. Januar 2005 erst im Klageverfahren eingereicht haben.

Gemäß § 137 FGO können einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können oder sollen.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Ein Auferlegen der Kosten setzt nämlich voraus, dass die Kosten durch das schuldhafte Verhalten entstanden sind. An einem diesbezüglichen Kausalzusammenhang fehlt es, wenn die behördliche Entscheidung bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso getroffen worden wäre (vgl. BGH BStBl 2004, 684; BFH/NV 2005, 1778; Tipke/Kruse/Brandis: Finanzgerichtsordnung, § 137 Rz. 4).

Der Beklagte wäre nämlich auch bei Vorlage der fraglichen Erklärung im Einspruchsverfahren zu einer ablehnenden Entscheidung gelangt: Er hat die Einspruchsentscheidung vielmehr damit begründet, dass zugunsten Frau L. F. ein lebenslanges Wohnrecht in das Grundbuch eingetragen war, was der Erzielung von Einnahmen seitens der Klägerinnen seiner Auffassung nach entgegengestanden habe. Zudem hat er seine Rechtsauffassung – auch im Klageverfahren – weiterhin damit begründet, dass es seiner Auffassung nach an dem erforderlichen Zusammenhang der Aufwendungen zu den Einkünften gefehlt habe. Wie die Schriftsätze im Klageverfahren zeigen, war auch die Vorlage der Erklärung nicht geeignet, die Rechtsauffassung des Beklagten zu ändern.

4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 21 Abs. 1

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