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16.06.2010 · IWW-Abrufnummer 101800

Oberlandesgericht Saarbrücken: Urteil vom 08.12.2009 – 4 U 311/09

Einer in einem Bauvertrag enthaltenen Klausel, wonach der Besteller zur 6%igen Skontierung berechtigt ist, falls er in einer - nach Eingang einer prüffähigen Rechnung - in Lauf gesetzten Skontierungsfrist Zahlung leistet, begegnen am Maßstab der §§ 307, 310 BGB keine Wirksamkeitsbedenken.


OLG Saarbrücken

Urteil vom 8.12.2009

4 U 311/09 - 88

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Juni 2009 – 8 KFH O 302/08 – abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abwiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt das klagende Bauunternehmen die beklagte Bauunternehmung auf Zahlung eines einbehaltenen Skontos in Anspruch.

Die Klägerin führte im Auftrag der Beklagten Trockenbauarbeiten am Bauvorhaben Pflegeheim A. aus. Vertragsgegenstand war das Nachunternehmerverhandlungsprotokoll vom 10.8.2007 (Anlage K 1, Bl. 5 ff. d. A.). Nr. 13 dieses Protokolls lautet im Auszug:

„Die Zahlungen werden wie folgt geleistet: Der HU ist berechtigt, sowohl bei den Abschlags-/Tagelohnzahlungen als auch bei der Schlusszahlung 6% Skonto abzuziehen, sofern er Zahlung nach Eingang einer prüffähigen Rechnung innerhalb folgender Fristen leistet: Schlusszahlung zu 95% der geprüften Schlussrechnung innerhalb von 18 Werktagen oder ohne Skonto 30 Werktagen netto.“

In Gemäßheit dieser Abrede behielt die Beklagte von der Schlussrechnung einen Betrag von 17.008,41 EUR ein, dessen Erstattung die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend macht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Skontoregelung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele. Die Regelung der Nr. 13 sei unwirksam, da nicht nachvollzogen werden könne, was die Beklagte unter prüffähig verstehe. Jedenfalls sei eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der der Werkunternehmer letztlich nur 90% der ihm nach § 632 BGB zustehenden Forderungen verlangen könne, unwirksam.

Mit dem Klageantrag zu 2) hat die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten eingefordert.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.008,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2008 zu zahlen;

2. Die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an die Klägerin 807,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, Nr. 13 des Nachverhandlungsprotokolls sei zwischen den Parteien eingehend erörtert und ausgehandelt worden. Es handele sich nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung.

Im angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 ZPO Bezug genommen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfange weiter:

Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Landgericht sei unter fehlerhafter Auslegung der Vertragsklausel zu dem Ergebnis gelangt, dass die Skontierungsfrist von dem Zeitpunkt der Rechnungsprüfung durch den Hauptunternehmer abhänge. Bei richtigem Verständnis der Vertragsbestimmung laufe die Frist von 18 Werktagen bereits ab Eingang einer prüffähigen Schlussrechnung. Selbst wenn man mit dem Landgericht davon ausgehe, dass die Skontoregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam wäre, sei das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Vertragsklausel zwischen den Parteien nicht ausgehandelt worden sei: Dass in Vertragsverhandlungen ein Gerippe zur Organisierung des Laufs der Verhandlungen gestellt werde und bestehen bleibe, sei in der Vertragspraxis die Regel und für die Frage des Aushandelns einer Klausel unerheblich.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 4.8.2009 (Bl. 128 ff. d. A.) und auf die Berufungserwiderung vom 24.8.2009 (Bl. 138 ff. d. A.) Bezug genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2009 (Bl. 150 ff. d. A.) verwiesen.

II.

A.

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Klägerin steht aus § 631 Abs. 1 BGB kein Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Restwerklohns zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Wirksamkeit der Skontoabrede.

1. Soweit das Landgericht die Auffassung vertreten hat, die Skontoabrede sei deshalb unwirksam, weil der Beginn der Skontofrist von der Prüfung der Schlussrechnung abhängig gemacht werde, ist dem Landgericht nicht zu folgen:

a) Zwar ist das Landgericht von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen: Nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung verstößt eine Skontoabrede gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 310 Abs. 1 BGB, wenn der Beginn des Skontofrist von der Prüfung der Schlussrechnung und deren Weiterleitung durch den Architekten an den Auftraggeber abhängig gemacht wird. Das gleiche gilt von allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die den Beginn einer für den Skontoanspruch maßgebenden Zahlungsfrist auf den Abschluss der Prüfung der Schlussrechnung durch den Auftraggeber festlegen (OLG Frankfurt, Urt. v. 21.9.1988 – 17 U 191/87; Ingenstau/Korbion, VOB, 16. Aufl., § 16 Nr. 5 Rdnr. 14; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 9. Aufl., B § 16 Rdnr. 113; Nicklisch/Weick, VOB, 3. Aufl., § 16 Rdnr. 77; Kandel, in: Beck’scher VOB- und Vergaberechtskommentar, 2. Aufl., § 16 Rdnr. 36; in OLGR Stuttgart 1998, 59 wurde die Skontoklausel deshalb beanstandet, weil die Skontofrist überhaupt nicht geregelt wurde): Ein an den Beginn der Rechnungsprüfung geknüpfter Fristbeginn würde den Auftragnehmer deshalb unangemessen benachteiligen, weil er den Auftraggeber in der Lage versetzen würde, durch eine verzögerte Rechnungsprüfung den Skontierungszeitraum hinauszuzögern. Dies rechtfertigt – pointiert formuliert – den Schluss, dass sich der Auftragnehmer gewissermaßen in die Hände des Auftraggebers begebe, da die Berechtigung der Skontogewährung „von der willkürlichen Handhabung eines der Partner abhänge“ (OLG Frankfurt, aaO).

b) Allerdings liegen die tatsächlichen Voraussetzungen dieses Wirksamkeitsausschlusses nicht vor: Mit Recht wendet sich die Berufung gegen das vom Landgericht für zutreffend erachtete Auslegungsergebnis: Nach dem Wortlaut der hier zu prüfenden Vertragsbestimmung beginnt die Skontierungsfrist nicht erst nach Abschluss der Rechnungsprüfung, sondern bereits mit Eingang einer prüffähigen Rechnung („sofern er Zahlung nach Eingang einer prüffähigen Rechnung innerhalb folgender Fristen leistet“). Mithin besitzt der Auftraggeber in der vorliegenden Vertragsgestaltung gerade keine Möglichkeit, die Skontierungsfrist unangemessen lange hinauszuzögern. Hier kann keine Rede davon sein, dass sich der Auftragnehmer freiwillig in die Willkür des Auftraggebers begibt.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Klausel auch nicht gegen das Transparenzgebot, weil sie hinsichtlich des Beginns der Skontofrist an der Prüffähigkeit der Schlussrechnung anknüpft:

a) Das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot verpflichtet den Klauselverwender, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners kann sich aus der Unklarheit oder Undurchschaubarkeit einer Geschäftsbedingung ergeben. Allerdings dürfen die Anforderungen an das Transparenzgebot nicht überspannt werden. So begegnet es keinen Bedenken, dass der Verwender unbestimmte Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache übernehmen darf (Palandt/Grüneberg, BGB, § 307 Rdnr. 16 ff.). Im Anwendungsbereich des § 310 Abs. 1 S. 1 BGB ist überdies zu berücksichtigen, dass der geschäftserfahrene Unternehmer nicht in gleichem Maße schutzbedürftig ist wie ein Verbraucher. Denn der unternehmerische Geschäftsverkehr ist regelmäßig mit den Risiken des Geschäfts besser vertraut. Das Transparenzgebot ist im Rahmen der Inhaltskontrolle in der Anwendung gegenüber Unternehmen eingeschränkt, da bei ihnen ein generell höherer Verständnishorizont vorausgesetzt werden kann (BGHZ 140, 241, 247 Erman/Roloff, BGB, 12. Aufl., § 307 Rdnr. 35).

b) Angewandt auf den vorliegend zu entscheidenden Rechtsstreit bestehen gegen die Verwendung des Begriffs der Prüffähigkeit in einem zwischen Baufachleuten geschlossenen Vertrag keine Bedenken: Einem Bauunternehmer ist der Begriff der Prüffähigkeit hinreichend geläufig. Denn er formuliert eine zentrale Anforderung an die werkunternehmerische Rechnungslegung und ist überdies in leicht abgewandelter Form auch als Terminus in der VOB/B (etwa § 14 Nr. 1) verwandt. Jedenfalls im kaufmännischen Geschäftsverkehr unter Baufachleuten vermag die Verwendung des Begriffs der Prüffähigkeit den Verständnishorizont des Vertragspartners nicht zu übersteigen. Eine die Unwirksamkeit bedingende Intransparenz ist der Klausel nicht zu bescheinigen.

3. Schließlich teilt der Senat die Wirksamkeitsbedenken der Klägerin gegen die Höhe der Skontierung nicht: Hinsichtlich der Höhe des aus Rabatt und Skontierung zusammengesetzten Nachlasses ist das Vertragswerk einer AGB-rechtlichen Kontrolle unterzogen, da zumindest die Höhe des Nachlasses und der Skontierung i.S. des § 305b BGB individuell vereinbart wurden: Die von den Zeugen geschilderte Verhandlung betraf die Ausfüllung der Lücken, somit gerade jenen Regelungsgehalt, den der Klauselverwender nicht vorgegeben hat. Die Frage, ob mit der individuellen Verhandlung über die Ausfüllung der Lücken zugleich das Regelungsgefüge als Ganzes individualvertraglich ausgehandelt wurde, besitzt auf der Grundlage der vom Senat vertretenen Rechtsaufassung für den Ausgang des Rechtsstreits keine Relevanz.

4. Unterliegt die Hauptforderung der Abweisung, so steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung der als Nebenforderung geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten zu.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 307; BGB § 310

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