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25.06.2010 · IWW-Abrufnummer 101719

Finanzgericht Münster: Urteil vom 27.11.2009 – 4 K 1802/08

1) Lehrgänge, die die Persönlichkeitsentwicklung zum Gegenstand haben, können zu Werbungskosten führen, wenn sie primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet sind.



2) Zur Gesamtbeurteilung verschiedener Lehrgänge (Geldtraining; Empowerment-Training; Contextual Coaching).



3) Lehrgangskosten, die entstehen, um zukünftig als Trainer derartige Lehrgänge zu veranstalten, stellen vorweggenommene Werbungskosten dar.


FG Münster v. 27.11.2009

4 K 1802/08 E

Tatbestand:
Streitig ist, ob Aufwendungen für die Teilnahme an verschiedenen Seminaren als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide sind Diplom-Ingenieure. Sie wohnten im Streitjahr zunächst in I-Stadt. Der Kläger war bei der U-AG beschäftigt. Zum 01.06.2006 wechselte er zur WM-GmbH & Co. KG mit Sitz in L-Stadt. Der Kläger wurde zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH (der WM-Beteiligungs-GmbH) bestellt; die WM-GmbH & Co. KG hatte im Streitjahr rd. 20 Mitarbeiter. Die Klägerin war von Januar bis Mitte April 2006 bei einer in der Universität B-Stadt angesiedelten Einrichtung der N-Gesellschaft nichtselbständig tätig und bezog für diesen Zeitraum einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 4.360 EUR. Von Mitte April bis Ende Juli 2006 erhielt sie Arbeitslosengeld. Infolge des Arbeitsplatzwechsels des Klägers zogen die Kläger im Verlauf des Streitjahres nach M-Stadt. Seit Februar 2007 ist die Klägerin bei der WD-GmbH & Co. KG angestellt, die ihren Sitz in P-Stadt hat und Dienstleistungen im Bereich der technischen und betriebswirtschaftlichen Beratung (einschließlich der Durchführung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen) anbietet. Die Klägerin führt für die WD-GmbH & Co. KG Coaching-Maßnahmen (Business- und persönliches Coaching) durch. Ihr Bruttoarbeitslohn belief sich im Jahr 2007 auf 15.243 EUR und im Jahr 2008 auf 21.043 EUR.

Im Streitjahr nahmen die Kläger Seminarangebote der D-Academie KG (C-Stadt) wahr: Am 24. und 25.05.2006 absolvierten beide das Seminar „Geldtraining”; vom 29.06. bis 02.07.2006 nahm der Kläger am „Empowerment-Training” teil; an drei Wochenenden des Streitjahres (11. bis 13.08., 27. bis 29.10. und 08. bis 10.12.) und vier Wochenenden des Folgejahres durchliefen beide Kläger eine „Coaching Ausbildung”. Wegen der Inhalte der Seminare und der – potentiellen – Teilnehmerkreise wird auf das Informationsmaterial Bezug genommen, dass die D-Academie dem Beklagten mit Schreiben vom 04.03.2008 im Einspruchsverfahren übersandt hat. Die Gebühren für alle Seminare wurden im Streitjahr fällig und wurden von den Klägern entrichtet.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger jeweils Werbungskosten in Höhe von 9.578 EUR bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Wegen der Ermittlung dieses Betrags wird auf die Zusammenstellung in der Anlage „Fortbildungskosten 2006” zur Einkommensteuererklärung Bezug genommen.

Der Beklagte berücksichtigte diese Aufwendungen nicht. Sie seien wegen des vorwiegend persönlichkeitsbildenden Charakters der Seminare nicht als Werbungskosten abziehbar. Die Kläger legten Einspruch ein und machten geltend: Der Kläger sei alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer eines Unternehmens mit 21 Mitarbeitern und stehe ständig im engen Kontakt zu Mitarbeitern und Kunden. Eine sichere und zielführende Kommunikation sei unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensführung. Die Inhalte der Coaching Ausbildung seien auf diese Erfordernisse abgestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Einspruchsschreiben beigefügte Erklärung des Klägers vom 23.11.2007 Bezug genommen. Die Klägerin sei inzwischen bei der WD-GmbH & Co. KG in P-Stadt angestellt. Die absolvierte Ausbildung verwende sie bei dieser Tätigkeit. Sie biete für ihren Arbeitgeber Business-Coaching und Team-Coaching an. Momentan betreue sie im Rahmen dieser Tätigkeit Kunden im Bereich Teamentwicklung durch Veranstaltung und Leitung von Teamentwicklungsseminaren. Die Kläger reichten in diesem Zusammenhang eine Bescheinigung der WD-GmbH & Co. KG ein, in der es heißt, im Sommer 2007 sei dem Dienstleistungsangebot des Unternehmens Business- und persönliches Coaching hinzugefügt worden. Die Klägerin sei im Frühjahr 2007 unter der Voraussetzung eingestellt worden, dass sie die Coaching Ausbildung der D-Academie KG, C-Stadt absolviere, um diesen neuen Bereich zu betreuen. Seit ihrer Anstellung habe sie für das Unternehmen erste Coaching-Maßnahmen akquiriert und durchgeführt.

Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens schrieb der Beklagte die D-Academie KG an und bat darum, detaillierte Veranstaltungsprogramme über die von den Klägern gebuchten Seminare, eine Liste mit Namen und Anschriften aller anderen Seminarteilnehmer sowie Angaben zur beruflichen Tätigkeit der anderen Seminarteilnehmer vorzulegen. Die Kläger hatten zuvor mitgeteilt, dass die „Teilnehmerstruktur” bei der Coaching Ausbildung nicht homogen gewesen sei. Die D-Academie KG teilte mit, dass sie die Namen und Anschriften der Teilnehmer sowie deren berufliche Tätigkeit nicht übermitteln werde. Hinsichtlich des Inhalts der Seminare verwies sie auf drei Broschüren, die sie übersandte.

Der Beklagte wies den Einspruch mit (Teil-) Einspruchsentscheidung vom 11.04.2008 – hinsichtlich der hier streitigen Frage – als unbegründet zurück. Ob Seminare der steuerlich nicht zu berücksichtigenden privaten Sphäre zuzurechnen seien, hänge davon ab, ob sie auf die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung oder auf die Vermittlung von auf den Beruf des Steuerpflichtigen zugeschnittenen und für den Beruf wichtigen Erkenntnissen ausgerichtet seien. Wesentliches Kriterium hierfür sei, ob der Teilnehmerkreis homogen sei. Nur bei einem homogenen Teilnehmerkreis sei anzunehmen, dass die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten auf die konkreten berufsspezifischen Bedürfnisse einer bestimmten Berufsgruppe ausgerichtet seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall, was bereits daraus folge, dass der Kläger und die Klägerin unterschiedliche berufliche Tätigkeiten in unterschiedlichen Positionen wahrnähmen. Zudem hätten die Kläger selbst mitgeteilt, dass der Teilnehmerkreis nicht homogen gewesen sei. Auch die tatsächlichen Lehrinhalte rechtfertigten nicht die Annahme einer ausschließlichen oder weitaus überwiegenden beruflichen Veranlassung. Dies ergebe sich aus den übersandten Broschüren, in denen die Begriffe Zielcoaching, Team- und Businesscoaching, Contextuelles NLP, Geldtraining und Empowerment-Training erläutert seien. Er, der Beklagte, verkenne nicht, dass die vermittelten Fähigkeiten, Handlungsstrategien usw. geeignet seien, die berufliche Tätigkeit der Kläger zu fördern. Diese Förderung stehe jedoch untrennbar mit der Entwicklung der allgemeinen Persönlichkeit der Kläger in Zusammenhang. Entscheidend sei, dass die gesamte Bandbreite der Persönlichkeit und nicht nur der berufliche Bereich angesprochen werde. Dass die Klägerin in ihrem neuen Beschäftigungsverhältnis auch als Coach tätig sei, ändere hieran nichts. Auch insoweit sei die Entwicklung der Persönlichkeit mit der Förderung der beruflichen Tätigkeit untrennbar verknüpft.

Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger geltend: Die contextuelle Coaching Ausbildung hätten sie ausschließlich aus beruflichen Gründen vorgenommen. Eine private (Mit-) Veranlassung sei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht gegeben. Sie seien seit Jahren glücklich verheiratet und mit ihrem privaten Umfeld (Kinder, Familie) uneingeschränkt zufrieden. Eine Coaching Ausbildung sei im Hinblick auf den privaten Bereich daher nicht erforderlich gewesen. Im Hinblick auf den beruflichen Bereich stelle sich dies anders dar: Auf dem heutigen Arbeitsmarkt sei der permanente wirtschaftliche Wandel täglich spürbar. Arbeitsplätze seien – auch in Führungspositionen – nicht mehr sicher. Es stelle eine neue Herausforderung dar, diesen Veränderungsprozessen mental und emotional gewachsen zu sein. Wenn ein Arbeitnehmer, wie sie, die Kläger, eine außergewöhnliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahme absolviere, diene dies der Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes und mittelbar auch der Sicherung weiterer Arbeitsplätze. Wenn der Beklagte auf das Merkmal der Homogenität abstelle, sei dies problematisch. Auch Steuerpflichtige, die ganz unterschiedliche Berufe ausübten, könnten eine homogene Gruppe bilden, nämlich dann, wenn sie mit Mitarbeitern, Kunden, Klienten und Vorgesetzten umzugehen hätten. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 28.08.2008 (Az. VI R 44/04) entschieden, dass auch Veranstaltungen, auf denen keine fachspezifischen Inhalte vermittelt würden, sondern die sich an Führungskräfte gleich welcher Berufssparte richteten, als berufliche Fortbildung im Sinne des Werbungskostenbegriffs qualifiziert werden könnten. Sie, die Kläger, seien zudem mit den Ergebnissen „normaler” Weiterbildungsmaßnahmen nicht zufrieden gewesen. Sie hätten bewusst nach alternativen Coaching Seminaren Ausschau gehalten. Zu den Anforderungen, die an eine Führungskraft gestellt würden, gehöre heute, dass sie über eine Persönlichkeit verfüge, soziale Kommunikationskompetenz aufweise und persönliche Ausstrahlung habe. Diese Persönlichkeitsmerkmale seien in dem Coaching-Seminar vermittelt worden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 11.12.2007 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.04.2008 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von insgesamt 19.155 EUR berücksichtigt werden; hilfsweise, im Unterliegensfall, Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt im Wesentlichen auf die Gründe der Einspruchsentscheidung Bezug.

Die Prozessvertreter der Kläger haben in der mündlichen Verhandlung am 27.11.2009 eine Bestätigung der WD-GmbH & Co. KG vom 25.11.2009 , den mit der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 22.03.2007 sowie ein auf die Klägerin lautendes Zertifikat der D-Academie über die Ausbildung zum Coach vom Juni 2008 vorgelegt. Auf die Sitzungsniederschrift und diese Unterlagen wird Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –), als der Beklagte die Aufwendungen, die im Hinblick auf die Coaching Ausbildung der Klägerin entstanden sind, nicht als Werbungskosten berücksichtigt hat; diese belaufen sich auf 8.495 EUR. Bei den übrigen von den Klägern geltend gemachten Seminargebühren und Reisekosten handelt es sich nicht um Werbungskosten.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, gehören hierzu auch Bildungsaufwendungen, sofern sie beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, soweit die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung erbracht werden. Aufwendungen für einen Lehrgang erfüllen diese Voraussetzung, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Geht es um eine Bildungsmaßnahme, die eine berufliche Neuorientierung zum Gegenstand hat, kommt es darauf an, dass sie nicht „ins Blaue hinein” oder aus anderen privaten Gründen absolviert wird, sondern auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist (vgl. BFH Urteil vom 18.06.2009 VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797 mit weiteren Nachweisen). Hat der Lehrgang die Persönlichkeitsentwicklung zum Gegenstand, ist entscheidend, ob er primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet ist. Lässt sich dies nicht feststellen, handelt es sich um Aufwendungen für die Lebensführung, die gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind. Besondere Bedeutung für die Entscheidung, ob eine berufliche Veranlassung vorliegt, haben im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung die Lehrinhalte, ihre konkrete Anwendung in der beruflichen Tätigkeit, der Ablauf des Lehrgangs sowie der Kreis der teilnehmenden Personen als Indizien (BFH Urteil vom 28.08.2008 VI R 35/05, BStBl 2009 II S. 108 mit weiteren Nachweisen).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Aufwendungen für die vom Kläger absolvierten Seminare nicht als Werbungskosten zu qualifizieren sind.

Die Kläger machen geltend, die Inhalte der drei Seminare, an denen der Kläger teilgenommen habe, wiesen einen konkreten Bezug zu seiner beruflichen Tätigkeit auf. Vor allem das Bilden und Führen von Teams unter Einbindung aller – auch schwieriger – Mitarbeiter, Mitarbeitergespräche, das Führen von Mitarbeitern, das Erkennen von Stärken und Schwächen der Mitarbeiter, das Ausrichten des Unternehmens auf gemeinsame Unternehmensziele und der Einsatz erlernter Kommunikationstechniken bei Kundengesprächen seien wesentliche Inhalte der Seminare gewesen, die der Kläger bei seiner täglichen Arbeit als Geschäftsführer habe einsetzen können. Zudem seien Fähigkeiten wie Führungskompetenz und Kommunikationskompetenz vermittelt worden, die zum Anforderungsprofil eines Geschäftsführers gehörten.

Dass der Inhalt der Seminare Geldtraining und Empowerment-Training einen solchen Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Klägers aufwiesen, ist nach dem dem Gericht vorliegenden Informationsmaterial, das die D-Academie dem Beklagten im Verlauf des Einspruchsverfahrens übersandt hat, nicht ersichtlich. Gegenstand des Geldtrainings war das Verhältnis der Seminarteilnehmer zu Geld, Reichtum und Wohlstand. Ziele des Seminars waren neben einem Zuwachs an Lebensfreude und Geld, neue Erkenntnisse und Einsichten und einen zusätzlichen Nutzen durch einen bewussten und gezielten Umgang mit Geld zu gewinnen. Hieraus geht hervor, dass es bei dem Seminar um die grundlegende persönliche Einstellung der Teilnehmer zu wirtschaftlichem Wohlstand (Bedeutung, Zufriedenheit mit der aktuellen Situation etc.) mit dem Ziel der Verbesserung oder Optimierung dieser inneren Einstellung ging. Ein konkreter Bezug zu der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der WM-GmbH & Co. KG liegt nicht vor. Entsprechendes gilt für das Empowerment-Training, das sich ausweislich der übersandten Broschüre sowohl an Führungskräfte als auch an Teammitglieder richtete. Durch das Empowerment-Training sollten durch bestimmte Übungen (die unter anderem während eines „Outdoor Tags” stattfanden) emotionale und mentale Erfahrungen gesammelt und so das Selbst-Bestimmtsein der Teilnehmer gefördert werden, mit dem Ziel, Vorstellungen („Visionen”) verwirklichen zu können und gelassen und kraftvoll aufzutreten. Zwar sind Eigenschaften wie innere Stärke, mentale und körperliche Vitalität, visionäres Vorstellungsvermögen und auch Teamfähigkeit für die Ausübung einer leitenden Tätigkeit als Geschäftsführer von Vorteil. Der von der Rechtsprechung des BFH geforderte Zuschnitt der Lehrinhalte auf die konkrete berufliche Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der WM-GmbH & Co. KG ist indes nicht dargetan. Das Empowerment-Training diente vielmehr der Entwicklung bestimmter Aspekte der Gesamtpersönlichkeit des Klägers (wie innere Stärke, Gelassenheit, visionäre Kraft), die im beruflichen Bereich und im Rahmen der privaten Lebensführung gleichermaßen von Nutzen sind. Hierfür spricht auch, dass sich das Empowerment-Training nicht nur an Führungskräfte, sondern auch an Teammitglieder richtete, der Teilnehmerkreis nach dem vorliegenden Informationsmaterial also nicht homogen war.

Ähnlich verhält es sich mit den Aufwendungen für die Teilnahme des Klägers an der Coaching Ausbildung. Zwar haben die Kläger insoweit genauer vorgetragen, als sie dargestellt haben, für welche Bereiche der täglichen Arbeit des Klägers die in der Coaching Ausbildung vermittelten Inhalte von Nutzen sind (insbesondere bei der Teambildung und -führung, dem Konfliktmanagement, bei Mitarbeitergesprächen, der Mitarbeiterführung und der Kommunikation mit Kunden). Hieraus folgt jedoch nicht, dass private Gesichtspunkte keine oder eine nur ganz untergeordnete Rolle spielten. Denn zu berücksichtigen ist auch, dass in der Coaching Ausbildung in großem Umfang Inhalte vermittelt wurden, die für die berufliche Tätigkeit des Klägers keine unmittelbare Relevanz aufwiesen, sondern der Entwicklung der (Gesamt-) Persönlichkeit dienten. Dies gilt namentlich für die Module „Beziehungsmanagement” (das Beziehungen jeglicher Art betraf), „Contextuelles systematisches Coaching” (bei dem es u.a. um eine systematische „Familienbilderbewertung” ging) und „Contextuelle Rational-Emotive-Therapie und Gefühlsmeisterschaft” (mit Elementen der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie). Der Senat verkennt nicht, dass die im Rahmen der Coaching Ausbildung vermittelten Kenntnisse für die berufliche Tätigkeit förderlich waren und sie auch Inhalte umfasste, die einen gewissen beruflichen Bezug aufwiesen (was insbesondere für das Modul „Team- und Business Coaching” gilt). Allerdings lässt sich auch unter Berücksichtigung dieser Umstände nicht feststellen, dass die Coaching Ausbildung primär auf die spezifischen Bedürfnisse der vom Kläger ausgeübten beruflichen Tätigkeit (Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens) zugeschnitten war. Gewichtiges gegen eine berufliche Veranlassung sprechendes Indiz ist zudem, dass der nach den vorliegenden Unterlagen angesprochene Teilnehmerkreis nicht homogen war, insbesondere nicht nur Führungskräfte zum potentiellen Teilnehmerkreis gehörten. Die Coaching Ausbildung wurde nach der im Einspruchsverfahren vorgelegten Broschüre vielmehr für Personen entworfen, die

als Coach / Trainer für die D-Academie oder andere Institutionen arbeiten wollen;

ihre Führungskompetenzen und Kommunikationseffektivität erweitern und ein Team absichtsvoll anleiten wollen;

neue persönliche und berufliche Herausforderungen selbst wählen und erfüllen wollen;

mit ihrem Sein das Leben anderer Menschen bereichern wollen und sich die Frage stellen: „Welchen Beitrag will ich leisten?”

sich nicht nur beruflich qualifizieren, sondern sich selbst auch persönlich „nach vorne bringen” und eine ganzheitliche Einheit von Körper, Geist und Seele erleben wollen

mentale Stabilität, emotionale Meisterschaft und intuitives Handeln erfahren und im täglichen Leben einsetzen wollen.

Die Kläger haben zur Frage der Zusammensetzung des Teilnehmerkreises des von ihnen besuchten Seminars (trotz Aufforderung durch den Beklagten) nicht näher vorgetragen. Da sich das Seminar nach der Broschüre auch an Personen richtet, für die die persönliche Entwicklung im Vordergrund steht, ohne dass – zugleich – berufliche Interessen verfolgt werden, ist die Annahme, Teilnehmer seien in erster Linie Führungskräfte mit gleichgerichteten Interessen gewesen, nicht gerechtfertigt.

Hingegen sind die Aufwendungen, die aus der Teilnahme der Klägerin an der Coaching Ausbildung resultierten, als – vorab entstandene – Werbungskosten zu qualifizieren. Sie sind beruflich veranlasst, weil die Coaching Ausbildung Voraussetzung für die durch den Umzug nach M-Stadt erforderlich gewordene berufliche Neuorientierung der Klägerin war. Die Kläger haben bereits im Einspruchsverfahren eine Bestätigung der WD-GmbH & Co. KG vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die Klägerin im Frühjahr 2007 (während die Coaching Ausbildung noch andauerte) eingestellt wurde, um den neuen Dienstleistungsbereich Business Coaching und persönliches Coaching zu betreuen. Voraussetzung hierfür war, dass die Klägerin über Kenntnisse und Fähigkeiten in diesem Bereich verfügte. Dafür, dass die Klägerin die Coaching Ausbildung „ins Blaue hinein” oder sonst aus privaten Gründen absolviert hat und sich einige Monate nach Beginn der Ausbildung zufällig die Möglichkeit einer Anstellung ergab, ohne dass die Klägerin ernsthaft beabsichtigt hätte, in diesem Bereich beruflich tätig zu werden, spricht angesichts des tatsächlichen Geschehensablaufs nichts. Vielmehr hat die Klägerin die Coaching Ausbildung begonnen, als sie sich wegen des mit dem Arbeitsplatzwechsel des Klägers verbundenen Umzugs beruflich neu orientieren musste. Entgegen der Auffassung des Beklagten spricht gegen eine Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten nicht, dass Gegenstand der Coaching Ausbildung auch die Persönlichkeitsentwicklung war. Denn das Seminar war inhaltlich auf die spezifischen Bedürfnisse des von der Klägerin angestrebten Berufs als Coach / Trainerin ausgerichtet und auf den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten für diese angestrebte Tätigkeit angelegt. Bei einer solchen Konstellation ist es unbeachtlich, wenn sich private Anwendungsmöglichkeiten zwangsläufig und untrennbar aus den im beruflichen Interesse gewonnenen Erkenntnissen und Fertigkeiten ergeben. Dies gilt auch für die Module, bei denen persönliche Aspekte eine Rolle spielen; dies ist bei einer psychologisch orientierten Unterrichtung und Übung regelmäßig der Fall (vgl. BFH Urteil vom 17.07.1992 VI R 12/91, BStBl 1992 II S. 1036; BFH Urteil vom 24.08.2001 VI R 40/94, BFH/NV 2002, 182; BFH Urteil vom 28.08.2008 VI R 44/04, BStBl 2009 II S. 106). Im Rahmen der durch den Senat vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller Umstände ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass der Teilnehmerkreis nicht homogen war, das Seminar also nicht ausschließlich von Personen besucht wurde, die die Coaching Ausbildung absolvierten, um später als Coach / Trainer tätig zu werden. Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin beabsichtigte, eine entsprechende berufliche Tätigkeit auszuüben, das Seminar sie hierzu befähigte und künftige Coachs / Trainer zum Adressatenkreis des Lehrgangs gehörten. Die Aufwendungen für die Coaching Ausbildung der Klägerin belaufen sich auf insgesamt 8.495 EUR (Seminar-Gebühr: 8.016 EUR; Übernachtungskosten: 207 EUR; Verpflegungsmehraufwendungen: 96 EUR; Fahrtkosten 176 EUR).

Die Aufwendungen, die aus der Teilnahme der Klägerin an dem Seminar „Geldtraining” resultieren, sind hingegen nicht als Werbungskosten zu qualifizieren. Dass dieses Seminar Inhalte aufwies, die für die spätere Tätigkeit der Klägerin als Coach / Trainerin erforderlich waren, wird von den Klägern nicht vorgetragen. Dem Umstand, dass u.a. die Teilnahme an dem Seminar „Geldtraining” – nach den internen Richtlinien der D-Academie – Voraussetzung für die Erteilung des (in der mündlichen Verhandlung vorgelegten) „Zertifikats über die Ausbildung zum Coach” war, kommt keine maßgebliche Bedeutung zu. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn das Zertifikat Voraussetzung für eine Tätigkeit als Trainer / Coach ist. Dies ist nicht der Fall. Zwar ist ein Auftreten unter der Marke „Contextuelles Coaching” nur möglich, wenn das Zertifikat erworben wurde. Eine Tätigkeit als Trainer / Coach setzt jedoch das Vorliegen des Zertifikats offensichtlich nicht voraus. So hat die Klägerin mit ihrer Tätigkeit für die WD-GmbH & Co. KG im April 2007 begonnen, das Zertifikat jedoch erst im Juni 2008 erworben. Aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bestätigung der WD-GmbH & Co. KG ergibt sich nicht Gegenteiliges. Dass die Klägerin inzwischen unter der Marke „Contextuelles Coaching” auftreten darf, besagt nicht, dass sie ohne Zertifikat keine Führungskräfte- und Teamentwicklungsseminare für die WD-GmbH & Co. KG durchführen könnte.

Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 FGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 12 Nr 1 EStG § 9 Abs 1 S 1

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