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18.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101490

Amtsgericht Bersenbrück: Beschluss vom 05.03.2010 – 11 CC 100/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Bersenbrück
Geschäfts-Nr.: 11 C 100/10 (VI)
Bersenbrück, 05.03.2010

Beschluss
In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Bersenbrück am 05.03.2010 durch den Richter am Amtsgericht XXX beschlossen:

1.) Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
2.) Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatz aufgrund der Lieferung eines angeblich mangelhaften PKW`s geltend.
Die Klägerin erwarb im Juli 2009 bei der Beklagten ein Fahrzeug, Typ Audi A 4 zu einem Gesamtkaufpreis von 2.900,00 €.
Sie behauptet zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges sei die Klimaanlage des PKW`s defekt gewesen.
Mit Email vom 24. August 2009 setzte sich die Klägerin mit der Beklagten in Verbindung und informierte diese über die angeblich mangelhafte Klimaanlage sowie die zur Reparatur erforderlichen Kosten.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten forderte die Klägerin die Beklagte auf, das Fahrzeug bei ihr zur Erbringung der Gewährleistungsarbeiten bis spätestens zum 07. Oktober 2009 abzuholen oder schriftlich zu bestätigen, dass die Klägerin berechtigt sei, das Fahrzeug entsprechend einem vorgelegten Kostenvoranschlag reparieren zu lassen.
Mit Schreiben vom 01.10.2009 antwortete die Beklagte auf das vorgenannte Schreiben wie folgt:
“Bislang fehlen uns jedoch sämtliche Grundlagen für eine Kostenübernahme. Zum Einen müssen wir für eine eventuelle Kostenübernahme erst einmal den Schaden feststellen, um dann auch nachbessern zu können. (Nachbesserungsrecht)”.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.10.2009 forderte die Klägerin den Beklagten nochmals unter Fristsetzung auf den 12.10.2009 auf, ihren Gewährleistungspflichten nachzukommen und wies darauf hin, dass die Mängelfeststellung entweder vor Ort oder aber in der Werkstatt der Beklagten erfolgen könne. In jedem Fall habe die Beklagte die entstehenden Kosten zu tragen.
Mit Fax vom 07.01.2010 antwortete die Beklagte auf dieses Schreiben wie folgt:
“1.) Wir möchten den angeblichen Mangel selber diagnostizieren. Dazu ist es doch wohl logisch, dass das Fahrzeug unserer Werkstatt vorgeführt wird. Also: Auto hier hin!
2.) Nachdem dann die Fakten feststehen, können wir die weitere Verfahrensweise mit ihrem Mandanten festlegen aber nicht vorher.
Wir benötigen keine weiteren Belehrungen durch Sie. Auch sind uns die Kostenverteilungen durchaus klar.”
Mit weiteren Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung auf den 13.10.2009 auf, eine Bestätigung der Kostenübernahme für die Verbringung des Fahrzeugs zum Betriebssitz der Beklagten zu übersenden.
Eine Reaktion der Klägerin auf dieses Schreiben erfolgte nicht mehr.

II.
Der Prozesskostenhilfeantrag der klagenden Partei war abzuweisen, da die Klage nach dem bisherigen Sach- und Streitstandes derzeit keine Aussicht auf Erfolg hat.
Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin aufgrund eines Defektes an der Klimaanlage des PKW´s gemäß § 437 Nr. 3 BGB zur Geltendmachung von Schadensersatz berechtigt wäre, da sie der Beklagten innerhalb der gesetzten Frist die Nacherfüllung nicht ermöglicht hat (§ 281 Abs. 1 BGB).
Die Klägerin hat der Beklagten das Fahrzeug nicht am Firmensitz zur Nachbesserung zur Verfügung gestellt und damit eine Mitwirkungshandlung verweigert, die das Recht auf Geltendmachung von Schadensersatz voraussetzt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 281 Rd.-Ziffer 11).
Die Mitwirkungshandlung war erforderlich, da die Beklagte in ihrem Schreiben zum Ausdruck gebracht hat, dass sie den von der Klägerin behaupteten Schaden überprüfen und ggf. eine Nachbesserung vornehmen wollte. In ihrem Fax vom 07.10.2009 forderte die Beklagte die Klägerin auf, das Fahrzeug in ihrer Werkstatt vorzuführen.
Ob Erfüllungsort für die Vornahme von Nachbesserungsarbeiten der ursprüngliche Leistungsort des durch den Kaufvertrag begründeten Primärleistungsanspruches oder aber der Belegenheitsort der mangelhaften Sache im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens ist, ist in der Rechtsprechung umstritten.
Ein Teil der Rechtsprechung geht unter Hinweis auf Art. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie davon aus, dass der Leistungsort der Nacherfüllung allein am momentanen Ort der bestimmungsgemäßen Belegenheit der mangelhaften Sache liegen könne; nur dies sei mit der Richtlinie vereinbar und entspreche der Entstehungsgeschichte der die Richtlinienvorgabe umsetzenden Vorschrift des § 439 BGB. (Vgl. OLG Köln NJW – RR 2006, 677).
Gegen diese Auffassung spricht jedoch, dass es sich bei dem Naherfüllungsanspruch um den modifizierten Erfüllungsanspruch handelt (vgl. Palandt-Weidenkaff BGB, § 439 Rd.-Nr. 1 und 2 mit weiteren Nachweis). Die Lieferung einer mangelfreien Sache führt nicht zur Erfüllung gemäß § 362 BGB, da die im Kaufvertrag geschuldete Leistung nicht bewirkt wird. Die ursprüngliche Lieferanspruch des Käufers wandelt sich vielmehr in einen Nacherfüllungsanspruch nach den §§ 437 Nr. 1, 439 BGB um. Gemäß § 439 Abs. 1 tritt das Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Nachlieferung an die Stelle des Anspruchs des Käufers auf Übereignung der Kaufsache. Es entspricht daher der Gesetzesthematik, dem Erfüllungsanspruch modifiziert entsprechenden Nacherfüllungsanspruch denselben Leistungsort zuzuweisen.
Die Auffassung steht auch nicht im Widerspruch zu Artikel 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, da dieser Vorschrift eine Leistungsortsbestimmung nicht zu entnehmen ist. In der Richtlinie wird gefordert, dass die “Nachbesserung oder die Ersatzlieferung innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für die Verbraucher” sowie “unentgeltlich” zu erfolgen hat. Diesem Erfordernis trägt die Vorschrift des § 439 BGB, der ebenfalls keine Bestimmung zum Leistungsort enthält, in Absatz 2 dadurch Rechnung, dass der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat. Damit ist sowohl erheblichen Unannehmlichkeiten für den Verbraucher weitgehend vorgebeugt als auch das Gebot der Unentgeltlichkeit erfüllt (vgl. OLG München, NJW 2007, Seite 3214 f.).
Gegen eine grundsätzliche Verlegung des Leistungsortes der Nacherfüllung angesichts des Käufers spricht neben der Gesetzessystematik auch eine Auslegung der Verkehrssitte unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben.
Fahrzeughändler mit eigener Werkstatt verfügen im allgemeinen nicht über eine materielle und personelle Ausstattung, die es ihnen erlaubt, Mängel dort zu beheben wo sich ein Fahrzeug gerade befindet. Mit mobilen Reparatureinrichtungen wie Werkstattwagen, die einige wenige Händler im Einsatz haben, lassen sich allenfalls Notfälle vor Ort lösen. Die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Werkzeuge, Geräte und Diagnoseeinrichtungen befinden sich normalerweise in der zum Betrieb gehörenden Werkstatt. In vielen Fällen ist es außerdem technisch nicht möglich, Nachbesserungsarbeiten wie zum Beispiel Karosserie und Lackierarbeiten ambulant vorzunehmen. Außerdem entspricht es üblicher Gepflogenheiten im Neuwagen- und Gebrauchtwagenhandel, das Instandsetzungs-arbeiten in der Werkstatt des Verkäufers und nicht am jeweiligen Standort des Fahrzeugs ausgeführt werden (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1976, Seite 496).
Aus diesen Gründen wird man zu mindestens in den Fällen, in denen der Verkäufer eine eigene Autowerkstatt betrat, davon ausgehen müssen, dass der Betriebssitz des Verkäufers der Ort ist, an dem aufgrund der Natur des Schulverhältnisses und der Verkehrssitte die Mängelbeseitigung zu erfüllen ist. Aus § 439 Abs. 2 BGB ergeben sich keine Hinweise darauf, dass sich der Erfüllungsort der Ersatzlieferung an den Ort verlagert, wo sich das vom Verkäufer zurückzugebende mangelhafte Fahrzeug befindet. Der Regelungsgehalt von § 439 Abs. 2 BGB betrifft allein die Zuweisung der Kosten (vgl. Reinking, ZFS 2003, Seite 57 ff.).
Nach Auffassung des Gerichts durfte die Klägerin ihre Mitwirkungshandlung, das Verbringen des Fahrzeugs zur Werkstatt der Beklagten, nicht von der Übersendung einer Kostenübernahme abhängig machen.
Die Pflicht zur Übernahme der zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen - insbesondere der Transportkosten - ergibt sich aus dem Gesetz, nämlich der Vorschrift des § 439 Abs. 2 BGB. Eine besondere Übernahmeerklärung der Kosten durch die Beklagte war nicht erforderlich.
Zudem hat die Beklagte mit Fax vom 07.10.2009 zu erkennen gegeben, dass die Kostenverteilung des § 439 Abs. 2 BGB, auf die der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 06.10.2009 hingewiesen habe, bekannt sei.
Das Interesse der Klägerin an der Unentgeltlich von Mängelgewährleistungsarbeiten ist durch die Vorschrift des §§ 439 Abs. 2 BGB ausreichend gesichert. Es bedarf keiner zusätzlichen Kostenübernahmeerklärung durch den Verkäufer. Aus diesem Grund war die Klägerin nicht dazu berechtigt, ihre Mitwirkungshandlung bis zu einer gesonderten Kostenübernahmeerklärung der Beklagten zu verweigern.
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Kostentragungspflicht der Beklagten auch nur für den Fall gilt, dass Nachbesserungsarbeiten an dem Fahrzeug tatsächlich zu erbringen waren. Eine Kostentragungspflicht der Beklagten besteht hingegen nicht, wenn die von der Klägerin behaupteten Mängel am Fahrzeug nicht vorliegen bzw. erst nach Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin aufgetreten sind.
Die Auffassung der Klägerin, die Forderung der Kostenübernahme sei deshalb notwendig gewesen, da die Klägerin nicht, wie auch der gestellte Prozesskostenhilfeantrag ausweise, über finanziellen Mittel verfüge, die Kosten für die Fahrt vom Wohnort der Klägerin zum Geschäftssitz der Beklagten aus eigener Tasche aufzuwenden, greift nach Ansocht des Gerichts nicht durch.
Denn durch eine Übernahmeerklärung der Beklagten betreffend der Fahrtkosten der Klägerin zum Geschäftssitz der Beklagten wäre die Klägerin nicht besser gestellt, als sie nach dem gesetzlichen Vorschriften (§ 439 Abs. 2 BGB) ohnehin steht.
Nach den vorgenannten Ausführungen hat die Klage derzeit keine Aussicht auf Erfolg.

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