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25.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101489

Landgericht Bonn: Urteil vom 13.11.2009 – 2 O 225/09

Der Verkäufer eines Neufahrzeuges muss den Käufer darüber aufklären, dass er vor Übergabe das Fahrzeug zunächst auf sich zulassen wird, wenn sich der Verkauf des Fahrzeuges mit Tageszulassung nicht aus anderen Umständen aufdrängt.


Landgericht Bonn

2 O 225/09

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Bonn vom 20.07.2009, berichtigt durch Beschluss vom 18.08.2009, bleibt aufrecht erhalten.

Klarstellend wird festgestellt, dass die Beklagte in den Klageanträgen zu 1. und 2. verurteilt ist, dass die Zulassung des Fahrzeugs auf den Kläger auf dessen Kosten zu erfolgen hat.

Die Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,-€ vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur fortgesetzt werden, wenn diese Sicherheit geleistet ist.

Tatbestand:
Der Kläger macht Ansprüche aus einem Kaufvertrag geltend.
Der Kläger schloss mit der Beklagten am 14.02.2009 einen Kaufvertrag über ein Neufahrzeug des Hersteller L, Modell S. Liefertermin sollte 3 Monate nach Bestellung sein. Die laut Kaufvertrag bestellte Farbausführung in Ngrün metallic wurde später einvernehmlich in T orange metallic geändert.
In dem Bestellformular (Anlage 2, Bl. 48 d.A.) wurde in die Spalte "Gegenwärtige Preise ab Fabrik/Importeurlager" handschriftlich vom Geschäftsführer der Beklagten eingetragen: 9.990,-€. Die Metalliclackierung kostete 315,-€. Auf den Gesamtpreis von 10.305,-€ gewährte die Beklagte 4 % Rabatt = 412,20 €. Weitere 600,-€ wurden abgezogen, weil der Kläger keine Fußmatten und keine Wartung wünschte. Es blieben 9.292,80 €. Links von der Zahlenaufstellung war handschriftlich vermerkt: "Bestandteil der Bestellung ist das Vertragszusatzdokument Umweltprämie wie angehängt inkl. der darin beschriebenen Risikoübernahme durch die Verkäuferfirma". Es heißt dann weiter "- 2.500,- Umweltprämie = 6.792,80,-€". In der darunter befindlichen Spalte "Transportkosten" trug der Geschäftsführer 750,-€ ein.
Darunter schrieb er auf die linke Seite: "= Zahlbetrag max. 7.500,". Rechts daneben trug er in die Spalten "Nettobetrag" 8.436,81; "Umsatzsteuer" 1.602,00 und "Gesamtbetrag" 10.039,80 ein.
Zur Zahlungsweise sah der Vertrag vor "Bar bei Bereitstellung bzw. 2 Tage vor Auslieferung Überweisung auf Konto …".
Die Beklagte warb in einem Rundschreiben mit Datum 14.02.2009 (Bl. 13 d.A.) wie folgt:
"Bei uns wird die Umweltprämie garantiert", es folgte handschriftlich "30.12.2009".
Das Rundschreiben enthielt als Kopf links oben das Logo L, dann rechts u.a. die Angabe "L Service-/Vertragspartner".
Im Mai wurde der Beklagten das Fahrzeug vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Zu einer Auslieferung an den Kläger kam es nicht, weil die Beklagte mitteilte, das Fahrzeug werde zuerst auf sie als sog. Tageszulassung zugelassen. Zudem war die Beklagte nicht bereit, es gegen Zahlung von 7.500,-€ auszuliefern. Die Beklagte vertrat die Auffassung, die vom Kläger zu zahlende Summe betrage 10.039,80 €.
Zu einer Auslieferung an den Kläger gegen 7.500,-€ ohne Tageszulassung war die Beklagte auch nach anwaltlichem Aufforderungsschreiben unter Fristsetzung nicht bereit.
Der Kläger meint, die Beklagte schulde ihm ein Fahrzeug, das nicht zuvor auf die Beklagte zugelassen war, auch wenn es sich um eine Tageszulassung oder Kurzzulassung ohne Gebrauch des Fahrzeugs handele. Er meint, die Beklagte habe ihn darüber aufklären müssen, dass sie nur bereit oder in der Lage sei, Fahrzeuge mit Tageszulassung zu veräußern. Der Kläger behauptet, er hätte bei Kenntnis entweder einen höheren Rabatt ausgehandelt oder ein Fahrzeug bei einem anderen Händler gekauft.
Der Kläger meint weiter, nach dem Vertrag müsse ihm die Beklagte das Fahrzeug für 7.500,-€ zur Verfügung stellen.
Mit der am 02.07.2009 zugestellten Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Auslieferung des bestellten PKW als Neufahrzeug ohne Tages- oder Kurzzulassung, hilfsweise als Neufahrzeug mit Tages- oder Kurzzulassung auf die Beklagte an ihn Zug um Zug gegen Zahlung von 7.500,00 € in bar sowie ihn von der Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 € freizustellen. Auf den Antrag des Klägers ist gegen die Beklagte am 20.07.2009 ein Versäumnisurteil ergangen, das mit Beschluss vom 18.08.2009 im Tenor berichtigt worden ist. Im Hauptsacheantrag ist die Beklagte im Versäumnisurteil in der berichtigten Fassung verurteilt worden, "an den Kläger in Erfüllung des Kaufvertrages vom 14.02.2009 einen Pkw Fabrikat L, Typ: S, Farbe: Torange Metalliclackierung, ansonsten Serienausstattung, Motorisierung: 1400 ccm Hubraum /71 Kw (97 PS), mit Fußmatten für Vorder- und Rücksitze als Neufahrzeug ohne Tages- oder Kurzzulassung an den Kläger nach von der Beklagten zu bewirkenden Zulassung dieses Fahrzeuges auf den Kläger als Fahrzeughalter bei einer Kraftfahrzeugzulassungsstelle nebst Zulassungsbescheinigung Teil I und II sowie 3 Fahrzeugschlüssel, Bedienungsanleitung, Garantieerklärung, Inspektionsheft für dieses Fahrzeug, Zug um Zug gegen Zahlung von 7.500,00 € in bar vom Kläger an die Beklagte bei Abholung des Fahrzeuges durch den Kläger am Betriebssitz der Beklagten in ##### F herauszugeben, die Beklagte ist verurteilt, nach Erhalt der Zahlung von 7.500,00 € dem Kläger eine mit dem Zahlbetrag quittierte Rechnung, welche den Kaufgegenstand und – preis ausweist, auszuhändigen."
Die Beklagte ist auch verurteilt worden, den Kläger von außergerichtlichen Kosten des Rechtsanwaltes I, B-Straße, ##### F, in Höhe von 661,16 € freizustellen.
Gegen das Versäumnisurteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, nur zur Veräußerung von Fahrzeugen mit Tageszulassung berechtigt zu sein. Die Beklagte meint, einer Aufklärung hierüber habe es nicht bedurft, weil dies – so ihre Behauptung - dem Kläger bekannt gewesen sei, zudem sei die Tageszulassung für ihn nicht nachteilig.
Weder aus dem Rundschreiben noch dem Kaufvertrag habe der Kläger schließen dürfen, dass er den der Umweltprämie entsprechenden Betrag vom Kaufpreis abziehen dürfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Versäumnisurteil ist aufrechtzuerhalten, denn die Klage ist begründet. Das Versäumnisurteil weist jedoch insoweit einen Formulierungsfehler auf, als dass die Verurteilung nicht ausdrücklich ausgesprochen ist, dies war zu korrigieren. Zudem ist zur Vermeidung von Missverständnissen klarzustellen, dass die Kosten der Zulassung des Fahrzeugs auf den Kläger von diesem zu tragen sind, weil die Parteien unstreitig anderes nicht vereinbart haben.
Die Beklagte ist gemäß § 433 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger das bestellte Fahrzeug L S für 7.500,-€ herauszugeben, denn dies entspricht der vertraglichen Vereinbarung.
Das von den Parteien unterzeichnete Bestellformular bedarf der Auslegung, denn es enthält zwei unterschiedliche Angaben zu der vom Kläger zu zahlenden Summe. Während der Gesamtbetrag mit 10.039,80 € angegeben ist, ist links daneben vermerkt "= Zahlbetrag max. 7.500,".
Als empfangsbedürftige Willenserklärungen sind die Angaben der Beklagten gemäß §§ 133, 157 BGB aus der Sicht des Klägers unter Berücksichtigung des Gebotes von Treu und Glauben und der Verkehrssitte auszulegen.
Danach konnte der Kläger die Erklärungen der Beklagten nur so verstehen, dass von ihm selbst nur 7.500,-€ zu zahlen waren und er wegen der Umweltprämie auch nicht in Vorlage gehen musste. Bereits aus dem Wortlaut der Angabe "Zahlbetrag" durfte der Kläger entnehmen, dass er die nachstehend benannte Summe zu zahlen hatte. Dass diese Summe abschließend war, war der Angabe "max." zu entnehmen. Demgegenüber traten die Angaben zum Nettobetrag und Gesamtbetrag als bloße Information zurück. Die Angabe im Formular, dass das Vertragsdokument Umweltprämie Bestandteil des Vertrages sei, verstärkte noch diesen Eindruck, denn hier wurde auf die Risikoübernahme durch die Verkäuferfirma hingewiesen.
Auch weitere Umstände des Vertrages stützen diese Auslegung. Die Beklagte hatte in dem Rundschreiben die Umweltprämie garantiert und zwar bis 31.12.2009. Der Kunde lief danach nicht Gefahr, dass der "Fördertopf" erschöpft war. Wenn dem aber so war, konnte der Kunde aus dem Rundschreiben i.V.m. mit den Angaben im Bestellformular entnehmen, dass die Beklagte ihm sofort die Umweltprämie bzw. den ihr entsprechenden Geldbetrag anrechnete und sie auf ihr Risiko versuchen würde, den Förderbetrag von 2.500,-€ einzuziehen.
Dass eine solche Auslegung nicht dem Willen der Beklagten entsprach, ist unerheblich. Es kommt auf die objektive Betrachtung nach dem Empfängerhorizont an.
Die Beklagte ist auch verpflichtet, dem Kläger ein Fahrzeug ohne Tageszulassung auszuliefern.
Ein Fahrzeug mit Tageszulassung auf die Beklagte entspricht nicht den vertraglichen Abreden. Das von der Beklagten bereit gestellte Fahrzeug hat einen Sachmangel i.S. des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Beklagte ist aber gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Kaufvertrages verpflichtet, eine mangelfreie Sache zu liefern. Der Kläger hat einen Anspruch auf Nacherfüllung durch Lieferung eines Fahrzeuges ohne den Mangel der Tageszulassung, denn es liegt nicht nur eine unerhebliche Abweichung von den vertraglichen Abreden vor.
Es ist zwar zutreffend, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2005 (NJW 2005, 1422) ausgeführt hat, eine Tageszulassung nehme einem unbenutzten Kfz nicht die Eigenschaft als Neufahrzeug. Jedoch liegt der hier zu entscheidende Fall anders. In dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Käufer den Kaufvertrag über ein Fahrzeug geschlossen, dass wenige Tage vor Vertragsschluss auf die Händlerin zugelassen worden war. Für den Bundesgerichtshof war maßgebend, dass von einer Tageszulassung beide Vertragsparteien profitieren. Der Händler erhält Prämien für hohe Absatzzahlen. Diese gibt er jedenfalls zum Teil an den Kunden weiter. Der Kunde erhält ein nicht benutztes Fahrzeug, jedoch zu einem geringeren Preis als vom Hersteller vorgegeben. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war das Fahrzeug mit einem deutlichen Preisnachlass verkauft worden. Der Käufer hatte also eine Kompensation für die Tageszulassung erhalten.
Vorliegend ist der Fall jedoch anders gelagert. Hier sollte die Tageszulassung erst nach Vertragsschluss erfolgen. Wie in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt wurde, wurde der Kläger auf den Umstand der Tageszulassung nicht ausdrücklich hingewiesen. Das Fahrzeug wurde auch nicht mit erheblichem Preisnachlass angeboten.
Dem Kläger musste es sich nicht aufdrängen, dass die Beklagte das Fahrzeug zunächst auf sich zulassen werde, bevor sie an ihn auslieferte.
Die Beklagte meint, der Kläger habe das daraus ableiten müssen, weil sie nur Servicepartner, nicht aber Vertragspartner von L sei. Als Servicepartner erhalte sie vom Hersteller L nur Fahrzeuge mit der Maßgabe, sie zunächst auf sich zuzulassen.
Der Argumentation der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte wirbt z.B. in dem Rundschreiben unter dem L-Logo mit der Angabe Service-/Vertragspartner. Verbraucher, die nicht im Kfz-Vertrieb kundig sind, können hieraus nicht ableiten, dass ein Unterschied zum Vertragshändler besteht und auch nicht, worin dieser besteht.
Das Gericht folgt auch nicht der Entscheidung des Landgericht X (DAR 2007, 652 ff.). Vom Sachverhalt ist der vorliegende Rechtsstreit zwar ähnlich gelagert, denn auch das Landgericht X l hatte über den Fall zu entscheiden, dass nach dem Verkauf die Tageszulassung auf die Verkäuferin erfolgte. Der Käufer hatte dies erst nach Jahren bemerkt, als er nach abgeschlossener Kfz-Finanzierung den Kfz-Brief erhielt. Der Käufer berief sich sodann auf arglistige Täuschung. Die Verkäuferin behauptete, die Kurzzulassung sei beim Kaufpreis berücksichtigt worden.
Dies wird von der Beklagten allerdings nicht (mehr) behauptet. Der Geschäftsführer hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe an den Kläger keinen Rabatt für die Tageszulassung weitergegeben, weil auch er wegen der starken Nachfrage aufgrund der Umweltprämie keinen Rabatt vom Hersteller erhalten habe. Zwar ist dem Kläger ein Rabatt von 4 % gewährt worden, dieser ist aber nicht mit Blick auf die Tageszulassung gewährt worden. Er dürfte auch der Höhe nach nicht dem in der Branche üblichen Nachlass für eine Kurzzulassung entsprechen.
Aufgrund des anders gelagerten Sachverhalts musste sich das Landgericht X nicht mit der Frage befassen, ob die Auslieferung des Fahrzeugs vertragsgemäß war, sondern nur, ob eine arglistige Täuschung über eine Eigenschaft vorlag. Dabei stellte das Landgericht X ebenso wie der Bundesgerichtshof auf eine Abwägung der Interessen von Verkäufer und Käufer ab. Weil ein Käufer ein nicht benutztes Fahrzeug erhält, dafür aber nicht den vollen Neuwagenpreis zahlen muss, ist es gerechtfertigt, die Tageszulassung hinzunehmen. Diese Abwägung trägt, wenn ein Käufer tatsächlich einen entsprechend niedrigen Preis zahlen muss. Er erhält dadurch die Kompensation für einen etwaigen Nachteil, z.B. dass er bei einem Weiterverkauf nicht "Verkauf aus 1. Hand" angeben kann (vgl. insofern auch die Besprechung der Entscheidung des LG X durch Hachenberg-Trompetter DAR 2007, 653 ff.). Das Argument des erfolgten Interessenausgleiches versagt aber, wenn ein Käufer wie der Kläger keinen Wertausgleich erhalten soll.
Der Anspruch auf Freistellung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist begründet aus §§ 286 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich spätestens aufgrund des Anschreibens des Klägers vom 07.05.2009 bereits in Verzug, als der Kläger ihn durch anwaltliches Schreiben vom 13.05.2009 abermals zur Leistung aufforderte.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 3 ZPO.
Streitwert: 7.500,-€

RechtsgebietBGBVorschriften§ 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB

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