Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

12.03.2010 · IWW-Abrufnummer 100853

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg: Urteil vom 28.01.2010 – 10 S 2582/08

1. Die Abrechnung von dentin-adhäsiven Kompositfüllungen analog den Gebührenpositionen 215 ff. GOZ ist bis zum Schwellenwert (2,3-facher Gebührensatz nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ) zulässig und nach der Beihilfeverordnung (BVO) beihilfefähig.



Eine besondere Begründung des Zahnarztes für den gewählten Steigerungsfaktor ist dabei regelmäßig nicht erforderlich (wie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.06.2007 - 4 S 2090/05 -; entgegen Bay.VGH, Urt. v. 30.05.2006 - 14 BV 02.2643 -).



2. Als Verwaltungsvorschriften ergangene Anwendungshinweise können auch dann, wenn sie Hinweise des Bundesministeriums des Innern zu Beihilfevorschriften des Bundes in Bezug nehmen, grundsätzlich die Beihilfeverordnung nur konkretisieren und die Handhabung vorhandener Ermessens- oder Beurteilungsspielräume lenken; sie können jedoch nicht selbständig Leistungsausschlüsse oder Begrenzungen schaffen.


VGH Baden-Württemberg
Urteil vom 28.1.2010
10 S 2582/08
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. August 2008 - 9 K 458/08 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verpflichtung, der Klägerin weitere Beihilfe für eine zahnärztliche Behandlung mittels dentin-adhäsiven Kompositfüllungen zu gewähren.

Die Klägerin ist Beamtin im Dienst des Beklagten und mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Am 23.11.2007 beantragte die Klägerin u.a. die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 979,84 EUR für eine zahnärztliche Behandlung. Diese umfasste nach der zahnärztlichen Liquidation vom 03.11.2007 auch mehrere geschichtete dentin-adhäsive Komposit-füllungen. Für eine einflächige Einlagenfüllung an Zahn 17 berechnete die Zahnarztpraxis analog Ziff. 215 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) den 2,3-fachen Steigerungssatz, für die zweiflächigen an den Zähnen 24 und 25 analog Ziff. 216 GOZ den 2,3-fachen Steigerungssatz und für die dreiflächigen Füllungen an den Zähnen 16, 36 und 46 in entsprechender Anwendung von Ziff. 217 GOZ den 2,3-fachen Steigerungssatz.

Mit Bescheid vom 07.12.2007 erkannte das Landesamt für Besoldung und Versorgung für diese zahnärztliche Behandlung lediglich Aufwendungen in Höhe von 719,39 EUR als beihilfefähig an und kürzte daher die zu gewährende Beihilfe für die dentin-adhäsiven Kompositfüllungen um 182,32 EUR. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung ging dabei davon aus, dass zahnärztliche Leistungen durch die Einbringung von geschichteten dentin-adhäsiven Kompositfüllungen entsprechend den GOZ-Ziffern 215 bis 217 liquidiert werden könnten, dabei jedoch nur ein Steigerungsfaktor von höchstens 1,5 als angemessen anzusehen sei. Hiergegen erhob die Klägerin am 20.12.2007 Widerspruch, soweit die Aufwendungen für die dentin-adhäsiven Füllungen nicht in voller Höhe übernommen worden waren und machte geltend, die Begrenzung auf einen Steigerungsfaktor von höchstens 1,5 sei rechtlich nicht haltbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2008 wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, das beklagte Land Baden-Württemberg habe in seinen Verwaltungsvorschriften zur Beihilfeverordnung auf die Verwaltungsvorschriften des Bundes verwiesen. Danach sei bei einer Analogberechnung nach den Ziff. 215 bis 217 oder 219 ein Steigerungsfaktor von höchstens 1,5 als angemessen und damit maximal beihilfefähig anzusehen.

Am 06.02.2008 hat die Klägerin Klage bei dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihr weitere Beihilfe in Höhe von 182,32 EUR zu bewilligen und ihr Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen sowie den Bescheid des Beklagten vom 07.12.2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 08.01.2008 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen. Die Begrenzung auf den Faktor 1,5 bei dentin-adhäsiven Maßnahmen sei nicht begründet, da hierbei von der GOZ abgewichen werde, die alleiniger Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der erbrachten zahnärztlichen Leistungen sei. Die behandelnden Zahnärzte hätten den Faktor 2,3 zugrunde gelegt und daher als angemessen angesehen. Die vom Beklagten vorgenommene generelle Begrenzung verletze die nach Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

Mit Urteil vom 13.08.2008 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten verpflichtet, der Klägerin weitere Beihilfe in Höhe von 182,32 EUR zu gewähren und aus dieser Summe Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2008 zu bezahlen, sowie den Bescheid des Landesamts vom 07.12.2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 08.01.2008 aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufwendungen für die eingebrachten dentin-adhäsiven Kompositfüllungen seien gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der Beihilfeverordnung (BVO) sowohl dem Grunde nach als auch in der geltend gemachten Höhe beihilfefähig. Hinsichtlich der Höhe der Aufwendungen verweise § 5 Abs. 1 Satz 4 BVO auf die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder über Preise und Gebühren, hier hinsichtlich der erbrachten zahnärztlichen Leistungen auf die Bestimmungen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Nach der Anlage 1.1 zur BVO sei bezüglich der Angemessenheit der Höhe der Aufwendungen allein das System der GOZ maßgeblich. Dies gelte auch dann, wenn - wie hier - eine Gebührenziffer der GOZ nicht unmittelbar, sondern lediglich nach § 6 Abs. 2 GOZ analog angewendet werden könne. Das Verwaltungsgericht schließe sich insoweit den ausführlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 27.06.2007 (Az. 4 S 2090/05) an.

An dieser alleinigen Maßgeblichkeit der Bestimmungen der GOZ ändere auch der von dem Beklagten angeführte Hinweis 1 zu Nr. 1 der Anlage zur BVO im Rundschreiben des Finanzministeriums vom 23.04.1996 nichts, der seinerseits auf die Hinweise in den Beihilfevorschriften des Bundes Bezug nehme. Zwar habe das Bundesministerium des Innern in seinem Rundschreiben vom 18.04.2007 darauf hingewiesen, dass die Aufwendungen für Komposit-füllungen als analoge Bewertungen nach den Positionen 215 bis 217 GOZ lediglich mit einem Steigerungsfaktor von höchstens 1,5 als angemessen und beihilfefähig angesehen werden könnten. Derartige Hinweise oder Rundschreiben könnten jedoch das Bewertungssystem der GOZ nicht außer Kraft setzen, da eine Verwaltungsvorschrift eine entgegenstehende Bestimmung in einer höherrangigen Rechtsverordnung wie hier Ziff. 1.1 der Anlage zur BVO nicht abzuändern vermöge. Auch sei keine ausreichende Rechtsgrundlage in der BVO ersichtlich, welche das Finanzministerium zu einer Abänderung der Verwaltungsvorschrift ermächtigen könnte. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO ermächtige zwar das Finanzministerium unter bestimmten Voraussetzungen, die Beihilfefähigkeit u.a. für der Höhe nach zweifelhaften Aufwendungen zu begrenzen; um eine derartige begrenzende Regelung könne es sich bei dem genannten Rundschreiben des BMI handeln. Es lasse sich jedoch bereits nicht hinreichend sicher bestimmen, ob der hier betroffene Sachverhalt auf § 6 Abs. 2 BVO gestützt werden könne. Der gesamte zweite Absatz des § 6 BVO sei seiner Einleitung nach nur dann anwendbar, wenn bestimmte Konstellationen nicht bereits in der Anlage geregelt seien, was hier durch Ziff. 1.1 der Anlage wohl der Fall sei. Unabhängig hiervon verlange § 6 Abs. 2 BVO weiter, dass die Angemessenheit der Höhe der Aufwendungen nicht zweifelsfrei sei. Dies könne nach der einhelligen Rechtsprechung zur zulässigen analogen Anwendung der Gebührenposition 215 bis 217 und der Schwellenwerte der GOZ derzeit nicht mehr angenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat gegen sein Urteil die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO die Beschränkung der Angemessenheit der Höhe von Aufwendungen für dentin-adhäsive Füllungen ermöglicht.

Zur Begründung der am 09.09.2008 eingelegten Berufung macht der Beklagte geltend, nach dem zutreffenden Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30.05.2006 (Az. 14 BV 02.2643) bestehe bei der analogen Berechnung von zahnärztlichen Leistungen gemäß den Gebührenpositionen 215 bis 217 für dentin-adhäsive Füllungen eine Begründungspflicht des Zahnarztes bzw. Beihilfeberechtigten, wenn der 2,3-fache Steigerungssatz nach der GOZ abgerechnet werde. Dieser Begründungspflicht sei die Klägerin nicht nachgekommen. Sie habe nicht dargelegt, dass in ihrem Fall ein überdurchschnittlicher Aufwand erforderlich gewesen sei, der nicht bereits mit den analog abgerechneten Gebührenziffern 215 bis 217 abgedeckt werde und deshalb ausnahmsweise eine Abrechnung mit einem Steigerungssatz von 2,3 rechtfertige. Die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ, wonach keine weitere Begründung bei Liquidationen von bis zu dem 2,3-fachen Gebührensatz erforderlich sei, sei bei der analogen Abrechnung von Gebührenpositionen nicht einschlägig. Denn nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs finde die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ ihre Rechtfertigung gerade in der Festlegung der einzelnen Positionen der Gebührenordnung, während bei lediglich analoger Abrechnung nicht alle maßgeblichen Kriterien wie Aufwand, Kosten und Materialien Berücksichtigung fänden. Das von dem Verwaltungsgericht Stuttgart zur Begründung herangezogene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27.06.2007 sei in einem Verfahren gegen die Postbeamtenkrankenkasse ergangen und deshalb für Beihilfestreitigkeiten auf der Grundlage der Beihilfeverordnung nicht maßgeblich. Unabhängig hiervon habe das Finanzministerium Baden-Württemberg die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für dentin-adhäsive Füllungen wirksam auf den 1,5-fachen Steigerungsfaktor begrenzt, indem in den Verwaltungsvorschriften auf einen entsprechenden Hinweis des Bundesministeriums des Innern zu § 5 Abs. 1 der Beihilfevorschriften des Bundes verwiesen werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehe in der Beihilfeverordnung für den Ausschluss eines höheren Steigerungsfaktors durch Verwaltungsvorschriften mit § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO eine ausreichende Rechtsgrundlage. Der genannte Hinweis Ziff. 1 zu Ziff. 1 der Anlage zur BVO und die hierin festgelegte Bezugnahme auf die Hinweise des Bundesministeriums des Innern zu § 5 Abs. 1 der Beihilfevorschriften des Bundes stelle eine begrenzende Regelung i.S. von § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO dar. Bedenken hiergegen bestünden nicht, da für die streitgegenständlichen Kompositfüllungen in Dentin-Adhäsivtechnik gerade keine Regelung in der Gebührenordnung für Zahnärzte enthalten sei, sondern lediglich eine Abrechnung analog den Gebührenziffern 215 bis 217 im Raum stehe.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13.08.2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass den Hinweisen des Bundesministeriums des Innern für die Beurteilung der Beihilfefähigkeit keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme. Derartige Hinweise seien für die Gerichte nicht verbindlich, weil es sich hierbei nicht um allgemeine Verwaltungsvorschriften i.S. des § 200 BBG handle. Der in den Hinweisen des Bundesministeriums des Innern zu § 5 Abs. 1 der Beihilfevorschriften des Bundes enthaltenen Begrenzung des Steigerungsfaktors auf höchstens 1,5 komme deshalb keine maßgebliche Bedeutung zu. Fehl gehe auch die Erwägung des Beklagten, wonach das in einem Verfahren gegen die Postbeamtenkrankenkasse ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27.06.2007 hier nicht einschlägig sei. Sowohl die Satzung der Postbeamtenkrankenkasse als auch die Beihilfebestimmungen verwiesen hinsichtlich der Höhe der Aufwendungen allein auf die Bestimmungen der GOZ. Entgegen der von dem Beklagten herangezogenen Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verlange § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ eine nähere Begründung des Zahnarztes für seine Aufwendungen nur dann, wenn der Schwellenwert des § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ von 2,3 überschritten werde. Dies gelte auch im Falle einer lediglich analogen Anwendung von Leistungsziffern der GOZ. Verlange man in Fällen der analogen Anwendung auch bei dem Ansatz eines Gebührensatzes zwischen 1,0 und 2,3 vom behandelnden Zahnarzt eine schriftliche Begründung, würde diesem eine über § 10 Abs. 2 GOZ hinausgehende Begründungsverpflichtung auferlegt; eine solche sehe das Gesetz nicht vor und führe zu einer erheblichen Mehrbelastung für den betroffenen Zahnarzt.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe

Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig (1.), sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg (2.).

1. Der Berichterstatter i.S. von §§ 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO als sog. konsentierter Einzelrichter hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO) wirksam zugelassen. Denn der Berichterstatter ist in diesem Falle Verwaltungsgericht i.S. von § 124a Abs. 1 VwGO. Die Berufung kann wegen grundsätzlicher Bedeutung selbst durch den Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 VwGO in der Weise wirksam zugelassen werden, dass sie - jedenfalls in aller Regel - Bindungswirkung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO für das Berufungsgericht entfaltet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.07.2004 - 5 C 65.03 - BVerwGE 121, 292). Dies gilt erst recht und ohne Einschränkungen für die Zulassung der Berufung durch den Berichterstatter als konsentierten Einzelrichter i.S. von § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO. Denn eine Begrenzung wie bei der Einzelrichterübertragung nach § 6 Abs. 1 VwGO, die bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache gerade nicht erfolgen soll und eine Pflicht zur Rückübertragung auslösen kann, gibt es bei dem konsentierten Einzelrichter nicht. Seine Entscheidungsmacht ist prozessrechtlich unbegrenzt und beruht auf dem Einverständnis der Beteiligten (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.09.2008 - 5 C 30.07 - BVerwGE 132, 10; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2003 - 7 S 7/03 - VBlBW 2004, 110).

2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, da die Klägerin Anspruch auf die Gewährung der vollen Beihilfe für die zahnärztliche Behandlung mittels dentin-adhäsiven Kompositfüllungen analog den Gebührenpositionen 215 ff. GOZ mit dem von den behandelnden Zahnärzten angesetzten Steigerungsfaktor von 2,3 hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier September bzw. Oktober 2007) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17 m.w.N.).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- oder Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO - vom 28.07.1995 in der hier maßgeblichen Fassung vom 17.02.2004 - GBl. S. 66) sind u.a. zahnärztliche Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie nach Umfang und Höhe angemessen sind. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 BVO sind bezüglich der Höhe der Aufwendungen die Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder über Preise und Gebühren sowie die Anlage zur Beihilfeverordnung anzuwenden. Nach Nr. 1.1 der Anlage beurteilt sich die Angemessenheit zahnärztlicher Aufwendungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der jeweiligen geltenden Gebührenordnung für Zahnärzte; soweit gebührenrechtlich zulässig und begründet, ist auch eine über den Schwellenwert hinausgehende Gebühr angemessen. Die Beihilfeverordnung verzichtet insoweit auf eine eigenständige Umschreibung des Begriffs der Angemessenheit, sondern verweist lediglich auf die Vorschriften der ärztlichen bzw. hier zahnärztlichen Gebührenordnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.2004 - 2 C 34.03 - DVBl. 2005, 509; Urt. v. 20.03.2008 - 2 C 19.06 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 18). Somit knüpft die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen grundsätzlich an den Leistungsanspruch des Zahnarztes an und setzt voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.05.1996 - 2 C 10.95 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 12).

Für die hier einschlägige Behandlung - Versorgung mit einer geschichteten dentin-adhäsiven-Kompositfüllung - sieht die am 01.01.1988 (§ 12 GOZ) in Kraft getretene Gebührenordnung für Zahnärzte keine eigene Gebührenposition vor. Die Ziff. 205 ff. GOZ betreffen herkömmliche plastische Füllungen, die Ziff. 215 bis 217 GOZ dagegen sog. Inlays. Gemäß § 6 Abs. 2 GOZ können selbständige zahnärztliche Leistungen, die erst nach Inkrafttreten der Gebührenordnung aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt worden sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses für zahnärztliche Leistungen berechnet werden. Die Versorgung eines Zahnes mit einer dentin-adhäsiven Kompositfüllung stellt eine erst nach Inkrafttreten der GOZ Mitte der 90-er Jahre zur Praxisreife entwickelte und vom Sach- und Zeitaufwand mit einer Inlay-Versorgung eines Zahnes vergleichbare Leistung dar, die gemäß § 6 Abs. 2 GOZ durch Analogberechnung der Ziff. 215 ff. des Gebührenverzeichnisses abgerechnet werden kann. Dies entspricht der insoweit einhelligen neueren Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.06.2007 - 4 S 2090/05 - juris; BayVGH, Urt. v. 30.05.2006 - 14 BV 02.2643 - RiA 2007, 190; Sächs. OVG, Urt. v. 01.04.2009 - 2 A 86/08 - juris). Auch der Beklagte hat zwischenzeitlich die Berechnung analog den Ziff. 215 ff. GOZ zumindest als zulässige Alternative neben der Berechnung gemäß Ziff. 205 ff. GOZ akzeptiert, wie sich etwa der Abrechnungspraxis im vorliegenden Fall sowie der Begründung des Widerspruchsbescheides entnehmen lässt. Die Beteiligten streiten deshalb nur noch über die Frage, welcher Steigerungsfaktor bei der Berechnung entsprechend Ziff. 215 ff. GOZ anzusetzen ist.

b) Hierzu bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ, dass sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes bemisst. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ sind die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit, des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ darf eine Gebühr in der Regel nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3-fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3-fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Dem 2,3-fachen Gebührensatz kommt somit die Funktion eines Schwellenwertes zu, dessen Überschreiten nur bei eng umschriebenen Besonderheiten zulässig ist; das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gerichtlich voll nachprüfbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.05.2007 - 4 S 169/06 -). Sofern die nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 GOZ berechnete Gebühr das 2,3-fache des Gebührensatzes überschreitet, muss der Zahnarzt nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ eine schriftliche Begründung vorlegen. Auf Verlangen des Patienten ist die Begründung näher zu erläutern (§ 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ).

Die vorgenannten Bestimmungen gelten ohne Einschränkung auch für den hier vorliegenden Fall der Analogberechnung nach § 6 Abs. 2 GOZ. Der Senat folgt insoweit nicht der vom Beklagten herangezogenen Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der davon ausgeht, dass der Schwellenwert von 2,3 im Falle der Analogberechnung keine bzw. nur eingeschränkte Anwendung findet (vgl. Bay.VGH, Urt. v. 30.05.2006, a.a.O.). Diese Auffassung wird damit begründet, dass es sich bei § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ um eine grundsätzliche Regelung handele, die angesichts einer lediglich entsprechenden Anwendung von Positionen der Gebührenordnung Ausnahmen erfordere, um die Angemessenheit der Gebühr sicherzustellen. Bei der analogen Gebührenermittlung stellten die Leistungsbeschreibungen des Gebührenverzeichnisses lediglich Näherungswerte dar, die nicht alle relevanten Kriterien wie Aufwand, Kosten und Materialien bzw. Anwendungstechnik gleichermaßen berücksichtigen könnten. Deshalb sei im Falle der lediglich analogen Berechnung nicht gewährleistet, dass das mit dem Gebührenverzeichnis angestrebte Ziel, die Gebührenpositionen so festzulegen, dass in der überwiegenden Zahl der individuellen zahnärztlichen Leistungen eine 2,3-fache Steigerung angemessen erscheine, erreicht werde.

Diese Argumentation überzeugt indessen nicht; sie wird - soweit ersichtlich - in der neueren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein nicht geteilt (vgl. grundlegend VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.06.2007, a.a.O.; Sächs. OVG, Urt. v. 01.04.2009 - a.a.O.; OVG Münster, Beschl. v. 01.03.2006 - 6 A 1914/04 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.06.2009 - 4 N 109.07 - juris; VG München, Urt. v. 05.02.2009 - M 17 K 08.3426 - juris; VG Würzburg, Urt. v. 04.03.2008 - W 1 K 07.1363 - juris -). Gegen die Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs spricht bereits, dass der in § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ genannte Schwellenwert von 2,3 gerade keinen Regelwert darstellt, der in der überwiegenden Zahl der Leistungen angemessen erscheint, sondern den Regelhöchstsatz innerhalb eines als Regelspanne bezeichneten Gebührenrahmens (vgl. ausführlich VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.06.2007, a.a.O.). Innerhalb des als Regelspanne bezeichneten Gebührenrahmens hat der Zahnarzt die Gebühr nach den allgemeinen Bemessungskriterien, also insbesondere nach Schwierigkeit, Zeitaufwand und Umständen der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Demzufolge ist etwa der besonders einfache Fall einer bestimmten Leistung mit dem Einfachen des Satzes angemessen eingestuft, während die „normal“ schwierige oder zeitaufwändige Leistung, die noch nicht durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, mit dem 2,3-fachen Steigerungssatz zu bewerten ist; zwischen beiden Eckwerten ist der Durchschnittsfall der Leistung anzusetzen (vgl. umfassend zu diesen Berechnungsvorgaben BGH, Urt. v. 08.11.2007 - III ZR 54/07 - BGHZ 147, 101).

Die Bestimmung des angemessenen Steigerungsfaktors innerhalb der Regelspanne obliegt dem Zahnarzt nach billigem Ermessen. Die von ihm getroffene Bemessung ist insoweit - anders als die Frage, ob Besonderheiten ein Überschreiten der Regelspanne rechtfertigen - nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar. Maßgebend ist § 315 Abs. 3 BGB, da die Frage, ob die Honorarforderung des Zahnarztes gerechtfertigt ist, sich allein nach bürgerlichem Recht beantwortet (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.2004 - 2 C 34.03 - a.a.O.). Nach dieser Vorschrift wird die Bestimmung einer Leistung durch Urteil getroffen, wenn die Bestimmung durch die Partei nicht der Billigkeit entspricht. Diese Möglichkeit gerichtlicher Nachprüfung setzt deshalb erst jenseits gewisser Grenzen ein und erfordert eine vergleichsweise erhebliche Abweichung von dem nach der Billigkeit Gebotenen bzw. die Missachtung der anerkannten Bewertungsmaßstäbe des § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ.

Insoweit hat sich in der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Praxis der Gebührenabrechnung eine deutliche Tendenz herausgebildet, sich in der Mehrzahl der Fälle am Schwellenwert von 2,3 zu orientieren (vgl. etwa den Überblick im oben genannten Urteil des BGH vom 08.11.2007; Miebach, NJW 2001, 3386 sowie in: Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl. 2006, § 5 GOÄ RdNr. 39). Dies legt die Vermutung nahe, dass die Festlegung des 2,3-fachen Satzes vielfach schematisch und aus Gründen einer leichteren Durchsetzung der Gebührenforderung vorgenommen wird. Auf eine fehlerhafte Ermessensausübung durch den behandelnden Zahnarzt, der für die Berechnung seiner Leistung ohne nähere Begründung den Schwellenwert von 2,3 zugrunde legt, kann hieraus indessen nicht ohne weitere Anhaltspunkte geschlossen werden. Denn die Gebührenordnung selbst lässt durch ihre unscharfe Abgrenzung von Regel- und Ausnahmefällen sowie eine fehlende Begründungspflicht bei einem Gebührensatz bis 2,3 dem Zahnarzt einen gewissen Spielraum bei der Einordnung seiner Leistung. Diese Folge dürfte auch vom Verordnungsgeber gewollt sein, der offenbar aus Gründen der Praktikabilität eine genauere Ermittlung des angemessenen Faktors im Einzelfall vermeiden wollte und selbst angesichts der seit vielen Jahren bekannten Abrechnungspraxis davon abgesehen hat, den Bereich der Regelspanne bei der Novellierung der GOZ deutlicher abzugrenzen (vgl. hierzu ausführlich BGH, Urt. v. 08.11.2007, a.a.O.).

Im Übrigen rechtfertigt selbst eine den Bestimmungen der Gebührenordnung nicht mehr entsprechende Liquidationspraxis es nicht, im Falle der analogen Berechnung einen von § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ abweichenden Regelhöchstsatz festzusetzen bzw. auf einen solchen zu verzichten (so aber Bay.VGH, Urt. v. 30.05.2006, a.a.O.). Denn dies widerspricht bereits der § 6 Abs. 2 GOZ zugrunde liegenden Systematik. Hiermit soll eine analoge Berechnung ermöglicht werden, wenn eine neuartige Behandlung einer im Gebührenverzeichnis enthaltenen Leistung nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig ist. Bejaht man die Gleichwertigkeit, ist die Bestimmung des Gebührensatzes innerhalb des durch § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ vorgegebenen Rahmens vorzunehmen. Aus denselben Gründen erscheint es nicht gerechtfertigt, in Fällen der Analogberechnung in Abweichung von § 10 Abs. 3 GOZ stets eine besondere Begründung zu verlangen. Hierfür besteht keine Notwendigkeit, da die analoge Berechnung bereits zur Voraussetzung hat, dass die tatsächlich erbrachte Leistung der in der GOZ beschriebenen Leistung, welche analog angewendet werden soll, nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig ist. Die in der Gebührenposition beschriebene Leistung ist daher auch in diesem Fall ein tauglicher Maßstab für die vorzunehmende Gebührenbemessung. Es verbleibt daher auch im Falle einer analogen Berechnung bei der eindeutigen Bestimmung des § 10 Abs. 3 GOZ, wonach eine besondere Begründung erst bei Überschreiten des Schwellenwertes notwendig ist.

Eine Besonderheit ergibt sich für die Analogberechnung lediglich in formaler Hinsicht, als nämlich der Zahnarzt gemäß § 10 Abs. 4 GOZ die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis „entsprechend“ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen hat. In systematischer Hinsicht lässt sich dieser Bestimmung entnehmen, dass der Verordnungsgeber die Analogberechnung bei Festlegung der Mindestanforderungen der Liquidation durchaus im Blick hatte. Aus dem Fehlen eines Begründungserfordernisses i.S. von § 10 Abs. 3 GOZ für den Fall der Analogberechnung kann daher geschlossen werden, dass eine besondere Begründungspflicht für Fälle der Analogberechnung vom Verordnungsgeber nicht für notwendig erachtet wurde.

Auch speziell im Falle der analogen Anwendung der Gebührenpositionen 215, 216 und 217 GOZ besteht kein Anlass, wie vom Beklagten unter Hinweis auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30.05.2006 vorgeschlagen, die Begründungspflicht des § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ über seinen Wortlaut hinaus zu erweitern oder den Steigerungsfaktor generell auf das 1,5-fache zu beschränken. Denn nach den vom Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemachten zahnmedizinischen Sachverständigengutachten ist davon auszugehen, dass die hier in Rede stehenden geschichteten dentin-adhäsiven Kompositfüllungen vom zeitlichen Aufwand und der fachlichen Schwierigkeit her mit der Einbringung von Direkt-Inlays mindestens vergleichbar sind. Gegenteiliges kann insbesondere nicht dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Verfahren Az. 14 BV 02.2643 zugrunde gelegten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. H. vom 21.08.2004 entnommen werden. Vielmehr weist auch der Gutachter Prof. Dr. H. darauf hin, dass die Technik der multi-adhäsiven (dentin-adhäsiven) Kompositrestauration wesentlich aufwändiger ist als eine direkte Standardfüllung aus Amalgam oder etwa Komposit. Daher stehe die multi-adhäsive (dentin-adhäsive) Komposit-restauration bezüglich Aufwand, Kosten und Technik dem Direkt-Inlay wesentlich näher als der einfachen direkten Füllung (vgl. Sachverständigengutachten S. 17). Dies steht mit der sachverständigen Einschätzung von Prof. Dr. A. in dem vom Landgericht Frankfurt eingeholten Gutachten vom 03.05.2004 in Einklang. Der Gutachter stellt dabei schlüssig und nachvollziehbar im Einzelnen dar, dass die Versorgung von Zahnkavitäten mit der „dentin-adhäsiv-bonding-Mehrschicht-Technik“ mit einem hohen Zeitaufwand sowie hohen Materialkosten verbunden ist. Im Gegensatz zu laborgefertigten Inlays müssten komplizierte und aufwändige Behandlungsschritte wie z.B. die Gestaltung der Kauflächen und der Kontaktbeziehungen zum jeweils benachbarten Zahn im Munde des Patienten unter schwierigen Bedingungen durchgeführt werden (vgl. Sachverständigengutachten S. 23). Auch der Gutachter Prof. Dr. A. geht deshalb davon aus, dass eine mittels dentin-adhäsiver Technik gefertigte Restauration hinsichtlich Zeit- und Kostenaufwand den von Ziff. 215 bis 217 GOZ abgedeckten Inlay-Techniken gleichwertig ist. Konkrete Einwendungen gegen diese sachverständigen Einschätzungen, die der Senat den Beteiligten mitgeteilt und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat, hat auch der Beklagte nicht erhoben.

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten ermöglichen weder die einschlägigen Hinweise des Bundesministeriums des Innern noch das hierauf Bezug nehmende Rundschreiben des Landesfinanzministeriums Baden-Württemberg ein Abweichen von der in § 5 Abs. 2 GOZ vorgesehenen Art der Gebührenbemessung, die nach dem oben Gesagten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 BVO i.V.m. Nr. 1.1 der Anlage zwingend vorgeschrieben ist. Wie der Beklagte allerdings zu Recht ausführt, nimmt Hinweis 1 zu Nr. 1 der Anlage zur BVO im Rundschreiben des Finanzministeriums vom 23.04.1996 (GABl. 1996, 371ff) auf die Hinweise zu den Beihilfevorschriften des Bundes, auch jene zum Gebührenrecht, Bezug. Mit Rundschreiben vom 18.04.2007 hat das Bundesministerium des Innern die Hinweise zum Gebührenrecht in den Beihilfevorschriften des Bundes geändert und in Anhang 1 Hinweis 8 zu § 5 Abs. 1 BhV den Hinweis Nr. 2.2 dahingehend neu gefasst, dass die Aufwendungen für Kompositfüllungen auch als analoge Bewertungen nach den Positionen 215 bis 217 GOZ als beihilfefähig anerkannt werden könnten, dabei allerdings im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs lediglich ein Steigerungsfaktor von höchstens 1,5 als angemessen angesehen werde.

Dieser Hinweis des Bundesministeriums des Innern kann indes auch im Zusammenhang mit der landesministeriellen Verweisung als bloße Verwaltungsvorschrift nicht eine entgegenstehende Bestimmung in einer höherrangigen Rechtsverordnung, hier § 5 Abs. 1 Satz 4 BVO i.V.m. Ziff. 1.1 der Anlage zur BVO, abändern oder einschränken. So geht die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den als Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern erlassenen Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) davon aus, dass die hierzu ergangenen allgemeinen Hinweise des Bundesministeriums des Innern den Inhalt der Beihilfevorschriften weder einschränken noch abändern könnten, obwohl sie hinsichtlich ihrer Normqualität auf derselben Stufe stünden und vom selben Verfasser stammten. Gleichwohl seien die außerhalb der eigentlichen Beihilfevorschriften ergangenen allgemeinen Hinweise nicht wie Rechtsnormen auszulegen und könnten deswegen den Inhalt der Beihilfevorschriften weder einschränken noch ändern (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 28.06.1965 - 8 C 80.64 - BVerwGE 21, 264 -; Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 15; Urt. v. 28.05.2009 - 2 C 28.08 - NVwZ-RR 2009, 730 -). Demnach müssen sich Hinweise und sonstige Erlasse zu den Beihilfevorschriften entsprechend ihrem wahren Charakter als untergesetzliche Vorschriften im Rahmen des normativen Programms halten und können nur norminterpretierend die Beihilfevorschriften konkretisieren und Zweifelsfälle i.S. einer einfachen und gleichartigen Handhabung klären oder die Ausübung etwa vorhandener Ermessens- oder Beurteilungsspielräume lenken; sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse oder Leistungseinschränkungen schaffen. Sie sind nur Interpretationshilfe für die nachgeordneten Stellen und besitzen keine Verbindlichkeit für die Gerichte (vgl. m.w.N. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 15). Diese Erwägungen beanspruchen erst recht dann Geltung, wenn wie in Baden-Württemberg die Beihilfevorschrift als Rechtsverordnung ergangen ist und deshalb auch in ihrer Normqualität auf einer höheren Stufe als eine Verwaltungsvorschrift steht.

Keine andere Betrachtungsweise rechtfertigt der Umstand, dass das Finanzministerium mit der Bezugnahme auf den vorgenannten Hinweis des Bundesministeriums des Innern möglicherweise eine Ausschlussregelung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO treffen wollte, was sich der Verwaltungsvorschrift (Hinweis) des Finanzministeriums freilich nicht eindeutig entnehmen lässt. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO kann das Finanzministerium, soweit nicht in der Anlage bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für nicht in der Gebührenordnung für Zahnärzte aufgeführte Leistungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen. Wie das Verwaltungsgericht Stuttgart in der angegriffenen Entscheidung zu Recht darlegt, bestehen erhebliche Zweifel, ob die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO eine hinreichende Rechtsgrundlage dafür darstellt, die Aufwendungen für dentin-adhäsive Füllungen auf den 1,5-fachen Steigerungssatz zu begrenzen. Denn § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO ermächtigt das Finanzministerium nur dann zu einer teilweisen Begrenzung von Aufwendungen, wenn diese nicht zweifelsfrei notwendig oder angemessen sind. Diese Voraussetzung dürfte nach der oben näher dargestellten und soweit ersichtlich nahezu einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit der analogen Anwendung der Gebührenpositionen 215 bis 217 GOZ und der Berücksichtigungsfähigkeit eines Schwellenwertes von bis zu 2,3 nicht der Fall sein. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung.

Bei der in § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO, welcher der bundesrechtlichen Regelung in § 6 Abs. 2 BhV a.F. im Wesentlichen entspricht, vorgesehenen Entscheidung des Finanzministeriums handelt es sich um eine nach allgemeinen Gesichtspunkten zu treffende rechtsnormausfüllende Entscheidung, welche die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen i.S. von § 5 Abs. 1 BVO betrifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.03.1994 - 4 S 2953/93 - RiA 1995, 181 - zu § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO). Derartige allgemeine Entscheidungen müssen sich im Rahmen der rechtlichen Vorgaben halten, welche für sie aufgestellt sind. Auch unterliegen sie im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutzbegehren der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Hier ist dem Zusammenhang der Regelung in Ziff. 1.1 der Anlage zur BVO mit § 6 Abs. 2 Nr. 2 BVO („soweit nicht in der Anlage bereits geregelt“) zu entnehmen, dass die Beihilfeverordnung dem in Bezug genommenen Hinweis des Bundesministeriums des Innern zum Gebührenrecht keine andere Rechtsqualität zukommen lassen will als sonstigen rechtsnormausfüllenden allgemeinen Entscheidungen, die das Finanzministerium des Landes auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 BVO treffen kann (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 28.10.2004 - 2 C 34.03 - a.a.O. - zur Übernahme bundesrechtlicher Beihilfevorschriften durch Landesrecht). Vielmehr ist aus der Regelung des § 19 Abs. 4 BVO zu entnehmen, dass sich der Verordnungsgeber vorbehält, die rechtsnormausfüllenden Entscheidungen des Bundesministers des Innern zu überprüfen und ggf. die Beihilfeverordnung zu ändern, wenn diese Entscheidungen nicht seinen Vorstellungen entsprechen. Hieraus ergibt sich, dass den Entscheidungen des Bundesministeriums des Innern keine höhere Rechtsqualität zukommen soll als gleichgerichteten Entscheidungen des Finanzministeriums (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.03.1994 - 4 S 2953/93 - a.a.O.). Die Hinweise des Bundesministeriums des Innern zum Gebührenrecht unterliegen daher im Rahmen der landesrechtlichen Beihilferegelungen in gleicher Weise der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung wie die aufgrund des § 6 Abs. 2 BVO ergangenen allgemeinen Entscheidungen des Finanzministeriums.

d) Ausgehend hiervon begegnet die vorliegend von dem Zahnarzt vorgenommene Abrechnung des Steigerungsfaktors 2,3 keinen Bedenken. Die Gebühr bewegt sich in dem durch § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ vorgegebenen Rahmen und überschreitet den in § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ vorgesehenen Schwellenwert nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Zahnarzt das ihm eingeräumte und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Ermessen fehlerhaft ausgeübt haben könnte, sind nicht ersichtlich und von dem Beklagten auch nicht dargelegt. Es spricht nichts dafür, dass der gewählte Steigerungssatz jenseits des zulässigen Spielraums liegt und aus dem Gesichtspunkt des billigen Ermessens (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB) schlechthin unvertretbar ist. Vielmehr spricht die Tatsache, dass der behandelnde Zahnarzt nicht durchgehend den 2,3-fachen oder einen höheren Gebührensatz angewendet hat, dafür, dass die Gebührenbemessung auf den Einzelfall bezogen wurde und deshalb auf einer hinreichenden Ermessensausübung beruht.

e) Der Klägerin stehen weiterhin in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz die geltend gemachten Prozesszinsen zu (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). § 291 Satz 1 BGB ist im öffentlichen Recht entsprechend anwendbar, wenn das einschlägige Fachrecht wie hier keine gegenteiligen Regelungen enthält (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.07.2009 - 5 C 33.07 - DVBl. 2009, 1523).

Nach alldem war die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 28. Januar 2010

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG auf 182,32 EUR festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

RechtsgebieteBVO, GOZVorschriften§ 5 Abs 1 S 4 BVO, § 6 Abs 1 Nr 1 BVO, § 5 Abs 2 S 4 GOZ, § 6 Abs 2 GOZ

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr