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22.02.2010 · IWW-Abrufnummer 100629

Landgericht Koblenz: Beschluss vom 25.01.2010 – 2 T 874/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 T 874/09
22 M 2900/09 (AG Koblenz)

Landgericht Koblenz

BESCHLUSS

In der Zwangsvollstreckungssache XXX

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz durch XXX
am 25.01.2010 beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Gläubigerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde bezüglich der Anwendung/Nichtanwendung des §850 f Abs. 2 ZPO auf die Vollstreckung der Verfahrenskosten wegen einer Forderung aus unerlaubter Handlung wird zugelassen.
4. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.421,23 € festgesetzt.

Gründe:

I.
Die Gläubigerin erwirkte gegen den Schuldner unter dem 15.06.2006 ein inzwischen rechtskräftig gewordenes Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Koblenz, durch das der Schuldner zur Zahlung von 707,79 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 25.03.2006 verurteilt und in dem festgestellt wurde, dass dieser Anspruch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266a StGB folgt.

Gemäß dem von der Gläubigerin hierzu erwirkten und vollstreckbarem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.10.2006 hat der Schuldner aus v.g. Urteil an die Gläubigerin 256,70€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2006 und 46 € Gerichtskosten nebst Zustellauslagen zu erstatten.

Die Gläubigerin betrieb gegen den Schuldner wegen der v.g. Forderung erfolglos die Zwangsvollsteckung. Sie erwirkte aufgrund des vollstreckbaren Anerkenntnisurteils und Kostenfestsetzungsbeschlusses gegen den Schuldner den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 04.11.2009, durch den die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen die Koblenz (Drittschuldnerin).. gepfändet .wurden.

Auf Antrag der Gläubigerin setzte der Rechtspfleger beim Amtsgericht gemäß § 850 f Abs. 2 ZPO in Bezug auf die Hauptforderung aus dem Anerkenntnisurteil den dem erwerbslosen Schuldner von seinem monatlichen Gesamtnettoeinkommen pfandfrei zu belassenden Betrag auf 359 € für seinen eigenen Unterhalt und auf 287 € für eine weitere unterhaltsberechtigte Person ab dem 15. Lebensjahr (Kind) fest.

Hinsichtlich der Hauptforderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erfolgt die Pfändung gemäß § 850 c ZPO.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des amtsgeiichtlichen Beschlusses vom 04.11.2009 (GA BI. 4 - 7b) verwiesen. Der Beschluss wurde der Gläubigerin am 10.11.2009 zugestellt.

Gegen die teilweise Zurückweisung ihres am 19.10.2009 mit gestellten Antrages, den unpfändbaren Regelsatzbetrag des Schuldners auf 334;00 € festzusetzen und gegen die Versagung des Pfändungsprivilegs betreffend den prozessualen Kostenerstattungsanspruch nach § 850 f. Abs. 2 ZPO sowie gegen die Nichtberücksichtigung des Kindergeldes des Sohnes des Gläubigers als Einkünfte wendet sich die Gläubigerin mit ihrer am 21.12.2009 erhobenen sofortigen Beschwerde.
Der Rechtspfleger beim Amtsgericht hat ihr nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer beim Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 793, 567, 569 ZPO, § 11 Abs, 1 RPfIG zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
1.
Soweit die Gläubigerin rügt, dass bei der Berechnung des pfändungsfreien Einkommens des Schuldners das für seinen Sohn gezahlte Kindergeld (zum Beschlusszeitpunkt 164 €) unberücksichtigt geblieben sei, ist dies nicht zu beanstanden. Denn auch bei einer Pfändung aus einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung wird neben sonstigen Einkünften des Schuldners das Kindergeld mit diesem nicht „zusammengerechnet" bzw. "verrechnet". Der Betrag von 164 € ist dem Schuldner zusätzlich zu den Erhöhungsbeträgen des § 850 c ZPO pfandfrei zu belassen(vgl. u.a. Zöller-Stöber, ZPO, 28. Auflage, 850 e RN 21 in Verbindung mit Hinweis auf § 850 c RN 4a).

Der Rechtspfleger hat die ihm dargetanen sonstigen Umstände des Einzelfalles auch berücksichtigt, so dass auch die diesbezügliche nicht weiter begründete Rüge der Gläubigerin erfolglos bleibt.

Die Rechtsbeschwerde hierzu wird nicht zugelassen.

2.
Die Kammer folgt der vom Rechtspfleger beim Amtsgericht vertretenen Ansicht, der die Anwendung der Privilegierung des § 850 f Abs. 2 ZPO in Bezug auf die von der Gläubigerin betriebene Vollstreckung wegen der Verfahrenskosten, d. h. die bevorrechtigte Vollstreckung des v.g. Kostenerstattungsanspruchs ablehnt.

§ 850 f Abs. 2 ZPO erweitert den Zugriff des Gläubigers auf das Arbeitseinkommen des Schuldners, wenn er wegen eines Anspruchs. aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vollstreckt.

Zutreffend verweist der Rechtspfleger beim Amtsgericht darauf, dass in der Rechsprechung und Literatur umstritten ist, ob sich das Vollstreckungsprivileg des § 850 f. Abs. 2 ZPO auch auf die Verfahrenskosten einer Klage auf Feststellung erstreckt, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht, die der Gläubiger erhebt, um das Vollstreckungsprivileg für die ihm aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zustehende Forderung zu erreichen.
Dafür sind: LG Ellwangen, JurBüro 2003, 660; Thomas-Putzo, ZPO 30. Auflage, § 850 f Nr. 8 b, Musielak, ZPO, 7. Auflage, § 850 f RN9; Müko, ZPO, 3. Auflage, § 850 f RN 14; Landgericht Stuttgart, Rechtspfleger 2005, 398.
Dagegen sind: Landgericht München I Recthtspfleger 1965 278; Stöber, Forderungspfändung 14. Auflage RN 1191; Zöller-Stöber, ZPO 28. Auflage, §850 f RN 8 m.w.N.).

Die Kammer orientiert sich wie der Rechtspfleger beim Amtsgericht bei ihren Erwägungen am Beschluss des BGH vom 9. Juli 2009, VII ZB 65/08, VE 2009, 169), der allerdings zur Vorschrift des § 850 d Abs.1 Satz1 ZPO erging.

Nach diesseits weiterhin vertretener Ansicht der Kammer umfasst die Vollstreckungsprivilegierung nach § 850 f Abs.2 ZPO nur Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung. Denn der Schuldner soll nur für ein solches Handeln bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit einstehen. Der daneben aus einem gesonderten Titel (Kostenfestsetzungsbeschluss) sich ergebende prozessuale Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Gläubigers ist kein solcher Anspruch im vorgenannten Sinne. Er entsteht vielmehr eigenständig nach Maßgabe der §§ 91 ff ZPO und damit unabhängig vom Gegenstand der dem jeweiligen Verfahren zugrunde liegenden Klageforderung.
Der Kostenerstattungsanspruch der Gläubigerin wird dadurch nicht zu einem Anspruch aus unerlaubter Handlung. Die Kammer hat auch keine Veranlassung, das Vollstreckungsprivileg auf einen solchen mit der Klageforderung verknüpften Kostenerstattungsanspruch zu erstrecken. Denn die Regelung. des § 850 f Abs. 2 ZPO ist eine Ausnahmevorschrift in Bezug auf die in § 850 c ZPO angegebenen Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen. Als Ausnahmevorschrift ist sie eng auszulegen, sodass nur die eigentliche Schadensersatzforderung aus unerlaubter Handlung erfasst wird.
Im Hinblick auf die vorgenannte Problematik wird die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß den §§ 574 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO zugelassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.421,23 € festgesetzt (§§ 3, 42 Abs. 1 GKG Abs. 1 Nr. 1 RVG).

RechtsgebietLohnpfändungVorschriften§ 850f ZPO

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