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20.01.2010 · IWW-Abrufnummer 100190

Verwaltungsgericht Saarlouis: Beschluss vom 18.12.2009 – 7 K 805/08

Zur Maßnahmebemessung bei unerlaubter Hilfeleistung in Steuersachen und damit einhergehender Steuerhinterziehung und nicht angezeigter Ausübung einer Nebentätigkeit durch einen Finanzbeamten des gehobenen Dienstes, wenn dieses Verhalten nach Einschätzung des Gerichts in erster Linie in Hilfsbereitschaft seine Ursache hatte (Einzelfall).


VG Saarlouis
Urteil vom 18.12.2009
7 K 805/08
Tenor
I. Unter Abänderung der Disziplinarverfügung vom 25.08.2006 und des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2008 wird die verhängte Geldbuße von 3.000 EUR auf 2.000 EUR herabgesetzt.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Mit Disziplinarverfügung vom 25.08.2006, seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 26.08.2006, verhängte der Vorsteher des Finanzamts gegen den Kläger als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße in Höhe von 3.000 EUR, die er wie folgt begründete:
"Nach den o.a. Disziplinarverfahren zugrunde gelegten Feststellungen der Steuerfahndung vom 22.06.2005 hat Ihr Mandant in den Jahren 1999 - 2004 in 34 Fällen gegenüber Dritten unerlaubt Hilfe in Steuersachen geleistet, indem er Steuererklärungen fertigte bzw. bei der Anfertigung behilflich war. Darüber hinaus hat er im genannten Zeitraum aus den vorerwähnten Tätigkeiten Entgelte erzielt, die er nicht versteuert hat. Laut Schlussbericht der Steufa vom 22.06.2005 handelt es sich hierbei in den Jahren 1999 - 2004 um einen Gewinn von jeweils 899 Euro. Außerdem hat Ihr Mandant gegen die Genehmigungvorschriften der §§ 79 SBG, 5 der Nebentätigkeitsverordnung (NtVO) verstoßen. Es liegen somit Verstöße gegen §§ 370 AO, 160 StBerG und 79 SBG, 5 NtVO vor. Ihr Mandant war voll geständig.
Durch sein Verhalten hat Herr ... vorsätzlich ein Dienstvergehen nach § 92 SBG begangen. Mit dem allgemeinen beamtenrechtlichen Gebot, durch das Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die der Beruf erfordert, ist die entgeltliche private Hilfe eines Angehörigen der Finanzverwaltung in Steuersachen unvereinbar. Dasselbe gilt hinsichtlich der Steuerhinterziehung und auch des Verstoßes gegen die beamtenrechtlichen Genehmigungsvorschriften.
Im übrigen bilden die von Ihrem Mandanten begangenen Pflichtwidrigkeiten ein einziges Dienstvergehen (Gesamtkommentar Öffentliches Dienst - GKÖD - Bd. II: DisR, § 14 Anm. 56). Da im vorliegenden Fall gegen Herrn ... nur wegen der unbefugten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen ein Bußgeld verhängt, das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wegen der von ihm begangenen Steuerhinterziehung aber nach § 153 der Strafprozessordnung eingestellt wurde, ist § 14 Abs.1 Nr.1 SDG vorliegend nicht anwendbar, die Verhängung einer Geldbuße ist weiterhin möglich (vgl. GKÖD aaO mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).
Bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme waren die Fakten gegeneinander abzuwägen. Einerseits hat es Ihren Mandanten besonders belastet, dass er eine hohe Anzahl von unerlaubten Hilfeleistungen über einen langen Zeitraum hinweg durchgeführt und die dabei erzielten Gewinne nicht versteuert hat. Andererseits ist ihm zugute zu halten, dass er voll geständig war und nach dem Bekunden der Steuerfahndung bei der Aufklärung der Angelegenheit konstruktiv mitwirkte. Er ist darüber hinaus disziplinarrechtlich nicht vorbelastet und ist seinen dienstlichen Verpflichtungen immer in vollem Umfang nachgekommen. Insofern erscheint eine Geldbuße vertretbar.
Nach § 7 Abs. 1 SDG kann die Geldbuße bis zur Höhe der monatlichen Dienstbezüge des Beamten auferlegt werden. Es handelt sich hierbei um die Bruttobezüge (Juncker, Saarl. Beamtenrecht, Teil B - E, SDG, § 7 Anm. 3). Angesichts der im letzten Absatz gemachten Ausführungen erscheint eine Geldbuße in Höhe von 3.000 Euro angemessen."
Der hiergegen am 04.09.2006 eingelegte, auf die Höhe der verhängten Geldbuße beschränkte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Ministeriums der Finanzen vom 17.07. 2008, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 22.07.2008, mit folgender Begründung zurückgewiesen:
" Sachverhalt
Der am …1950 geborene Beamte war am 01.08.1968 als Finanzanwärter beim Finanzamt in die saarländische Finanzverwaltung eingestellt worden. Nach Ablegung der Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst ist er mit Wirkung vom 01.08.1971 zum Steuerinspektor z.A. ernannt und dem Finanzamt zur Dienstleistung zugewiesen worden; die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit ist mit Urkunde vom 10.01.1977 erfolgt.
Mit Verfügung vom 11.06.1997 wurde Herrn ... der Dienstposten des Bearbeiters in der Rechtsbehelfsstelle, der Klagen und Revisionen bearbeitet, übertragen; der bezeichnete Funktionsbereich ist ausweislich des Dienstpostenbewertungskatalogs der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnet.
Mit Urkunde vom 30.12.1997 ist er - unter Verleihung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 12 - zum Steueramtsrat ernannt worden.
Der Beamte ist seit 1973 verheiratet; aus der Ehe sind zwei Kinder, eine Tochter (geb. 1976) und ein Sohn (geb. 1987), hervorgegangen.
Auf Grund einer an das Landesamt für Finanzen adressierten anonymen Anzeige, wonach Herr ... nebenberuflich für ein Steuerberatungsbüro tätig sein soll, war gegen den Beamten am 08.03.2005 ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden.
Die Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndungsstelle für die Finanzämter des Saarlandes beim Finanzamt sind im Schlussbericht vom 22.06.2005 zusammengefasst worden. Danach hat Herr ... in den Jahren 1999 bis 2004 jeweils in 9 namentlich bekannten Fällen und in weiteren 25 nicht konkret benannten Fällen unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet. Dabei handelte es sich überwiegend um reine Einkommensteuerfälle; nach den vorliegenden Unterlagen sind in 3 Fällen auch Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuererklärungen und/oder ein Jahresabschluss von Herrn ... erstellt worden.
Der aus dieser Tätigkeit erzielte Gewinn, der lt. Steuerfahndung auf 899,- EUR (bzw. 1758,- DM) p.a. zu beziffern ist, wurde nicht in der Einkommensteuererklärung für die genannten Jahre erklärt, so dass die Einkommensteuer für die Jahre 1999 - 2004 zu niedrig festgesetzt wurde.
Wegen der unerlaubten geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen (Ordnungswidrigkeit nach § 160 des Steuerberatungsgesetzes) in den Jahren 2002 bis 2004 ist - nachdem für die Jahre 1999 bis 2001 Verfolgungsverjährung eingetreten war - am 06.03.2006 eine Geldbuße von 1.200 EUR rechtskräftig festgesetzt worden.
Das Steuerstrafverfahren ist gem. §§ 170 Abs. 2, 153 StPO eingestellt worden.
Die Einkommensteuerbescheide 1999 - 2004 sind zwischenzeitlich geändert worden.
Wegen der in Rede stehenden Verfehlungen hat der Vorsteher der Finanzamts dem Beamten mit Schreiben vom 09.05.2006 mitgeteilt, dass er gegen ihn das Disziplinarverfahren eingeleitet habe. Dabei wurden die Verfehlungen, die Gegenstand der disziplinarrechtlichen Ermittlungen sind, mitgeteilt und gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Nach Abschluss des Anhörungsverfahrens hat der Vorsteher des Finanzamts dem Beamten mit Disziplinarverfügung vom 25.08.2006 eine Geldbuße (§§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 S. 1 SDG) in Höhe von 3.000,- EUR auferlegt; die Disziplinarverfügung ist am 26.08.2006 zugestellt worden. Gegen diese Verfügung richtet sich der vorliegende Widerspruch der Prozessbevollmächtigten des Beamten; der Widerspruch ist am 04.09.2006 vorab per Telefax an das Finanzamt übersandt worden; das Original des Widerspruchschreibens ist dort am 05.09.2006 eingegangen.
Die Disziplinarakte nebst Disziplinarverfügung vom 25.08.2006 und der Widerspruch vom 04.09.2006 sind dem Ministerium für Finanzen mit Bericht vom 13.10.2006 zur Entscheidung vorgelegt worden.
Zu dem an die Prozessbevollmächtigten des Beamten gerichteten Schreiben vom 25.10.2006, in dem die dem Disziplinarverfahren zugrunde liegenden Feststellungen sowie die in Rede stehenden Verfehlungen nochmals zusammengefasst worden waren, ist keine Rückäußerung eingegangen.
Sodann hat das Ministerium der Finanzen mit Disziplinarverfügung vom 17.11.2006 neu entschieden und gegen den Beamten eine Kürzung der Dienstbezüge um 10 v.H. für die Dauer von 12 Monaten verhängt; mit der Disziplinarverfügung vom 17.11.2006 sollte auch der Widerspruch vom 04.09.2006 gegen die Disziplinarverfügung des Vorstehers des Finanzamts seine Erledigung finden.
Die gegen die Disziplinarverfügung des Ministeriums der Finanzen vom 17.11.2006 erhobene Klage beim Verwaltungsgericht des Saarlandes führte zur Aufhebung der letztgenannten Verfügung. (Anmerkung des Gerichts: Diese Disziplinarverfügung wurde mit seit dem 30.06.2008 rechtskräftigem Urteil der Kammer vom 20.05.2008 - 7 K 4/06.D - allein deshalb aufgehoben, weil sie nicht innerhalb der dreimonatigen Frist des § 35 Abs. 3 Satz 3 SDG ergangen war; eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem dem Kläger vorgeworfenen Dienstvergehen erfolgte hierbei nicht.)
Somit ist der Widerspruch vom 04.09.2006 gegen die Disziplinarverfügung des Vorstehers des Finanzamts noch zu bescheiden.
Entscheidungsgründe
Der Widerspruch ist zulässig, insbesondere ist er form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 41 Abs. 2 Saarl. Disziplinargesetz - SDG).
In der Sache führt der Widerspruch indes nicht zum Erfolg.
Angesichts der festgestellten dienstlichen Verfehlungen ist - unter Berücksichtigung der Gesamtumstände - die vom Vorsteher des Finanzamts durch die Verfügung vom verhängte Disziplinarmaßnahme (Geldbuße gem. § 7 SDG i.H.v. 3.000,- EUR) nicht zu beanstanden; vielmehr wäre aus Sicht der Widerspruchsbehörde vorliegend die Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von 12 Monaten um 10 v.H. (zehn Prozent) angezeigt gewesen. Einer Entscheidung zum Nachteil des Beamten steht indes § 42 Abs. 2 SDG entgegen.
Nach § 13 Abs. 1 SDG ergeht die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen; dabei richtet sich die Entscheidung nach den in § 13 Abs. 1 S. 2 ff. SDG genannten Kriterien und Gesichtspunkten.
Dem Disziplinarverfahren werden im Einvernehmen mit dem Beamten die durch die Steuerfahndungsstelle für die Finanzämter des Saarlandes im steuerstrafrechtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen zu Grunde gelegt, so dass eine darüber hinausgehende Beweiserhebung nicht erforderlich war. Nachdem der Beamte die dem Disziplinarverfahren zu Grunde liegenden Verfehlungen eingeräumt hat, bedurfte es einer gesonderten Beweiswürdigung nicht.
Danach ist zunächst zu würdigen, dass der Beamte - im Übrigen auch unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 79 Abs. 1 SBG i.V.m. der Nebentätigkeitsverordnung - über einen Zeitraum von mehreren Jahren und in einer Vielzahl von Fällen unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet und hiermit gegen § 68 S. 3 SBG verstoßen hat.
Das Verbot der Hilfeleistung in Steuersachen gründet sich - über die allgemeinen Aspekte des Steuerberatungsgesetzes hinaus - für Bedienstete der Steuer- und Finanzverwaltung insbesondere darauf, dass das zu schützende Vertrauen aller Steuerpflichtigen in die unparteiliche Aufgabenwahrnehmung durch die Finanzämter es nicht zulässt, dass einzelne Steuerbürger durch besondere Hilfeleistungen von Amtsträgern bevorzugt werden. Es muss bereits der Anschein vermieden werden, dass die durch Angehörige der Steuerverwaltung beratenen Steuerpflichtigen im Festsetzungs- oder Erhebungsverfahren begünstigt würden. Durch sein Verhalten, nämlich als Amtsträger der Steuerverwaltung über einen Zeitraum von 6 Jahren jeweils mehr als 30 Steuerpflichtigen entgeltlich Hilfe in Steuersachen zu leisten, wird - wie ausgeführt - das Vertrauen der Bürger in die unparteiliche Aufgabenwahrnehmung der Steuerverwaltung erschüttert. Genau dies ergibt sich im Übrigen auch aus der anonymen Anzeige, die Anlass für die straf- und dienstrechtlichen Ermittlungen gegen den Beamten waren.
Durch das Verschweigen der Gewinne aus der bezeichneten Tätigkeit in den Einkommensteuererklärungen 1999 bis 2004 hat der Beamte vorsätzlich die ihm gem. § 68 S. 3 SBG obliegende Pflicht verletzt, auch außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, das sein Beruf erfordert. Im Übrigen hat er durch Missachtung der sich aus § 150 Abs. 2 der Abgabenordnung ergebenden Verpflichtungen auch gegen den von ihm geleisteten Diensteid verstoßen.
Dies wiegt vorliegend zunächst insoweit besonders schwer, als von dem Beamten als Amtsträger in der Steuerverwaltung erwartet werden muss, dass er seinen Verpflichtungen im Rahmen des Besteuerungsverfahrens nachkommt, insbesondere im Rahmen der Steuererklärungen wahrheitsgemäß und vollständig Auskunft über die für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Verhältnisse erteilt. Von denjenigen, die als Amtsträger innerhalb des gesetzlichen Auftrags der Steuerverwaltung auftreten, muss selbstverständlich gefordert werden, dass sie ihren eigenen steuerlichen Verpflichtungen nachkommen. Folglich stellt ein vorsätzlicher Verstoß gegen steuerliche Verpflichtungen durch Steuerbeamte ein besonders schwerwiegendes Dienstvergehen dar.
Hinzu kommt, dass die durch unvollständige Einkommensteuererklärungen des Beamten bewirkte Steuerhinterziehung letztlich dazu geführt hätte, dass die geschuldete Einkommensteuer den Steuerberechtigten nicht zugeflossen wäre.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die in Rede stehenden Verfehlungen einen vorsätzlichen und schwerwiegenden Verstoß gegen Kernpflichten eines Finanzbeamten darstellen und dieses Verhalten somit auch geeignet ist, das Ansehen der Steuerverwaltung und des Berufsbeamtentums zu beeinträchtigen.
Ein Maßnahmeverbrauch (§ 14 SDG) in Folge des Bußgeldbescheides wegen des Verstoßes gegen das Steuerberatungsgesetz ist nicht eingetreten, weil Gegenstand des Bußgeldverfahrens - wegen Verfolgungsverjährung - nur die Jahre 2002 bis 2004 waren und das Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung gem. § 153 StPO eingestellt worden ist. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Dienstvergehens ist folglich die Ahndung des gesamten Dienstvergehens möglich. Darüber hinaus ist vorliegend auch eine zusätzliche Pflichtenmahnung (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 SDG) geboten, weil der Beamte trotz Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes über einen längeren Zeitraum und in einer Vielzahl von Fällen geschäftsmäßig unbefugte Hilfe in Steuersachen geleistet hat und die von ihm beratenen Steuerpflichtigen in überwiegender Zahl nicht benannt worden sind, somit also auch Wiederholungsgefahr besteht.
Angesichts der Art und Schwere des Dienstvergehens wäre vorliegend aus Sicht der Widerspruchsbehörde eine Kürzung der Dienstbezüge zu verhängen gewesen. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Widerspruch, der sich gegen die unmittelbaren Dienstvorgesetzten verhängte Geldbuße richtet, keinen Erfolg haben.
Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme konnte mit Blick auf die in Rede stehenden Verfehlungen nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der Beamte bereits im vorletzten Beförderungsamt der Laufbahn des gehobenen Dienstes befindet und ihm innerhalb der Finanzverwaltung eine herausgehobene Funktion in der Rechtsbehelfsstelle übertragen ist.
Zu Gunsten des Beamten ist berücksichtigt worden, dass er bereits 1968 in das Beamtenverhältnis berufen wurde und seither weder inner-, noch außerdienstlich Nachteiliges über ihn bekannt worden ist. Hinzu kommt, dass er nach Aufdeckung der Vergehen bei der weiteren Aufklärung des Sachverhalts und der Besteuerungsgrundlagen mitgewirkt und die in Rede stehenden Verfehlungen eingeräumt hat."
Hiergegen richtet sich die vorliegende, am 21.08.2008 bei Gericht eingegangene Klage, mit der der Kläger sich weiterhin ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldbuße wendet und meint, diese sei übersetzt, weil sein Persönlichkeitsbild nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Dabei macht er im Kern als mildernd geltend, dass er im Rahmen seines umfangreichen ehrenamtlichen und sozialen Engagements in vielfältiger Weise auf Hilfe in steuerlichen Angelegenheiten angesprochen worden, dadurch in eine faktische Zwangslage geraten sei und im Einzelfall, um nicht als pedantisch oder desozial zu erscheinen, den an ihn herangetragenen Ansinnen nachgegeben habe.
Der Kläger beantragt,
die mit Disziplinarverfügung des Beklagten vom 25.08.2006 in Gestalt Widerspruchsbescheides des Ministeriums der Finanzen vom 17.07.2008 verhängte Geldbuße auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die verhängte Disziplinarmaßnahme und macht geltend, dass alle als mildernd in Frage kommenden Umstände ausreichend berücksichtigt und gewürdigt worden seien.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, des Verfahrens 7 K 4/06.D, der Personalakte des Klägers und der Disziplinarakte, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 45 Satz 1, 52 Abs. 2, 3 Satz 1 SDG, 42 VwGO zulässige Anfechtungsklage führt in Anwendung des § 60 Abs. 3 SDG, wonach das Gericht bei der Klage gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung prüft und daher insoweit eine eigene, originäre Ermessensentscheidung zu treffen hat, zu der ausgesprochenen Herabsetzung der Geldbuße von 3.000 auf 2000 EUR.
Der Kläger hat ein Dienstvergehen begangen. Im Tatsächlichen hat er dieses dadurch zugestanden, dass er seine Rechtsbehelfe auf eine Überprüfung der Maßnahmebemessung beschränkt und dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass er die tatsächlichen Feststellungen der Disziplinarverfügung und des Widerspruchsbescheides selbst für zutreffend erachtet; seine Einlassungen in der mündlichen Verhandlung haben das bestätigt. Hinsichtlich der rechtlichen Einordnung als Dienstvergehen folgt das Gericht gemäß §§ 3 Satz 1 SDG, 117 Abs. 5 VwGO der Begründung der Disziplinarverfügung und des Widerspruchsbescheides, sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und stellt dies hiermit fest.
Die Maßnahmebemessung erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SDG nach pflichtgemäßem Ermessen. Nach § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SDG ist dabei zunächst auf die Schwere des Dienstvergehens abzustellen und das Persönlichkeitsbild des Beamten angemessen zu berücksichtigen; ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
Zwar ist bei Zusammentreffen mehrerer Dienstpflichtverletzungen grundsätzlich die am schwersten wiegende Verfehlung Ausgangspunkt für eine angemessene disziplinare Ahndung (ständige Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 08.09.2004 - 1 D 18/03 -, NVwZ-RR 2006, 45.) . Da die seitens des Klägers begangenen unerlaubten Hilfeleistungen in Steuersachen indes zwangsläufig nicht angezeigte Nebentätigkeiten waren und unweigerlich mit den dadurch bewirkten Steuerhinterziehungen einhergingen, wäre hier eine Aufspaltung künstlich und wirklichkeitsfremd und erscheint daher - entsprechend der Bewertung des gesamten Verhaltens als einheitliches Dienstvergehen - eine Gesamtbetrachtung angebracht.
Diese Gesamtbetrachtung ergibt gerade für einen Beamten des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung in der konkreten Situation des Klägers, dass es sich weder um ein "Kavaliersdelikt" noch um eine Bagatelle handelt, sondern um eine durchaus gewichtige Verfehlung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Kläger durch strafbares und ordnungswidriges Verhalten unter Schädigung seines Dienstherrn über immerhin sechs Jahre hinweg finanzielle Vorteile verschafft hat, obwohl er aus Steuermitteln alimentiert wird. Vor allem aber fällt ins Gewicht, dass der Kläger in der Rechtsbehelfsstelle des Finanzamts tätig war und Klagen und Revisionen zu bearbeiten hatte. Zwar handelte es sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen, jedoch bewegte es sich in unmittelbarer Nähe seiner dienstlichen Kernpflichten. Von daher hätte es für den Kläger eine Selbstverständlichkeit sein müssen, den an ihn herangetragenen Bitten um Hilfeleistung nicht zu entsprechen.
Bedenkt man dann noch, dass nichts dafür spricht, dass der Kläger sein pflichtwidriges Verhalten freiwillig aufgegeben hätte, wenn es nicht aufgrund einer anonymen Anzeige entdeckt worden wäre, sondern angesichts des zeitlichen Ablaufs - sein Verhalten erstreckte sich von 1999 bis 2004, die Anzeige erfolgte im März 2005 - im Gegenteil alles dafür spricht, dass er sein Verhalten fortgesetzt hätte - die insoweit seitens des Gerichts in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage war er "nicht im Stande" zu beantworten -, so ist eine Geldbuße im oberen Bereich sicher angebracht.
Allerdings erscheinen 3.000 EUR zu hoch gegriffen. Zwar vermag sich der Vortrag des Klägers, er sei im Rahmen seines ehrenamtlichen und sozialen Engagements in vielfältiger Weise auf Hilfe in steuerlichen Angelegenheiten angesprochen worden, dadurch in eine faktische Zwangslage geraten und habe im Einzelfall, um nicht als pedantisch oder desozial zu erscheinen, den an ihn herangetragenen Ansinnen nachgegeben, nicht zwangsläufig als mildernd auszuwirken; vielmehr muss von einem Finanzbeamten in der Position des Klägers erwartet werden, dass er auf derartige Ansinnen nicht eingeht und den "Bittstellern" höflich, aber bestimmt erklärt, dass er sonst ein Dienstvergehen, eine Ordnungswidrigkeit, möglicherweise sogar eine Straftat begehen würde.
Als Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist das Gericht jedoch zu der Erkenntnis gelangt, dass es dem Kläger bei seinem Tun wirklich nicht nur, nicht einmal in erster Linie um die Erlangung persönlicher, finanzieller Vorteile ging. Der als Vertreter des beklagten Finanzamts in der Verhandlung anwesende derzeitige Vorsteher des Finanzamts, der bereits in der Vergangenheit dienstlich mit dem Kläger zu tun hatte, hat diesen als außerordentlich hilfsbereiten Kollegen geschildert, der trotz beträchtlicher eigener Arbeitslast stets bereit war und ist, seine Kollegen bei auftretenden Problemen zu unterstützen; auf diese Hilfsbereitschaft sei im Kollegenkreis auch oftmals zurückgegriffen worden. Dieser kollegiale Charakterzug macht deutlich, dass das Persönlichkeitsbild des Klägers über diejenigen Umstände hinaus, dass seine dienstlichen Leistungen immer gut waren und dass er ansonsten weder disziplinar- noch strafrechtlich in Erscheinung getreten war, als positiv zu bewerten ist. Ausgeprägte Hilfsbereitschaft im Dienst als Ausdruck besonderer sozialer Kompetenz ist zunächst einmal etwas Positives, das es zu erhalten gilt. Von daher geht das Gericht davon aus, dass auch das vorliegend in Rede stehende außerdienstliche Verhalten des Klägers in erster Linie in dessen Hilfsbereitschaft seine Grundlage hatte. Diese Hilfsbereitschaft gilt es allerdings nicht zu erhalten. Insoweit hat der Kläger einzusehen und zu lernen, dass er solche außerdienstlichen Hilfeleistungen abzulehnen hat. Zur Erreichung dieses Ziels erscheint die reduzierte Geldbuße notwendig, aber auch ausreichend, zumal unter Berücksichtigung der im Ordnungswidrigkeitenverfahren verhängten Geldbuße bereits ein Betrag von über 3000 EUR erreicht ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 77 Abs. 2 und 4 SDG, 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 3 SDG, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

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