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27.01.2010 · IWW-Abrufnummer 094076

Landgericht Bonn: Urteil vom 27.10.2009 – 8 S 93/09


Landgericht Bonn
8 S 93/09
Tenor:
I. Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 25.03.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Siegburg – 116 C 12/09 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.217,37 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2009 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Herausgabe des Rußpartikelfilters des Herstellers L (Type-B , ABE-NR. #### ??##; mit der Aufschrift: ?? ####, ########, ? ### ### ####).
2.) Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 186,24 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2009 zu zahlen.
3.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 16 % und der Beklagte 84 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Die Kosten der Nebenintervention trägt die Streithelferin selbst.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.
Mangels Zulassung findet eine Revision nicht statt (§§ 542, 543 Nr. 1 ZPO). Eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 I ZPO) ist nicht zulässig, da der gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO für eine solche Beschwerde erforderliche Beschwerdewert von mehr als € 20.000,- nicht erreicht wird.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur hinsichtlich des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts Erfolg.
1.) Zwar rügt der Beklagte mit der Berufung zu Recht die Verletzung des § 139 II ZPO. Das erstinstanzliche Gericht hätte den damals noch nicht anwaltlich vertretenen Beklagten darauf hinweisen müssen, dass ihm die Beweislast für die behauptete Mangelfreiheit des eingebauten Rußpartikelfilters obliegt.
Die Kammer hat diesen Hinweis im Termin vom 15.09.2009 nachgeholt und dem Beklagten sowie der Streithelferin Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags gegeben. Auch unter Berücksichtigung dieses weiteren Vorbringens hat die Berufung jedoch in der Sache nur hinsichtlich des in der Berufungsinstanz erstmal geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts Erfolg.
Die Beweisbelastung des Beklagten hinsichtlich der Mangelfreiheit folgt aus der Bescheinigung vom 01.09.2008 (Bl.7 d.A.), in der seitens des Beklagten ausdrücklich bestätigt wird, dass in das Fahrzeug ein fehlerhafter Rußpartikelfilter eingebaut wurde. Insofern kann dahinstehen, ob diese Erklärung sogar als Schuldanerkenntnis i.e.S. gemäß § 781 BGB auszulegen ist. Jedenfalls dient die Bescheinigung dem Kläger der Beweiserleichterung und führt zu einer Beweislastumkehr mit der Folge, dass der Beklagte den Nachweis dafür zu erbringen hat, dass – entgegen dem Wortlaut der Erklärung – der von ihm im Fahrzeug des Klägers eingebaute Rußpartikelfilter fehlerfrei ist (vgl. allg. zur Auslegung im Sinne einer Beweiserleichterung: Palandt-Sprau, BGB 67.Aufl. § 781 Rz. 6 m.w.N.). Dies ist ihm nicht gelungen.
2.) Dem Kläger steht gemäß §§ 434 I Nr. 2, 437 Nr. 3, 280, 281 I 1 BGB gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Insbesondere hat das Amtsgericht zu Recht angenommen, dass der von dem Beklagten gelieferte Rußpartikelfilter mangelhaft ist.
Zwar liegt kein Mangel im Hinblick auf die mit dem Einbau erstrebte Steuervergünstigung bzw. die Erteilung der grünen Umweltplakette vor. Denn ausweislich der Kundeninformation des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) vom 05.03.2008 (Bl. 124, Anlage Sv3) bleibt auch für solche Rußpartikelfilter, deren allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) im zweiten Quartal 2007 gelöscht worden ist, die jedoch vor dem 20.10./11. 2007 gefertigt und in einen Diesel-Pkw eingebaut worden sind, die ABE erhalten und die Löschung hat auch keine negativen Auswirkungen auf die Erteilung der grünen Umweltplakette sowie auf die Steuervergünstigung. Da der Beklagte den Rußpartikelfilter unstreitig bereits am 06.09.2007, mithin vor den Stichtagen 20.10./11.2007, in den Pkw des Klägers eingebaut hat, fällt der Filter unter diese Regelung für "Alt-Filter".
Ein Mangel des Filters gem. § 434 I Nr. 2 BGB liegt jedoch im Hinblick auf die unzureichende Filterwirkung vor. Der Beklagte hat nicht den ihm obliegenden Beweis dafür erbracht, dass der eingebaute Rußpartikelfilter bezüglich der Filterwirkung die geschuldete Sollbeschaffenheit aufweist.
Unstreitig handelt es sich bei dem eingebauten Filter um einen Filter der Firma L GmbH dessen Typengenehmigungsnummer des KBA für die ABE "#### ??##" lautet. Ausweislich der Mitteilung des KBA vom 12.10.2007 (Bl. 117 d.A., Anlage N 21) ist für diese Nummer die ABE mit Antrag vom 10.10.2007 zurückgegeben und vom KBA mit selbem Datum gelöscht worden. Gemäß der Mitteilung des KBA vom 05.03.2008 erfolgte diese Löschung da die vorgeschriebene Filterwirkung für diese Systeme nicht bestätigt werden konnte (Bl. 124 d.A., Anlage Sv3). Diese unzulängliche Filterwirkung stellt einen Sachmangel dar, da sich der Filter nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und nicht die übliche und zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Zwar mögen der Steuervorteil und die Erlangung der Umwelt-Plakette das vorrangige Motiv des Klägers für den Einbau des Filters gewesen sein. Doch die gewöhnliche Verwendung und die dafür erforderliche Sollbeschaffenheit eines Rußpartikelfilters liegt in seiner Filterwirkung, insbesondere in der Verringerung des Feinstaubausstoßes.
Angesichts dieser Umstände hätte es dem hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Filters darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten oblegen, substantiiert dazu vorzutragen, weshalb gleichwohl der in den Pkw des Klägers eingebaute Filter eine ausreichende Filterwirkung hat. An einer solchen Substantiierung fehlt es jedoch.
Soweit der Beklagte im nachgelassenen Schriftsatz vom 06.10.2009 behauptet, der Rußpartikelfilter arbeite mängelfrei, da er die Partikelmasse um mindestens 40 % reduziere, so dass ein Partikelmasse-Grenzwert von 0,025 gr/km eingehalten werde, erfolgt dieser Vortrag "ins Blaue hinein". Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, worauf der Beklagte diese – im Widerspruch zur Löschung der ABE stehende - Behauptung stützt. Der hierfür angetretene Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens war nicht zu erheben. Der Beweisantritt stellt mangels Darlegung irgendwelcher greifbaren Anhaltspunkte für diese Behauptung bzw. der Angabe etwaiger Erkenntnisquellen einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar (vgl. zum Ausforschungsbeweis: Zöller-Greger, ZPO, 27.Aufl. vor § 284 Rz. 5 m.w.N.).
Auch dem im Schriftsatz der Streithelferin vom 06.10.2009 angebotenen Beweisantritt war mangels Erheblichkeit nicht nachzugehen. Soweit die Streithelferin behauptet, aus der Tatsache, dass das klägerische Fahrzeug nach Einbau des Rußpartikelfilters die Abgasuntersuchung des U ohne Beanstandung bestanden habe, folge, dass der Filter den gesetzlichen Anforderungen an den Wirkungsgrad genüge, ist dieser Einwand fachlich unzutreffend. Die Streithelferin stellt dabei auf die Einhaltung des sog. Trübungswertes ab. Dieser Wert hat jedoch keine Aussagekraft für die Frage der Wirksamkeit des Rußpartikelfilters. Insofern ist es aufgrund einer Vielzahl von Beiträgen in allgemein verbreiteten Printmedien sowie Fernsehsendungen (z.B. Artikel vom 13.01.2009 in C.de; Beitrag vom 25.11.2008 in G##.A.de; Sendebeitrag vom 28.09.2009 O-Fernsehen"N", 20.15 h) gerichtsbekannt, dass das Messergebnis der derzeit vorgeschriebenen Abgasuntersuchung nichts darüber aussagt, ob ein nachgerüsteter Rußfilter einwandfrei funktioniert. Im Rahmen der Abgasuntersuchung wird die Rauchgastrübung der Abgase mittels eines sog. Opazimeters gemessen. Die Menge der ausgestoßenen Rußpartikel und damit auch der Feinstäube, wird jedoch bei dieser Meßmethode gar nicht ermittelt. Mit der Methode werden daher selbst defekte Rußpartikelfilter nicht erkannt (vgl. z.B. die Aussage eines Kfz-Sachverständigen des U Nord im vorzitierten Beitrag der Zeitung C).
Auch der weitere Vortrag der Streithelferin gibt keine Veranlassung zu einer Beweiserhebung. Die pauschale Behauptung, der Filter funktioniere mangelfrei ist aus den oben dargelegten Gründen unbeachtlich, der hierauf gerichtete Beweisantritt läuft auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.
Hinsichtlich der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für den Schadensersatzanspruch nimmt die Kammer Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.
3.) Jedoch war der Beklagte gemäß § 274 ZPO nur Zug-um-Zug gegen Herausgabe des ausgebauten L-Rußpartikelfilters zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen. Der Beklagten kann im Hinblick auf den gemäß § 281 V BGB bestehenden Herausgabeanspruch ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 I ZPO) geltend machen. Diese Einrede hat er mit dem Berufungsschriftsatz erhoben. Ob der Beklagte zwischenzeitlich hinsichtlich der Entgegennahme des Filters in Annahmeverzug geraten ist, kann dahinstehen, denn ein Annahmeverzug hindert nicht eine Zug-um-Zug-Verurteilung (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 274 Rz. 2 m.w.N.).
4.) Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat der Beklagte im Rahmen des Schadensersatzes als erforderliche Aufwendungen zur Rechtsverfolgung zu erstatten (vgl. zur Erstattungsfähigkeit : Palandt- Heinrichs, a.a.O. § 249 Rz. 39 m.w.N.).
5.) Die ausgeurteilten Zinsansprüche folgen jeweils aus §§ 291, 288 I BGB.
6.) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I, 97 II, 101 I ZPO.
Für die Festsetzung der Kostenquote in erster Instanz hat das Gericht den Wert des Zurückbehaltungsrecht nach dem Restwert des ausgebauten Filters bemessen und diesen auf € 200,- geschätzt, d.h. ca. 1/3 des Neupreises (€ 635,66 ausweislich der Rechnung v. 07.09.07 (Bl. 6 d.A.).
Da der Beklagte die Einrede des § 273 BGB erstmals in der Berufungsinstanz erhoben hat, waren ihm gemäß § 97 II ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens ganz aufzuerlegen.
Kosten der Nebenintervention hat der Kläger nicht zu tragen (§ 101 I ZPO), da die Streitverkündung erst in der Berufungsinstanz ausgesprochen worden ist, für die eine Kostentragungspflicht des Klägers gemäß § 97 II ZPO nicht gegeben ist.
7.) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
8.) Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Gegenstandswert der Berufung: € 1.217,37

RechtsgebietWerkstattrechtVorschriften§§ 434 I Nr. 2; 437 Nr. 3, 281 I S. 1 BGB

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