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25.11.2009 · IWW-Abrufnummer 093734

Landgericht Magdeburg: Urteil vom 21.08.2008 – 31 O 77/08

1. § 641 Abs. 2 Satz 1 BGB ist auch auf die Vertragskette Architekt - Generalplaner - Auftraggeber anwendbar.


2. Durch diese Regelung soll widersprüchliches Verhalten des Generalplaners zu Lasten des Subplaners ausgeschlossen werden.


3. Rechnet der Generalplaner gegenüber dem Auftraggeber Leistungen des Subplaners aus Nachträgen ab, so hat der Generalplaner diese Nachträge grundsätzlich auch gegenüber dem Subplaner zu vergüten.


Landgericht Magdeburg

31 O 77/08

Verkündet am 21.10.2008

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

....

hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 07.10.2008 am 21.10.2008 ###

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37.978,12 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf 36.805,52 € seit dem 28.01.2008 sowie seit dem 20.02.2008 auf weitere 1.172,60 € zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung restlichen Architektenhonorars aus einer Honorarschlussrechnung.

Die Parteien schlossen mit Datum vom 14. / 27.01.2004 einen Planungsvertrag (Anl. K 1), mit dem die Beklagte die Klägerin mit Planungsleistungen für das Bauvorhaben ###. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde verwiesen.

Die Klägerin legte über von ihr erbrachte Leistungen Abschlagsrechnungen, deren Ausgleich bereits Gegenstand eines zwischen den Parteien geführten Rechtsstreits war. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Landgericht Magdeburg, Geschäftsnummer 31 O 81 / 06 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Mit Schlussrechnung vom 24.10.2007 (Anl. K 2) rechnete die Klägerin ihre Leistungen abschließend ab. Die Beklagte nahm in ihrer Schlussrechnungsprüfung (Anl. K 4) diverse Kürzungen vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schlussrechnung und die Schlussrechnungsprüfung verwiesen.

Zahlungen auf die Schlussrechnung leistete die Beklagte trotz Mahnung der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 24.01.2008 (Anl. K 5) nicht.

Für ihre außergerichtliche Tätigkeit in dieser Sache übersandten die Klägervertreter der Klägerin mit Schreiben vom 13.02.2008 eine Kostennote (Anl. K 7), die die Klägerin am 20.02.2008 ausglich.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten mit ihrer Klage Ausgleich der noch offenen Schlussrechnungsforderung sowie Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin behauptet, sie habe ihre Leistungen mängelfrei erbracht.
Sie ist der Ansicht, die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen ihrer Schlussrechnung seien ungerechtfertigt.

Sie ist der Ansicht, aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen stehe ihr eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 4 % zu.

Sie behauptet, die Beklagte habe sie mündlich mit der Überarbeitung der geprüften statischen Berechnung als 3. Nachtrag durch ihren Bauleiter im Rahmen einer Bauberatung im September 2004 beauftragt. Sie ist der Ansicht, die Beauftragung dieses Nachtrages sei von der Vertretungsvollmacht des Bauleiters umfasst gewesen, im Übrigen sei der Beklagten dessen Handeln auch nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht zuzurechnen.

Sie behauptet, sie habe sowohl die als 3. Nachtrag abgerechneten Leistungen als auch die aufgrund des Auftrages der Beklagten vom 01.11.2004 abgerechneten Leistungen erbracht. Die Beklagte habe diese Leistungen auch in vollem Umfang selbst gegenüber ihrer Auftraggeberin abgerechnet.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 37.978,12 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf 36.805,52 € seit dem 28.01.2008 sowie seit dem 20.02.2008 auf weitere 1.172,60 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin könne aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen nur eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 3 % abrechnen.
Die Beklagte bestreitet eine mündliche Beauftragung der Klägerin mit der Überarbeitung der geprüften statischen Berechnung und behauptet, ihr Bauleiter sei zu einer derartigen Beauftragung auch nicht bevollmächtigt gewesen.

Sie bestreitet die von der Klägerin im Rahmen des 2. Nachtrages abgerechneten Stunden mit Nichtwissen.
Sie behauptet, die gegenüber ihrer Auftraggeberin abgerechneten Leistungen beinhalteten auch von ihr selbst erbrachte Leistungen, die sich nicht mit den von der Klägerin erbrachten Leistungen deckten.

Die Beklagte macht an der Honorarforderung der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln geltend. Sie behauptet, die Ausführungsplanung der Klägerin sei mangelhaft. Die Kosten für die Mängelbeseitigung überstiegen einen Betrag in Höhe von 13.000,00 €.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, § 313 Abs. 2 ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht das von ihr geltend gemachte restliche Architektenhonorar gemäß § 631 Abs. 1 BGB i. V. m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Planungsvertrag in voller Höhe zu. Die von der Beklagten gegen die Forderung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

Die Klägerin kann nach den zwischen den •Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 4 % abrechnen.
Die Berechnung einer Nebenkostenpauschale in der genannten Höhe folgt aus § 4 des Planungsvertrages. Dort heißt es unter der Überschrift "Nebenkosten":
"Die nach § 7 HOAI mögliche Berechnung der Nebenkosten erfolgt insgesamt mit einer Pauschale von 4 % des Nettohonorars".

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus § 10 "Zusätzliche Vereinbarungen", soweit es dort unter Ziffer 10.1 u. a. heißt:

"Teilschlussrechnungen werden für die Leistungsphasen 3 - 4 nach der Kostenberechnung gelegt, die durch die OFD mit der baufachlichen Stellungnahme bestätigt wird".

Zwar hat die Geschäftsführerin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, Ziffer 10.1 beziehe sich auf sämtliche Kosten, d. h. auch auf die Nebenkosten. Beim Landesbetrieb Bau habe zum damaligen Zeitpunkt noch Unsicherheit geherrscht, in welcher Höhe die Nebenkosten zu bewerten seien, weshalb die Regelung in den Vertrag aufgenommen worden sei. Dem ist der Geschäftsführer der Klägerin entgegengetreten. Tatsächlich ergeben sich für die Kammer aus dem Vertrag keine Anhaltspunkte für die von der Beklagten vertretene Auffassung, weitergehende Beweisangebote hat die Beklagte nicht gemacht.

Gegen die Behauptung der Beklagten spricht bereits der ausdrückliche Vertragswortlaut in Ziffer 4. des Vertrages, der die Höhe der Nebenkosten ausdrücklich festlegt, ohne eine Einschränkung im Hinblick auf eine mögliche abweichend Bewertung des Landesbetriebes vorzunehmen. Diese Einschränkung ergibt sich auch nicht aus Ziffer 10.1; denn aus dem Wortlaut dieser Regelung lässt sich keine Verbindung zu Ziffer 4. des Vertrages herstellen.

Die Klägerin kann auch das von ihr geltend gemachte Honorar für die Zusatzleistungen Überarbeitung der geprüften statischen Berechnung sowie Mitwirkung bei der Bauüberwachung währen der Ausführung von Tragwerkseingriffen verlangen. Der Zahlungsanspruch ist begründet auf der Grundlage von § 641 Abs. 2 S. 1 BG.

Nach § 641 Abs. 2 S. 1 BGB wird die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, spätestens fällig, wenn und soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen. Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat. Die Vorschrift soll demjenigen, der die Werkleistung tatsächlich erbracht hat, seine Vergütung sichern, wenn der Dritte, der das Werk letztlich erhält, für diese Leistung gezahlt hat. Damit soll widersprüchliches Verhalten des Hauptunternehmers zu Lasten des Subunternehmers ausgeschlossen werden (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 641 BGB, Rdz. 7). Diese Interessenlage ist ohne weiteres auf die vorliegende Vertragskette Architektin —Generalplanerin — Auftraggeberin übertragbar.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Beklagte von ihrer Auftraggeberin das volle Honorar für die von der Klägerin abgerechneten Leistungen erhalten habe. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Die Beklagte hat lediglich behauptet, sie habe gegenüber ihrer Auftraggeberin eigene Leistungen abgerechnet, die sich nicht mit den Leistungen der Klägerin deckten, ohne darzulegen, welche Leistungen dieses sein sollen. Dass sie hierzu auch nicht bereit ist zeigt ihr Vortrag, sie sei nicht verpflichtet, der Klägerin ihre gegenüber ihrer Auftraggeberin vorgenommene Abrechnung offen zu legen. Insoweit erübrigten sich weitere Hinweise der Kammer. Da aufgrund des nicht erheblich bestrittenen Vortrages der Klägerin davon auszugehen ist, dass die Beklagte die von der Klägerin abgerechneten Zusatzleistungen in vollem Umfang gegenüber ihrer Auftraggeberin abgerechnet und auch in vollem Umfang vergütet erhalten hat, können die weiteren von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen die Vergütungsfähigkeit der von der Klägerin abgerechneten Zusatzleistungen dahinstehen; denn insoweit greifen die bereits dargelegten Grundsätze der Durchgriffsfälligkeit ein. Auf die streitigen Fragen der Beauftragung und Ausführung der abgerechneten Zusatzleistungen sowie auf die ursprüngliche Begrenzung der Stundenzahl in dem Auftragsschreiben der Beklagten vom 01.11.2004 auf maximal 150 Stunden kommt es damit nicht mehr an.

Die Beklagte kann an der Klageforderung kein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln geltend machen.

Ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn eine Nachbesserung der nach dem Vortrag des Auftraggebers mangelhaften Leistung nicht mehr möglich ist, da die Möglichkeit der Nachbesserung Voraussetzung für ein Zurückbehaltungsrecht ist. Das Zurückbehaltungsrecht ist danach ausgeschlossen, wenn ein nicht mehr behebbarer Planungsmangel des Architekten vorliegt, was der Fall ist, wenn das Bauwerk bereits errichtet wurde, da sich der Planungsmangel dann bereits manifestiert hat (vgl. BGHZ 43, 227, 232; s. auch BGH, NZBau 2003, 38). Das von der Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht scheidet danach aus, da sich der von der Beklagten behauptete Planungsmangel bereits in dem errichteten Bauobjekt manifestiert hat. Hierauf worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2007 ebenso hingewiesen wie darauf, dass damit allenfalls die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Betracht kommt. Ein derartiges Recht hat die Beklagte in den nachgelassenen Schriftsätzen nicht geltend gemacht.

Die von der Klägerin geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet, §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 3 S. 1 BGB.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 3 S. 1 BGB, 288 Abs. 1, Abs. 2 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

RechtsgebieteBGB, HOAIVorschriftenBGB § 641 Abs. 2 Satz 1; HOAI § 8

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