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06.11.2009 · IWW-Abrufnummer 093552

Landessozialgericht Bayern: Urteil vom 16.05.2006 – L 5 KR 34/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 5 KR 34/06
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 03.11.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin vom 01.01.2003 bis 12.09.2003 versicherungspflichtig in der Sozialversicherung war.
Die 1972 geborene Klägerin leidet an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Sie verfügt über den qualifizierten Hauptschulabschluss; eine Lehre als Musikalienhändlerin wurde nach 1,5 Jahren abgebrochen.
Zusammen mit dem Beigeladenen zu 1) betrieb sie gemäß Gewerbeanmeldung vom 22.09.2000 die Gaststätte "S. Hof" in N ... Die entsprechende Erlaubnis datiert vom 11. bzw. 12.01.2001. Gaststättenpächter war der Beigeladene zu 1) allein (Pachtvertrag vom 31.07.2000). Mit diesem wohnte die Klägerin zusammen unter der Adresse F.straße in P ...
Mit Wirkung zum 01.01.2003 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Bedienung und im Ausschank für 15 Stunden/Woche, Donnerstag bis Samstag von 19.00 bis 24.00 Uhr, bei einer Bruttovergütung von 480,00 EUR/Monat. Das Gaststättengewerbe meldete der Beigeladene zu 1) am 11.02.2003 rückwirkend zum 01.02.2003 auf sich als Alleininhaber um. Aufgrund der Angaben der Klägerin im Fragebogen vom 16.03.2003 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.2003 fest, dass die Klägerin ab 01.01.2003 nicht in der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei. In einer Gesamtschau der Indizien ergebe sich, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht bestehe. Das Tätigkeitsfeld der Klägerin habe sich zum 01.01.2003 nicht geändert. Demgegenüber erhalte die Klägerin jedoch nur ein geringes Entgelt, was nicht zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zum Beigeladenen zu 1) führen könne, wie es einem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber entspräche. Die unterschiedlichen Daten des Arbeitsvertrages und der gewerberechtlichen Meldungen ließen auf ein fingiertes Arbeitsverhältnis schließen, was zu dem Zwecke hergestellt worden sei, der Klägerin den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung angedeihen zu lassen. Zudem habe der Beigeladene zu 1) erst zum 12.02.2003 die Vergabe einer Betriebsnummer als Arbeitgeber beantragt.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren ergab sich, dass die Klägerin im Einfamilienhaus des Beigeladenen zu 1) im obersten Stock wohnte und dafür weder Miete noch Nebenkosten zu zahlen hatte. Sie war bereits 2002 mehrfach in ärztlicher Behandlung gewesen, welche die Sozialhilfeverwaltung getragen hatte. Lohnunterlagen für den bar ausgezahlten Lohn waren nicht vorhanden, gleichzeitig zahlte der Beigeladene zu 1) Rechnungen und Schulden der Klägerin und gab dieser oftmals ein Taschengeld während deren Krankenhausaufenthalte. Demgegenüber machte die Klägerin geltend, sie habe bis Ende 2002 zusammen mit dem Beigeladenen zu 1) die Gaststätte "S. Hof" betrieben und sei im Wesentlichen für das musikalische Angebot verantwortlich gewesen. Dies habe sie jedoch krankheitsbedingt in diesem Umfang nicht mehr leisten können, so dass sie ab 01.01.2003 als Arbeitnehmerin beschäftigt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, die Klägerin sei krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten in der Gaststätte zu erbringen. Der Beigeladene zu 1) habe ihren Lebensunterhalt bestritten, von einem weisungsgebundenen, abhängigen Beschäftigungsverhältnis könne nicht ausgegangen werden.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut hat die Klägerin die Feststellung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ab 01.01.2003 begehrt. Der Beigeladene zu 1) habe bis Ende 2002 die Leistungen eines Gastwirts und Gaststättenbetreibers erbracht, während sie abendlich die Musikgestaltung betrieben und selbst die Musik gemacht habe. Gesundheitlich sei ihr dies zum Jahreswechsel 2003 nicht mehr möglich gewesen, so dass sie seither als Bedienung und Ausschankhelferin beschäftigt sei.
Das Sozialgericht hat Befund- und Behandlungsberichte der Klägerin, insbesondere von stationären Aufenthalten Ende 2002 sowie aus dem Jahr 2003 beigezogen. Im Verhandlungstermin 03.11.2005 hat der Beigeladene zu 1) angegeben, die Klägerin habe mit ihm zusammen die Gaststätte betrieben und sei für Live-Musik verantwortlich gewesen. Krankheits- und alkoholbedingt habe sich ihr Zustand verschlechtert, so dass sie ihre musikalischen Darbietungen nicht mehr habe leisten können. Sie habe sich im Grunde aber um den gesamten Betrieb gekümmert. Zwar habe sie ab 01.01.2003 nur noch tagsüber arbeiten sollen, sie sei jedoch immer wieder in der Gaststätte gewesen und habe deutlich mehr als 480,00 EUR im Monat als Entgelt erhalten. Er habe mit ihr im gemeinsamen Haushalt gelebt, sie habe keine Miete gezahlt, er habe ihre Rechnungen sowie Schulden beglichen. Im Juni 2003 habe er wegen einer längerfristigen Therapie der Klägerin seinen bis dahin ausgeübten Beruf im Heizungsservice aufgegeben und die Gaststätte schließlich selbst betrieben.
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin stehe ab 01.01.2003 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen zu 1). Vielmehr sei sie auch über den 31.12.2002 hinaus tatsächlich Mitunternehmerin der Gaststätte "S. Hof" gewesen. Das im Arbeitsvertrag angegebene Entgelt sei unzutreffend, vielmehr habe sie nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) von diesem deutlich mehr erhalten. Der ärztlichen Dokumentation sei zu entnehmen, dass die Klägerin deutlich mehr als nur 15 Stunden/Woche gearbeitet habe. Damit korrespondiere die Aufgabe der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Heizungsservicetechniker erst im Laufe des Jahres 2003. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprächen somit dem im schriftlichen Arbeitsvertrag angegebene Beschäftigungsverhältnis, so dass die Beweisführungslast zu Ungunsten der Klägerin gehe.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und sich auf den geschlossenen Arbeitsvertrag berufen. Der Beigeladene zu 1) habe bestätigt, dass sie nicht mehr die Gaststätte habe betreiben und keine Musik mehr habe darbieten können, so dass sie nur noch als abhängig beschäftigte Kellnerin sowie im Ausschank tätig gewesen sei. Versäumnisse des Beigeladenen zu 1) in der rechtzeitigen Gewerbeummeldung dürften nicht zu ihren Lasten gehen. Die Angaben im Rahmen ärztlicher Behandlung dürften nicht als Beweismittel gewertet werden. Im Übrigen sei der Beigeladene zu 1) nicht Heizungsmonteur in einem Hauptberuf gewesen, sondern habe nur sporadisch bei Notfällen gearbeitet; hauptberuflich sei er jedoch stets Gastwirt gewesen. Die Beweisführungslast dürfe nicht ihr aufgebürdet werden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 03.11.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2003 aufzuheben und festzustellen, dass sie in der Zeit vom 01.01.2003 bis 12.09.2003 bei dem Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 03.11.2005 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2006 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151, 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2003, mit welchem sie festgestellt hat, dass die Klägerin ab 01.01.2003 nicht versicherungspflichtig in der Sozialversicherung ist. Diese Entscheidung ist zu Recht ergangen, wie das Sozialgericht Landshut zu Recht ausgeführt hat. Zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestand im strittigen Zeitraum vom 01.01.2003 bis 12.09.2003 kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs.1 SGB IV.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten ist zunächst § 28h Abs.2 SGB IV, wonach sie als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung zu entscheiden hat. Wie das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat, bestand ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs.1 SGB IV, insbesondere ein Arbeitsverhältnis nicht. Der Senat weist insoweit die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG) mit der Maßgabe, dass die vom Sozialgericht aufgeführten Tatsachen das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses widerlegen. Insoweit gebührt den tatsächlichen Verhältnissen der Vorrang; auf die Frage der Beweisführungslast kommt es nicht an.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin auch in der Berufungsinstanz im Wesentlichen ihren Sachvortrag wiederholt hat. Soweit sie die Angaben des Beigeladenen zu 1) anders wertet als das Sozialgericht, folgt dem der Senat nicht.
Die Berufung musste deshalb in vollem Umfang ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).

RechtsgebietSGB IVVorschriften§ 7 SGB IV

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