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26.10.2009 · IWW-Abrufnummer 093490

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 03.09.2009 – L 21 KR 51/09 SFB

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 21 KR 51/09 SFB

Der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 19.05.2009 wird aufgehoben und der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die der Antragsgegnerinnen sowie der Beigeladenen zu 2) zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen trägt die Antragstellerin. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerinnen trägt die Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerinnen und die Beigeladene zu 2) im Verfahren vor der Vergabekammer sowie durch die Antragsgegnerinnen im Beschwerdeverfahren wird für notwendig erklärt.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerinnen und Antragsgegnerinnen (AG) haben den Abschluss von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) im offenen Verfahren europaweit (Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union 2008/S. 222-295505 vom 14.11.2008, berichtigt durch 2008/S. 238-315545 vom 06.12.2008) ausgeschrieben. Die Ausschreibung umfasst 18 - jeweils auf einen Wirkstoff bezogene - Lose:

Los 1 Amitriptylin
Los 2 Atenolol
Los 3 Bisoprolol
Los 4 Carvedilol
Los 5 Citalopram
Los 6 Clozapin
Los 7 Doxepin
Los 8 Fentanyl
Los 9 Gabapentin
Los 10 Levodopa/Carbidopa
Los 11 Lorazepam
Los 12 Metoprololsuccinat
Los 13 Metoprololtartrat
Los 14 Mirtazapin
Los 15 Opipramol
Los 16 Risperidon
Los 17 Sotalol
Los 18 Trimipramin

Es ist vorgesehen, Rabattverträge mit jeweils drei Bietern je Los zu schließen. Die Verträge (die ursprünglich zum 01.05.2009 in Kraft treten sollten) haben eine Laufzeit von zwei Jahren mit einer zweimaligen einseitigen Verlängerungsmöglichkeit durch die AG von je einem Jahr. Mindestabnahmemengen von Arzneimitteln werden nicht garantiert. Der Auftragnehmer gewährt absolute Rabatte auf alle Arzneimittel eines Wirkstoffs, die Vertragsgegenstand geworden sind. Der Rabatt ist (zwar) für jedes Los (jeden Wirkstoff) einheitlich anzubieten, jedoch besteht keine Verpflichtung, jedes von dem betreffenden Unternehmen produzierte Arzneimittel des betreffenden Wirkstoffs (jede Pharma-zentralnummer (PZN)) anzubieten. Die Wirtschaftlichkeit der Angebote beurteilt sich nach den Verdingungsunterlagen ausschließlich an Hand des Kriteriums der erzielbaren Einsparungen. § 10 Abs. 1 des Vertragsentwurfs regelt den Eintritt des Ruhens des Vertrages:

"Für den Fall, dass der Apothekenverkaufspreis (AVP) abzüglich des Rabattes der von diesem Vertrag erfassten Arzneimittel höher ist als der drittgünstigste AVP der austauschfähigen Arzneimittel (vgl. § 4 Rahmenvertrag gemäß § 129 Abs. 2 SGB V in der jeweils gültigen Fassung, abzurufen unter www.vdak-aev.de), kann der Vertrag durch einseitige Erklärung der Kooperationskassen zum Ruhen gebracht werden. Der Vertrag ruht sodann ab Veröffentlichung durch die ABDATA für das betroffene Fertigarzneimittel."

Die Antragstellerin (AS) sowie die (zum Konzern der AS gehörige) Firma T gaben am 12. Januar 2009 jeweils Angebote zu den Losen 4 (Wirkstoff Carvedilol) und 9 (Wirkstoff Gabapentin) ab. Zuvor hatten sie jeweils mit Schreiben vom 24.11.2008, 28.11.,2008, 11.12.2008, 17. bzw. 18.12.2008 und 23.12.2008 gleichlautende Rügen im Hinblick auf das Vergabeverfahren erhoben.

Am 03.02.2009 hat die AS bei der Vergabekammer (VK) des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragt.

Die AS hat die Auffassung vertreten, der ausgeschriebene Rabattvertrag betreffe einen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Dieser sei vergaberechtswidrig, weil er keine ausreichende Regelung darüber treffe, nach welchen Kriterien die Einzelaufträge, nämlich die Abgabe der einzelnen Arzneimittel, unter den erfolgreichen Bietern zu verteilen seien. Zu beanstanden sei auch die Ruhensregelung in § 10 Abs. 1 des Rabattvertrages.

Die VK hat die AG durch Beschluss vom 19.05.2009 verpflichtet, bei Fortbestehen der Vergabeabsicht das Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der VK spätestens ab der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu wiederholen. Die VK hat die Regelung der Vergabe der Einzelaufträge (Abgabe der Arzneimittel durch den Apotheker) sowie § 10 Abs. 1 des Rabattvertrags für vergaberechtswidrig gehalten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung Bezug genommen.

Gegen den ihr am 20.05.2009 zugestellten Beschluss der VK haben die AG am 28.05.2009 sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung bringen sie vor: Der Nachprüfungsantrag der AS sei unzulässig, weil ein öffentlicher Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 GWB nicht vorliege. Insofern fehle es an der auch vom erkennenden Senat geforderten Exklusivität des angestrebten Rahmenrabattvertrages. Der Abschluss weiterer Rabattverträge sei gerade nicht ausgeschlossen. Ferner habe die AS gegen die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 GWB verstoßen, soweit sie sich gegen die ihrer Ansicht nach nicht hinreichende Festlegung von Bedingungen für die Einzelvergabe wende. Die AS habe lediglich gerügt, dass ihr insoweit ein außergewöhnliches Risiko auferlegt werde. Dies beinhalte lediglich die Rüge eines Verstoßes gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A, nicht jedoch eines Verstoßes gegen § 3a Nr. 4 Abs. 6 lit. a) VOL/A. Darüber hinaus fehle der AS die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB, weil sie nicht nachgewiesen habe, dass ihr durch die angeblich fehlenden Kriterien für die Einzelvergabe ein Schaden entstehen könne. Eine Chance der AS auf die Erteilung des Zuschlags habe nicht bestanden; eine Rüge der angeblich fehlenden Kriterien für die Vergabe der Einzelaufträge könne nur durch die drei Rabattvertragspartner erfolgen. Schließlich fehle es auch am Rechtsschutzbedürfnis. Die AS sei wegen Verstoßes gegen den Wettbewerbsgrundsatz zwingend von einem weiteren Vergabeverfahren auszuschließen, weil sie gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs verstoßen habe; dieser Schluss sei gerechtfertigt, weil sie gemeinsam mit der früheren Antragstellerin T gleichlautende Rügen erhoben habe.

Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Es sei nicht vergaberechtswidrig, dass der Abschluss von Rabattverträgen mit drei Unternehmen vorgesehen sei. Dies sei nach § 3a Nr. 4 Abs. 5 VOL/A grundsätzlich zulässig. Die Bedingungen für die Vergabe der Einzelaufträge seien auch durch die gesetzlichen Regelungen hinreichend festgelegt. Diese ergeben sich aus § 129 Abs. 2 SGB V i.V.m. dem nach dieser Vorschrift geschlossenen Rahmenvertrag. Auch liege ein Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A nicht vor. In der Wahl eines gesetzlich zugelassenen Instruments, nämlich des Rahmenvertrags mit drei Unternehmen, könne schon von vornherein kein außergewöhnliches Wagnis erblickt werden. Weiter sei auch ein Verstoß gegen § 97 Abs. 5 GWB (Wirtschaftlichkeitsgebot) nicht gegeben.

Die vertragliche Ruhensregelung des § 10 Abs. 1 des Rabattvertragsentwurfs verstoße ebenfalls nicht gegen vergaberechtliche Vorgaben. Diese Vorschrift stelle nur den Vollzug der gesetzlichen Regelung des § 129 SGB V und des § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar und gewährleiste, dass durch die Ausführung des Rabattvertrags tatsächlich dem gesetzgeberischen Ziel im Rahmen des § 130a Abs. 8 SGB V und dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung getragen werde. Die Frage, ob eine Anpassung des Rabattes zur Verhinderung einer vertraglichen Konsequenz (Ruhen des Vertrages) eine unangemessene Benachteiligung darstelle, sei eine Frage, die dem Vertragsabschluss nachgelagert sei. Nur nach Vertragsabschluss könne es überhaupt zur Situation des § 10 des Rabattvertrags kommen. Die VK nehme eine unzulässige Inhaltskontrolle des Vertrages vor, wenn sie die Ruhensregelung für unangemessen erachte.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

1.den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt vom 19.05.2009, Az.: VK 2-15/09, aufzuheben und den Nachprüfungsantrag vom 03.02.2009 zurückzuweisen,
2.der AS die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen aufzuerlegen,
3.die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die AG für notwendig zu erklären.

Die Antragstellerin beantragt,

1.die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 19.05.2009, Az.: VK 2-15/09 zurückzuweisen,
2.die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin,
3.es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die AS notwendig war.

Sie entgegnet: Der zu schließende Rabattvertrag sei als öffentlicher Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 GWB zu beurteilen, weil damit für die Zuschlagsempfänger ein echter Wettbewerbsvorteil aufgrund der Vorschrift des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V verbunden sei. Sie habe auch keineswegs das Rügerecht hinsichtlich der unzureichenden Ausgestaltung der Vergabe der Einzelaufträge verloren, denn sie habe - und darauf komme es an - diesen Sachverhalt ausdrücklich gerügt; unerheblich sei, dass der Vergabeverstoß unter die richtige Norm subsumiert werde. Die Entscheidung der VK sei zutreffend; die fehlenden Regelungen hinsichtlich der Vergabe der Einzelaufträge könnten durch die gesetzlichen Regelungen und die Vereinbarungen des Rahmenvertrages nicht ersetzt werden. Willkürlichen Entscheidungen des Apothekers sei Tür und Tor geöffnet. Auch habe die VK im Hinblick auf § 10 Abs. 1 des Vertragsentwurfs zutreffend eine unangemessene Benachteiligung der Bieter angenommen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- sowie der VK- und der Vergabeakten.

II.

Die sofortige Beschwerde der AG ist begründet. Der angefochtene Beschluss der VK ist aufzuheben und der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Es erweist nicht als vergaberechtswidrig, dass die Vergabe der Einzelaufträge, nämlich die Abgabe der von den Rabattverträgen erfassten Arzneimittel an die jeweiligen Versicherten durch den Apotheker nach Maßgabe der geltenden gesetzlichen und vertraglichen Regelungen erfolgt. Auch verstößt § 10 Abs. 1 des Rabattvertragsentwurfs nicht gegen Vergaberecht.

Die Anwendbarkeit der §§ 97 bis 115, 128 GWB für die Zeit ab 18.12.2008 ergibt sich aus § 69 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl. I S. 2426); für die Zeit vor dem 18.12.2008 folgt dies aus einer EU-Richtlinien-konformen Auslegung der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 69 SGB V (in der Fassung des Gesetzes vom 23.04.2002, BGBl. I S. 1412). Demgegenüber sind auf das vorliegende Vergabeverfahren nicht die Regelungen des GWB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 (BGBl. I, S. 790 (GWB n.F.)) anwendbar, weil das Vergabeverfahren vor dem Inkrafttreten am 24.04.2009 begonnen hat (vgl. § 131 Abs. 8 GWB n.F.).

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Die AG sind öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB. Gesetzliche Krankenkassen werden - jedenfalls mittelbar - durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber zur GKV durch den Bund finanziert (vgl. §§ 3, 2, 71 SGB V) und unterliegen einer engmaschigen staatlichen Rechtsaufsicht (EuGH, Urteil vom 11.06.2009 -C-300/07 (Oymanns); vgl. auch Senat Beschluss vom 26.03.2009 - L 21 KR 26/09 SFB -).

Bei den hier zu beurteilenden Rahmenrabattverträgen handelt es sich um öffentliche Lieferaufträge im Sinne des § 99 Abs. 2 GWB. Die Frage, ob Arzneimittelrabattverträge nach § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V (ausnahmslos) als öffentliche Lieferaufträge i.S.d. vorgenannten Regelungen zu qualifizieren sind, bedarf näherer Prüfung, da (vordergründig) nicht von einer typischen Beschaffungssituation ausgegangen werden kann. Vertragsgegenstand ist nicht (primär) die Beschaffung von Waren (Arzneimitteln), sondern vielmehr die Gewährung von Rabatten auf Arzneimittel. Auch haben Krankenkassen keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte; zudem wirken bei der Abgabe der Arzneimittel an die Versicherten Apotheker mit. Vor diesem Hintergrund hat sowohl das LSG Baden-Württemberg (Beschlüsse vom 23.01.2009 - L 11 WB 5971/08 und vom 28.10.2008 - L 11 KR 4810/08 ER-B) als auch der erkennende Senat (vgl. nur Beschluss vom 26.03.2009 - L 21 KR 26/09 SFB) entschieden, dass ein öffentlicher Auftrag jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn durch vertragliche Abreden Exklusivität vereinbart und ein tatsächlicher Wettbewerbsvorteil für den Auftragnehmer bewirkt wird. Da diese Voraussetzungen seinerzeit eindeutig erfüllt waren, konnte ohne weiteres von der Existenz eines öffentlichen Auftrages ausgegangen werden. Soweit die AG im vorliegenden Fall demgegenüber geltend machen, es fehle am Merkmal der Exklusivität, weil der Abschluss weiterer Rabattverträge ausdrücklich nicht ausgeschlossen worden sei, so dass diese Handlungsoption für die AG bestehe, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Versicherte haben im Rahmen des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) gegenüber den Krankenkassen gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 31 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln. Dieser Anspruch wird durch den Vertragsarzt mit der ärztlichen Verordnung (§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V) konkretisiert und durch den Apotheker mit der Aushändigung des Arzneimittels erfüllt. Zwar wird dabei (in jedem Einzelfall) nach allgemeiner Ansicht ein Kaufvertrag zwischen Krankenkassen und Apotheken - ohne Beteiligung des pharmazeutischen Unternehmens - geschlossen. Andererseits stellt sich bei generalisierender (und wirtschaftlicher) Betrachtungsweise die Sachlage so dar, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wegen des Sachleistungsanspruchs der Versicherten, den sie mit Hilfe der Vertragsärzte und der Apotheker (und des Arzneimittelgroßhandels) erfüllt, letztlich Abnehmer und Kostenträger der Arzneimittel ist. Wer die jeweiligen Arzneimittel körperlich liefert und (an wen) aushändigt, ist bei der in diesem Zusammenhang gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise ohne Bedeutung (vgl. OLG Düsseldorf Beschlüsse vom 19.12.2007 - VII Verg 48/09 und VII Verg 50/07; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276); Burgi, NZBau 2008, 480 (484 f.); Byok, GesR 2007, 553 (556) m.w.N.). Zwar ist der exakte Umfang der Liefermenge der jeweiligen Medikamente nicht bekannt; aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit und ggfs. ergänzender Marktanalysen ist der Umfang der im Vertragszeitraum von den Krankenkassen abzunehmende Umfang der Liefermenge jedoch ohne weiteres ebenso zu kalkulieren wie auch die zu erzielende Ersparnis durch die eingeräumten Rabatte. Damit kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den Rabattverträgen auch um entgeltliche Verträge im Sinne des § 99 GWB handelt. Die Funktion des Merkmals "Entgeltlichkeit" liegt (ohnehin nur) darin, die wirtschaftliche Ausrichtung der erfassten Aufträge in Abgrenzung z.B. zur Verfolgung nur wohltätiger oder rein karitativer Zwecke zu bringen. Dabei ist der Entgeltbegriff weit auszulegen; eine synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung ist nicht zwingend erforderlich. Erfasst wird damit jede Art von Vergütung, die einen Geldwert haben kann (OLG Düsseldorf, Beschlüsse v. 19.12.2007, a.a.O.; Dreher in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 99, Rdn. 20 f.; Otting in: Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 99, Rdn. 7 ff.; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277), Burgi, NZBau 2008, 480 (485) jeweils m.w.N.).

Die Gewährung von Rabatten in den Verträgen nach § 130a SGB V führt - in Form der durch die Unternehmer an die Krankenkassen gezahlten "Rückvergütung" - zu dem Bezug preisvergünstigter Arzneimittel. Die Rabattverträge schlagen eine "Brücke" zwischen den pharmazeutischen Unternehmern und den Krankenkassen als den Abnehmern der produzierten Arzneimitteln. Das wirtschaftliche Ergebnis ist, dass sich die Krankenkassen nunmehr die von ihnen abgenommenen Arzneimittel zu einem günstigeren - nämlich rabattierten - Preis beschaffen können. Zugleich - und nur deshalb schließt der pharmazeutische Unternehmer den Rabattvertrag - ist für ihn der Rabattvertrag mit den hieran anknüpfenden, sich aus den gesetzlichen Regelungen (§ 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V) ergebenden Vorteilen verbunden. Aufgrund dieser Betrachtungsweise erscheint es ohne weiteres gerechtfertigt, den Abschluss von Rabattverträgen vergaberechtlich als die Lieferung preisvergünstigter Arzneimittel durch pharmazeutische Unternehmer an die Krankenkassen zu begreifen.

In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob es den AG (rechtlich oder tatsächlich) möglich wäre, weitere Rabattverträge mit weiteren pharmazeutischen Unternehmern zu schließen. Entscheidend ist allein, dass die jetzigen Zuschlagsempfänger den sich aus der Ersetzungspflicht des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V ergebenden Wettbewerbsvorteil nutzen können. Es erscheint allerdings mehr als fraglich, ob die Rahmenrabattverträge im Falle des Abschlusses weiterer Verträge nicht mehr als öffentliche Aufträge zu qualifizieren wären. Denn auch dann würde sich an dem grundsätzlichen Bestehen eines Wettbewerbsvorteils nichts ändern. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn mit allen oder nahezu allen pharmazeutischen Unternehmern ein Rabattvertrag bestünde.

Die AS ist auch antragsbefugt i.S.d. § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB. Diese setzt neben dem Interesse des Bieters am Auftrag eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch die Nichtbeachtung bieterschützender Vergabevorschriften voraus. Ein Interesse der AS am Auftrag ist hier ohne Weiteres zu bejahen; dies ergibt sich regelmäßig schon aus dem Umstand der Angebotsabgabe (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 26.09.2006, Az.: X ZB 14/06). Hinsichtlich der Geltendmachung einer Verletzung in Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB reicht es aus, dass nach der Darstellung des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Unternehmens eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint. Wegen des Gebots zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist im Rahmen der Antragsbefugnis nur die schlüssige Behauptung erforderlich und regelmäßig ausreichend, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Laufe des Vergabever-fahrens mißachtet worden sein sollen und dass dies bei dem Bieter zu einem möglichen Schaden geführt hat (BGH Beschluss vom 26.09.2006 a.a.O. mit weiteren Nachweisen [m.w.N.]).

Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren von der AS aufrecht erhaltenen Rügen zu bejahen: Die Rüge, es verstoße gegen die vergaberechtlichen Prinzipien der Transparenz, des Wettbewerbs und der Diskriminierungsfreiheit, wenn nicht im Einzelnen klar geregelt werde, nach welchen Kriterien die Vergabe der Einzelaufträge erfolgt, beinhaltet die Behauptung einer derartigen Rechtsverletzung. Die AS ist auch nicht etwa daran gehindert, diese Rügen zu erheben, weil sie nicht zu den drei für den Zuschlag ins Auge gefassten Unternehmen zählt. Die Frage, nach welchen Kriterien die Einzelvergabe erfolgt, ist durchaus bereits für die Angebotsabgabe kalkulationserheblich und lässt einen möglichen Schaden der AS denkbar erscheinen. Entsprechendes gilt für die Behauptung, § 10 Abs. 1 des Rabattvertragsentwurfs sei vergaberechtswidrig.

Ein Verlust des Rügerechts gemäß § 107 Abs. 3 GWB ist nicht eingetreten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Die AS hat hier (auch) die ihrer Ansicht nach unzureichende Regelung der Vergabe der Einzelaufträge in tatsächlicher Hinsicht gerügt; es ist unschädlich dass sie in diesem Zusammenhang zunächst eine andere Rechtsvorschrift als im anschließenden Nachprüfungsverfahren vor der VK genannt hat.

Auch ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht deshalb zu verneinen, weil die AS wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs ( vergl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.03.2009, L 9 KR 72/09 ER) von dem Ausschreibungsverfahren zwingend auszuschließen wäre. Allein aus der Versendung gleichlautender Rügeschreiben ist nicht auf die Verletzung dieses Grundsatzes zu schließen; an weiteren tatsächlichen Anhaltspunkten fehlt.

In der Sache erweist sich der Nachprüfungsantrag der AS jedoch als unbegründet.

Entgegen der Auffassung der VK liegt ein Verstoß gegen § 3a Nr. 4 Abs. 6 lit. a) in Verbindung mit Art. 32 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz der Richtlinie 2004/18/EG (Vergabekoordinierungsrichtline - VKR) und den allgemeinen vergaberechtlichen Prinzipien der Transparenz und des Diskriminierungsverbots nicht vor. Die AG durften hinsichtlich der Vergabe der Einzelaufträge an die gesetzliche Regelung zur Abgabe von Arzneimitteln i.V.m. dem auf der Grundlage des § 129 Abs. 2 SGB V geschlossenen Rahmenvertrag anknüpfen.

Die VK geht zunächst zutreffend davon aus, dass die Erteilung der Einzelaufträge - die Abgabe des jeweils einem Versicherten ärztlich verordneten Arzneimittels, das dem Rabattvertrag unterfällt - an § 3a Nr. 4 Abs. 6 lit. a) VOL/A bzw. der inhaltsgleichen Vorschrift des Artikels 32 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz VKR zu messen ist. Danach erfolgt die Vergabe von Einzelaufträgen, die auf einer mit mehreren Unternehmern geschlossenen Rahmenvereinbarung beruhen, nach den Bedingungen der Rahmenvereinbarung ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb, sofern alle Bedingungen festgelegt sind. Bereits der Wortlaut der Vorschrift(en) legt es nahe unter den "Bedingungen" die sich aus der Rahmenvereinbarung ergebenden "Vertragsbedingungen" für die Einzelaufträge, und nicht etwa die "Zuschlagskriterien" für die Einzelaufträge zu verstehen. Hiervon ist auch die VK unter Hinweis auf die Erläuterungen der Kommission zu Rahmenvereinbarungen (Dokument CC/2005/03 rev1 vom 14.07.2005, S. 3, 8) sowie Stimmen in der Literatur ausgegangen. Allerdings enthalten die o.g. Vorschriften keine ausdrücklichen Regelungen darüber, nach welchen Kriterien sich die Vergabe der Einzelaufträge richtet. Es kann jedoch nicht zweifelhaft sein, dass es solcher Kriterien bedarf, da anderenfalls für den Zuschlagsempfänger nicht absehbar (und kalkulierbar) wäre, in welchem Umfang er mit der Erteilung von Einzelaufträgen rechnen kann; es wäre mit dem Sinn und Zweck des Vergaberechts nicht zu vereinbaren, hielte man den Auftraggeber bei der Vergabe der Einzelaufträge für völlig frei und ungebunden. Letztlich herrschte dann unter den Zuschlagsempfängern des Rahmenvertrags ein (vergaberechts-) freier Raum. Damit stellt sich die (auch von der VK aufgeworfene) Frage, ob hinsichtlich der Vergabe der Einzelaufträge die (umfassenden) Zuschlagskriterien des Artikels 53 VKR oder (lediglich) die in Artikel 2 VKR normierten allgemeinen Grundsätze der Transparenz und Diskriminierungsfreiheit Geltung beanspruchen. Dies bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, weil die in den Rabattverträgen vorgesehene Regelung den Voraussetzungen beider Vorschriften genügt.

Die AG haben in den Rahmenrabattverträgen vorgesehen, dass sich die Abgabe der im Einzelfall verordneten Arzneimittel durch den Apotheker nach den allgemeinen - für von Rabattverträgen erfasste Arzneimittel - geltenden gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regelungen vollzieht. Die AG haben somit an die vom Gesetzgeber geschaffene Systematik hinsichtlich der Arzneimittelversorgung der Versicherten angeknüpft. Die vergaberechtliche Beurteilung der diese Arzneimittelversorgung regelnden Vorschriften hat die sozialversicherungsrechtliche Regelung in § 69 Abs. 2 Satz 3 SGB V zu beachten, denn hier ist angeordnet, dass bei der Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften des GWB der Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen besonders zu berücksichtigen ist. Diese Versorgung betrifft und regelt - gleichsam als Kehrseite - zugleich die Vergabe der Einzelaufträge an den pharmazeutischen Unternehmer.

Mit § 129 Abs. 2 Satz 3 SGB V sowie dem auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 129 Abs. 2 SGB V beruhenden Rahmenvertrag (in der zur Zeit gültigen Fassung vom 17.01.2009) hat der Gesetzgeber den Krankenkassen ein Instrumentarium an die Hand gegeben, das (auch) die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln, für die ein Rabattvertrag besteht, regelt. § 4 des Rahmenvertrages vom 17.01.2008 trifft detaillierte Regeln darüber, nach welchen Grundsätzen rabattierte Arzneimittel vom Apotheker abzugeben (oder: wie Einzelaufträge zu vergeben) sind. Damit weist der Gesetzgeber dem Apotheker eine verantwortliche Rolle bei der Erfüllung des Versorgungsanspruch des Versicherten zu. Dieses vom Gesetzgeber geschaffene System, dass die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen mit Arzneimitteln sicherstellt und dabei die Grundsätze der Qualität und der Wirtschaftlichkeit beachtet (§ 70 SGB V), genügt auch den Anforderungen des Vergaberechts.

Von den in Artikel 53 VKR genannten Kriterien, die das wirtschaftlich günstigste Angebot umschreiben, sind hier nur Preis und Zweckmäßigkeit sowie Lieferzeit/-frist einschlägig. Die Qualität der Arzneimittel ist bereits aufgrund der arzneimittelrechtlichen Zulassung gewährleistet. Der Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit findet in § 4 des Rahmenvertrages ebenfalls breiten Ausdruck. Gleiches gilt im Hinblick auf den Lieferzeitpunkt und die Lieferungsfrist (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Rahmenvertrag).

Entgegen der Ansicht der VK beachtet die nach dem Rahmenrabattvertrag vorgesehene Regelung zur Vergabe der Einzelaufträge die Grundsätze der Transparenz und Diskriminierungsfreiheit in hinreichendem Maße. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts dadurch, dass für den in § 4 Abs. 2 Satz 5 Rahmenvertrag geregelten Fall, dass die Anwendung dieser Regeln (nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Rahmenvertrag) zu dem Ergebnis führt, dass diese Voraussetzungen bei einer Krankenkasse auf mehrere rabattbegünstigte Arzneimittel zutreffen, der Apotheke unter diesen ein freies Wahlrecht eingeräumt wird (§ 4 Abs. 2 Satz 2). Dabei darf der Begriff des "freien Wahlrechts" nicht in dem Sinne missverstanden werden, dass dem Apotheker damit willkürliches Handeln gestattet würde. Auch hier bleibt die Bindung an die allgemeinen Grundsätze des SGB V, etwa die in § 70 SGB V normierten Grundsätze, erhalten. Gerade deshalb hat der Apotheker bei seiner Entscheidung über das im konkreten Einzelfall abzugebende Arzneimittel auch in der Person des Versicherten liegende Gesichtspunkte, wie z.B. den der Compliance oder den der Verträglichkeit (Nebenwirkungen bei gleichem Wirkstoff aber unterschiedlichen Trägersubstanzen), zu beachten. Die Erwägungen der VK, die diese hinsichtlich der möglichen Motive des Apothekers bei der Auswahl der Arzneimittel angestellt hat, berücksichtigen zum einen zwar auch diese in der Person von Versicherten liegenden Gesichtspunkte bei der Abgabe von Arzneimitteln. Andererseits geht die VK davon aus, dass sich der Apotheker auch z.B. von der Absicht zur Gewinnoptimierung leiten lässt; es sei nicht klar, welches Motiv des Apothekers im Einzelfall den Ausschlag gebe. Dies sei intransparent und diskriminierend. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Ausgangspunkt jeder (vergabe-)rechtlichen Würdigung muss zunächst sein, dass sich der Apotheker pflichtgemäß an die für ihn geltenden rechtlichen Vorschriften bei der Versorgung der Versicherten (z.B. § 70 SGB V) hält. Es kann deshalb nicht unterstellt werden, der Apotheker werde pflichtwidrig allein das Arzneimittel abgeben, das - aus welchen Gründen auch immer - seiner Apotheke den höchsten Profit oder andere Vorteile einbringt. Die dann zur Anwendung kommenden gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regeln sind transparent und diskriminierungsfrei. Sie bedürfen lediglich der pflichtgemäßen Anwendung durch den Apotheker auf den Einzelfall. Hier kommt dem Apotheker nach der gesetzlichen Systematik eine verantwortliche Rolle zu, weil nur er kraft seiner Fachkunde die im Einzelfall bei der Abgabe von Arzneimitteln in Betracht kommenden Umstände und Gesichtspunkte zu gewichten und würdigen versteht. Gerade auch die Auswahl unter mehreren von Rabattverträgen erfassten Arzneimitteln bedarf dieser Fachkunde, um dem Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit Arzneimitteln gerecht zu werden. Die Auffassung der VK würde den Apotheker zu einer bloßen "Ausgabestelle" von Arzneimitteln degradieren. Es erscheint auch nahezu - schon aus rein praktischen Gründen - unmöglich, in Rabattverträgen sämtliche in Betracht kommende Kriterien bei der Abgabe von Arzneimittel für den Apotheker bindend festzulegen. Es kann auch nicht - wie die AS meint - darauf ankommen, dass durch Gesetz oder Vertrag ohne weiteres eine gegenüber der jetzigen Rechtslage weitergehende Festlegung des Apothekers in Betracht käme, also rechtlich zulässig wäre. Entscheidend ist allein, dass die gegenwärtige Regelung nicht vergaberechtswidrig ist. Zudem führte jede Festlegung von den Apotheker bindenden Kriterien in den Rahmenrabattverträgen bei der Abgabe von Arzneimitteln zugleich zu einer entsprechenden Modifikation des Versorgungsanspruchs des Versicherten; dies bedürfte einer gesetzlichen Grundlage. Soweit hierfür Vorschriften des Vergaberechts herangezogen würden, verstieße dies gegen § 69 Abs. 2 Satz 3 SGB V. Sinn und Zweck der Anwendung des Vergaberechts auf Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen kann es nicht sein, dass dadurch gesetzliche Versorgungsansprüche der Versicherten oder gesetzlich eingeräumte Rechte anderer Leistungserbringertangiert werden.

Der Senat vermag auch die Notwendigkeit der Festlegung von weiteren Kriterien für die Abgabe von Arzneimitteln im Rahmen der Rabattverträge durch den Apotheker nicht zu erkennen: Die AS agiert - seit Jahren - auf diesem Markt und kennt somit aus eigener Erfahrung den Mechanismus der Regelungen hinsichtlich der Arzneimittelabgabe. Nunmehr beschränkt sich der maßgebliche Markt - aufgrund der Rabattvertragsausschreibung - auf nur mehr 3 Teilnehmer (und dies auch nur für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Rahmenvertrag von mehreren rabattierten Arzneimitteln erfüllt werden). Es ist deshalb nicht ersichtlich, warum der AS (unterstellt, sie würde Rabattvertragspartner) es nicht möglich sein sollte, den Abs. ihrer Produkte hinreichend sicher zu prognostizieren. Ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A liegt deshalb nicht vor.

Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsprinzip (§ 97 Abs. 1 GWB) liegt entgegen der Ansicht der AS auch nicht etwa deshalb vor, weil der Abschluss von Rahmenrabattverträgen mit drei Vertragspartnern vorgesehen ist, die den AG unterschiedlich hohe Rabatte einräumen werden. Bedenken könnten sich insoweit aus der Tatsache ergeben, dass somit allen drei Rabattvertragspartnern die Regelung des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V zugute kommt, obwohl nur einer der drei den höchsten Rabatt (und somit das preiswerteste Produkt) angeboten hat. So hat der Senat u.a. im Beschluss vom 26.03.2009, L 21 KR 26/09 SFB, in dem er die Auffassung vertreten hat, das Wettbewerbsprinzip nötige den Auftraggeber nicht dazu, Rahmenverträge mit mehr als einem pharmazeutischen Unternehmer abzuschließen, ausgeführt: "Es würde den (gewollten) Wettbewerb unter den pharmazeutischen Unternehmern massiv behindern, könnten (z.B.) drei Bieter mit den insgesamt wirtschaftlichsten Angeboten in gleichem Umfang die Versicherten der AG mit Arzneimitteln versorgen. Der Anreiz, das wirtschaftlichste Angebot abzugeben, würde beeinträchtigt und die Spekulation, mit dem zweit- oder gar drittwirtschaftlichsten Angebot weiter an der Versorgung der Versicherten teilhaben zu können, befördert. Eine derartige Folge lässt sich mit § 3a Nr. 4 Abs. 2 VOL/A nicht begründen."

Der Senat hält daran fest, dass es vergaberechtlich zulässig ist, Rahmenrabattverträge mit nur einem Vertragspartner zu schließen. Jedoch wird die Auffassung, die Einbeziehung mehrerer Vertragspartner behindere massiv den Wettbewerb, in dieser Absolutheit nicht aufrecht erhalten. Sie mag da zutreffen, wo das Interesse des Auftraggebers ausschließlich darauf gerichtet ist, ein möglichst preisgünstiges Produkt zu erhalten. Wo allerdings weitere Kriterien für den Auftraggeber wesentlich sind, wie etwa die Gesichtspunkte der Lieferfähigkeit (Verfügbarkeit) sowie der Einräumung von Auswahlmöglichkeiten unter den Produkten verschiedener Hersteller, muss dies anders beurteilt werden. In diesen Fällen hat der Auftraggeber gar keine andere Möglichkeit, als diese Ziele durch den Abschluss von Verträgen mit mehreren Partnern zu erreichen. In diesen hier beispielhaft aufgeführten Fällen ist es deshalb auch unter Berücksichtigung des Wettbewerbsprinzips gerechtfertigt, nicht nur den Bieter mit dem günstigsten Gebot, sondern auch die nachfolgenden Gebote zu berücksichtigen, weil nur auf diese Weise sofortige Verfügbarkeit und die Berücksichtigung anderer sachlich gerechtfertigter Gesichtspunkte, wie der der Akzeptanz eines Arzneimittels durch den Versicherten oder die Verträglichkeit (bei unterschiedlichen Trägerstoffen derselben Wirkstoffe) gewährleistet sind.

Schließlich benachteiligt die Regelung des § 10 des Rabattvertragsentwurfs die AS nicht unangemessen. Diese Vorschrift trifft eine (Ruhens-) Regelung für den Fall, dass der Apothekenverkaufspreis (AVP) abzüglich des Rabattes eines vom Rabattvertrag erfassten Arzneimittels höher ist als der AVP von drei austauschfähigen Arzneimitteln (anderer Hersteller. Zunächst einmal ist es nach Auffassung des Senats zweifelhaft, ob diese Situation durch andere Hersteller durch die Absenkung ihres HAP bewusst und gewollt herbeigeführt werden könnte, da die Höhe des Rabatts diesen nicht bekannt ist. Es dürfte damit problematisch sein, den notwendigen Umfang der Absenkung des HAP zutreffend einzuschätzen. Auch würde die Absenkung des HAP das Geschäft dieser Hersteller mit diesem Arzneimittel umfassend, d.h. gegenüber allen Kassen betreffen. Ingesamt erscheint dem Senat die Sinnhaftigkeit eines solchen Verhaltens mehr als fraglich. In jedem Fall aber stellt diese Regelung in § 10 des Rabattvertrags die Reaktion auf die gänzlich veränderte Geschäftsgrundlage dar, wenn (aus welchen Gründen auch immer) drei preisgünstigere Fertigarzneimittel am Markt erhältlich sind, was den Rabattvertrag (im Hinblick auf das betroffene Arzneimittel) seines Sinns entleert. Es liegt auf der Hand, dass - jedenfalls aus Sicht der AG - dieser Fall einer Regelung bedarf. Die Ruhensregelung, die die Wirkung des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V suspendiert, stellt fraglos ein adäquates Mittel hierzu dar. Nach Auffassung des Senats ist es aber auch nicht zu beanstanden, dass die AG den Rabattvertragspartnern zur Abwendung dieser Folge nur die Möglichkeit der Absenkung des HAP einräumen wollen. Dies liegt zunächst schon deshalb nahe, weil die Preisbewegung auf dem "übrigen" Markt auch durch die Absenkung des HAP der austauschfähigen Arzneimittel eingetreten ist. Zudem haben die AG im Rahmen der Ausschreibung die "Systementscheidung" der Gewährung eines (für alle PZN) eines Wirkstoffs einheitlichen Rabattsatzes getroffen. Hiervon mussten sie für den von § 10 Abs.1 des Rabattvertrags geregelten Fall nicht abweichen. Zwar betrifft die Absenkung des HAP dann auch alle anderen Abnehmer dieses Arzneimittels. Andererseits würde die Erhöhung des Rabatts (als Mittel zur Abwendung der Ruhensregelung) auf alle PZN des betreffenden Wirkstoffs, die von dem Rabattvertrag erfasst werden, anzuwenden sein. Es ist nicht erkennbar, dass die Absenkung des HAP gegenüber der Erhöhung des Rabatts eine gravierend nachteiligere Regelung darstellt. Auch die AS hat nicht näher dazu vorgetragen, warum und in welchem Umfang sie als Rabattvertragspartner von dieser Regelung benachteiligt würde. Hierzu hätte angesichts der oben vorgenommenen Erwägungen zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Fallgestaltung durchaus Anlass bestanden. Auch muss in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden, dass nur einzelne PZN betroffen sind und die Rechtsfolge - das Ruhen - eine Vermarktung im Übrigen gestattet. Es kann für die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung nicht ausreichen, dass ein Bieter lediglich vorträgt, dass auch eine andere Regelung in Betracht gekommen wäre, die ihm ggfs. günstiger erscheint.

Die übrigen Rügen der AS hat (auch) die VK mit zutreffender Begründung für unbegründet erachtet; der Senat schließt sich diesen Ausführungen an.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren vor der VK beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 GWB. Der Beigeladenen zu 2) sind in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten, weil sie sich an diesem Verfahren beteiligt hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.11.2008 - VII-Verg 54/08 -; Lausen, NZBau 2005, 440 [441] m.w.N.). Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für sie notwendig (§ 128 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 80 Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVFG]).

Für das Beschwerdeverfahren erfolgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§§ 177, 142a SGG).

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