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25.09.2009 · IWW-Abrufnummer 093169

Landgericht Dortmund: Urteil vom 11.02.2009 – 4 O 243/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Dortmund

4 O 243/06

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 € (i.W. eintausendfünfhundert Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2006 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren nicht vorhersehbaren immateriellen und materiellen Schaden anlässlich der zahnärztlichen Behandlung im Februar /März 2006 zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Dritte oder einen sonstigen Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 62 % und der Beklagte zu 38 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Beklagte zuvor nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin verfolgt mit der Klage Ansprüche auf Zahlung von Schmerzensgeld, Schadensersatz und die Feststellung der Ersatzpflicht weiterer Schäden aus einer zahnärztlichen Behandlung in der Praxis des Beklagten im Jahre 2006.

Am 28.2.2006 suchte die Klägerin den Beklagten auf, da sich eine Porzellanverblendung an einer Teleskopkrone ihrer Unterkieferprothese gelöst hatte. Der Beklagte schickte daraufhin die Prothetik in das von ihm beauftragte Dentallabor. Gegen 17.00 Uhr konnte die Klägerin die Prothetik wieder abholen. Sie wurde eingesetzt. Der Beklagte nahm zunächst Einschleifungen an der Sekundärkrone an Zahn 44 vor. Die Klägerin rügte jedoch, dass die Unterkieferprothetik nicht mehr den richtigen Sitz habe. Der Beklagte wies sie darauf hin, dass sich die Prothetik nun zunächst erst wieder setzen müsse und dass dies einige Tage dauern könne.

Die Klägerin kehrte am 2.3.2006 in die Praxis des Beklagten zurück und wies auf einen mangelnden Sitz der Prothetik hin. Die weiteren Einzelheiten dieses Behandlungstermins sind zwischen den Parteien streitig.

Am 6.3.2006 fand ein weiterer Behandlungstermin statt. Hierbei nahm der Beklagte Abdrücke vom Ober- und Unterkiefer. Die Prothetik wurde erneut, gemeinsam mit der Teleskopkrone, ins Labor gegeben.

Abends sollte die Prothetik bei der Klägerin wieder eingesetzt werden. Sie war jedoch mit dem Zustand und dem Aussehen der Prothetik nicht einverstanden.

Am folgenden Tag, dem 7.3.2006, kehrte die Klägerin erneut in die Praxis des Beklagten zurück. Es entstand ein Streit zwischen den Parteien über den Zustand der Prothetik, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind.

Am 8.3.2006 erhielt die Klägerin die Unterkieferprothetik ausgehändigt. Streitig ist zwischen den Parteien, wer das Einsetzen der Prothetik vornahm. Unstreitig kontrollierte der Beklagte den Sitz der Prothetik nicht mehr. Die Klägerin bemängelte, dass scharfe Kanten spürbar seien, die sie behinderten. Der Beklagte forderte jedoch vor einer weiteren Behandlung eine Entschuldigung der Klägerin für ihr Verhalten am Vortage. Hierzu war die Klägerin nicht bereit. Die Behandlung endete.

Am Folgetag, dem 9.3.2006 ließ die Klägerin durch den Nachbehandler Dr. T eine scharfe Kante an der Unterkieferprothetik schleifen.

Die Klägerin behauptet, die Unterkieferprothese habe bereits nach der ersten Rückkehr aus dem Labor am 28.2.2006 nicht mehr richtig gepasst. Die rechte Hälfte der Prothese habe in der Luft geschwebt. Die Verblendungsschale habe nicht auf die Krone gepasst, sie sei zu eng gewesen.

In den Folgetagen habe sich der Sitz der Prothetik weiter verschlechtert, sie habe gewackelt und sei beim Sprechen teilweise sogar herausgerutscht. Zudem habe es Druckschmerzen gegeben.

Am 6.3.2006 habe sie die Prothetik nach der Rückkehr aus dem Labor nicht mehr wiedererkannt. Die vorderen drei Schneidezähne seien offensichtlich ausgetauscht gewesen. Sie seien erheblich kürzer und schmaler gewesen. Auch der zahnfleischfarbene Kunststoff um die Prothesenzähne herum sei wesentlich dunkler, kürzer und dicker ausgefallen als zuvor. Sie habe den Beklagten darauf angesprochen. Dieser habe jedoch wahrheitswidrig behauptet, dass nichts verändert worden sei. Erst nachdem sie nachdrücklich um einen Anruf beim Techniker gebeten habe, habe er eingeräumt, dass an der Prothese etwas im Labor kaputtgegangen sei und man dort deshalb die Zähne habe austauschen müssen.

Sie habe den Beklagten zu keinem Zeitpunkt beleidigt. Am 8.3.2006 habe der Beklagte lediglich dann noch wortlos die Prothetik in ihren Mund eingesetzt und das Behandlungszimmer wieder verlassen. Die Klägerin habe daraufhin der Sprechstundenhilfe mitteilen müssen, dass noch scharfe Kanten vorhanden seien. Der Beklagte habe dann jedoch über die Sprechstundenhilfe ausrichten lassen, er "habe die Schnauze voll" und erwarte zunächst eine Entschuldigung von der Klägerin. Da sie hierzu nicht bereit gewesen sei, habe er sich geweigert, etwas an der Prothese zu verändern. Sie sei zu keinem Zeitpunkt ausfallend geworden, sie habe lediglich darauf beharrt, dass die vorderen Schneidezähne verändert worden seien.

Die Ausgestaltung der Prothetik sei nach der Behandlung des Beklagten auch fehlerhaft. Die neu eingesetzten Vorderzähne passten weder farblich noch in der Passform zu den Nachbarzähnen. Die Prothese sitze nicht, sie wackele beim Essen und rutsche. Der Biss zwischen dem Ober- und Unterkiefer fehle zudem. Für die Klägerin sei die Unterkieferprothese überhaupt nicht brauchbar.

Die Klägerin ist deshalb der Ansicht, dass ein Schmerzensgeld von mindestens 4.000,00 € angemessen sei.

Die Klägerin behauptet, hierbei sei zu berücksichtigen, dass sie sich fortlaufend habe krank schreiben lassen müssen. Sie sei Bankangestellte und habe nicht ohne Unterkieferprothese arbeiten können.

Sie sei durch die nicht sitzende und wackelnde Prothese stark verunsichert und in ihrer Kommunikation beeinträchtigt. Der Beklagte habe sich insgesamt sehr arrogant ihr gegenüber verhalten und versucht, die Beschädigung der Prothetik zu verschleiern. Bis heute bestünden noch Schmerzen und Druckstellen.

Die Klägerin behauptet weiterhin, sie müsse für die Erneuerung der Prothetik einen Eigenanteil von 1.568,85 € tragen. Die ursprüngliche Prothetik sei noch nicht so abgenutzt gewesen, dass in jedem Fall eine neue notwendig geworden wäre.

Sie beantragt deshalb,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.568,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin jeden weiteren (nicht vorhersehbaren) immateriellen und materiellen Schäden anlässlich der zahnärztlichen Behandlung der Klägerin im Februar /März 2006 zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Dritte oder einen sonstigen Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er behauptet, nach der ersten Überprüfung der Prothetik am 28.2.2006 habe man im Labor festgestellt, dass das Metall der Teleskopkrone sehr dünn gewesen sei. Deswegen sei dort von Seiten des Labors ohne Rücksprache mit ihm Metall aufgebracht worden. Hierdurch habe sich der Sitz der Prothetik verändert und es mussten Einschleifmaßnahmen stattfinden. Dies erfolge standardmäßig in Absprache mit dem Patienten nur schrittweise, um eine stabile Passform zu erzielen.

Ursprünglich hat der Beklagte behauptet, die Klägerin sei am 2.3.2006 auch nicht wegen des Wackelns oder Rutschens der Prothetik, sondern wegen eines zu straffen Sitzes zurückgekehrt. Er habe deshalb empfohlen, die Innenkronen herauszunehmen um im Labor die Passform zu überprüfen. Im Labor habe dann auch kein Austausch der vorderen Zähne stattgefunden. Es sei aber richtig, dass im Labor etwas Kunststoff abgebrochen sei. Die Ursache sei dem Beklagten unbekannt und er habe dies nicht gemerkt, da ihm dies das Labor zunächst nicht mitgeteilt habe. Erst nachdem die Klägerin darauf bestanden habe, dass sich etwas an den Schneidezähnen der Unterkieferprothese verändert habe, habe er im Labor nachgefragt und diesen Sachverhalt erfahren.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte jedoch sodann mitgeteilt, dass seiner Erinnerung nach dieser Sachverhalt bereits am ersten Behandlungstag, d.h. am 28.2.2006 stattgefunden haben müsse. Am Folgetag habe er im Labor angerufen und erfahren, dass der Sattel der Prothese abgebrochen sei.

Der Beklagte behauptet im Weiteren, am 7.3.2006 sei die Prothetik nochmals zur Überprüfung ins Labor geschickt worden. Danach habe er sie eingesetzt und sie habe gut gesessen. Die Klägerin habe aber weiterhin die Ästhetik der Prothetik bemängelt. Es sei dann zu einer Auseinandersetzung mit der Klägerin gekommen. Sie habe ihn bezichtigt, wider besseres Wissen den Austausch der Prothesenzähne verschwiegen zu haben. Sie habe ihn sodann mit den Worten "ihre Techniker sind Vollidioten und Arschlöcher, sie haben das gewusst, sie sind ein Lügner" beschimpft. Er habe das Gespräch aus diesem Grunde abgebrochen. Als die Klägerin dann am 8.3.2006 zurückgekehrt sei, sei er nicht mehr tätig geworden. Er selbst habe auch die Prothetik nicht mehr eingesetzt, sondern der Klägerin mit Hilfe seiner Sprechstundenhilfe die Möglichkeit zum Einsetzen gegeben. Er habe dann jede weitere Behandlung davon abhängig gemacht, dass sich die Klägerin für ihr vorangehendes Verhalten entschuldige. Da sie hierzu nicht bereit gewesen sei, sei die Behandlung beendet gewesen.

Die Prothetik an sich sei zum Ende der Behandlung sowohl im Sitz als auch in der Ästhetik ordnungsgemäß gewesen. Die Klägerin habe zum Schluss auch die Friktion der Prothetik nicht mehr bemängelt.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Höhe des Schmerzensgeldes sei nicht gerechtfertigt. Ein Schadensersatzanspruch bestehe ebenfalls nicht, da die Klägerin eine ältere Prothese gehabt habe und die Notwendigkeit einer Neuanfertigung nicht auf der Behandlung durch den Beklagten beruhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien.

Die Kammer hat die Parteien persönlich angehört. Sie hat zudem Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L, Frau V und Frau Q (geb. H) sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Zahnarztes I , das er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 24.3.2008 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.2.2009.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und in tenoriertem Umfang begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.500,00 € gemäß der §§ 611, 280, 253 BGB bzw. §§ 823, 253 BGB zu. Daneben hat die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagte bezüglich derzeit nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden und weiterer materieller Schäden, die aus der fehlerhaften Behandlung im Februar und März 2006 herrühren, zum Schadensersatz verpflichtet ist. Soweit die Klägerin jedoch die Zahlung eines Schadensersatzes in Form eines zukünftig entstehenden Eigenanteils bei einer noch durchzuführenden prothetischen Neuversorgung des Unterkiefers begehrt hat, war eine solche Vorschusszahlung nicht zuzusprechen.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Behandlung in der Praxis des Beklagten bzw. in dem für den Beklagten tätigen Labor behandlungsfehlerhaft war. Die Kammer ist aufgrund der Zeugenaussagen und der überzeugenden und für einen Laien gut verständlichen Ausführungen des Sachverständigen I zur Überzeugung gelangt, dass die Unterkieferprothetik nach der Behandlung durch den Beklagten nicht die notwendige Friktion aufwies.

Unstreitig erschien die Klägerin am 28.2.2006 in der Praxis des Beklagten, da eine Verblendung an der Unterkieferprothetik abgeplatzt war und erneuert werden musste. Der Beklagte hat dargelegt, dass im Labor, ohne dass mit ihm Rücksprache gehalten worden wäre, nicht nur die Kunststoffverblendung erneuert worden sei, sondern sich der Techniker dazu entschlossen hatte, die Teleskopprothese auch mit Metall auszukleiden und zu löten. Der Sachverständige I hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.2.2009 nachvollziehbar erläutert, dass dieses Vorgehen beanstandungsfrei sei. Der Techniker habe offensichtlich festgestellt, dass neben der abgeplatzten Verblendung auch das Metall nicht mehr die notwendige Stärke oder aber möglicherweise auch Perforationen aufweise. Dann sei es folgerichtig, um ein dauerhaftes Anhaften der Kunststoffverblendung am Metall zu gewährleisten, solche Perforationen von außen zu löten. Offensichtlich sei es dann durch das Löten der Perforation auch zum Eintritt des flüssigen Metalls nicht nur außen, sondern auch in die Sekundärkrone gekommen. Folgerichtig habe der Beklagte sodann Einschleifmaßnahmen durchführen müssen, um einen Sitz der Sekundärteleskopkrone auf der Primärkrone wieder zu gewährleisten. Die Kammer geht nicht davon aus, dass die Einschleifmaßnahmen grundsätzlich behandlungsfehlerhaft sind. Der Sachverständige hat hierzu auch erläutert, dass es jedem Behandler dringend anzuraten sei, in langsamen Schritten Einschleifmaßnahmen durchzuführen, um eine ordnungsgemäße Friktion zu ermöglichen. Hierbei habe der Behandler äußerst vorsichtig vorzugehen. Es sei daher anzuraten, zunächst eher zurückhaltend beim Einschleifen zu sein, um nicht einen zu lockeren Sitz der Krone zu provozieren. Der Zahnarzt müsse immer bedenken, dass sich eine Prothetik im Laufe der ersten Tage nach dem Einsetzen auch "Setzen" müsse. Aus diesem Grunde sei es ratsam, zunächst einen etwas zu straffen Sitz der Sekundärteleskopkronen zu wählen.

Die Kammer nimmt jedoch dennoch an, dass nach Beendigung der Behandlung in der Praxis des Beklagten die Friktion der Teleskopkrone aufgrund von zu stark ausgeprägten Einschleifmaßnahmen im Bereich des Pfeilerzahnes 44 nicht gegeben war.

Der Sachverständige I hat hierzu festgestellt, dass bei der Untersuchung der Klägerin im März 2008 deutlich die Friktion nicht mehr in ausreichendem Umfange gegeben war. Er hat dies begründet, dass ein zu großer Zwischenraum zwischen der Teleskop- und der Primärkrone gegeben war, so dass die Prothetik insgesamt zu locker sitzt. Veranschaulicht hat der Sachverständige dies auch in der Fotografie Nr. 13, Bl. 11 des Gutachtens, Bl. 78 d.A.. Dort ist auch für einen Laien gut zu erkennen, dass zwischen der Primärkrone und der Sekundärkrone ein deutlicher Spalt vorhanden und damit ein ausreichender Halt zwischen beiden Kronen nicht gegeben ist.

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin sich zwischenzeitlich in andere zahnärztliche Behandlung begeben hat, bestehen nicht. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass aus den Unterlagen des Nachbehandlers Dr. T keinerlei Maßnahmen im Bereich des Zahnes 44 dokumentiert sind. Soweit der Beklagte behauptet hat, am Ende seiner Behandlung sei die Friktion in Ordnung gewesen, folgt die Kammer dem nicht. Der Beklagte hat sich, nachdem letztmalig die Prothetik aus dem Labor zurückgekehrt war und am 8.3.2006 erneut bei der Klägerin eingesetzt wurde, überhaupt nicht mehr vom Sitz der Prothetik und von der Friktion überzeugt. Angaben dazu, ob die Friktion ordnungsgemäß war, kann der Beklagte daher gar nicht machen. Auch aus der Dokumentation des Beklagten ist insoweit nichts anderes zu entnehmen. Der Sachverständige hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Dokumentation des Beklagten nicht ausreichend ist. So fehlen nach den Angaben des Sachverständigen in der Dokumentation jegliche Hinweise auf die jeweils vorliegende Friktion, die Laboraufträge und die Mängelrügen der Klägerin. Insoweit kann sich der Beklagte daher auch nicht auf eine anderweitige Dokumentation berufen.

Neben der mangelnden Friktion geht die Kammer zudem davon aus, dass auch die Ausrichtung der Frontzähne 41 bis 32 nach Beendigung der Behandlung in der Praxis des Beklagten nicht in ordnungsgemäßem Zustand war. Der Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass nach erneuter Nachfrage durch ihn im Labor eingeräumt worden sei, dass es bei den Laborarbeiten zu einer Beschädigung der Prothetik gekommen sei und der Prothesensattel im Bereich der Vorderzähne gebrochen war. Dies kann zwar nach den Angaben des Sachverständigen I einmal passieren. Die durchgeführten Reparaturarbeiten haben jedoch kein dem fachärztlichen Standard entsprechendes Ergebnis erbracht. Der Sachverständige hat vielmehr festgestellt, dass die Ausrichtung der Vorderzähne nicht lege artis sei. Die Zähne sind, wie sich auch aus den Lichtbildern 5 und 7 auf Seite 9 des Gutachtens, Bl. 76 d.A., anschaulich nachvollziehen lässt, einerseits zu weit nach labial, d.h. nach vorne zur Lippe hin, ausgerichtet. Zum anderen seien die Zähne in der Lage zu kaudal, d.h. zu weit nach unten angebracht. Erkennbar ist aus den Lichtbildern bereits für einen Laien, dass die Zähne sich im Erscheinungsbild nicht den anderen Nachbarzähnen anpassen. Soweit der Beklagte meint, dass zum Zeitpunkt seiner Behandlung der Sitz der Zähne in Ordnung gewesen sei, folgt die Kammer dem nicht. Der Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass er nach dem Streitgespräch zwischen den Parteien an dem Abend des 7.3.2006 die Arbeit auch deshalb noch einmal ins Labor zurückgesandt habe, da er selbst von der Ästhetik der vorderen Zähne im Unterkiefer nicht überzeugt gewesen sei. Dass sich die Zähne dagegen am 8.3.2006 nach Rückkehr aus dem Labor in ordnungsgemäßem Zustand befanden konnte die Kammer ebenfalls nicht feststellen. Der Beklagte selbst hat die Prothetik im Mund nicht gesehen. Ausweislich der heutigen Sicht sind die Zähne nicht ordnungsgemäß. Der Sachverständige hat auch ausgeführt, dass dies nicht durch den Gebrauch zu erklären ist. Anhaltspunkte für eine anderweitige Behandlung bestehen nicht. Eine Notreparatur an den Zähnen erfolgte erst nach dem Begutachtungstermin durch den Sachverständigen.

Insoweit kann sich der Beklagte auch nicht auf seine Dokumentation berufen. Auch hierzu finden sich in der Dokumentation keinerlei Angaben.

Soweit die Klägerin die weitere Ausgestaltung der Prothetik beanstandet hat, konnte die Kammer keine weiteren Mängel feststellen. Der Sachverständige hat dargelegt, dass die Form und Farbe der Prothesenzähne nicht zu beanstanden seien. Auch die Okklusion zwischen Ober- und Unterkiefer sei ordnungsgemäß, aber die Unterkieferprothese wackele. Dies sei jedoch auch auf die Atrophie des Zahnfleisches zurückzuführen. Eine Unterfütterung der Prothetik sei daher notwendig. Dies stehe jedoch in keinem Zusammenhang mit der Behandlung durch den Beklagten, sondern sei ein natürlicher Vorgang.

Der Sachverständige hat im Weiteren ausgeführt, dass die Unterkieferprothetik keinesfalls unbrauchbar für die Klägerin sei. Diese sei nachzubessern. Dies sei einmal durch Austausch der vorderen Zähne 41 bis 32 durchzuführen. Diese müssten lediglich neu aufgestellt werden, um einen ordnungsgemäßen Sitz im Verhältnis zu den Nachbarzähnen zu erreichen. Die Teleskopkrone an Zahn 44 sei zu erneuern. Da bei der Klägerin zwischenzeitlich sowohl die Primärkrone als auch der darunter sitzende Stift herausgebrochen sind und die Klägerin dies nicht hat erneuern lassen, wies der Sachverständige nochmals darauf hin, dass als Teleskopanker möglicherweise der Zahn 44 nicht mehr heranzuziehen sei, sondern dies auf den Zahn 43 verlagert werden müsse. Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht dem Beklagten anzulasten. Bereits im Gutachten aus März 2008 hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin dringend zur Erhaltung des Zahnes 44 einer zahnärztlichen Behandlung unterziehen müsse. Selbst wenn möglicherweise zu Beginn des Verfahrens nach den Angaben der Klägerin eine Mitarbeiterin der Krankenkasse ihr gesagt habe, sie dürfe keine zahnärztlichen Behandlungen während des laufenden Verfahrens durchführen lassen, so hätte die Klägerin jedenfalls nach Einholung des Sachverständigengutachtens genug Anlass gehabt, sich einer zahnärztlichen Behandlung zu unterziehen. Dass der Zahn 44 nun möglicherweise nicht mehr zu erhalten ist, steht daher nicht in der Verantwortung des Beklagten.

Der Beklagte kann sich jedoch nicht darauf berufen, dass ihm eine Nachbesserung, so wie sie zum Zeitpunkt der Beendigung der Behandlung noch möglich gewesen wäre, nicht zuzumuten war. Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass die Klägerin aufgrund der Behandlung durchaus Anlass zur Verärgerung hatte. Die Zeugin L hat glaubhaft bestätigt, dass die Mutter mehrere Male in der Praxis des Beklagten darauf hingewiesen habe, dass die Unterkieferprothese nicht mehr über die alten Vorderzähne, sondern offensichtlich über neue, nicht brauchbare Vorderzähne verfüge. Zunächst habe man dies in Abrede gestellt und erst, als die Mutter um einen Anruf im Labor in ihrer Anwesenheit gebeten habe, habe der Beklagte eingeräumt, dass es wohl zu einer Beschädigung der Prothetik gekommen sei. Die Zeugin L hat auch nicht die Behauptung des Beklagten bestätigt, dass die Mutter ihn beschimpft habe. Sie hat vielmehr dargelegt, dass die Mutter den Beklagten gegenüber erklärt hat, er solle sie nicht zur Idiotin machen und für blöd halten. Es könne aber durchaus möglich sein, dass im Rahmen dieses Wortwechsels die Klägerin den Beklagten vorgeworfen habe, dass er lüge. Auch die Zeuginnen Q (geb. H) und die Zeugin V haben zwar bestätigt, dass es einen lauteren Wortwechsel zwischen den Parteien gegeben hat. Dass die Klägerin hierbei sich aber gegenüber dem Beklagten derb beleidigend verhalten hätte, haben auch die genannten Zeuginnen Q und V nicht bestätigen können.

Die Kammer hat den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin ihr Anliegen vehement vortragen musste, um Gehör zu finden. Es war zunächst verständlich, dass der Beklagte abweisend reagiert hat, weil er von den Vorkommnissen im Labor nichts wusste. Aber auch danach ist der Vorfall beschönigt worden. Noch in der Klageerwiderung ist vorgetragen worden, es sei nur ein Stück Kunststoff des Sattels abgebrochen gewesen, dabei war der Sattel selbst abgebrochen.

Zu beachten war nach Auffassung der Kammer auch, dass der Beklagte auch nicht nach diesem Streitgespräch am 07.3.2006 die Behandlung abgebrochen hat, sondern die Prothetik dennoch nochmals ins Labor geschickt hat, auch weil er selbst nach seinen eigenen Angaben nicht von der ästhetischen Lösung überzeugt war. Dann wäre es aber auch seine Pflicht gewesen, am nächsten Tag sich selbst von dem ordnungsgemäßen Passen der Prothetik zu überzeugen. Dies dann von einer Entschuldigung durch die Klägerin abhängig zu machen, ist nach Auffassung der Kammer nicht möglich.

Unter Berücksichtigung der oben genannten Umstände, insbesondere der entstandenen Beschwerden, die sich auf wenige Behandlungstage bei dem Beklagten und der sich noch anschließenden Behandlung beschränken, ist ein Schmerzensgeld an die Klägerin zu zahlen. Dies ist jedoch mit 1.500,00 € nach Auffassung der Kammer ausreichend und angemessen bewertet.

Da auf die Klägerin zukünftig weitere Behandlungen zukommen, steht ihr zudem ein Feststellungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Soweit die Klägerin jedoch bereits einen Vorschuss auf noch nicht angefallene Heilbehandlungskosten begehrt, ist dieser Anspruch nicht gegeben. Ein solcher Anspruch wäre im Ausnahmefall allenfalls gegeben, wenn die Klägerin dargelegt hätte, dass sie bereits die vollständige Behandlung geplant habe und ihr eine Zahlung dieser Behandlung nicht möglich sei und somit von einem Vorschuss des schadensersatzpflichtigen Beklagten abhängig wäre. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass die Klägerin über ein ausreichendes Einkommen als Bankangestellte verfügt. Dass sie die Behandlung auch bereits so geplant habe, dass sie letztlich nur noch vom Geldfluss abhängig sei, hat die Klägerin selbst ebenfalls nicht dargetan. Dies ist nach Auffassung der Kammer auch daran zu sehen, dass sie trotz des dringenden Hinweises des Sachverständigen sich immer noch nicht in ärztliche Behandlung begeben hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB §§ 823, 253

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