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08.09.2009 · IWW-Abrufnummer 092943

Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 04.06.2009 – 1 K 61/08

Kein Ansatz von Absetzungen für eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung einer Mietwohnung aufgrund von Mietrückgängen, solange die Wohnung trotz der Mietrückgänge objektiv zur Erzielung (positiver) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geeignet bleibt.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES FINANZGERICHT

Az.: 1 K 61/08
Urteil vom 4. Juni 2009

In dem Rechtsstreit

wegen Einkommensteuer 2006
hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 4. Juni 2009 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Mietrückgänge bei einer Wohnraumvermietung Absetzungen wegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher Abnutzung - AfawA - bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung rechtfertigen können.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2006 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Bereits im Jahre 1994 hatte der Kläger drei Eigentumswohnungen erworben, die er seither - abgesehen von vorübergehenden kürzeren Leerstandszeiten - durchgehend vermietete, und zwar Ende 2006 an die Mieter X, Y und Z. Die Wohnungen verfügen über eine Gesamtmietfläche von 158,47 qm, davon entfallen 48,67 qm auf die Wohnung „X“ und jeweils 54,90 qm auf die Wohnungen „Y“ und „Z“. Die ursprüngliche Kaltmiete betrug für alle Wohnungen 11,00 DM (5,62 €) je Quadratmeter und war in den ersten fünf Jahren über eine Mietgarantie abgesichert. Die Monatsmieten für die einzelnen Wohnungen beliefen sich somit auf
Wohnung „X“ : 48,67 qm x 11,00 DM = 535,37 DM (273,73 €)
Wohnung „Y“ : 54,90 qm x 11,00 DM = 603,90 DM (308,77 €)
Wohnung „Z“ : 54,90 qm x 11,00 DM = 603,90 DM (308,77 €).

Zu den Wohnungen gehörte jeweils ein Kfz-Stellplatz. Diese wurden zu einem monatlichen Mietzins von jeweils 15,50 DM (7,93 €) mitvermietet.

Im Veranlagungszeitraum 2006 erzielte der Kläger folgende Monatskaltmieten:
Wohnung „X“ : 210,92 €
Wohnung „Y“ : 220,00 €
Wohnung „Z“ : 308,77 €.
Für die Überlassung der mitvermieteten Kfz.-Stellplätze wurde daneben kein gesondertes Entgelt mehr erhoben.

Für den Erwerb der Wohnungen fielen Gesamtanschaffungskosten in Höhe von 487.793,00 DM an. Hierauf nahm der Kläger in den Veranlagungszeiträumen 1994 bis 1997 neben einer zweiprozentigen linearen Absetzung für Abnutzung – AfA – für Gebäude auch Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz in Höhe von insgesamt 50 % der Anschaffungskosten in Anspruch. (Versehentlich erst) Seit dem Veranlagungszeitraum 2001 wurde die AfA mit 2,22 % der nach Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen verbliebenen Bemessungsgrundlage in Höhe von (487.793,00 DM abzgl. 29.765,00 DM lineare Gebäude-AfA und abzgl. 243.899,00 DM Sonderabschreibungen =) 214.219,00 DM, also mit 4.756,00 DM bei den Einkommensteuerveranlagungen berücksichtigt.

In der Einkommensteuererklärung für 2006 machte der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die drei Wohnungen AfawA in Höhe eines Gesamtbetrages von 24.143,00 € geltend. In einer der Einkommensteuererklärung beigefügten Anlage führten die Kläger hierzu aus, dass ihnen durch einen im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung vom 02. November 2006 erstatteten Bericht über die Immobiliensituation in … bekannt geworden sei, dass dort für Immobilien nur noch Veräußerungserlöse von 432,00 € je Quadratmeter erzielt werden könnten. Die Kläger errechneten den Absetzungsbetrag wie folgt:

Buchwert der drei Wohnungen zum 31. Dezember 1998 109.640,00 €
AfA 1999 – 2005: 7 x 2.434,00 € ./. 17.038,00 €
Buchwert 31.12.2005 92.602,00 €
Wert 31.12.2006 = 158,47 qm x 432,00 € ./. 68.459,00 €
AfawA in 2006 24.143,00 €

Daneben machte der Kläger weitere Werbungskosten geltend, nämlich Finanzierungskosten (6.524,00 €), Grundsteuer (171,00 €), Wohngeld (5.076,00 €), einen Posten für „eigene Beaufsichtigung und Verwaltung“ (243,00 €), Fahrtkosten (450,00 €) sowie hinsichtlich des Mieters X angefallene Gerichtskosten (195,00 €).

Der Einkommensteuererklärung waren die Wohngeldabrechnungen für 2005 vom 15. Juni 2006 beigefügt. Auf sie wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. Die ihm gegenüber dadurch abgerechneten Kosten legte der Kläger als Nebenkosten weitgehend (nämlich die Positionen „Müllabfuhr“, „Hausstrom“, „Versicherungen“, „Hauswart/ Gartenpflege“, „Kabelfernsehgebühr“, „Winterdienst“, „Ungezieferbekämpfung“, „Wasser/ Heizung“, „Grundsteuer“) auf die Mieter um, lediglich hinsichtlich der Abrechungspositionen „Bankgebühren“, „Verwaltergebühr“, „Zuführung zur Instandhaltungsrücklage“, „Zinserträge“, „Zinsabschlagsteuer“, „Solidaritätszuschlag“, „Sonstige Kosten“, „Reparaturen“ und „Einzelkosten Eigentümeru“ verblieb es bei einer Kostentragung durch den Kläger. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die seitens des Klägers erstellten Nebenkostenabrechnungen für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.2006, die der Kläger im Termin vom 04. Juni 2009 zu den Gerichtsakten gereicht hat.

In dem Einkommensteuerbescheid vom 19. Juni 2007 erkannte der Beklagte neben den genannten weiteren Werbungskosten lediglich reguläre AfA in Höhe von 2.434,00 €, nicht aber den darüber hinaus geltend gemachten Betrag in Höhe von (24.143,00 € ./. 2.434,00 € =) 21.709,00 € an und wies in den Erläuterungen zum Bescheid darauf hin, dass der Ansatz von AfawA nicht in Betracht komme, da keine erhebliche Beeinträchtigung der Nutzungsfähigkeit der Wohnungen vorliege.

Mit ihrem Einspruchsschreiben vom 21. Juni 2007, das am 25. Juni 2007 bei dem Beklagten einging, begehrten die Kläger den Ansatz auch dieses Betrages. Sie machten geltend, dass die Berücksichtigung von AfawA nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der einschlägigen Literatur insbesondere dann in Betracht komme, wenn die wirtschaftliche Nutzungsfähigkeit eines Wirtschaftgutes beeinträchtigt sei. Maßgebend sei insofern das Verhältnis der "Verminderung der Nutzbarkeit zur normalen Nutzbarkeit". Hier sei die wirtschaftliche Nutzbarkeit erheblich beeinträchtigt. Durch die anhaltende „Westflucht“ junger Anwohner seien die Objekte in … nur eingeschränkt und mit erheblichen Abschlägen vermietbar und zudem auch nahezu unverkäuflich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 21. Juni 2007 Bezug genommen.

Dem Einspruchsschreiben war ein an den Kläger gerichtetes Schreiben einer Makleragentur vom 20. Juni 2007 beigefügt, aus dem sich ergibt, dass angesichts einer "zeitweise mangelnden Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt in …" lediglich 3,50 – 3,80 € Kaltmiete erzielt werden könnten; die Möglichkeit, die Wohnungen zu einem angemessenen Preis zu veräußern, bestehe nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Makleragentur vom 20. Juni 2007 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18. August 2007 führten die Kläger ergänzend zur Begründung des Einspruchs aus, dass auch die Unverkäuflichkeit der Wohnungen geeignet sei, Absetzungen wegen einer außergewöhnlichen wirtschaftlichen Abnutzung zu rechtfertigen. Vor dem Hintergrund der inzwischen erheblich verminderten Rentabilität der Objekte ergebe sich ein Abschreibungsbetrag von 27.762,00 €, dessen Ansatz nunmehr begehrt werde. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der Berechnung des nunmehr geltend gemachten Abschreibungsbetrages, wird auf das Schreiben der Kläger vom 18. August 2007 Bezug genommen.

Mit Schreiben der Kläger vom 26. Oktober 2007 errechneten diese einen wiederum abweichenden Abschreibungsbetrag in Höhe von 25.234,00 €, den sie nunmehr geltend machten. Die Berechnung erfolgte dabei ausgehend von den in 1994 und 2006 erzielten Kaltmieten inklusive Stellplatzmiete (in 1994). Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Schreiben der Kläger vom 26. Oktober 2007.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 03. April 2008 als unbegründet zurück. Es sei schon nicht erkennbar, warum die AfawA der Mietobjekte gerade im Veranlagungszeitraum 2006 erfolgten. Es spreche nichts dafür, dass in jenem Jahr ein besonderes Ereignis eingetreten sei. Der Steuerpflichtige sei bei der Wahl des Zeitpunktes für den Ansatz der Abschreibungen aber nicht wahlfrei, dieser müsse vielmehr in dem Jahr erfolgen, in dem die außergewöhnliche Abnutzung eingetreten sei.
Die Annahme einer außergewöhnlichen wirtschaftlichen Abnutzung komme überdies allein wegen eines Überangebotes auf dem Wohnungsmarkt, das zu Einnahmeeinbußen führe, ohnehin nicht in Betracht. Erforderlich sei vielmehr eine dauerhafte Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Wohnungen. Hier sei aber nicht sichergestellt, dass tatsächlich eine dauerhafte Beeinträchtigung vorliege.
Außerdem sei – was erforderlich wäre – eine erhebliche Rentabilitätsminderung nicht gegeben. Zwar belaufe diese sich nach den Berechnungen der Kläger auf 19,17 %. Bereinigt um die Stellplatzmiete und unter Berücksichtigung von Leerstandszeiten ergebe sich aber lediglich eine Rentabilitätsminderung von 17 %, die nicht ausreiche, um Absetzungen wegen einer Einschränkung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Mietobjekte zu rechtfertigen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 03. April 2008 Bezug genommen.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer unter dem 24. April 2008 erhobenen Klage, die am 28. April 2008 bei dem Gericht eingegangen ist. Zur Begründung wiederholen die Kläger im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Zum Zeitpunkt des Ansatzes der erhöhten Abschreibungen führen sie ergänzend aus, dass dieser in 2006 zu erfolgen habe, weil erst im Rahmen der Eigentümerversammlung vom 02. November 2006 deutlich geworden sei, wie hoch die zwischenzeitlich eingetretene Wertminderung der Immobilien sei. Zuvor seien sie davon ausgegangen, dass sich ein Verkaufspreis von 1.050,00 € je Quadratmeter für eine 54,90 qm große Wohnung hätte erzielen lassen.
Hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Ertragsminderung verweisen die Kläger auf den Mietspiegel der Gemeinde … für den Zeitraum 2006 – 2008, hieraus ergebe sich für vergleichbare Objekte eine Kaltmiete von 4,22 € je Quadratmeter. Es sei eine Absetzung für außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung in Höhe von 26.219,00 € zu berücksichtigen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 24. April 2008 nebst Anlagen sowie die Schriftsätze der Kläger vom 17. Juni 2008 und 05. August 2008 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 19. Juni 2006 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 zu ändern, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine Absetzung für außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung der Mietobjekte in … in Höhe von 26.219 Euro zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er wiederholt zur Begründung ebenfalls im Wesentlichen seine bereits im Einspruchsverfahren und insbesondere in der Einspruchsentscheidung vorgebrachten Argumente. Ergänzend führt er aus, dass auch eine Mieteinbuße von 19,2 % keine ins Gewicht fallende Werteinbuße sei. Außerdem sei die Dauerhaftigkeit der Wertminderung nicht dargetan, aus den seitens der Kläger vorgelegten Unterlagen ergebe sich eine solche nicht. Im Übrigen berühre ein konjunktureller oder regionaler Besonderheiten geschuldeter Mietrückgang nicht das Wirtschaftsgut selbst in seiner Widmung zur konkreten Einkunftserzielung, so dass schon aus diesem Grunde eine Absetzung wegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher Abnutzung nicht in Betracht komme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Klageerwiderung des Beklagten vom 05. Juni 2008 sowie auf den Schriftsatz des Beklagten vom 25. Juli 2008.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Steuerakten (Einkommensteuerakten Bände IV-VII - Veranlagungszeiträume 1996 bis 2006 - sowie die Rechtsbehelfsakte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die für den Veranlagungszeitraum 2006 geltend gemachten AfawA zu Recht nicht berücksichtigt.

1.) Zwar zählen zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 Satz 3, Abs. 1 Satz 7 EStG neben den normalen AfA insbesondere auch die Absetzungen für eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung.

a.) Ob Absetzungen für eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung – AfawA – angesetzt werden können, wenn der Mietertrag eines Mietgrundstücks dauerhaft zurückgegangen ist, ist höchstrichterlich bislang nicht entschieden worden. Der Bundesfinanzhof – BFH – hat die Frage vielmehr ausdrücklich offen gelassen (vgl. die Urteile VIII R 34/76 vom 28. Oktober 1980, BStBl II 1981, 161; IX R 146/90 vom 27. Januar 1993, BStBl II 1993, 702; IX R 29/98 vom 09. Juli 2002, BFH/NV 2003, 21). Auch in der Instanzrechtsprechung ist die Frage bisher – soweit ersichtlich – nicht entschieden worden (vgl. etwa den Beschluss des FG München vom 29. Oktober 1997 1 V 2373/97, EFG 1998, 178).

b.) In der Literatur wird - wohl überwiegend - vertreten, dass die mangelnde Ertragsfähigkeit eines zum Privatvermögen gehörenden Hauses allein nicht zu einer AfawA führen kann (vgl. Werndl in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, Anm. B 146 zu § 7; Schnitter in Frotscher, Kommentar zum EStG, Anm. 234 zu § 7; Claßen in Lademann, Kommentar zum EStG, Anm. 285 zu § 7; Bartone in Korn/Carlé/Stahl/Strahl, Kommentar zum EStG, Anm. 133 zu § 7; Plückebaum, DB 1962, 1385 (1418 linke Spalte); Urt.-Anm. in HFR 1981, 7 zum BFH-Urteil vom 08. Juli 1980 VIII R 176/78), und zwar selbst dann nicht, wenn sich der Eigentümer dadurch zu einer vorzeitigen Veräußerung gezwungen fühlen sollte (vgl. Werndl, a.a.O.; Plückebaum, a.a.O.).

Vereinzelt wird aber auch die gegenteilige Ansicht vertreten (vgl. Reiche, DStR 1995, 32; Nolde in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG und KStG, Anm. 254 und 450 „Mangelnde Rentabilität eines Gebäudes“ zu § 7; wohl auch Mittelbach, DStZ 1983, 509 linke Spalte).

2.) Hier kommt der seitens der Kläger begehrte Ansatz von AfawA nicht in Betracht. Denn der Ansatz einer AfawA setzt voraus, dass das betreffende Wirtschaftsgut in seiner wirtschaftlichen Nutzungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Die wirtschaftliche Nutzungsfähigkeit eines im Privatvermögen gehaltenen Mietwohngrundstücks besteht in seiner objektiven Eignung, mit ihm (positive) Vermietungseinkünfte zu erzielen. Hinsichtlich der Mietwohnungen des Klägers lässt sich eine Beeinträchtigung dieser Eignung für das Streitjahr aber nicht feststellen.

a.) Der Ansatz von „normalen“ AfA dient dazu, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zur Erzielung von Einkünften genutzten Wirtschaftsgutes im Ausmaß des dabei entstehenden Wertverzehrs auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen. Dabei können naturgemäß nur solche Faktoren Berücksichtigung finden, die unter normalen (betriebs-)individuellen Verhältnissen zu dieser Wertminderung beitragen. Die Vornahme einer AfaA dient demgegenüber dazu, über den durch den üblichen Betrieb entstehenden Wertverzehr hinaus auch den durch außergewöhnliche Umstände und/oder Einwirkungen entstandenen Wertverzehr eines Wirtschaftsgutes erfolgsmäßig berücksichtigen zu können (vgl. auch das Urteil des FG Bremen vom 25. März 1988 I 233/83 K, EFG 1988, 466; Plückebaum, DB 1962, 1385, 1387). Dabei kann die außergewöhnliche Abnutzung die ursprünglich den AfA zugrundegelegte "technische" Nutzungsdauer des Wirtschaftgutes verkürzen, sie kann aber auch - zugleich oder bei unveränderter technischer Nutzungsdauer - die wirtschaftliche Einsatzfähigkeit des Wirtschaftsgutes verringern. Während der Verkürzung der technischen Nutzungsdauer durch eine Veränderung des Abschreibungszeitraumes und damit einer Erhöhung der jährlichen Absetzungen Rechnung getragen werden kann (ohne dass es des Ansatzes von AfawA bedürfte), kann die eingeschränkte wirtschaftliche Nutzungsfähigkeit durch den Ansatz von AfawA abgebildet werden, um den verringerten Beitrag des Wirtschaftsgutes zur Einkünfteerzielung berücksichtigen zu können.

Voraussetzung für eine AfaA ist demgemäß, dass durch ein aus dem Rahmen des üblichen fallendes Ereignis ein außergewöhnlicher „Abnutzungseffekt“ herbeigeführt wird, der über die normale Abnutzung hinausgeht und eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit des Wirtschaftsgutes zur Folge hat (vgl. das BFH-Urteil vom 08. Juli 1980 VIII R 176/78, BStBl II 1980, 743). Die AfaA stellen sich folglich als ein Sonderfall des durch die Nutzungsentnahme verursachten Wertverzehrs dar. Soweit es die AfawA betrifft, werden deren Ursachen - anders bei den Absetzungen für eine außergewöhnliche technische Abnutzung - regelmäßig ohne Einfluss auf die technische Abnutzung des Wirtschaftsgutes bleiben. Der Ansatz der AfawA rechtfertigt sich vielfach gerade dadurch, dass dem Umstand Rechnung getragen werden soll, dass die technische Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes über den Zeitraum hinausgeht, innerhalb dessen es noch wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden kann (z.B. eine von der technischen Entwicklung überholte Produktionsmaschine, vgl. dazu auch die weiteren Beispiele bei Plückebaum, DB 1962, 1385, 1417). Diese Diskrepanz zwischen wirtschaftlicher und technischer Nutzungsmöglichkeit erfolgswirksam abzubilden ist Aufgabe der AfawA, indem die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der kürzeren wirtschaftlichen Nutzungsdauer angepasst werden.

b.) Ein solches Bedürfnis besteht hier jedoch nicht. Denn eine im Veranlagungszeitraum 2006 gegebene Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Nutzungsfähigkeit der Mietwohnungen lässt sich nicht feststellen. Auch im Streitjahr war jede einzelne Wohnung objektiv geeignet, (positive) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einzubringen.

aa.) Die Nutzungsfähigkeit eines Mietgrundstücks ist jedenfalls dann beeinträchtigt, wenn sich bei Beendigung eines Mietverhältnisses herausstellt, dass das Objekt nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr weiter zu vermieten ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1980 VIII R 34/76, a.a.O.; Urteil des FG Düsseldorf vom 09. August 2007 16 K 840/05, EFG 2008, 122). So lag es hier im Streitjahr aber gerade nicht. Vielmehr waren alle drei Wohnungen seit ihrem Erwerb durch den Kläger bis Ende 2006 einschließlich – bis auf kurze Unterbrechungen – durchgängig und in vollem Umfang vermietet. Allein die rein hypothetische Befürchtung des Klägers, die Wohnungen nach Beendigung der derzeitigen Mietverhältnisse nur unter erhöhten Schwierigkeiten weitervermieten zu können, vermag eine Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit nicht zu begründen, zumal – soweit ersichtlich – die Beendigung der bestehenden Mietverhältnisse im Streitjahr gar nicht im Raume stand. Soweit der Kläger im Termin vom 04. Juni 2009 ergänzend vorgetragen hat, dass die Wohnung „X“ seit November 2008 leer stehe und eine Neuvermietung bislang nicht gelungen sei, ist dieser Umstand nicht geeignet, die Inanspruchnahme einer AfawA im Veranlagungszeitraum 2006 zu begründen.

bb.) Zwar ist der Mietertrag im Laufe der Jahre hinsichtlich der Wohnungen „X“ und „Y“ durchaus signifikant zurückgegangen – dadurch wurde aber die Möglichkeit, die Wohnungen zu Vermietungszwecken zu nutzen, (noch) nicht beschränkt. Es kann dahinstehen, ob es für eine solche Beeinträchtigung der Nutzungsfähigkeit eines Mietgrundstücks stets erforderlich ist, dass der Vermieter es gar nicht mehr oder nur noch in eingeschränktem Umfang vermieten kann. Dagegen spricht, dass die (ursprünglich vorhandene) Möglichkeit, ein Grundstück zum Zwecke der Einkunftserzielung zu nutzen, verloren gehen kann, obwohl das Objekt vermietet ist. Die Möglichkeit der Einkunftserzielung entfällt nämlich ab dem Zeitpunkt, ab dem die erzielten Mieteinnahmen - trotz aller ernsthaft unternommenen Bemühungen des Vermieters, höhere Mieten zu erzielen - dauerhaft nicht mehr geeignet sind und auch künftig nicht geeignet sein werden, die laufenden Bewirtschaftungskosten des Mietobjektes zu decken. Denn ab diesem Zeitpunkt steht fest, dass das Grundstück unabhängig von der Person des Vermieters und dessen Dispositionen im Übrigen - insbesondere also unabhängig von der Frage einer Eigen- oder Fremdfinanzierung des Mietgrundstücks - nicht mehr dazu genutzt werden kann, (positive) Vermietungseinkünfte zu erzielen. Auch in einer solchen Situation mag es für einen Vermieter vorteilhaft sein, das Grundstück dennoch - nicht kostendeckend - zu vermieten, um seine Verluste jedenfalls zu minimieren. Das änderte aber nichts daran, dass das Objekt nicht mehr entsprechend seinem ursprünglichen Zweck verwendet werden kann. Eine solche Konstellation lässt sich hier jedoch für das Streitjahr nicht feststellen, was sich aus folgender Berechnung ergibt:

Whg. X Whg. Y Whg. Z
(48,67 qm) (54,90 qm) (54,90 qm)
- EUR - - EUR - - EUR -
Mieteinnahmen kalt/Monat 210,92 220,00 308,77
Jahr 2.531,04 2.640,00 3.705,24

Anzusetzende Kosten:
Auf einzelne Wohnungen entfallende Kosten lt. Wohngeldabrg. (soweit nicht
umgelegt):
Bankgebühren 2,00 2,26 2,26
Verwaltergebühr 257,52 257,52 257,52
Zuführung Instandh.-.Rücklage 74,65 84,21 84,21
zzgl. Zinserträge 5,11 5,76 5,76
abzgl. Zinsabschlagsteuer 1,43 1,61 1,61
abzgl. Solidaritätszuschlag 0,08 0,09 0,09
Sonstige Kosten 8,94 10,09 10,09
Reparaturen 33,96 38,31 38,31
Einzelkosten Eigentümer 69,60 69,60 69,60
Zwischensumme 450,27 450,27 466,05 466,05 466,05 466,05
Auf alle Wohnungen entfallende Kosten:
AfA 4.989,00
Lt. Steuererklärung:
Eigene Verwaltung 243,00
Fahrtkosten 450,00
Zwischensumme 5.682,00

davon 48,67/158,47 1.745,08
davon 54,90/158,47 1.968,46
davon 54,90/158,47 1.968,46

Gerichtskosten X 195,00 0,00 0,00
Summe Kosten 2.390,35 2.434,51 2.434,51

verbleibende Mieteinnahmen 140,69 1.090,64 1.270,73

Danach reichten die mit den Wohnungen erzielten Mieteinnahmen jeweils aus, um sie in dem oben genannten Sinne kostendeckend zu vermieten. Ihre objektive Eignung zur Erzielung (positiver) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung war somit im Streitjahr gegeben. Das gilt, obwohl der Senat zugunsten der Kläger bei der Berechnung mit den „Gerichtskosten X“ eine Kostenposition berücksichtigt hat, die Ausnahmecharakter hat und somit eigentlich kaum geeignet wäre, ein dauerhaftes Defizit hinsichtlich dieser Wohnung zu begründen. Außerdem hat der Senat - ebenfalls zugunsten der Kläger - die zweiprozentige Gebäude-AfA gem. § 7 Abs. 4 Nr. 2 a EStG bezogen auf die ursprünglichen Anschaffungskosten der Wohnungen in Ansatz gebracht und damit unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger in den Veranlagungszeiträumen 1994 bis 1997 Sonderabschreibungen in Anspruch genommen und damit einen beträchtlichen Teil das AfA-Volumens bereits verbraucht hat (vgl. § 7a Abs. 9 EStG).

Letztlich erzielte der Kläger in 2006 noch relativ hohe Mieten, was sich auch daran zeigt, dass die tatsächlich vereinnahmten monatlichen Quadratmetermieten von 4,00 €/qm (Wohnung „Y“), 4,33 €/qm (Wohnung „X“) und 5,62 €/qm (Wohnung „Z“) zum Teil erheblich über denjenigen liegen, die die Makleragentur in ihrem von den Klägern selbst vorgelegten Schreiben vom 20. Juni 2007 als erzielbar eingeschätzt hat (3,50 – 3,80 €/qm). Alle drei Quadratmetermieten bewegen sich auch im Rahmen dessen, was ausweislich des seitens der Kläger vorgelegten Mietspiegels für die Stadt ... an Quadratmeterpreisen für eine mittelmäßig ausgestattete Wohnung bei insgesamt guter Beschaffenheit des Gesamtgebäudes zu erzielen war (3,86 – 4,56 €; Mittelwert 4,22 €), die mit der Wohnung „Z“ erzielte Miete überschritt diesen Rahmen sogar bei weitem. Damit mögen die Mieten zwar weit unter denjenigen liegen, die der Kläger zu Beginn der Vermietungstätigkeit erwartet hatte. Enttäuschte Renditeerwartungen allein vermögen aber eine AfawA nicht zu rechtfertigen.

c.) Soweit vereinzelt vertreten wird, den Maßstab für die wirtschaftliche Nutzungsfähigkeit eines Mietgebäudes bilde unmittelbar dessen Ertragswert, so dass eine grundsätzlich zu AfawA berechtigende Beschränkung der Nutzungsfähigkeit schon dann anzunehmen sei, wenn der Ertrag signifikant sinke (so ausdrücklich Reiche, DStR 1986, 32), kann dem nicht gefolgt werden. Denn dieser Ansatz vermengt systemwidrig die Frage nach der Bewertung einer wirtschaftlichen Nutzung mit der Frage nach der grundsätzlichen Möglichkeit ihrer Ausübung. So mag der Ertragswert zwar Auskunft darüber geben, welchen Wert der Markt der Nutzung eines bestimmten Gebäudes beimisst, er sagt aber jedenfalls unmittelbar nichts über die für die Frage des Ansatzes von AfawA allein maßgebliche Veränderung der Dauer der wirtschaftlichen Nutzungsfähigkeit des Gebäudes aus. Denn die Nutzungsfähigkeit eines Wirtschaftsgutes bestimmt sich nicht unmittelbar nach der Wertschätzung, die der Markt der durch das Wirtschaftsgut eröffneten Nutzungsmöglichkeit beimisst. Diese Wertschätzung mag Schwankungen unterliegen und ihren Ausdruck auch in der Minderung der durch die Nutzung erzielbaren Erlöse finden. Die Möglichkeit, ein Wirtschaftsgut zu einem bestimmten wirtschaftlichen Zweck - etwa der Erzielung von Einkünften aus der Vermietung von Wohnraum - zu nutzen, besteht grundsätzlich aber unabhängig davon, wie der Markt diese Nutzungsmöglichkeit bewertet. Das gilt jedenfalls so lange, wie die durch das Wirtschaftsgut eröffnete Nutzung überhaupt nachgefragt wird und diese Nutzung wirtschaftlich sinnvoll (vgl. oben) gezogen werden kann. Erst wenn das Wirtschaftsgut - u.U. auch durch Marktschwankungen (vgl. dazu z.B. Kulosa, a.a.O., § 7 Rn. 123) - zu seinem ursprünglich vorgesehenen Zweck dauerhaft nicht mehr eingesetzt werden kann, obwohl es technisch noch nicht verbraucht ist, lässt sich eine AfawA begründen. Eine Ertragsminderung allein ist dazu hingegen jedenfalls so lange nicht geeignet, als sie eine solche Auswirkung auf die maßgebliche wirtschaftliche Nutzungsfähigkeit des Wirtschaftsgutes (noch) nichtt hat (vgl. auch die Anmerkung zu dem BFH-Urteil vom 08. Juli 1980 VIII R 176/78 in HFR 1981, 7). Das erscheint auch deshalb sachgerecht, weil etwaige Ertragswertsteigerungen sich im Rahmen des § 21 EStG auch nicht steuererhöhend auswirkten (so z.B. auch Plückebaum, DB 1962, 1385, 1418 linke Spalte).

3.) Aus den oben angeführten Gründen kommt der begehrte Ansatz der AfawA auch mit Blick auf den behaupteten Verfall der Verkaufspreise der Mietwohnungen nicht in Betracht. Denn die bloße Minderung des Wertes eines der Einkommenserzielung dienenden Wirtschaftsgutes, ohne dass dadurch seine betriebsgewöhnliche Nutzungsfähigkeit beeinflusst wird, vermag für sich genommen keine AfaA, sondern allenfalls eine Teilwertabschreibung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu begründen (vgl. auch das Urteil des FG Bremen vom 25. März 1988 I 233/83 K, a.a.O., mit weiteren Nennungen). Die Vornahme einer solchen ist im Rahmen der Überschusseinkünfte, zu denen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 2 EStG auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG gehören, aber unzulässig (BFH-Urteil vom 21. Juni 2006 XI R 49/05, BStBl II 2006, 712).

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gem. 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 Satz 3, Abs. 1 Satz 7 EStG

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