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27.08.2009 · IWW-Abrufnummer 092881

Amtsgericht Karlsruhe: Urteil vom 29.05.2009 – 12 C 101/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer: 12 C 101/09
Verkündet am 29.05.2009

Amtsgericht Karlsruhe

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Herausgabe
hat das Amtsgericht Karlsruhe durch Richter am AG ......... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2009 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, in die Übertragung der Daten der von ihm erstellten Finanzbuchhaltung des Klägers zu 1. einschließlich des Anlagevermögens für 2007 im XXX einzuwilligen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, sämtliche Buchungsbelege, insbesondere Ein- und Ausgangsrechnungen, Kassenbücher, Kassenbelege, Quittungen, Kontoauszüge, Steuerbescheinigungen der Kläger für das und/oder aus dem Jahr 2007 sowie die Auswertungen der Buchführung des Klägers zu 1. zum 31.12.2007 bestehend aus Summen- und Saldenliste, Liste offener Posten, sämtlichen Kontoblättern an die Kläger herauszugeben.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die diesen dadurch entstehen, dass der Beklagte sich mit der Einwilligung in die Übertragung der Daten der von ihm erstellten Finanzbuchhaltung des Klägers zu 1. einschließlich des Anlagevermögens für 2007 im XXX an XXX, und mit der Herausgabe sämtliche Buchungsbelege, insbesondere Ein- und Ausgangsrechnungen, Kassenbücher, Kassenbelege, Quittungen, Kontoauszüge, Steuerbescheinigungen der Kläger für das und/oder aus dem Jahr 2007 seit 07.08.2008 in Verzug befindet.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 25 %, der Beklagte zu 75 %.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 2.500,- EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger begehren vom Beklagte.n die Herausgabe von Unterlagen und die Übermittlung von Daten.

Der Beklagte war über geraume Zeit bis zum Sommer 2008 steuerlicher und betriebswirtschaftlicher Berater der Kläger. Die Kläger überließen dem Beklagten Unterlagen für den Jahresabschluss 2007 und die Steuererklärung 2001; ,die beide vom Beklagten nicht mehr fertig gestellt wurden. Die überlassenen Unterlagen verlangen die Kläger nun heraus. Darüber hinaus begehren sie die Übertragung der die Kläger betreffenden Buchführungsdaten für 2007 im Rechenzentrum der XXX vom Beklagten auf die jetzigen Steuerberater der Kläger (die Daten für 2008 hat der Beklagte auf Aufforderung bereits vorgerichtlich übertragen lassen).

Der Beklagte macht ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von insgesamt 17.867,85 EUR mit Blick auf folgende unbezahlte Rechnungen geltend:

1. Rechnung Nr. 80581 v. 15.07.2008 über 4.188,80 EUR (Anl. B 1).
2. Rechnung Nr. 80583 v. 21.07.2008 über 2.403,80 EUR (Anl. B 2),
3. Rechnung Nr. 80582 v. 21.07.2008 über 4.188,80 EUR (Anl. B 3),
4. Rechnung Nr. 80640 v. 11.08.2008 über 3.564,05 EUR (Anl. B 4),
5. Rechnung Nr. 80641 v. 11.08.2008 über 3.522,40 EUR (Anl. B 5).

Die Kläger machen geltend, die Rechnungen des Beklagten seien zwar dem Grunde nach, nicht aber in dieser Höhe berechtigt. Berechtigt sei allenfalls ein Betrag von insgesamt ca. 4.000,- bis 10.800,- EUR. Ein Zurückbehaltungsrecht bestehe nicht, da es sich nicht um konnexe Forderungen handele. Im Übrigen seien die Rechnungen formal nicht ordnungsgemäß gestellt und damit bislang gemäß § 9 StbGbV nicht einforderbar.
Darüber hinaus machen die Kläger geltend, sie seien auf die Unterlagen für die Erstellung der Steuererklärung - zur Meidung von Sanktionen der Finanzbehörden - dringend angewiesen. Hierfür haben sie durch ihre Prozessbevollmächtigten zunächst einen Antrag auf einstweilige Verfügung entwerfen lassen, für die sie - ausgehend von einem Gegenstandswert von 4.000,- EUR - Anwaltskosten von 216,- EUR begehren. Daneben fordern sie eine vorgerichtliche 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.716,- EUR. Schließlich begehren sie die Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz etwaiger Verzugsschäden verpflichtet sei. Insoweit werfen sie dem Beklagten eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vor, da ein Zurückbehaltungsrecht offensichtlich nicht bestehe.

Die Kläger beantragen,

1. den Beklagten zu verurteilen, in die Übertragung der Daten der von ihm erstellten Finanzbuchhaltung des Klägers zu 1. einschließlich des Anlagevermögens für 2007 im XXX einzuwilligen;

2. den Beklagten zu verurteilen, sämtliche Buchungsbelege, insbesondere Ein- und Ausgangsrechnungen, Kassenbücher, Kassenbelege, Quittungen, Kontoauszüge, Steuerbescheinigungen der Kläger für das und/oder aus dem Jahr 2007 sowie die Auswertungen der Buchführung des Klägers zu 1. zum 31.12.2007 bestehend aus Summen- und Saldenliste, Liste offener P6sten, sämtlichen Kontoblättern an die Kläger herauszugeben;

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung 216,- EUR und als Nebenforderung 459,60 EUR zu zahlen;

4. festzustellen, dass der Beklagte den Klägern aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die diesen dadurch entstehen, dass der Beklagte sich mit der Einwilligung in die Übertragung der Daten der von ihm erstellten Finanzbuchhaltung des Klägers zu 1. einschließlich des Anlagevermögens für 2007 XXX und mit der Herausgabe sämtliche Buchungsbelege, insbesondere Ein- und Ausgangsrechnungen, Kassenbücher, Kassenbelege, Quittungen,Kontoauszüge, Steuerbescheinigungen der Kläger für das und/oder aus dem Jahr 2007 seit 05.08.2008 in Verzug befindet.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht ein Zurückbehaltungsrecht geltend; die von ihm erstellten Rechnungen seien dem Grund und der Höhe nach berechtigt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.

1. Dass den Klägern nach Mandatsbeendigung grundsätzlich ein Herausgabeanspruch hinsichtlich der übergebenen Unterlagen aus §§ 675, 667 BGB sowie ein Anspruch auf Übertragung der Datev-Daten (vgl. dazu KG DStZ 1996, 476) zusteht, stellt der Beklagte nicht in Abrede. Er beruft sich lediglich auf ein Zurückbehaltungsrecht. Abgesehen davon, dass auch ein bestehendes Zurückbehaltungsrecht allenfalls zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung (und nicht zur beantragten Klagabweisung) führen würde, steht dem Beklagten hier kein Zurückbehaltungsrecht zu:

a) Hinsichtlich der vom Beklagten geltend gemachten Rechnungen Nr. 80583 vom 21.07.2008 über 2.403,80 EUR (Anl. B 2), Nr. 80582 vom 21.07.2008 über 4.188,80 EUR (Anl. B 3) und Nr. 80641 vom 11.08.2008 über 3.522,40 EUR (Anl. B 5) fehlt es bereits an der erforderlichen Konnexität mit dem Herausgabeanspruch: Ein Zurückbehaltungsrecht an Mandanten-Unterlagen können Rechtsanwälte und Steuerberater nur dann geltend machen, wenn die Honorarforderung der konkreten, eng abgegrenzten Angelegenheit entspringt, auf die sich auch die herausverlangten Unterlagen beziehen (BGH NJW 1997, 2944; OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 364). Dies ist jedenfalls für die vorgenannten Rechnung nicht der Fall: Die herausverlangten Unterlagen und Daten beziehen sich sämtlich auf das Jahr 2007. Die drei genannten Rechnungen betreffen hingegen ausdrücklich ausschließlich den Zeitraum 2008.

b) Ein Zurückbehaltungsrecht besteht aber auch nicht hinsichtlich der verbleibenden beiden Rechnungen Nr. 80581 (Anl. B 1) und Nr. 80640 (Anl. B 4). Dabei kann dahinstehen, ob insoweit das Konnexitätserfordernis erfüllt ist. Denn jedenfalls kann der Beklagte aus diesen beiden Rechnungen keine Rechte herleiten:

Für die Rechnung Nr. 80581 (Anl. B 1) hat der Beklagte – trotz ausdrücklichen Bestreitens durch die Kläger bereits in der Klagschrift – schon nicht vorgetragen, dass er hinsichtlich des dort abgerechneten Jahresabschlusses 2007 bis zum 15.07.2008 überhaupt irgendwelche Tätigkeiten entfaltet habe. Zudem handelt es sich – worauf die Kläger zutreffend hinweisen – um eine unzulässige Vorschussrechnung. Der Beklagte hat sie unter dem 15.07.2008 ausdrücklich als Vorschussrechnung gemäß § 8 StbGbV erstellt, die Kläger hatten aber bereits mit Fax vom 07.07.2008 das Mandatsverhältnis unmissverständlich beendet. Nach Mandatsbeendigung kann indes kein Vorschuss nach § 8 StbGbV mehr gefordert werden (OLG Düsseldorf GI 2002, 219).

Hinsichtlich der Rechnung Nr. 80640 (Anl. B 4) weisen die Beklagten zu Recht darauf hin, dass diese Rechnung bislang nicht einforderbar ist, § 9 Abs. 1 StbGbV: Denn sie genügt nicht den Formerfordernissen nach § 9 Abs. 2 StbGbV. Insbesondere die erforderliche Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestandes und die Angabe der angewandten Vorschriften der StbGbV. Solange aber die Rechnung nicht einforderbar ist, kann sie nicht Grundlage eines Zurückbehaltungsrechts sein. Es kommt daher nicht darauf an, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Beklagte auf die dort berechneten Leistungen Honorar geltend machen kann.

2. Mit der Herausgabe und der Datenübertragung ist der Beklagte – mangels Zurückbehaltungsrecht – im Verzug, § 286 BGB. Dieser Verzug begann allerdings erst ab Ablauf der von Klägerseite mit dem Anwaltsschreiben vom 05.08.2008 (Anl. K 10) gesetzten Frist zum 06.08.2008. Ein früherer Verzug ist nicht ersichtlich.
Da durch die Verzögerung der Herausgabe sich auch die entsprechenden Erklärungen der Kläger gegenüber dem Finanzamt verzögern und insoweit Sanktionen der Finanzbehörden im Raum stehen, ist auch der auf den Verzugsschaden gerichtete Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO zulässig und begründet.
Allerdings stützt sich der Anspruch ausschließlich auf Verzug, hingegen nicht auf eine vorsätzliche unerlaubte Handlung. Eine solche ist nicht erkennbar. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Beklagte im Vertrauen auf ein tatsächlich bestehendes Zurückbehaltungsrecht handelte - zumal ja auch die Kläger selbst nicht in Abrede stellen, dass dem ihm noch restliches Honorar zusteht.

3. Vorgerichtliche Anwaltskosten können die Kläger nicht verlangen.

a) Wie eben ausgeführt, kommt als Anspruchsgrundlage für die vorgerichtliche Geschäftsgebühr nicht etwa deliktisches Handeln (§ 823 Abs. 2 BGB), sondern allenfalls Verzug nach §§ 286, 288 BGB in Betracht. Verzug trat hier aber erst aufgrund der Fristsetzung durch die Prozessbevollmächtigten ein, also erst nach deren Einschaltung. Damit waren die Anwaltsgebühren bereits vor Verzugsbeginn angefallen und stellen keinen Verzugsschaden mehr dar.

b) Im Ergebnis nichts anderes gilt für die auf den Entwurf eines Antrags auf einstweilige Verfügung entfallenden Kosten. Diese stellen jedenfalls keine erforderlichen Rechtsverfolgungskosten i.S.d. §§ 286, 288, 249 BGB dar. Hinsichtlich der Datenübertragung für das Jahr 2008 hat der Beklagte innerhalb der gesetzten Frist - mit Schreiben vom 06.08.2008 - vorbehaltlos zugestimmt. Einstweiliger Rechtsschutz war insoweit nicht erforderlich. Hinsichtlich der Datenübertragung für 2007 hat der Beklagte von Anfang an ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und ist hierbei ohne Veränderung geblieben. Wenn die Kläger insoweit - nach Erstellung eines Entwurfs für den einstweiligen Rechtsschutz - hiervon ohne Änderung der Sachlage wieder Abstand nehmen, einstweiligen Rechtsschutz also offenbar selbst nicht für erforderlich halten, kann dies nicht dem Beklagten zur Last fallen.

4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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