Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

25.11.2009 · IWW-Abrufnummer 092576

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 30.04.2009 – 13 K 4608/08

Der Verwaltungskostenanteil (Provision und Verwaltungsaufwand) einer Lebensversicherung gehört nicht zu den abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern zu den Anschaffungskosten der Vermögensanlage. Sie können auch nicht als Absetzung für Abnutzung berücksichtigt werden.


FG Baden-Württemberg v. 30.04.2009

13 K 4608/08

Tatbestand
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer für das Streitjahr 2005 veranlagt. In der Einkommensteuererklärung 2005 erklärten die Kläger Kapitalerträge aus einer im Oktober 2005 ausgezahlten Lebensversicherung der X Lebensversicherung a. G. in Höhe von xxx.xxx EUR. Der Beginn der Versicherung war am 01.10.1991 (sog. Altvertrag), der Ablauf der Versicherung am 01.10.2005. Die Zinsen aus dem Vertrag sind gemäß gesonderter Feststellung vom 25.07.2003 wegen schädlicher Verwendung steuerpflichtig nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F.

Mit Schreiben vom 15.05.2007 teilten die Kläger dem Finanzamt mit, die in der Steuererklärung angesetzten Zinseinnahmen hätten sie einem Schreiben des Versicherungsmaklers Y GmbH vom 14.12.2006 entnommen. Danach sei der zu versteuernde Anteil wie folgt anzusetzen:

Ablaufleistung x.xxx.xxx,xx EUR
./. Einzahlung
14 Beiträge (Jahre) × xx.xxx,xx EUR xxx.xxx,xx EUR
zu versteuern xxx.xxx,xx EUR.

In einer „Kapitalertragsteuer-Bescheinigung (§ 45 a Abs. 2 EStG)” der X Lebensversicherung a. G. vom 05.10.2005 heißt es:

„Am 05.10.2005 wurden für den Zeitraum vom Versicherungsbeginn bis zum 01.10.2005 folgende rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen (Kapitalerträge) gezahlt:

Höhe der Kapitalerträge xxx.xxx,xx EUR
Anrechenbare Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % xxx.xxx,xx EUR
Anrechenbarer Solidaritätszuschlag x.xxx,xx EUR.

In den Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 21.08.2007 wurde die von der Versicherung bescheinigte Höhe der Kapitalerträge mit xxx.xxx EUR übernommen.

Mit dem Einspruch vom 24.08.2007 brachten die Kläger vor, nach ihren Berechnungen seien die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit höchstens xxx.xxx EUR anzusetzen. Bei der Berechnung der abzuführenden Kapitalertragsteuer sei der Aufwand der Versicherung nicht berücksichtigt. Die vorliegende steuerpflichtige Lebensversicherung sei eine klassische Kapitalanlage. Erst am Ende der Laufzeit stehe der steuerpflichtige Überschuss fest. Daher könnten auch erst am Ende der Laufzeit die über die Jahre angefallenen Aufwendungen berechnet werden. Dies schließe aus, dass angefallene Werbungskosten schon während der Laufzeit der Versicherung hätten geltend gemacht werden müssen. Eine Berechnung der Erträge und der Werbungskosten könne erst am Ende der Laufzeit erfolgen.

Mit Schreiben vom 12.11.2007 vertraten die Kläger die Auffassung, der zu versteuernde Ertrag aus Kapitalvermögen errechne sich wie folgt:

Auszahlungsbetrag x.xxx.xxx,xx EUR
abzügl. geleistete Jahresprämien xxx.xxx,xx EUR
zuzügl. nicht abzugsfähige Beiträge zur Risikolebensvers. xx.xxx,xx EUR
zu versteuernder Ertrag xxx.xxx,xx EUR.

Nach einem von den Antragstellern eingereichten Schreiben der X Lebensversicherung a. G. vom 06.11.2007 ergibt sich folgende Beitragszerlegung: Sparanteil = xxx.xxx,xx EUR, Risikoanteil = xx.xxx,xx EUR, Kostenanteil pro Jahr x.xxx,xx EUR × 14 = xx.xxx,xx EUR, zusammen xxx.xxx,xx EUR (= insgesamt geleistete Jahresprämien xx.xxx DM (xx.xxx,xx EUR) × 14 = xxx.xxx EUR).

Mit Einspruchsentscheidung vom 01.09.2008 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung führt u. a. aus: Der Lebensversicherungsvertrag sei vor dem 01.01.2005 abgeschlossen worden. Es handele sich also um einen sogenannten Altvertrag. Der Vertrag sei laut gesonderter Feststellung vom 25.07.2003 steuerschädlich verwendet worden. Daher seien die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den Beiträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (Fassung 31.12.2004) steuerpflichtig. Bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Zinsen sei darauf abzustellen, dass sich der Versicherungsbeitrag üblicherweise aus einem Kostenanteil (z.B. Verwaltungsausgaben), einem Risikoanteil und einem Sparanteil zusammensetze. Das Versicherungsunternehmen erziele durch die Anlage der Sparanteile Erträge, die es zusammen mit den Sparanteilen als geschuldete Versicherungssumme auszahle. Der Versicherungsnehmer müsse nur die sogenannten rechnungsmäßigen (= vertraglich garantierten) und außerrechnungsmäßigen (= darüber hinaus erzielten) Zinsen versteuern. Die von der X Lebensversicherung a. G. bescheinigten Zinserträge in Höhe von xxx.xxx EUR seien zu versteuern. Der Verwaltungskosten könnten nicht abgezogen werden. Es handele sich nicht um Werbungskosten. Verwaltungskosten seien Teil der Aufwendungen für die Beschaffung der Lebensversicherung und somit Anschaffungsnebenkosten einer Vermögensanlage. Diese könnten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht abgezogen werden.

Die Kläger haben am 01.10.2008 Klage erhoben; sie bringen u. a. vor:

Die Klägerin habe im Jahr 1991 eine Lebensversicherung bei der deutschen Lebensversicherungsgesellschaft Z abgeschlossen, deren Versicherungsbestand von der X Lebensversicherungsgesellschaft übernommen worden sei. Unstreitig sei der Ertrag aus der Versicherung steuerpflichtig gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F. Der Versicherungsvertrag sei zum 01.10.2005 fällig geworden. Er habe eine Gesamtablaufleistung von x.xxx.xxx,xx EUR gehabt. An Beiträgen seien insgesamt xxx.xxx EUR eingezahlt worden. Die in der Versicherungsablaufleistung enthaltenen rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen habe die Versicherungsgesellschaft mit xxx.xxx,18 EUR bescheinigt. An vertragsinternen Kosten habe die Versicherungsgesellschaft insgesamt xx.xxx,xx EUR bescheinigt. Diese vertragsinternen Kosten seien bei der Ermittlung des Zinsertrags nicht abgezogen worden. Die Kläger seien der Auffassung, dass der Besteuerung lediglich die Differenz zwischen der Versicherungsablaufleistung (x.xxx.xxx,xx EUR) und den von ihnen gezahlten Beiträgen (xxx.xxx EUR), also xxx.xxx EUR, zugrunde zu legen sei. Der Beklagte meine dagegen, es seien die von der Versicherungsgesellschaft bescheinigten rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen in Höhe von xxx.xxx,18 EUR zu versteuern.

Die Auffassung des Beklagten berücksichtige nicht das Prinzip der Nettobesteuerung. Die Vermögensmehrung der Kläger habe nur in Höhe der Differenz zwischen Ablaufleistung und gezahlten Beiträgen bestanden. Die vertragsinternen Kosten seien als Werbungskosten anzusetzen, und zwar insgesamt im Jahr des Vertragsablaufs. Der Besteuerung könnten nur die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen – vermindert um die vertragsinternen Kosten – unterliegen. Vertragsinterne Kosten, die die Lebensversicherungsgesellschaft von der Ablaufleistung in Abzug gebracht habe, könnten auch nicht als Anschaffungskosten oder Anschaffungsnebenkosten angesehen werden. Denn diese vertragsinternen Kosten hätten nichts mit der „Anschaffung” des Wirtschaftsguts „Lebensversicherungsvertrag” zu tun. Es handele sich vielmehr um die internen Kosten der laufenden Verwaltung, die der Versicherungsgesellschaft über die Laufzeit des Vertrags entstünden und die den Ertrag des Steuerpflichtigen aus der Kapitalanlage minderten.

Die Kläger stellen den Antrag aus der Klageschrift vom 01.10.2008,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er bringt u. a. vor: Die Parteien seien sich einig, dass die Erträge aus der im Jahr 2005 ausbezahlten Lebensversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. steuerpflichtig seien. Steuerpflichtig seien nach dem Gesetzestext die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten seien. Diese steuerpflichtigen Zinsen habe die auszahlende X Lebensversicherung in der Kapitalertragsteuer-Bescheinigung mit xxx.xxx,xx EUR angegeben. Das Finanzamt müsse sich auf die Bescheinigung des Versicherers verlassen. Vertragsinterne Kosten seien nicht zu berücksichtigen; zur Wahrung des Nettoprinzips sei bis zu den Höchstbeträgen der Sonderausgabenabzug gegeben gewesen. In den Altfällen sei ein Vergleich der Ablaufleistung mit den einbezahlten Beiträgen zur Ermittlung des steuerpflichtigen Betrags nicht zulässig. Die Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG gelte erst für ab dem 01.01.2005 abgeschlossene Verträge. Das Finanzamt habe die steuerpflichtigen Zinsen aus der Lebensversicherung entsprechend der gesetzlichen Regelung richtig angesetzt.

Die Kläger haben mit dem am 19.01.2009 beim Finanzgericht eingegangenen Schreiben u. a. erwidert: Sie seien im Grunde nicht der Meinung, der Besteuerung zuzuführen sei die Differenz zwischen Ablaufleistung und gezahlten Beiträgen. Sie wollten auch nicht die seit 01.01.2005 geltende Rechtslage auf den unstreitig der früheren Rechtslage unterworfenen Vertrag anwenden. Die Kläger seien der Meinung, der Besteuerung zugrunde zu legen seien die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen, vermindert um die von der Versicherungsgesellschaft davon in Abzug gebrachten und nicht ausgezahlten vertragsinternen Kosten. Genau genommen seien die Kläger deshalb der Auffassung, der Besteuerung zugrunde zu legen seien die von der Versicherungsgesellschaft bescheinigten Zinsen von xxx.xxx,18 EUR abzüglich der ebenfalls bescheinigten vertragsinternen Kosten von xx.xxx,xx EUR und damit lediglich ein Betrag von xxx.xxx,xx EUR. In der Steuererklärung selbst hätten die Kläger allerdings einen steuerpflichtigen Ertrag von xxx.xxx EUR angegeben und darüber auch das Einspruchsverfahren geführt. Deshalb richte sich auch die Klage nur in dieser Höhe gegen den angegriffenen Steuerbescheid. Im vorliegenden Fall, in dem die Versicherung unstreitig steuerpflichtig sei, habe der Steuerpflichtige auch nicht die Möglichkeit des Sonderausgabenabzugs gehabt, bzw. es sei eine Nachversteuerung nach § 10 Abs. 5 EStG erfolgt.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 13.03.2009 weiter u. a. vorgebracht: Streitig sei die Berücksichtigung der von der Lebensversicherungsgesellschaft einbehaltenen vertragsinternen Kosten bei der Ermittlung des als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzenden Betrages aus der Rückzahlung der Lebensversicherung. Der vertragsinternen Kosten seien keine Werbungskosten. Der Verwaltungskostenanteil gehöre zu den Anschaffungskosten bzw. Anschaffungsnebenkosten der Versicherung. Er sei Teil der Aufwendungen für die Vermögensanlage. Insofern unterscheide sich die Lebensversicherung als Kapitalanlage nicht von jeder anderen Kapitalanlage. Zu versteuern sei immer ausschließlich die Verzinsung. Die vertragsinternen Kosten würden dem Versicherungsnehmer nicht weiterberechnet. Die Kläger seien nicht Schuldner dieser Kosten. Diese Kosten beträfen ausschließlich die einkommensteuerlich unbeachtliche Vermögensebene. Einem Abzug stünde auch § 11 EStG entgegen, denn die Kosten seien nicht im Streitjahr 2005 angefallen. Die Kosten seien weder beim Versicherungsnehmer abgeflossen, noch seien sie diesem berechnet worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.



Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.

Erträge aus Ablaufleistungen aus bis zum 31.12.2004 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen hat der Gesetzgeber als „außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- und Todesfall enthalten sind” bezeichnet und als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Nach dem Schreiben der X Lebensversicherung vom 06.11.2007 (in Rechtsbehelfsakte Bl. 18) betrug der Sparanteil der Versicherung insgesamt xxx.xxx,xx EUR, der Risikoanteil insgesamt xx.xxx,xx EUR und der Kostenanteil insgesamt xx.xxx,xx EUR. Die Höhe der Kapitalerträge (rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen) wurde in der Bescheinigung der X Lebensversicherung vom 05.10.2005 mit xxx.xxx,xx EUR mitgeteilt. Diese Zinsen sind steuerpflichtig. Die von den Klägern ursprünglich entsprechend dem Schreiben der Y GmbH vom 14.12.2006 erfolgte Gegenüberstellung der aufgewendeten Beträge und der erhaltenen Ablaufleistung entspricht nicht der im Streitfall (Beginn der Versicherung: 01.10.1991) geltenden Rechtslage. Erst bei ab dem 01.01.2005 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen führt (nur) der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge) zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG n. F.).

Der nunmehr strittige Kostenanteil in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx EUR gehört nicht zu den abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dieser Verwaltungskostenanteil (Provision und Verwaltungsaufwand) gehört zu den Anschaffungskosten der Versicherung; er ist Teil der Aufwendungen für die Beschaffung der Vermögensanlage (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 01.02.2006 10 K 3128/03, juris). Hierzu gehört alles, was der Erwerber aufwenden muss, um das Wirtschaftsgut zu erlangen, also auch die Nebenkosten, die beim Erwerb und im Vertragsverlauf anfallen. Anschaffungskosten einschließlich Anschaffungsnebenkosten einer Vermögensanlage gehören nicht zu den abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. BFH-Urteile vom 30.10.2001 VIII R 29/00, BStBl 2006 II S. 223; vom 16.09.2004 X R 19/03, BStBl 2006 II S. 238; BFH-Beschluss vom 12.10.2005 VIII B 38/04, BFH/NV 2006, 288). Sie können auch nicht im Wege der Absetzung für Abnutzung berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 09.10.1979 VIII R 67/77, BStBl 1980 II S. 116). Damit kommt es nicht darauf an, ob in den Jahren 1991 bis 2004 angefallene Verwaltungskosten im Streitjahr 2005 berücksichtigt werden könnten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 FGO, zumal der Senat im summarischen Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (Beschluss vom 09.02.2009, Az. 13 V 5737/08) eine Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bejaht hat.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG 2004 § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 § 9

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr