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29.07.2009 · IWW-Abrufnummer 092463

Finanzgericht München: Urteil vom 08.12.2008 – 7 K 1239/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 7 K 1239/06

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache XXX

Wegen Haftung für im Abzugsweg gemäß § 50 a Abs. 4 EStG zu erhebende Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 1998 und 1999 hat das Finanzgericht München, 7. Senat, durch den Richter am Finanzgericht XXX als Einzelrichter auf Grund mündlicher Verhandlung vom 8. Dezember 2008 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand

Der Kläger führte in den Streitjahren unter der Bezeichnung „XY" einen Gewerbebetrieb, der sich laut Gewerbeanmeldung u.a. mit der Tätigkeit als Diskjockey, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen und Durchführung von Musikproduktionen befasste. Nach einer das Jahr 1997 betreffenden Außenprüfung ist dem beklagten Finanzamt (dem Finanzamt) bekannt geworden, dass der Kläger in 1997 Zahlungen an ausländische DJ's und Musiker für Auftritte auf inländischen Veranstaltungen sowie für Lizenzen an Musikstücken geleistet hat.

In der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) des Klägers für sind „Sonstige Kosten DJ" in Höhe von 240.200 DM und in der Gewinnermittlung für „Produktionskosten Ausland" in Höhe von 217.780 DM, „Honorare DJ" in Höhe von 11.881,38 DM, „Sonstige Kosten DJ" in Höhe von 411.220 DM sowie durchlaufende Kosten (Flug, Hotel etc.) in Höhe von 66.168,47 DM ausgewiesen.

Mehrmaligen Aufforderungen des Finanzamts, für 1998 und 1999 Steueranmeldungen nach § 50a EStG beim Finanzamt einzureichen, kam der Kläger nicht nach. Das Finanzamt schätzte daraufhin die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG unterliegenden Zahlungen an ausländische Vergütungsgläubiger anhand der eingereichten Gewinnermittlungen für 1998 und 1999 und erließ am 29. November 2002 einen Haftungsbescheid nach § 50a Abs. 5 EStG über insgesamt 48.752 €. Das Finanzamt ging davon aus, dass 50% der sonstige Kosten DJ 1998 (120.100 DM) sowie die Produktionskosten Ausland 1999 (217.780 DM) an beschränkt Steuerpflichtige gezahlt worden seien und dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen.

Der Kläger legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein und trug zur Begründung vor, dass er nicht als Veranstalter aufgetreten und damit nicht Vergütungsschuldner sei. Die fehlenden Steueranmeldungen sollten nachgereicht bzw. es sollten Freistellungsbescheinigungen vorgelegt werden. Da der Kläger die angekündigten Unterlagen trotz mehrmaliger Aufforderung seitens des Finanzamts nicht einreichte, erließ das Finanzamt am 16. Februar 2006 eine Einspruchsentscheidung, mit der der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Dagegen richtet sich die Klage, die damit begründet wird, dass die dem Kläger entstandenen Kosten und durchlaufenden Posten nicht dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG unterlägen, da er nicht als Veranstalter aufgetreten und damit nicht Vergütungsschuldner sei. Im Übrigen bestünden gemäß dem BFH-Urteil vom 28. April 2004 I R 39/04 Zweifel an der Vereinbarkeit der Steuerabzugs und der Haftung nach § 50 a Abs. 4 und 5 EStG mit dem Europarecht. Eine detaillierte Aufstellung der in den Jahresabschlüssen 1998 und 1999 unter den Positionen " Produktionskosten Ausland, Honorare von DJ's, sonstige für DJ's entstandene Kosten und durchlaufende Posten" enthaltenen Aufwendungen werde nachgereicht .

Der Kläger beantragt,
den Haftungsbescheid gemäß § 50 a Abs. 5 EStG vom 29. November 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2006 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und beruft sich zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.

Das Gericht forderte den Kläger mit Schreiben vom 4. April 2006 und 19. April 2006 auf, die angekündigte detaillierte Aufstellung vorzulegen. Die Schreiben blieben unbeantwortet.

Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2008, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Nach § 50a Abs. 4 EStG wird bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer in bestimmten Fällen im Wege des Steuerabzugs erhoben. In diesen Fällen muss der Schuldner der Vergütungen den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubiger vornehmen und die einbehaltene Steuer an das zuständige Finanzamt abführen (§ 50a Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG). Der Vergütungsschuldner haftet für die einzubehaltende und abzuführende Steuer (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG); soweit er seine Verpflichtungen nicht erfüllt, kann das Finanzamt die Steuer bei ihm durch Haftungsbescheid anfordern (§ 73g EStDV-Einkommensteuer-Durchführungsverordnung).

Die Einbehaltungs- und Abführungspflicht des Vergütungsschuldners nach § 50a Abs. 4 EStG knüpft daran an, dass der beschränkt steuerpflichtige Vergütungsgläubiger der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte (§ 1 Abs. 4 EStG) erzielt. Sie setzt mithin voraus, dass die vom Vergütungsschuldner geleisteten Zahlungen aus der Sicht des Vergütungsgläubigers dem Einkünftekatalog des § 49 EStG unterfallen. Ist das nicht der Fall, so scheidet mangels einer abzuführenden Steuer eine Haftung des Vergütungsgläubigers nach § 50 a Abs. 5 EStG i.V.m. § 73g EStDV aus.

2. Das Finanzamt hat den Kläger zu Recht durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen, da ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er in den Streitjahren Zahlungen für die Überlassung von Rechten (Lizenzen) zur Nutzung an Musikstücken, die beim Empfänger der Zahlungen der Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen sowie Zahlungen an ausländische Künstler, die bei diesen nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG in Deutschland steuerpflichtig sind, geleistet hat.

Aus den Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG für die Streitjahre ergibt sich, dass der Kläger Zahlungen an ausländische DJ's geleistet hat, die er für inländische Veranstaltungen verpflichtet und die er inländischen Veranstaltern gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat. Hierauf weisen die Positionen „Honorare DJ", „Sonstige Kosten DJ" und „ Produktionskosten Ausland" sowie die - insbesondere für das Jahr 1999 - in erheblicher Höhe ausgewiesenen Einnahmen aus Erlösen hin. Wäre der Kläger, wie von ihm behauptet, nur als Vermittler der ausländischen DJ's tätig gewesen, dürften nur Provisionserträge angefallen sein. Betriebsausgaben hinsichtlich der Zahlungen an die ausländischen DJ's wären in diesem Falle beim Kläger nicht angefallen, an diese geleisteten Zahlungen müssten bei ihm durchlaufende Posten darstellen. Die für die Streitjahre sowie die Vorjahre vorliegenden Eingangs- und Ausgangsrechnungen des Klägers lassen nicht darauf schließen, dass er selbst nicht Vertragspartner geworden sei sondern lediglich Vermittler von unmittelbar zwischen den ausländischen DJ's und in den inländischen Veranstaltern abgeschlossenen Verträgen. So wird z.B. in den über „double platin Productions Inc" abgewickelten Verträgen mit den ausländischen DJ's festgestellt, dass ein Vertrag zwischen dem Kläger und dem Künstler abgeschlossen wurde (an agreement has been made on ...between A B... and ... (DJ)". Der Kläger wird zwar als „the management" bezeichnet. Dass damit nicht ein Vermittler gemeint sein kann, zeigt der nachfolgende Satz „The management hereby engages the artist...". Auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Aufschlüsselung des Kontos „Sonstige Kosten DJ" für 1999 weist Zahlungen aus, bei denen es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Zahlungen an ausländische Künstler handelt, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG unterliegen (z.B. am 03.04.1999 16.237,09 DM an „Peace Bisquit/Moroder projeet"; 01.07.1999 15.000 DM für „love parade 99/armand v. helden"; 05.08.1999 21.835,43 DM „Indeep porduct/remix giorgio moroder"; 25.08.1999 7.517,37 DM „Moroder I wanna rock you; 30.09.1999 7.357,58 DM „felix stalltings remix moroder").

Letztlich hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass die als Betriebsausgaben ausgewiesenen Beträge, die auländische DJ's betreffen, falsch gebucht und in Wirklichkeit durchlaufende Posten i. S. von § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG darstellten. Den Nachweis hierzu hat er nach § 159 Abgabenordnung (AO) zu führen. Da er den Nachweis nicht geführt hat, muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger Vergütungsschuldner gegenüber ausländischen DJ's geworden ist.

Dass es sich bei diesen DJ's um Künstler i.S.v. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG handelt, hat das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung zutreffend dargestellt und wird von den Beteiligten auch nicht bestritten.

Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger -wie unstreitig im Jahr 1997 - auch in den Streitjahren Lizenzen für Schallplatten und CD Aufnahmen an ausländische Künstler gezahlt hat, da sich an der Art seiner Tätigkeit im Vergleich zum Vorjahr nichts geändert hat.

3. Da der Kläger trotz Aufforderung durch das Finanzamt keine Angaben in Form einer Anmeldung gemacht hat und das Finanzamt auch auf andere Weise die Höhe der dem Steuerabzug unterliegenden Vergütungen nicht feststellen konnte, durfte es die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG unterliegenden Vergütungen schätzen (§ 162 Abs. 1 AO). Das Gericht hält die vom Finanzamt im Schätzungswege zugrunde gelegten Zahlungen an ausländische Künstler für zutreffend. Der Kläger hat auch im gerichtlichen Verfahren keine andere Höhe der Zahlungen nachgewiesen, wozu er aber auf Grund seiner Beweisnähe verpflichtet gewesen wäre. Er hat keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die Zahlungen an ausländische Künstler der Höhe nach abschließend feststellen lassen. Da die Tatsachen und Beweismittel aus dem Wissens- oder Tätigkeitsbereich des Klägers stammen und ihn außerdem bei Auslandssachverhalten gemäß § 90 Abs. 2 AO eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft, führt dies nach § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 162 AO und in rechtsanaloger Anwendung von § 444 Zivilprozessordnung (ZPO) zu einer Begrenzung der Sachaufklärungspflicht und zu einer Minderung des Beweismaßes (Tipke/-Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 96 FGO Rz. 70 ff.).

Bei der Schätzung der Höhe der an ausländische Vergütungsgläubiger geleisteten Zahlungen hat sich das Finanzamt an den in den Gewinnermittlungen ausgewiesenen Zahlen orientiert und dabei die Positionen herangezogen, von denen zu erwarten ist, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG unterliegende Zahlungen enthalten. Damit hat sich das Finanzamt einer Schätzungsmethode bedient, welche die größtmögliche Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit einer Sachverhaltsannahme bietet. Diese Schätzung ist schlüssig, ihre Ergebnisse wirtschaftlich vernünftig und möglich (vgl. Leopold-/Madle/Rader, Abgabenordnung, § 162 Rz. 20 und 22).

4. Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, dass Zweifel an der Vereinbarkeit von § 50a Abs. 4 EStG mit dem EG-Vertrag bestünden. Diese Frage kann im Streitfall schon deshalb unerörtert bleiben, weil der Kläger nicht mitgeteilt hat, ob Vergütungen an Schuldner mit Wohnsitz in einem Mitgliedssaat der Europäischen Union gezahlt worden sind. Nur in diesem Fall würde sich die Frage einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung von § 50 Abs. 4 EStG stellen (vgl. Bundesfinanzhof- BFH - Urteil vom 24. April 2007 I R 39/04, Bundessteuerblatt - BStBI - II 2008, 95).

5. Der Haftungsbescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil er keine Erwägungen darüber enthält, weshalb das Finanzamt den Kläger und nicht die Steuerschuldner herangezogen hat, da eine Inanspruchnahme der Künstler mangels bekannten Aufenthalts im Ausland ohne Aussichten auf Erfolg ist (BFH-Urteil vom 22. August 2007 I R 46/02, BStBI II 2008, 190 m.w.N.). Zutreffend hat es auch darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BFH (s. BFH-Beschluss vom 3. Dezember 1996 I B 44/96, BStBI II 1997, 306) ein Haftungsbescheid keiner besonderen Begründung bezüglich der Ermessensausübung bedarf, wenn ein gegen den Steuerschuldner zu richtender Nachforderungsbescheid im Ausland vollstreckt werden mü6sste.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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