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07.07.2009 · IWW-Abrufnummer 092145

Oberfinanzdirektion Koblenz: Verfügung vom 27.04.2009 – S 7174 A - St 442


Umsatzsteuerliche Behandlung von Rettungsdienstleistungen


Oberfinanzdirektion Koblenz

27.04.2009

S 7174 A-St 44 2

1. Allgemeines

Im Rahmen des Rettungsdienstes werden verschiedene Dienstleistungen erbracht, für die eine Steuerbefreiung jedoch nur dann in Betracht kommen kann, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer Steuerbefreiungsvorschrift erfüllt sind. Rettungsdienstleistungen können demnach nach § 4 Nr. 14, § 4 Nr. 17 Buchst. b oder § 4 Nr. 18 UStG steuerbefreit sein.

2. Organisation des Rettungsdienstes in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz ist der Rettungsdienst ab 01.07.1991 auf der Grundlage des rheinland-pfälzischen Rettungsdienstgesetzes (RettDG) vom 22.04.1991, (GVBl. S. 217), zuletzt geändert durch Landesgesetz vom 12.06.2007, (GVBl. S. 91), geregelt.

Nach § 2 Abs. 1 RettDG ist der Rettungsdienst eine öffentliche Aufgabe. Er hat die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Notfall- und Krankentransportes als medizinisch-organisatorischer Einheit der Gesundheitsvorsorge und Gefahrenabwehr sicherzustellen.

Träger des Rettungsdienstes sind das Land, die Landkreise und die kreisfreien Städte (§ 3 Abs. 1 RettDG). Zuständige Behörde ist die jeweilige Kreisverwaltung oder die Stadtverwaltung einer kreisfreien Stadt (§ 4 Abs. 2 RettDG). In jedem Rettungsdienstbereich sind eine Leitstelle und die nach den örtlichen Verhältnissen erforderlichen Rettungswachen einzurichten (§ 4 Abs. 3 RettDG).

Die zuständige Behörde überträgt die Durchführung des Rettungsdienstes den anerkannten Sanitätsorganisationen oder einer anderen im Rettungsdienst tätigen Einrichtung, soweit diese in der Lage und bereit sind, einen ständigen Rettungsdienst zu gewährleisten (§ 5 Abs. 1 RettDG).

Die Integrierte Leitstelle (Leitstelle) ist innerhalb eines Rettungsdienstbereiches die Einsatzzentrale für den gesamten Rettungsdienst (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 RettDG). Deren Aufgaben sind nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a bis c RettDG die

- Entgegennahme und Bearbeitung aller Hilfeersuchen,

- Regelung und Koordinierung der Einsätze aller Rettungsmittel und

- organisatorische Weisungsbefugnis gegenüber den im Rettungsdienst tätigen Personen während der Einsatzbereitschaft und des Einsatzes.

Die Leitstelle wird von der zuständigen Behörde unter der Trägerschaft einer, in der Regel der größten, mit der Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich beauftragten Sanitätsorganisation, eingerichtet, besetzt und unterhalten (§ 7 Abs. 6 RettDG).

Das Land trägt die Kosten für die technische Einrichtung der Leitstellen und deren Unterhaltung. Die Kosten für das Personal der Leitstellen tragen die Kostenträger des Rettungsdienstes im Rahmen der Benutzungsentgelte, das Land und die Landkreise und kreisfreien Städte (§ 11 Abs. 1 RettDG). Darüber hinaus tragen die Landkreise und kreisfreien Städte die Kosten für die bauliche Herstellung und Erneuerung oder für die angemieteten Räumlichkeiten der Leitstellen. In den Fällen des § 7 Abs. 6 RettDG gewähren sie den Sanitätsorganisationen Zuwendungen von 75 v.H. (§ 11 Abs. 2 RettDG).

In den Rettungswachen werden die für den Rettungsdienst erforderlichen Personen und Rettungsmittel wie Krankenkraftwagen oder Sonderfahrzeuge vorgehalten (§ 8 RettDG).

Die Rettungswachen werden von der zuständigen Behörde, im Fall der Übertragung der Durchführung des Rettungsdienstes gem. § 5 RettDG von den Sanitätsorganisationen oder sonstigen Einrichtungen, eingerichtet, besetzt und unterhalten (§ 8 Abs. 1 RettDG).

Die Landkreise und kreisfreien Städte tragen die Kosten für die bauliche Herstellung und Erneuerung oder für die angemieteten Räumlichkeiten der Rettungswachen. In den Fällen des § 5 Abs. 1 RettDG gewähren sie den Sanitätsorganisationen Zuwendungen von 75 v.H. (§ 11 Abs. 3 RettDG).

Die beauftragten Sanitätsorganisationen oder sonstigen Einrichtungen erheben für ihre Leistungen auf der Grundlage einer Kosten- und Leistungsrechnung Benutzungsentgelte (§ 12 Abs. 1 RettDG).

Die Benutzungsentgelte werden auf Landesebene zwischen den Verbänden der Kostenträger einerseits sowie den zuständigen Behörden, im Fall der Übertragung des Rettungsdienstes nach § 5 RettDG den Landesverbänden der Sanitätsorganisationen oder den sonstigen Einrichtungen, andererseits vereinbart. Für Einsätze im Rettungsdienst, die den Krankenhäusern von den Sanitätsorganisationen oder sonstigen Einrichtungen für Verbringungsfahrten als allgemeine Krankenhausleistungen in Rechnung gestellt werden, können gesonderte Benutzungsentgelte vereinbart werden (§ 12 Abs. 2 RettDG).


3. Steuerbare Leistungen im Bereich des Rettungsdienstes

Die beauftragte Sanitätsorganisation erbringt mit der Durchführung des Rettungsdienstes und der Einrichtung und Unterhaltung der Leitstellen und Rettungswachen sonstige Leistungen an den Träger. Entgelt sind die vom Land, den Landkreisen und kreisfreien Städte erhaltenen Kostenerstattungen. Es liegen keine nichtsteuerbaren echte Zuschüsse vor, da die Zahlungen aufgrund eines konkreten Leistungsaustauschverhältnisses für den Betrieb der Leitstellen und Rettungswachen erfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 18.01.1995, BStBl II S. 559).

Darüber hinaus erheben die Beauftragten in eigenem Namen Benutzungsentgelte für die erbrachten Beförderungs- und Notfallrettungsleistungen gegenüber dem Kranken (ggf. unmittelbar von den Kostenträgern). Der Beauftragte erbringt demnach steuerbare Leistungen sowohl an den Träger des Rettungsdienstes als auch an die jeweiligen beförderten Personen.


3.1. Kostenerstattungen

3.1.1 Zuwendungen für die Einrichtung und Unterhaltung der Leitstelle
Der Betrieb der Leitstelle ist eine eigenständige Leistung, auf die die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG keine Anwendung findet, weil es sich nicht um eine Nebenleistung zur steuerfreien Krankenbeförderung handelt.
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG findet Anwendung, weil der Betrieb der Leitstelle dem begünstigten Personenkreis auch unmittelbar zugute kommt und damit die Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG vorliegen. Die Tätigkeit der Leitstelle wirkt – auch wenn die Leistung an die Gebietskörperschaft erbracht wurde – unmittelbar gegenüber den Patienten bzw. Unfallopfern, denen auf diese schneller und effektiver geholfen werden kann. Sie verfolgt damit unmittelbar einen gemeinnützigen Zweck i.S.d. § 52 Abs. 1 AO (Förderung der Allgemeinheit), so dass das Tatbestandmerkmal der Unmittelbarkeit gem. § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG erfüllt ist.

3.1.2 Zuwendungen für die Einrichtung und Unterhaltung der Rettungswachen
Nach dem BFH-Urteil vom 18.01.1995 (BStBl II S. 559) verlangt § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG weder, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht werden noch dass der Empfänger der Leistungen und die beförderte Person identisch sind. Die beauftragten Sanitätsorganisationen erbringen demnach an den Träger sowohl Krankenbeförderungs- als auch Vorhalteleistungen.Nach dem RettDG ist es nicht möglich, einer Sanitätsorganisation die Durchführung des Rettungsdienstes ohne den Betrieb der Rettungswache zu übertragen (§ 5 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 RettDG). Der Betrieb der Rettungswache ist untrennbar mit der Krankenbeförderung verbunden. Die Zuwendungen für die Einrichtung und Unterhaltung der Rettungswachen sind daher als Nebenleistung zur steuerfreien Krankenbeförderung zu beurteilen.

3.2 Notärztliche Versorgung, Beförderungsleistungen

3.2.1 Ärztliche Leistungen
Die im Rettungsdienst erbrachten ärztlichen Leistungen sind nach § 4 Nr. 14 von der Umsatzsteuer befreit.

3.2.2 Leistungen der Rettungsassistenten
Vor Ort tätige Rettungsassistenten üben eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG aus, wenn sie selbständig tätig sind und ihnen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis nach §§ 1 nd 13 Rettungsassistentengesetzes erteilt wurde (Abschn. 90 Abs. 2 UStR).

3.2.3 Notfallrettung/Medizinische Leistungen unter ärztlicher Aufsicht
Die Leistungen der Notfallrettung umfassen sowohl Leistungen der Lebensrettung und Betreuung von Notfallpatienten als auch deren Beförderung.

Die lebensrettenden Maßnahmen im engeren Sinne werden durch angestellte Ärzte eines Krankenhauses oder durch selbständige niedergelassene Ärzte erbracht. Die Leistungen sind nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei.

Die vom beauftragten Unternehmer am Einsatzort erbrachten lebensrettenden Maßnahmen im weiteren Sinne unterliegen nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG. Diese Leistungen sind Nebenleistungen zu der Nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfreien Hauptleistung „Krankenbeförderung“.

Die Beförderung von Notfallpatienten in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen ist steuerfrei nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG. Wird der Verletzte im Anschluss an eine Notfallrettung in ein Krankenhaus befördert, stellen die lebensrettenden Maßnahmen, die der Vorbereitung der Transportfähigkeit des Patienten dienen, eine einheitliche Leistung dar, die nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfrei ist.

3.3 Beförderungsleistungen von Personen

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG kommt in Betracht, wenn die Beförderung der kranken und verletzten Personen mit hierfür besonders eingerichteten Fahrzeugen erfolgt.

a) Begünstigte Fahrzeuge
Nach Abschn. 102 Abs. 1 Satz 2 UStR gehören dazu nur solche Fahrzeuge, die nach ihrer gesamten Bauart und Ausstattung speziell für die Beförderung verletzter und kranker Personen bestimmt sind.
Fahrzeuge, die in erster Linie für die Beförderung anderer Personen bestimmt sind, z.B. Taxis, gehören nicht zu den Krankenfahrzeugen. Dies gilt auch dann, wenn in ihnen im Einzelfall kranke und verletzte Personen befördert werden und hierfür bestimmte Einrichtungen, z.B. schwenkbare Sitze zum besseren Ein- und Aussteigen, vorhanden sind (Abschn. 102 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UStR).
Im Übrigen verweise ich auf die Rdvfg. vom 02.08.2005 S 7174 A – St 44 2, die zu der Problematik der Ausstattung von nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG begünstigten Fahrzeugen ergangen ist.

b) Begünstigter Personenkreis
Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG kommt unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 18.01.1995 (BStBl II S. 559) nur für die Beförderung von kranken und verletzten Personen in Betracht.
Werden Leistungen zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Rettungsmittel und des Personals (sog. Vorhalteleistungen) von demselben Unternehmer erbracht, der die Beförderung von Notfallpatienten als Hauptleistung ausführt, teilen die Vorhalteleistungen als Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG kommt hingegen nicht in Betracht, wenn Vorhalteleistungen und Hauptleistungen von verschiedenen Unternehmern erbracht werden.

c) Gemeinnützige und mildtätige Organisationen
Gemeinnützige und mildtätige Organisationen führen häufig Krankenfahrten mit nicht für die Beförderung von Kranken besonders eingerichteten Personenkraftwagen durch.
Bei derartigen Leistungen ist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG nicht anwendbar, da die Voraussetzungen der Wohlfahrtspflege nicht erfüllt sind (vgl. Abschn. 103 Abs. 12 Sätze 1 und 2 UStR).
Die übrigen Voraussetzungen nach § 4 Nr. 18 UStG sind daher nicht zu prüfen. Die Leistungen unterliegen dem allgemeinen Steuersatz, da ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt (Abschn. 103 Abs. 12 Satz 3 i.V.m. Abschn. 170 Abs. 4 Nr. 3 UStR).

d) Beförderungen im Notarzteinsatzfahrzeugen
Das bestehende Notarztsystem ist u.a. durch das sog. Stations- und Rendezvous-System gekennzeichnet.
Beim Stationssystem sind Notarzt und Rettungsassistent an einem gemeinsamen Standort stationiert. Notarzt und Rettungsassistent werden gemeinsam im Notarztwagen zum Einsatzort befördert.
Weitaus verbreiteter ist jedoch das sog. Rendezvous-System mit getrenntem Standort von Rettungswagen (RTW) und Notarzt. Der Notarzt wird hierbei von einem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF – mit Blaulicht und Martinshorn ausgestatteter Pkw) zum Einsatzort gebracht. Die zum Einsatz kommenden Fahrzeuge (RTW und NEF) können verschiedenen Organisationen angehören.

Je nach Fallgestaltung ergeben sich unterschiedliche umsatzsteuerliche Konsequenzen:- Betrieb von RTW und NEF durch ein Rettungsdienstunternehmen

In diesem Fall erbringt das Rettungsdienstunternehmen eine einheitliche Leistung, die aus der Notfallbehandlung durch den Arzt und dem sich anschließenden Krankentransport besteht. Die Beförderung des Notarztes zum Einsatzort ist als unselbständige Nebenleistung nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei.

- Betrieb von RTW und NEF durch verschiedene Rettungsdienstunternehmen

Wird der RTW und das NEF von zwei verschiedenen Rettungsdienstunternehmen eingesetzt, werden zwei Leistungen erbracht. Zum einen die nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Notfallbehandlung durch den Arzt einschließlich der Beförderung des Notarztes und zum anderen der nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfreie Krankentransport.

Der Transport des Notarztes zum Einsatzort ist eine unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien heilberuflichen Tätigkeit. Die Transportleistung ist unabdingbar für die ärztliche Leistung des Notarztes vor Ort und hat keinen eigenen Zweck. Nur durch diese Nebenleistung wird die ärztliche Behandlung vor Ort überhaupt erst möglich.

e) Beförderungsleistungen privater Anbieter

Für Beförderungsleistungen privater Anbieter kommt eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG nicht in Betracht, da diese nicht unter den begünstigten Personenkreis dieser Vorschrift fallen. Sofern die Beförderung der kranken und verletzten Personen mit einem hierfür besonders eingerichteten Fahrzeug erfolgt (vgl. Tz. 3.3 Buchst. a), ist die Beförderungsleistung nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerbefreit.


3.4 Transportleistungen

Hinsichtlich des Transports von Medikamenten, Blutkonserven und Organen ergibt sich – ebenso wie bei Suchflügen – keine Steuerbefreiung.

Der entgeltliche Organtransport durch gemeinnützige Organisationen ist grundsätzlich als Zweckbetrieb zu beurteilen und unterliegt daher dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a UStG.

Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG kommt nicht in Betracht, da einheitliche Entgelte an Wohlfahrtsverbände und private Anbieter gezahlt werden und die Entgelte der Wohlfahrtsverbände somit nicht hinter den Entgelten privater Anbieter zurückbleiben.

Die Rdvfgen vom 14.09.1998 und 30.12.2003 S 7174 A – St 51 3/St 44 2 sind überholt und werden aus InfO entfernt.

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