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01.07.2009 · IWW-Abrufnummer 092111

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 21.05.2008 – 19 U 190/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


19 U 190/07

Verkündet laut Protokoll am: 21. Mai 2008

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

....

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ### als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 16. April 2008

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06.08.2007 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 55 % und die Beklagte 45 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils für den Kläger vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Beklagte aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Vergütung von Ingenieurleistungen.

Ursprünglich wurde der Kläger von der Beklagten gemäß Ingenieurvertrag vom 21.03.1996 mit Leistungen für den Bereich Bauvertragsangelegenheiten beim Bau der Schnellbahnverbindung H###-B### beauftragt. Dieser Vertrag wurde durch den Ingenieurvertrag vom 13./14.05.1996 ersetzt (Bl. 158 - 163 d.A.). Danach wurden dem Kläger von der Beklagten Leistungen für den Bereich Streckenplanung, Planfeststellung, Baulenkung und Abrechnung beim Bau der Schnellbahnverbindung H###-B### Planungsabschnitt 01, übertragen. Nach § 6 des Vertrages sollten die Leistungen in der Zeit vom 01.06.1996 bis 31.12.1997 ausgeführt und nach § 7 laufend abgenommen werden. Das Honorar für die zu erbringenden Leistungen wurde gemäß § 9 des Vertrages nach § 6 HOAI ermittelt und belief sich einschließlich Nebenkosten auf 584.394,-- DM als Festbetrag. Nach § 9 Abs. 1 S. 3 hatte der Kläger sich und einen noch zu benennenden weiteren Ingenieur der Beklagten von montags bis freitags zur Verfügung zu stellen. Diese Vereinbarung wurde durch zahlreiche Nachträge verlängert bis insgesamt 31.05.2002. Auch wurde der Leistungsumfang ergänzt; so erteilte der Kläger auf Vorschlag der Projektleitung der Beklagten ein Angebot für die Nachtragsbearbeitung für die Baumaßnahme im Bereich PSA 2.4 (###) gemäß Schreiben vom 14.06.1999. Dieses Angebot nahm die Beklagte als Vertragsergänzung ### am 07.07.1999 an (Bl. 164 d.A.). Für Leistungen, die der Kläger aufgrund des Ingenieurvertrages vom 13./14.05.1996 nebst Verlängerungsvereinbarungen in der Zeit vom 01.06.1996 bis zum 31.03.2002 erbrachte, erhielt er entsprechend der Aufstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 20.06.2007 eine Vergütung von insgesamt 2.917.207,44 DM (Bl. 231 d.A.).

Ferner war der Kläger für die Beklagte gemäß Ingenieurvertrag Nr. ###, betreffend Leistungen der Unterstützung im Vertragscontrolling und Abrechnung Grunderwerb, tätig; auch insoweit kam es zu Vertragsverlängerungen (Bl. 590 -605 d.A.).

Zusätzlich war der Kläger für die Beklagte auch gemäß den Ingenieurverträgen Nr. ### (Bl. 608 - 622 d.A.) und Nr. ### (Bl. 623 - 633 d.A.) mit Aufgaben des Vertragscontrolling/Vertragsmanagements und Mitarbeit im Realisierungsmanagement NBS Los Mitte für das Projekt N###-I###-M### betraut worden.

Mit Schreiben vom 31.05.2002 kündigte die Beklagte alle Vertragsverhältnisse mit dem Kläger fristlos.

Auf der Grundlage der genannten Vertragsverhältnisse verlangt der Kläger Vergütung seiner Leistungen gemäß zehn in der Klageschrift vom 15.01.2007 näher bezeichneten Rechnungen in Höhe von insgesamt 106.395,68 EUR.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 106.395,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und mit Schriftsatz vom 20.06.2007 die mit dem Kläger abgeschlossenen Verträge wegen arglistiger Täuschung angefochten. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass der Kläger sie dadurch getäuscht habe, dass er nicht seine volle Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe, sondern - unstreitig - bei Erfüllung der Aufgaben aus dem Vertrag vom 13./14.05.1996 nur drei Tage wöchentlich anwesend gewesen sei, dass er auch nicht wie vereinbart einen zweiten Ingenieur zur Verfügung gestellt habe, ab Dezember 1999 für das Projekt M###-I###-N### tätig gewesen sei und auch vertragswidrig für den Hauptauftragnehmer der Beklagten, die Firma P### tätig geworden sei. Hätte die Beklagte hiervon gewusst, hätte sie die Verträge bzw. Vertragsverlängerungen mit dem Kläger nicht abgeschlossen. Forderungen aus Abschlagsrechnungen könne der Kläger nicht mehr geltend machen. Auch sei die Forderung aus der 10. Abschlagsrechnung vom 05.05.2002 (Nr. ###) in Höhe von 10.515,64 EUR bezahlt. Die Beklagte hat ferner zu einzelnen Rechnungen weitere Einwände erhoben und bestritten, dass der Kläger die abgerechneten Leistungen erbracht habe.

Die Beklagte hat hilfsweise gegen die Klageforderung die Aufrechnung erklärt mit einem Schadensersatzanspruch wegen Überzahlung des Klägers für Leistungen aus dem Vertrag vom 13./14.05.1996, weil der Kläger ihr bei Vertragsschluss nicht offenbart habe, dass er an allenfalls drei Tagen pro Woche seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen werde.

Die Beklagte hat höchst hilfsweise Aufrechnungen mit weiteren behaupteten Schadensersatzansprüchen erklärt.

Das Landgericht hat nach Abtrennung einer von der Beklagten erhobenen Widerklage durch am 06.08.2007 verkündetes Vorbehaltsurteil der Klage stattgegeben und der Beklagten die Geltendmachung ihrer aus der Aufrechnung folgenden Rechte im Nachverfahren vorbehalten (Bl. 339 - 343 d.A.). Gegen das ihr am 13.08.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.09.2007 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.11.2007 an diesem Tage begründet.

Mit ihrer Berufung rügt die Beklagte, dass das Landgericht in zahlreicher Hinsicht ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen habe. Das gelte für die Anfechtung der Verträge wegen arglistiger Täuschung, für den Einwand der Minderung des Vergütungsanspruches wegen vertragswidriger gleichzeitiger Tätigkeit des Klägers für die Firma P### und die geltend gemachten weiteren Pflichtverletzungen des Klägers, aus denen sich die Nichterfüllung bzw. Schlechterfüllung der vertraglichen Leistungen ergebe und die dem Vergütungsanspruch unmittelbar entgegenstünden. Das Landgericht habe sich ferner verfahrensfehlerhaft über den Sachvortrag der Beklagten hinweggesetzt, dass der Kläger seine Verpflichtung zur Tätigkeit gemäß Vertrag vom 13./14.05.1996 von montags bis freitags nicht erfüllt habe. Ferner habe sich das Landgericht nicht mit den Einwenden der Beklagten gegen die abgerechneten Leistungen befasst und verkannt, dass zumindest die vor dem 01.01.2002 fällig gewordenen Forderungen nicht vom Verjährungsverzicht erfasst worden seien. Das Vorbehaltsurteil sei unzulässig, da der Kläger eingeräumt habe, von der Firma P### für die Bearbeitung des Nachtrags Nr. ### 90.000,-- DM erhalten zu haben; diesen Betrag habe der Kläger auch ohne den Nachweis des Schmiergeldcharakters der Zahlung an die Beklagte gemäß §§ 687 Abs. 2, 681 Abs. 2, 667 BGB herauszugeben. Schließlich sei auch die Widerklage unzulässig abgetrennt worden.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage unter Abänderung des Vorbehaltsurteils des Landgerichts Frankfurt am Main abzuweisen,

2. hilfsweise den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Landgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Insbesondere habe er die Beklagte bei Abschluss des Vertrages vom 13./14.05.1996 nicht getäuscht. Die Projektleiter der Beklagten hätten gewusst, dass der Kläger nur an zwei oder drei Tagen für die Beklagte tätig war, da er noch selbständig mit der Firma Bauhandwerk K### & P### GmbH tätig war. In den Projektzentren in H### und N### der Beklagten sei bekannt gewesen, dass der Kläger sowohl für das Projekt Schnellbahnverbindung H###-B### als auch für das Projekt N###-I### tätig war. Er habe die von ihm übernommenen Aufgaben vertragsgerecht erfüllt. Ein Schaden sei der Beklagten nicht entstanden. Die Schlussrechnung Nr. ### gebe - für die Beklagte offensichtlich - den Leistungszeitraum versehentlich anstelle von Dezember 2000 mit Dezember 1999 an. Auch die Schlussrechnung Nr. ### enthalte eine irrtümliche Fehlbezeichnung des Leistungszeitraumes; Gegenstand der Abrechnung sei nicht der Zeitraum Juni und Juli 2001, sondern Mai und Juni 2001. Er habe die Klageforderung auch nicht auf Schlussrechnungen gestützt. Denn die 10. Abschlagsrechnung sei in der Schlussrechnung vom 01.07.2002 (Anlage K 6) enthalten, dort lediglich irrtümlich als gezahlt in Abzug gebracht worden.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat überwiegend Erfolg. Zwar standen dem Kläger gegen die Beklagte die geltend gemachten Forderungen in Höhe von 88.276,50 EUR zu. Diese Forderungen sind jedoch durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte Vergütungsansprüche aus den hier in Rede stehenden Ingenieurverträgen grundsätzlich zu. Die Anfechtung der Verträge wegen arglistiger Täuschung ist unwirksam. Es kann offen bleiben, ob die von der Beklagten behaupteten arglistigen Täuschungen des Klägers bei Vertragsschluss zur bejahen sind. Denn die mit Schriftsatz vom 20.06.2007 erklärte Anfechtung wahrt nicht die Anfechtungsfrist von einem Jahr (§ 124 BGB). Die geltend gemachten Anfechtungsgründe waren der Beklagten länger als ein Jahr vor Zugang der Anfechtungserklärung bekannt.

Das Bestreiten der vom Kläger geltend gemachten tatsächlich aufgewendeten Arbeitszeit durch die Beklagte ist nicht erheblich. Die Parteien haben für die Vertragsleistungen des Klägers jeweils ein Zeithonorar als Festbetrag vereinbart und bei Ablauf des für die Leistungserbringung vorgesehen Zeitraums jeweils Vertragsverlängerungen - ebenfalls mit einem Festbetrag - für weitere Zeiträume vereinbart. Aufzeichnungen über den tatsächlichen Zeitaufwand hatte der Kläger nicht zu führen. Der vereinbarte Festpreis ist deshalb unabhängig von der vom Kläger tatsächlich aufgewendeten Zeit verbindlich (Vygen in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., § 6 Rdnr. 12; Budde in: Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, § 23 Rdnr. 20). Das Honorar konnte gemäß §§ 56 Abs. 3, 16 Abs. 3 HOAI frei vereinbart werden, weil die anrechenbaren Kosten der jeweiligen Vorhaben nach ihrem aus den Verträgen ersichtlichen Umfang jeweils über 50 Mio. DM lagen.

Der Vergütungsanspruch des Klägers ist auch wegen der ursprünglich auf die 10. Abschlagsrechnung vom 05.05.2002 (Nr. ###) gestützte Forderung in Höhe von 10.515,64 EUR begründet. Allerdings war die im ersten Rechtszug insoweit auf die Abschlagsrechnung gestützte Forderung nicht begründet. Die genannte Abschlagsrechnung wird in der Klagebegründung ausdrücklich als Klagegrund genannt; die Schlussrechnung vom 01.07.2002 (Anlage K 6) enthält diese Forderung nicht, bringt sie vielmehr ausdrücklich als - angeblich - gezahlt in Abzug. Da die Vertragsverhältnisse zwischen den Parteien beendet sind, die Abnahme der Leistungen des Klägers nach den getroffenen Vereinbarungen erteilt ist und da der Kläger Schlussrechnungen erteilt hat, ist das Recht zur vorläufigen Abrechnung erloschen und damit auch die Berechtigung, eine vorläufige Abrechnung durchzusetzen (BGH NJW-RR 2004, 957, 958; NJW 2002, 1567, 1568). Da der Kläger jedoch nach entsprechendem Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 09.04.2008 geltend macht, diese Forderung als Schlusszahlung zu beanspruchen, liegt insoweit ein Übergang von der Abschlagszahlungsklage auf eine Schlusszahlungsklage vor, die gemäß § 264 Nr. 1 ZPO nicht als Änderung der Klage anzusehen ist (BGH NJW-RR 2006, 390 m.w.N.). Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, diese Forderung erfüllt zu haben. Der Hinweis darauf, dass der Kläger in seiner Schlussrechnung vom 01.07.2002 (Nr. ###) die entsprechende Abschlagsrechnung als bezahlt angegeben hat, ist nicht geeignet, den der Beklagten obliegenden Beweis der Erfüllung zu erbringen, da der Kläger die entsprechende Angabe in der Schlussrechnung nachvollziehbar als irrtümlich erfolgt dargelegt hat.

Hinsichtlich der auf die Abschlagsrechnung Nr. ### gestützte Klage in Höhe von 17.081,26 EUR ist die Klage hingegen unbegründet. Aus den dargelegten Gründen ist es dem Kläger verwehrt, eine vorläufige Abrechnung durchzusetzen. Insoweit ist er nicht auf eine Schlusszahlungsklage übergegangen.

Die mit Schlussrechnung Nr. ### vom 01.07.2002 geltend gemachte Forderung von 8.464,95 EUR ist begründet. Die Beklagte hat ihre insoweit geltend gemachten Einwände in der Berufungsinstanz nicht mehr aufrecht erhalten.

Begründet ist ferner die Forderung des Klägers aus der Rechnung Nr. ### in Höhe von 5.189,61 EUR. Zwar gibt die Rechnung den Leistungszeitraum unzutreffend ab Dezember 1999 an. Diese Unrichtigkeit war aber für die Beklagte offenkundig, so dass die Klarstellung des Klägers mit Schriftsatz vom 09.04.2008 insoweit nicht als Klageänderung angesehen werden kann. Die Offensichtlichkeit der Unrichtigkeit für die Beklagte folgt aus den Angaben der Schlussrechnung zur Vertragsnummer in Verbindung mit dem sich aus dem Vertrag ergebenden Leistungszeitraum, und aus den angeführten vier Abschlagsrechnungen. Danach war für die Beklagte erkennbar, dass der Kläger Vergütung wegen Leistungen in der Zeit von Dezember 2000 bis April 2001 beansprucht.

Anderes gilt hingegen für die Schlussrechnung Nr. ### vom 01.07.2002 für Leistungen auf den Vertrag Nr. ### für den Zeitraum Juni/Juli 2001. Insoweit war für die Beklagte nicht erkennbar, dass der abgerechnete Zeitraum - wie der Kläger mit Schriftsatz vom 09.04.2008 vorträgt - richtig Mai und Juni 2001 heißen muss. Die im Juli 2001 erbrachten Leistungen wurden mit Schlussrechnung Nr. ### vom 01.07.2002 geltend gemacht. Die Schlussrechnung Nr. ### nennt auch als abzusetzende Abschlagszahlungen entsprechende Abschlagsrechnungen vom 03.06.2001 und 05.07.2001, so dass mit der ursprünglichen Klage für den Monat Juli 2001 Vergütung doppelt begehrt wurde. Die Angabe des richtigen Abrechnungszeitraumes mit Mai und Juni 2001 mit Schriftsatz vom 09.04.2008 stellt sich deshalb als eine Änderung des Klagegrundes und somit als eine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO dar. Diese ist zwar zulässig gemäß § 533 ZPO, da sich die Beklagte auf die Klageänderung rügelos eingelassen hat (§ 267 ZPO) und die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Die auf den Zeitraum Mai 2001 entfallende Forderung von 1.037,92 EUR ist jedoch verjährt. Bei ihrer erstmaligen Geltendmachung mit Schriftsatz vom 09.04.1998 war die Verjährungsfrist von drei Jahren abgelaufen (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).

Im Übrigen hat die Verjährungseinrede allerdings keinen Erfolg. Die von den Parteien in ihrem Schriftwechsel im Dezember 2004 getroffene Vereinbarung über den Verzicht der Verjährungseinrede betrifft zwar (lediglich) die Forderungen, die seinerzeit noch nicht verjährt waren. Denn auf das Schreiben der Beklagten vom 08.12.2004 (Bl. 145 d.A.) erklärte der Kläger mit Schreiben vom 17.12.2004 (Bl. 147 d.A.) seine Bereitschaft, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, soweit nicht Verjährung bereits eingetreten ist und unter der Voraussetzung, dass die Beklagte eine entsprechende Verzichtserklärung - also ebenfalls mit der Beschränkung auf nicht verjährte Forderungen - abgibt. Die danach vom Kläger geforderte Verzichtserklärung gab die Beklagte sodann mit Schreiben vom 20.12.2004 ab (Bl. 149 d.A.). Die ausdrückliche Bezugnahme auf das Schreiben des Klägers vom 17.12.2004 ergibt, dass die Erklärung entsprechend der des Klägers - also beschränkt auf noch nicht verjährte Forderungen - abgegeben wurde. Diese sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung wird gestützt durch die Würdigung der Interessenlage, die zu dem gleichen Ergebnis führt. Die genannte Einschränkung des Verjährungsverzichts wurde nicht dadurch aufgehoben, dass der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2004 (Bl. 152 d.A.) die vom Einredeverzicht der Beklagten betroffenen Forderungen des Klägers nicht mehr nur - wie im Schreiben vom 07.12.2004 - dem Grunde nach mit Vertragsnummer, sondern jetzt auch der Höhe nach bezeichnete und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dieses telefonisch bestätigte. Die Verjährungseinrede hat aber auch unter Berücksichtigung des danach beschränkten Umfanges der Vereinbarung über den Verjährungsverzicht keinen Erfolg. Denn zwischen den Parteien war die Geltung der HOAI vereinbart. Gemäß § 8 HOAI setzt Fälligkeit eine prüfbare Schlussrechnung voraus. Die Verjährungsfrist für die Forderungen aus den geltend gemachten Schlussrechnungen begann deshalb erst mit deren Zugang bei der Beklagten und war bei der Vereinbarung des Verjährungsverzichts noch nicht abgelaufen. Soweit die Schlussrechnungen Forderungen für Tätigkeiten vor dem 01.01.2002 enthalten, mögen zwar zuvor bereits rechtlich selbständige Abschlagsforderungen entstanden und fällig geworden sein. Es können aber auch verjährte Abschlagsforderungen als Rechnungsposten in die Schlussrechnung eingestellt und geltend gemacht werden (BGH NJW 1999, 713; Palandt/Sprau, 66. Aufl., BGB § 632 a Rdnr. 7).

Danach ergibt sich eine rechnerisch begründete Klageforderung von 88.276,50 EUR (106.395,68 EUR abzüglich 17.081,26 EUR abzüglich 1.037,92 EUR).

Diese ursprünglich begründete Forderung ist jedoch durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem. Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe erloschen. Der Beklagten steht gegen den Kläger aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss ein Schadensersatzanspruch zu, weil der Kläger es bei Abschluss des Ingenieurvertrages vom 13./14.05.1996 sowie der Folgevereinbarungen unterließ, darauf hinzuweisen, dass er der Beklagten in den Vertragszeiträumen nicht mit seiner vollen Arbeitskraft zur Verfügung stehen werde.

Der Kläger war nach dem genannten Vertrag verpflichtet, für die von ihm übernommenen Leistungen in den Vertragszeiträumen von montags bis freitags seine volle Arbeitskraft einzusetzen. Wird ein Zeithonorar auf der Grundlage von Stundensätzen vereinbart, liegt auf der Hand, dass nur die allein für den Auftraggeber aufgewendeten Arbeitsstunden abgerechnet werden können. Nichts anderes kann dann gelten, wenn die Zeiteinheit als Berechnungsgröße für das Honorar nicht eine Stunde, sondern ein Kalendermonat ist. An dem grundsätzlich geschuldeten vollen Einsatz der Arbeitskraft während der Vertragszeit ändert auch der Umstand nichts, dass bei Vereinbarung des Festpreises - wie hier ein tatsächlich geringerer oder höherer Zeitaufwand als der vorausgeschätzte nicht ohne weiteres Einfluss auf die vereinbarte Höhe des Entgelts hat. Denn Zeithonorare werden auf der Grundlage einer Vorausschätzung des Zeitbedarfs berechnet (vgl. § 6 Abs. 1 HOAI für Zeithonorare auf der Grundlage von Stundensätzen), die grundsätzlich den Einsatz der vollen Arbeitskraft im Berechnungszeitraum voraussetzen. So war es auch hier. Nach § 9.1 des Vertrages wurde das Honorar für die zu erbringenden Leistungen nach § 6 HOAI ermittelt. Die Höhe der Vergütung von etwa 15.000,-- DM pro Mann und Monat sowie die im Zusammenhang der Vereinbarung über das Honorar in § 9 des Vertrages getroffene Regelung, dass der Kläger und ein weiterer Ingenieur von montags bis freitags (ohne Einschränkung) zur Verfügung zu stehen haben, sprechen deutlich dafür, dass der Kläger seine volle Arbeitskraft ohne Einschränkung in den angegebenen Leistungszeiträumen schuldete. Nicht anders haben die Parteien die Honorarvereinbarung auch verstanden. Das folgt daraus, dass im Jahr 2002, als der Kläger seine weitere Tätigkeit für das Projektzentrum N### offenbarte, Verlängerungsvereinbarungen nur mit einem entsprechend reduzierten Honorar abgeschlossen wurden.

Unstreitig war der Kläger für die Beklagte aber nur an allenfalls drei und nicht fünf Tagen pro Woche tätig. So war es von ihm offenbar auch von Anfang an geplant. Denn er begründet die auf regelmäßig drei, manchmal auch nur an zwei Tagen einer Woche für die Beklagte ausgeführte Tätigkeit damit, dass er auch noch sein Bauunternehmen zu leiten hatte. Mag der Beklagten auch bekannt gewesen sein; dass der Kläger Geschäftsführer eines Bauunternehmens war, ergab sich daraus für die Beklagte aber noch nicht, dass der Kläger deshalb in nennenswertem Umfang seine Arbeitskraft an den Wochentagen auch anderweit einsetzen werde. Er hätte deshalb der Beklagten offenbaren müssen, dass er in den Vertragszeiträumen nur in dem von ihm vorgesehenen erheblich geringeren Umfang tätig sein könne. Es lag für ihn auf der Hand, dass seine anderweitige Tätigkeit erhebliche Bedeutung für die Schätzung des Zeitbedarfs hatte, die der Honorarvereinbarung zu Grunde gelegt wurde.

Dem Schadensersatzanspruch der Beklagten steht nicht entgegen, dass der Beklagte in der Berufung behauptet, die Projektleiter der Beklagten hätten gewusst, dass der Kläger nur an zwei oder drei Tagen für die Beklagte tätig war. Abgesehen davon, dass diese Behauptung in der Berufung neu und nach § 531 ZPO nicht zu verwerten ist, ergibt sich daraus nicht, dass eine entsprechende Kenntnis bereits bei Vertragsschluss gegeben war. Ebenfalls steht dem Schadensersatzanspruch nicht entgegen, dass der Beklagte in der Berufungsinstanz neu und somit nach § 531 ZPO nicht verwertbar behauptet, an mindestens drei Tagen je Woche anwesend gewesen zu sein und dann regelmäßig 12 bis 14 Stunden für die Beklagte gearbeitet zu haben. Dieser Umstand - wäre er zu berücksichtigen und auch zutreffend - ändert nichts an der Täuschung, bei Vertragsschluss. Er lässt auch nicht erkennen, dass die Beklagte, wäre ihr dies angekündigt worden, sich auf das vereinbarte Honorar eingelassen hätte.

Der Wirksamkeit der Hilfsaufrechnung der Beklagten steht nicht entgegen, dass die Beklagte - in der Berufungsinstanz neu - den Einwand mangelnder Fälligkeit erhebt, soweit der Kläger Vergütung auch hinsichtlich des Teiles beansprucht, der als Sicherheitseinbehalt vereinbart war. Denn die Hauptforderung, gegen die der Schuldner aufrechnet, muss erfüllbar sein; nicht erforderlich ist hingegen, dass sie voll wirksam und fällig ist (BGH ZIP 2006, 1740, 1742).

Der Schaden der Beklagten entspricht der Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und dem Betrag, der im Falle der Offenbarung der anderweitigen Tätigkeit des Klägers als Honorar vereinbart worden wäre. Hätte der Kläger angegeben, dass er der Beklagten nur an drei Wochentagen zur Verfügung steht, wäre für ihn ein um 40 % niedrigeres Honorar vereinbart worden. Das entspricht mit Rücksicht auf den zu stellenden zweiten Ingenieur einem um 20 % geringeren Gesamthonorar je Monat. Da für das Jahr 1996 ab dem 01.1996 ein Honorar von monatlich 29.500,-- DM (abgesehen von einer etwas höheren Einmalzahlung im ersten Monat) vereinbart wurde, beläuft sich der Schaden der Beklagten für die Zeit von Juni bis Dezember 1996 auf monatlich 5.900,-- DM (das sind 20 % aus 29.500,-- DM), insgesamt somit auf 41.300,- DM. Der im Jahr 1997 entstandene Schaden beläuft sich - ausgehend von einer vereinbarten monatlichen Vergütung von 31.000,-- DM - auf 74.400,-- DM (6.200,-- DM x 12). Im Jahr 1998 entstand-ausgehend von der vereinbarten Vergütung von 32.000,-- DM monatlich - von Januar bis September diesen Jahres (genauer: bis zum Ablauf 9/10 der Arbeitstage im September 1998) ein weiterer Schaden von 56.953,82 DM (monatlich 6.400,-- DM). Somit ergibt sich für die Zeit vom 01.06.1996 bis nahezu Ende September 1998 ein Schaden der Beklagten von 172.653,82 DM, das sind 88.276,50 EUR.

Danach ist die Klage aufgrund der von der Beklagten in erster Linie geltend gemachten Hilfsaufrechnung unbegründet.

Für die Bewilligung einer Schriftsatzfrist für den Kläger wegen des Schriftsatzes der Beklagten vom 15.04.2008 bestand kein Anlass, weil dieser Schriftsatz keine neuen Tatsachen enthält, die zum Nachteil des Klägers verwertet wurden. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz des Klägers vom 30.04.2008 bot keinen Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung. Denn der Kläger hatte hinreichend Gelegenheit, vor dem Termin innerhalb der von ihm beantragten und ihm auch bewilligten Frist zu den Hinweisen des Senats vom 29.02.2008 Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Sie berücksichtigt, dass die Klage begründete Forderungen im Umfang von 88.276,50 EUR geltend machte, die lediglich wegen der Hilfsaufrechnung der Beklagten erloschen.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht
vor.

RechtsgebieteBGB, HOAI, ZPOVorschriftenBGB §§ 280, 249, 311 Abs. 2; HOAI § 6 Abs. 1; ZPO §§ 263, 264

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