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29.06.2009 · IWW-Abrufnummer 091883

Landgericht Kiel: Urteil vom 09.12.2008 – 1 S 155/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 S 155/08
41 C 86/07 Amtsgericht Norderstedt

Verkündet am: 9. Dezember 2008

LANDGERICHT KIEL

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Berufungsverfahren XXX

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Kiel auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2008 durch xxxx

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Norderstedt vom 04. August 2008 geändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe
(abgekürzt gem. § 540 Abs. 1 ZPO )

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch aus einem Gebrauchtwagenkauf geltend. Sie kaufte mit Vertrag vom 17. Januar 2007 von der Beklagten einen gebrauchten Mercedes MBE 240 4-matic Avantgarde zum Kaufpreis von 34.670,00 €. Der Kaufpreis wurde am selben Tag entrichtet. Die Beklagte sollte das Fahrzeug für die Klägerin zulassen.

In der verbindlichen Bestellung heißt es u.a.:
„Zahl der Halter lt. KFZ-Brief: 1“.

Das Fahrzeug wurde am 29. Januar 2007 zunächst auf die Beklagte und dann am selben Tag auf die Klägerin zugelassen. In dem der Klägerin nach der Zulassung auf sie übergebenen Fahrzeugbrief wird die Anzahl der Vorhalter mit „2“ angegeben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass das Fahrzeug aufgrund der Eintragung eines zweiten Vorbesitzers eine Wertminderung von 1.000,00 € erfahren habe.

Sie hat in der erster Instanz beantragt,
die Beklagte zur Zahlung eines entsprechenden Betrages nebst Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, das Fahrzeug aus einer Insolvenz nur mit dem Fahrzeugbrief erworben zu haben. Wegen des fehlenden KFZ-Scheines sei eine direkte Zulassung auf die Klägerin nicht möglich gewesen. Der Geschäftsführer der Klägerin sei mit diesem Verfahren einverstanden gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin W. sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Es hat durch Urteil vom 4. August 2008 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 700,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Februar 2007 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die sich aus dem KFZ-Brief ergebende Anzahl der Halter nicht der vertraglichen Vereinbarung entspreche. Die Abweichung führe zu einer Wertminderung. Diese betrage laut Gutachten 700,00 €. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die Klägerin mit der kurzfristigen Ummeldung auf die Beklagte einverstanden gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, dass es nicht auf die abstrakte Halterzahl ankomme, sondern darauf, ob die Zulassung mit einer Nutzung einher gehe. Nur dann steige das Risiko einer unterschiedlichen Behandlung des Fahrzeuges.

Die Klägerin beantragt unter Abänderung des am 4. August 2008 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Norderstedt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Anzahl der Vorbesitzer eine Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB darstelle. Bei Gefahrübergang habe die vereinbarte Beschaffenheit nicht vorgelegen, da nicht ein, sondern zwei Vorhalter, eingetragen gewesen seien.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Minderung des Kaufpreises gem. §§ 437 Ziff. 2, 441 BGB, denn es liegt kein Sachmangel vor (§ 434 Abs. 1 BGB). Insbesondere fehlt dem Fahrzeug keine vereinbarte Beschaffenheit. Zwar stellt die Anzahl der Vorhalter eine Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB dar. Vereinbart ist eine solche aber nur dann, wenn der Inhalt des Kaufvertrages die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist (Palandt-Weidenkaff, § 434 Rn 15). Eine solche Vereinbarung liegt hier nicht vor.. Die Anzahl der Halter (1) ist im Vertrag mit dem Vermerk „lt. KFZ-Brief“ versehen. Damit übernahm die Beklagte nicht die Gewähr für die Richtigkeit und die Verpflichtung, ein Fahrzeug mit nur einem Vorhalter zu übereignen. Der Vermerk stellt nur eine Wissenserklärung dar. Der Verkäufer bringt nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass er in vertragsmäßig bindender Weise die Haftung für die Richtigkeit der Angabe übernehmen und für die Folgen des Fehlens der betreffenden Eigenschaft einstehen will. Schon unter der Geltung des alten Kaufrechts beim Gebrauchtwagenhandel wurde der Zusatz „lt. Fahrzeugbrief“ nicht als Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache i.S. von § 459 Abs. 2 BGB a.F. angesehen (BGHZ 135, 393, 398). Aus gleichem Grund ist nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht nur eine Beschaffenheitsgarantie zu verneinen, die eine Eigenschaftszusicherung nach altem Kaufrecht zumindest mit einschließt, sondern auch eine Beschaffenheitsvereinbarung (BGH NJW 2008 1917).

Der Verkäufer haftet bei einem solchen Zusatz lediglich für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Wiedergabe. Diese war hier nicht unrichtig, denn ausweislich des KFZ-Briefes war zur - entscheidenden - Zeit des Vertragsschlusses nur ein Vorhalter eingetragen. Im übrigen ist auch unstreitig, dass es keinen anderen Vorhalter als die Firma Celik Gebäudeservice GmbH aus Langen (Anlage B 1) gab.

Selbst wenn vereinbart worden wäre, dass die Beklagte ein Fahrzeug mit nur einem Vorhalter übergeben sollte, läge kein Mangel vor. Die kurzfristige Eintragung der Beklagten ändert nichts daran, dass es sich um ein Fahrzeug aus erster Hand handelt. Die Zulassung auf die Beklagte ist nur erfolgt, weil eine direkte Ummeldung des fehlenden KFZ-Scheines nicht möglich war. Sie erfolgte demnach nur formal, ohne dass sich die Beschaffenheit des Fahrzeuges (nur ein Vorhalter) änderte. Entscheidend kommt es darauf an, ob mit der Zulassung auch eine Nutzung des Fahrzeuges einher geht. Eine Wertbeeinträchtigung eines PKW durch eine erhöhte Anzahl von Vorbesitzern beruht allein darauf, dass mit der Anzahl der Vorbesitzer das Risiko einer unterschiedlichen Behandlung und Bedienung des Fahrzeuges steigt. Dieses Risiko ist dann nicht vorhanden, wenn eine kurzzeitige Zulassung ohne tatsächliche Nutzung erfolgt ist.

Die Klägerin kann auch nachweisen, dass sie ein Fahrzeug mit nur einem Vorhalter erworben hat und die Eintragung der Beklagten ohne jede Nutzung aus formalen Gründen erfolgt ist. Aus dem entwerteten KFZ-Brief (Anlage B 1) ist ersichtlich, dass die Ummeldung auf die Beklagte am 29. Januar 2007 erfolgt ist. Aus dem neuen der Klägerin übergebenen Brief, ergibt sich, dass die Zulassung auf die Klägerin am selben Tag vorgenommen wurde. Die Beklagte kann das Fahrzeug nicht genutzt haben.

Fehlt dem Fahrzeug somit keine vereinbarte Beschaffenheit und liegt auch sonst kein Sachmangel vor, so kommen Minderungsansprüche nicht in Betracht.

Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Amtsgerichts Norderstedt zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

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