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25.06.2009 · IWW-Abrufnummer 091138

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 31.10.2008 – L 4 R 288/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landessozialgericht Rheinland-Pfalz

L 4 R 288/08

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 19.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von Rentenzahlbeträgen.

Der im Jahr 1941 geborene Kläger war von Beruf Maurermeister und Inhaber eines Maurerbetriebes.

Im Mai 2004 beantragte er bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Aufforderung der Beklagten legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes B K zum 31.12.2002 vor. Mit Bescheid vom 12.10.2004 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01.05.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Anrechnung eines Einkommens von 911,50 EUR monatlich.

Nachdem der Kläger u.a. die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003 vorgelegt hatte, aus der sich ein niedrigerer Gewinn in Höhe von nur noch 7.038,19 EUR ergab, änderte die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.2004 den Rentenbescheid vom 12.10.2004 ab und berücksichtigte Einkommen in Höhe von 586,52 EUR monatlich, so dass ab Rentenbeginn Rente wegen voller Erwerbsminderung als Dreiviertelrente gezahlt wurde. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass zur Überprüfung der Einkommensanrechnung der Kläger um Übersendung der Steuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 gebeten werde, sobald diese vorliegen würden und dass, sollte die Überprüfung des Einkommens eine Rentenminderung ergeben, die Zurückforderung der überzahlten Rentenbeträge vorbehalten bleibe.

Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2003 und der Bilanz für das Jahr 2004, aus der sich ein Gewinn in Höhe von 10.166,81 EUR ergab, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2005 die Rente des Klägers ab 01.05.2004 neu unter Anrechnung eines Einkommens in Höhe von nunmehr 847,23 EUR monatlich. Dadurch wurde lediglich die Hinzuverdienstgrenze für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von ein Viertel nicht überschritten , so dass sich eine Überzahlung in Höhe von 7.403,56 EUR ergab. Diese forderte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2005 zurück.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, zwar habe er mit seiner Firma einen Gewinn von 10.166,81 EUR erzielt, gleichzeitig aber mit der BGB-Gesellschaft L S und H -J Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 11.892,00 EUR erzielt, so dass insgesamt ein Verlust und kein Gewinn entstanden sei.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2006 zurück.

Die vor dem Sozialgericht Mainz erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 19.06.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte den Bewilligungsbescheid über die Rente wegen Erwerbsminderung des Klägers wegen der Höhe des Hinzuverdienstes gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zukunft und gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X für die Vergangenheit teilweise abgeändert und gestützt auf § 50 SGB X die Erstattung des überzahlten Betrages gefordert. Die Beklagte habe den Rentenbescheid als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nachträglich abändern dürfen, weil der Kläger, was sich erst auf Grund der späteren Einkommens- und Verlustrechnung ergeben habe, mehr Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielt habe, als ursprünglich angenommen. Was als Einkommen zu bewerten sei, richte sich nach den Abgrenzungskriterien der §§ 14 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) iVm § 96a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach werde nicht jedes Einkommen auf die Erwerbsminderungsrente angerechnet, sondern nur Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung oder Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen. § 96a SGB IV stelle also nicht auf das Gesamteinkommen oder Vermögen ab, sondern auf das Arbeitseinkommen. Anderes Einkommen als Arbeitseinkommen sei dagegen rentenunschädlich, weil dessen Erzielung nicht mit der Ausübung einer Tätigkeit oder Beschäftigung im Sinne des Sozialgesetzbuches (SGB) in unmittelbarem Zusammenhang stehe, so dass es weder als positives noch als negatives Einkommen zu berücksichtigen sei. Aus diesem Grunde minderten die negativen Einkünfte des Klägers aus der Vermietung von Wohnungen nicht seine positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb und den anzurechnenden Hinzuverdienst im Sinne des § 96a SGB VI.

Am 06.08.2008 hat der Kläger gegen das ihm am 14.07.2008 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor,

was als "Einkommen oder Vermögen" im Sinne des § 48 SGB X anzusehen sei, sei im SGB X nicht definiert. Da das SGB X auch keine Verweisung auf ein anderes Gesetz enthalte, seien diese Begriffe nach allgemeinen Auslegungsregeln zu interpretieren. Er habe durch Verluste aus der Vermietung von Wohnräumen eine Vermögensminderung hinnehmen müssen, was mit den positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb zu verrechnen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 19.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

negative Einkünfte aus Vermietung von Wohnungen minderten nicht die positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb und damit den Hinzuverdienst im Sinne des § 96a SGB IV.

Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: ) sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung war.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 4 SGG ) ist nicht begründet.

Zu Recht hat die Beklagte gemäß §§ 48 Abs. 1 Satz 1; 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X ihren Rentenbescheid vom 22.11.2004 abgeändert und auf Grund der Neuberechnung und Anrechnung von Einkommen gemäß § 96a SGB VI 7.403,56 EUR nach § 50 SGB X zurückverlangt. Nach § 48 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Er soll soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn die Beklagte hat zu Recht ihren Bescheid vom 20.1.2004 im angefochtenen Bescheid vom 22.11.2004 abgeändert, da der Kläger für das Jahr 2004 und 2005 ein höheres Einkommen ergeben hatte, als es dem Bescheid vom 22.11.2004 zugrunde gelegen hatte.

Nach § 96 a Abs 1 S 1 SGB VI wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenze ergibt sich nach § 96a Abs. 1 S. 2 SGB VI, bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus § 96a Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB VI. Entgegen der Ansicht des Klägers enthält aber § 48 SGBX keinen eigenständigen Begriff des Einkommens. Vielmehr ist dieser Begriff je nach Fallgestaltung durch die spezielleren Normen des SGB X auszufüllen, hier durch diejenigen des Rentenrechts. Da auch § 96a Abs. 1 SGB VI keine nähere Bestimmung darüber enthält, welche Einnahmen als "Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit" zu werten sind, eine solche Definition jedoch in § 15 SGB IV enthalten ist, ist für die nähere Bestimmung dieses Begriffs auf § 15 SGB IV zurückzugreifen, der über § 1 SGB IV auch für die Rentenversicherung gilt (BSG, SozR 4-2600 § 96a Nr. 5). D

Dass der Kläger im Jahr 2004 höhere Einkünfte erzielt hat, als zuvor bei der Rentenberechnung in dem Bescheid vom 22.11.2004 berücksichtigt, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Während dem Bescheid vom 12.10.2004 ein Hinzuverdienst in Höhe von 172,98 EUR ab dem 01.05.2004 zu Grunde gelegt worden war, ergab sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003 ein Gewinn von 7.038,19 EUR, der der Rentenberechnung zu Grunde gelegt wurde, weshalb mit Bescheid vom 22.11.2004 die zuvor mit Bescheid vom 12.10.2004 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe einer Ein-Viertel-Rente in eine Rente wegen voller Erwerbsminderung als Drei-Viertel-Rente umgewandelt wurde. Demgegenüber ergab sich aus der anschließend vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2004 aber ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 10.166,86 EUR, wodurch die Hinzuverdienstgrenze für eine Drei-Viertel-Rente und eine Ein-Drittel-Rente überschritten wurde, so dass sich eine Überzahlung in Höhe von 7.403,56 EUR ergab, da unter Berücksichtigung dieses Gewinns auf Grund der Anrechnung nach § 96a SGB VI eine Rente in Höhe einer Ein-Viertel-Rente dem Kläger zustand. Diese Berechnung der Beklagten im Bescheid vom 23.11.2005 ist nicht zu beanstanden und wird vom Kläger auch nicht substantiiert gerügt.

Mit dem Gewinn in Höhe von 10.166,86 EUR sind die negativen Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 11.892,00 EUR nicht zu saldieren. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass ausweislich des vom Kläger vorgelegten Bescheides des Finanzamtes B K vom 25.05.2005 dieser Bescheid an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts L S und H -J S ergangen ist, so dass es sich bei den in diesem Bescheid festgestellten Gewinnen bzw. Verlusten um Gewinne bzw. Verluste einer BGB-Gesellschaft handelt, die auf die Gesellschafter umzulegen sind, mithin nicht in voller Höhe zu Gunsten oder zu Lasten des Klägers zu werten sind. Eine vollständige Saldierung, wie der Kläger sie vernimmt, ist daher nicht möglich.

In welcher Höhe dem Kläger überhaupt Verluste zuzurechnen sind, kann aber dahinstehen, da - wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht mit Arbeitseinkommen zu saldieren sind.

Um Arbeitseinkommen handelt es sich gemäß § auch bei dem Einkommen des Klägers aus Gewerbebetrieb. Denn nach § 15 Abs. 1 SGB VI ist Arbeitseinkommen auch der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus selbständiger Tätigkeit. Allerdings findet die in § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB VI zum Ausdruck kommenden Parallelität zum Einkommensteuerrecht dort ihre Grenzen, wo auch steuerrechtlich gerade keine selbständige Tätigkeit in Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG mehr zu Grunde liegt. Denn dann kann die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ihre ureigene Funktion erfüllen, die wegen Einschränkung der Erwerbstätigkeit ausfallenden Einkünfte zu ersetzen. Einkünfte, die der Kläger aus Vermietung und Verpachtung erzielt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG) stellen deshalb ebenso wie Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG) gerade kein Einkommen aus Arbeitseinkommen dar (BSG, SozR 4-2400 § 15 Nr. 2). Da keine Anrechnung solchen Einkommens im Rahmen der Prüfung des Hinzuverdienstes erfolgt, kann mithin auch keine Verlustanrechnung stattfinden.

Da die Beklagte auch die gesetzlichen Fristen beachtet hat (§§ 48 Abs. 3 Satz 2; 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) waren der Bescheid vom 22.11.2004 abzuändern und sind sich aus der Abänderung ergebenden Überzahlungen vom Kläger zu erstatten (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

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