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06.03.2009 · IWW-Abrufnummer 090835

Oberverwaltungsgericht Münster: Beschluss vom 02.01.2009 – 13 A 3618/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 18. August 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger besitzt die zahnärztliche Approbation. Er ist als niedergelassener Zahnarzt in C. tätig und nach der Weiterbildungsordnung der Beklagten zum Führen der Bezeichnung "Fachzahnarzt für Oralchirurgie" berechtigt.

Mit Schreiben vom 19. April 2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Zusätze "Tätigkeitsschwerpunkt Mund- und Kieferchirurgie" und "Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie" führen werde. Gegen die letztere Bezeichnung hatte die Beklagte keine Einwände. Nachdem sich der Vorstand der Beklagten mehrfach mit der Angelegenheit befasst hatte, untersagte die Beklagte dem Kläger aber durch Bescheid vom 22. März 2005, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 19. September 2005, den "Tätigkeitsschwerpunkt: Mund- und Kieferchirurgie" in jeder Form der Ankündigung - insbesondere auf Briefbögen, Praxisschildern, Vordrucken, Stempeln, aber auch bei sonstigen Ankündigungen - zu führen. Die Ankündigung dieses Tätigkeitsschwerpunkts sei berufswidrig, weil die Angabe nicht interessengerecht sei und es sich nicht um eine zulässige Patienteninformation handele. Eine Irreführung sei insbesondere gegeben im Hinblick auf den ärztlichen Fachbereich "Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie". Neben dem anerkannten "Tätigkeitsschwerpunkt: Oralchirurgie" bestehe auch keine Notwendigkeit für die Angabe eines "Tätigkeitsschwerpunkts: Mund- und Kieferchirurgie".

Wegen des weiteren Sachverhalts nimmt der Senat gem. § 130b Satz 1 VwGO, der auch bei Beschlüssen nach § 130a VwGO anwendbar ist, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1999 - 8 C 12.98 -, NVwZ 2000, 73 f; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: März 2008, § 130a Rdn. 13; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 130a Rdn. 47; OVG NRW, Beschlüsse vom 4. August 2008 - 13 A 2146/06 -, vom 26. Juni 2008 - 13 A 1712/06 - und vom 15. Januar 2008 - 13 A 5238/04 -, jeweils juris.

Bezug auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 18. August 2006 und macht sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen.

Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die genannten Bescheide aufgehoben. Die vom Kläger beabsichtigte Bezeichnung "Tätigkeitsschwerpunkt: Mund- und Kieferchirurgie" sei nicht berufswidrig. Irreführungen und Verwechselungen, auch mit der Bezeichnung "Facharzt für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie", sowie Verunsicherungen von Patienten seien beim Führen dieses Tätigkeitsschwerpunkts nicht zu befürchten.

Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Berufung macht die Beklagte geltend, die Angabe "Tätigkeitsschwerpunkt: Mund- und Kieferchirurgie" könne beim objektiven Betrachter/Patienten zu der Annahme führen, der Kläger verfüge insoweit über ärztliche Qualifikationen, was objektiv unzutreffend sei. Unter einem "Kieferchirurgen" werde landläufig ein Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie verstanden. Ärzte verfügten kraft ihrer Ausbildung aber über einen höheren Qualifikationsrahmen als Zahnärzte. Dem Kläger stünden auch andere sachgerechte Ankündigungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, das Führen des "Tätigkeitsschwerpunkts: Mund- und Kieferchirurgie" durch einen Zahnarzt sei nicht irreführend. Er dürfe als Zahnarzt selbstverständlich auf dem Gebiet der Mund- und Kieferchirurgie tätig sein. Auch in anderen Bereichen (z.B. in der Kieferorthopädie) gebe es begriffliche Überschneidungen zwischen ärztlicher und zahnärztlicher Tätigkeit. Beim Begriff "Kieferchirurgie" sei eine Irreführung nicht zu befürchten.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt ihrer Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im übrigen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

II.

Im Rahmen des entsprechenden Ermessens entscheidet der Senat über die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für unbegründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Rechtssache weist auch keine außergewöhnlich großen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf, die einer Entscheidung durch Beschluss entgegenstehen könnten. Zudem ist eine mündliche Verhandlung in einem verwaltungsgerichtlichen Berufungsverfahren regelmäßig dann nicht geboten, wenn im Wesentlichen - wie hier - nur Rechtsfragen zu entscheiden sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 6 C 28.03 -, BVerwGE 121, 211, Beschlüsse vom 15. Dezember 2005 - 6 B 70.05 -, Juris, vom 25. September 2003 - 4 B 68.03 -, NVwZ 2004, 108 und vom 12. März 1999 - 4 B 112.98 -, DVBl. 1999, 987.

Die Beteiligten sind zu dieser Entscheidungsform unter Mitteilung des voraussichtlichen Entscheidungsergebnisses gehört worden.

III.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 22. März 2005 und 19. September 2005 zu Recht aufgehoben.
Der Senat schließt sich den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil zu den Rechtsgrundlagen für die Untersagungsverfügung und zu den allgemeinen Kriterien für die Annahme einer berufswidrigen Werbung durch einen Zahnarzt mit der Maßgabe an, dass bei der maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz, auf die wegen des Charakters der Untersagungsverfügung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung abzustellen ist, die Änderung des Heilberufsgesetzes NRW - HeilBerG - vom 20. November 2007 (GV. NRW 2007, 572) und die zwischenzeitlichen Änderungen (zuletzt vom 16. Mai 2008; MBl. NRW S. 474) der Berufsordnung - BO - der Beklagten von 2005 zu berücksichtigen sind. Für die materielle Beurteilung der Untersagungsverfügung ergibt sich daraus keine entscheidende Änderung; dies gilt auch in Bezug auf die im Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung und der gerichtlichen Entscheidung unterschiedlichen Fassungen der Berufsordnung der Beklagten.

Nach § 21 Abs. 1 Satz 2, 3 BO 2005 ist dem Zahnarzt berufswidrige Werbung untersagt und ist berufswidrig insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. Für eine interessengerechte und sachangemessene Information, die keinen Irrtum erregt, bleibt hingegen im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. Juli 2005 - 1 BvR 191/05 -, NJW 2006, 282 = MedR 2006,107, vom 26. August 2003 - 1 BvR 1003/02 -, NJW 2003, 3470; vom 17. Juli 2003 - 1 BvR 2115/02 -, NJW 2003, 2818; vom 23. Juli 2001 - 1 BvR 873/00 u.a. -, NJW 2001, 2788; und vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 -, BVerfGE 85, 248; BVerwG, Urteile vom 13. November 1997 - 3 C 44.96 -, DVBl. 1998, 532, und vom 5. April 2001 - 3 C 25.00 -, DVBl. 2001, 1371; BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - I ZR 167/01-, NJW 2004, 440; Bahner, Das neue Werberecht für Ärzte, 2. Aufl., S. 217 ff.
Bei der Abgrenzung zwischen erlaubter sachlicher Information und verbotener berufswidriger Werbung, die im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit auf der einen Seite und der Sicherung des Werbeverbots auf der anderen Seite auf Grund einer Abwägung im Rahmen des gesamten Lebensvorgangs, in dem die fragliche Werbemaßnahme ihre Wirkung entfaltet, vorzunehmen ist, ist auf den Standpunkt der angesprochenen Verkehrskreise und auf das Leitbild eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers/Patienten und nicht auf die Auffassung des jeweiligen Berufsstandes abzustellen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2000 - 1 BvR 547/99 -, MedR 2000, 523; BGH, Urteile vom 8. Juni 2000 - I ZR 269/97 -, MedR 2001, 516 und vom 27. April 1995 - 1 ZR 116/93 - GRUR 1995, 612; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 9 S 2738/01 -, MedR 2003, 236; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Juni 2008 - 13 A 1712/06 -, vom 10. November 2003 - 13 B 1703/03 -.

Hinweise auf das Leistungsangebot eines Zahnarztes, die auch hier mit dem fraglichen Tätigkeitsschwerpunkt anstehen, gehören zur beruflichen Außendarstellung des Betreffenden und unterfallen dem Begriff der Werbung. Der Senat ist aber - ebenso wie das Verwaltungsgericht - der Ansicht, dass die vom Kläger bereits erfolgte bzw. beabsichtigte Angabe des "Tätigkeitsschwerpunkts Mund- und Kieferchirurgie" nicht berufswidrig ist.
Das Schwergewicht der entsprechenden Beurteilung liegt dabei unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten auf der Frage, ob die Angabe dieses Tätigkeitsschwerpunkts irreführend ist oder nicht, während die übrigen für die Führung eines Tätigkeitsschwerpunkts relevanten Kriterien, die für den Bereich der Beklagten in den gem. § 21 Abs. 2 Satz 4 BO 2005 zur Berufsordnung gehörenden "Ausführungsbestimmungen zum rechtmäßigen Ausweis besonderer Qualifikationen" genannt sind (beispielsweise besondere Kenntnisse und Erfahrungen, nachhaltige Tätigkeit in dem Schwerpunktbereich usw) demgegenüber der Führung des Tätigkeitsschwerpunkts offenbar nicht entgegenstehen. Dass diese weiteren Voraussetzungen für das Führen der fraglichen Zusatzangabe beim Kläger erfüllt sind, wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.

Eine mit der Angabe des "Tätigkeitsschwerpunkts Mund- und Kieferchirurgie" einhergehende Irreführung ist nicht anzunehmen. Dabei ist im Rahmen des die Berufsfreiheit schützenden und durch die berufliche Außendarstellung tangierten Art. 12 Abs. 1 GG grundlegend der Zweck des (zahn-)ärztlichen Werbeverbots, zum Schutz des Rechtsguts der Gesundheit der Bevölkerung eine gesundheitspolitisch unerwünschte Kommerzialisierung des (Zahn-)Arztberufs zu vermeiden, zu berücksichtigen.

Die Untersagung der Angabe "Tätigkeitsschwerpunkt" rechtfertigt sich generell nicht schon deshalb, weil das Heilberufsgesetz NRW in den §§ 33 ff, 51 ff zu diesem Begriff und zu sonstigen ähnlichen Angaben außerhalb der Fachzahnarztbezeichnungen unmittelbar keine Aussage trifft. Ebenso wenig ist es gerechtfertigt, alle Angaben und Zusätze, die nach der Berufsordnung einer Heilberufskammer nicht als zulässige Berufsqualifikation auf einem Briefkopf oder einem Praxisschild erscheinen dürfen, ohne Rücksicht auf ihren Sinn und Zweck oder ihren Informationswert für Dritte generell zu verbieten. Außerdem gebietet Art. 12 Abs. 1 GG, nicht durch Informationsverbote den Patienteninteressen zuwider auf eine Nivellierung in der Außendarstellung von (Zahn-)Ärzten hinzuwirken und sachangemessene Hinweise auf besondere Leistungsangebote von vornherein zu unterbinden.

Vgl. BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 23. Juli 2007 - 1 BvR 873/00 u. a.-, a. a. O.; Schl.-H. OVG, Urteil vom 22. August 2003 - 3 KN 1/02 -, juris.

Eine berufswidrige Werbung durch die Angabe des Tätigkeitsschwerpunkts "Mund- und Kieferchirurgie" ist nicht deshalb anzunehmen, weil der Kläger zum Führen der Bezeichnung "Fachzahnarzt für Oralchirurgie" berechtigt ist und diese Bezeichnung offensichtlich auch in seinem Briefkopf und anderen Ankündigungen verwendet. Zunächst kommt es grundsätzlich in Bezug auf die Sinnhaftigkeit von Bezeichnungen und Angaben im Rahmen heilberuflicher Tätigkeit nicht auf die Sicht und die Beurteilung der betreffenden Heilberufskammer an, sondern liegt die entsprechende Entscheidung vorrangig im Bereich des betreffenden Heilbehandlers und ist diese dann auf ihre Zulässigkeit nach den einschlägigen normativen Bestimmungen zu überprüfen. Insoweit kann dem Kläger auch nicht vorgehalten werden, er sei nicht auf einen von der Beklagten im Laufe des Verfahrens vorgeschlagenen Kompromiss mit der Angabe "Tätigkeitsschwerpunkt: Operative Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde" eingegangen. Wenn es dem Kläger, wie er geltend macht, zur Kennzeichnung seiner überwiegenden Tätigkeit in der Praxis auf den Wortbegriff "Chirurgie" statt "operativ" ankommt, ist dies der Prüfung der Zulässigkeit der Angaben zu Grunde zu legen.

Die Berechtigung zum Führen einer Fachgebietsbezeichnung schließt nicht grundsätzlich die Angabe eines weiteren Leistungskriteriums - hier in Form eines Tätigkeitsschwerpunkts - auch in dem Gebiet aus. Im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG ist es auch nicht geboten, einen Tätigkeitsschwerpunkt begrifflich und in seiner konkretisierenden Beschreibung exakt auf das Gebiet zu beschränken, für das eine entsprechende Bezeichnung geführt werden darf. Eine diesbezügliche Einschränkung würde keine weitere nützliche Information für den Patienten ergeben, weil dann Unterschiede und besondere Leistungsangebote und Schwerpunkte in der beruflichen Betätigung nicht erkennbar wären. Nicht jeder Zahnarzt hat das gleiche Betätigungsfeld und es gibt unterschiedliche Schwerpunkte und Spezialisierungen. Dementsprechend besteht ein sachlich begründetes, berechtigtes Informationsbedürfnis der Patienten über Spezialisierungen und Tätigkeitsschwerpunkte, besondere Behandlungsmethoden, Praxisausstattung usw., unabhängig von dem Erwerb einer Gebietsbezeichnung.
Vgl. Schl.-H. OVG, Urteil vom 22. August 2003 - 3 KN 1/02 -, a. a. O.

Dies gilt auch hier, wenn der Kläger neben der Bezeichnung "Fachzahnarzt für Oralchirurgie" zusätzlich auch auf einen "Tätigkeitsschwerpunkt Oralchirurgie" hinweisen würde. Eine sach- und interessengerechte Information des Patienten über das spezielle Leistungsangebot des Klägers wäre bei einer solchen begrifflich gleichartigen Angabe nicht zu bejahen. Dies gilt erst recht bei der an der Realität orientierten Einschätzung, dass für die Masse der Patienten die Bezeichnung "Oralchirurgie" ohnehin weniger aussagekräftig und klar ist als die deutlich "griffigere" und bekanntere Angabe "Mund- und Kieferchirurgie". Zudem unterscheidet sich die gebotene Zusatzangabe "Tätigkeitsschwerpunkt" ohnehin begrifflich von einer Facharzt- oder Fachzahnarztbezeichnung. Der verständige Patient versteht beide Begriffe nicht in ein und demselben Sinn, sondern in Ableitung aus dem Wortbegriff dahin, dass es sich bei einem "Tätigkeitsschwerpunkt" um einen Schwerpunkt in der tatsächlichen beruflichen Betätigung des Zahnarztes handelt und nicht um eine - formelle - Gebietsbezeichnung im Sinne normativer Bestimmungen. Vor dem Hintergrund einer im Laufe der Zeit intensiveren Information, einer ständig zunehmenden Kenntnis und eines größer werdenden Verständnisses für berufsbezogene Umstände bei Ärzten und Zahnärzten kann davon ausgegangen werden, dass den maßgebenden Verbraucher- und Patientenkreisen die Unterschiedlichkeit dieser Begrifflichkeiten bekannt und bewusst und den Patienten geläufig ist, dass Fach(zahn-)arztbezeichnungen auf den Praxisschildern nicht mit dem Begriff "Tätigkeitsschwerpunkt" verbunden sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2007 - 1 BvR 873/00, 1 BvR 874/00 -, a. a. O.; Schl.-H. OVG, Urteil vom 22. August 2003 - 3 KN 1/02 -, a. a. O.

Die zur Berufsordnung der Beklagten gehörigen Ausführungsbestimmungen verweisen zwar darauf, dass "besondere Qualifikationen" u.a. als Tätigkeitsschwerpunkte ausgewiesen werden können. Die Verwendung des Begriffs "Qualifikation" in Zusammenhang mit einem Tätigkeitsschwerpunkt kann aber nicht dahin verstanden werden, dass damit auf ein Zusatzwissen (im Sinne einer zusätzlichen Qualifizierung und Qualifikation) hingewiesen werden soll. Eine solche Interpretation wird dem Sinn und Zweck (zahn-)ärztlicher Bezeichnungen und Angaben zur eigenen Person nicht gerecht und ist deshalb nicht angezeigt. In der Angabe von "Tätigkeitsschwerpunkten" liegt nämlich keine Angabe einer besonderen Qualifikation, d. h. durch Aus-, Fort- oder Weiterbildung erworbener (zusätzlicher) Fachkenntnisse, sondern es handelt sich - wie sich bereits aus dem Wortsinn ergibt - um eine Information über die hauptsächliche Tätigkeit und über eine durch berufliche Praxis erworbene Routine und besondere Erfahrung in der Verrichtung heilberuflicher Tätigkeiten. Eine durch Ausbildung erlangte besondere berufliche Qualifikation wird damit hingegen nicht behauptet.

Vgl. VGH Ba-.Württ., Urteil vom 17. Dezember 2002 - 9 S 2738/01 -, MedR 2003, 236, (Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch BVerwG, Beschluss vom 4. September 2003 - 3 BN 3.03 -); Schl.-H. OVG, Urteil vom 22. August 2003 - 3 KN 1/02 -, a. a. O.

Bei der vom Kläger erstrebten Angabe des Tätigkeitsschwerpunkts "Mund- und Kieferchirurgie" besteht, wie bereits das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt hat, auch keine Verwechselungsgefahr mit der Facharztbezeichnung "Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie". Die Annahme der Beklagten, mit einem "Kieferchirurgen" werde landläufig eine ärztliche Qualifikation verbunden, erscheint nicht zwingend. Eine Assoziation dieses Begriffs mit einer zahnärztlichen Qualifikation und/oder Betätigung ist aus der Sicht eines Patienten vielmehr ebenso naheliegend, wenn nicht sogar vorrangig. Die Begriffe "Mund" und "Kiefer", auch in Verbindung mit weiteren Wortbestandteilen, werden üblicherweise eher in Zusammenhang mit einer zahnärztlichen als mit einer ärztlichen Behandlung gesehen. Die Angabe "Dr. med. dent." des Klägers in seinem Briefkopf und sonstigen Ankündigungen, die im Rahmen der Gesamtwertung seiner beruflichen Außendarstellung zu berücksichtigen ist, deutet aus der Sicht eines verständigen Patienten ebenfalls auf eine zahnärztliche Tätigkeit und gerade nicht auf eine ärztliche Tätigkeit hin. Besonders augenfällig ist dies für den verständigen Patienten auch durch das konkret für die Praxis des Klägers verwendete Praxisschild. Der Kläger betreibt zusammen mit einer Ärztin eine Gemeinschaftspraxis. Durch die unterschiedlichen Angaben in der Weise, dass sich der Kläger auf dem Praxisschild als "Dr. med. dent" und "Zahnarzt" bezeichnet, bei der Praxis-Mitbetreiberin aber die Angabe "Ärztin für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie" enthalten ist, wird dem verständigen Patienten deutlich vor Augen geführt, dass der Kläger gerade nicht als Arzt, sondern als Zahnarzt tätig ist. Auch dies verdeutlicht die Einschätzung, dass ein "Tätigkeitsschwerpunkt: Mund- und Kieferchirurgie" beim Kläger somit eher in Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Tätigkeit als mit einer ärztlichen Tätigkeit gesehen wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG und entspricht in Orientierung am Hauptbegehren des Klägers der üblichen Wertfestsetzung des Senats in vergleichbaren Verfahren. Von einer Streitwerterhöhung in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung in der Untersagungsverfügung sieht der Senat ab (vgl. Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, DVBl. 2004, 1525).

VorschriftenVwGO, BO, HeilBerG, GG, GKG

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