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27.04.2009 · IWW-Abrufnummer 090679

Hessisches Landessozialgericht: Urteil vom 04.12.2008 – L 1 KR 219/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 1 KR 219/06

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 26. Juli 2006 in der berichtigten Fassung durch Beschluss vom 17. Oktober 2006 abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2004 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten ein Kündigungsrecht zum 31. Juli 2004 - statt zum 31. Dezember 2004 - hatte.

Die 1953 geborene Klägerin war ursprünglich pflichtversichertes Mitglied der Barmer Ersatzkasse. Am 3. Februar 2004 kündigte sie dort ihr Krankenversicherungsverhältnis und stellte am 3. Februar 2004 bei der damaligen Taunus Betriebskrankenkasse (BKK), einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, einen Aufnahmeantrag. Mit Schreiben vom 2. März 2004 übersandte die Taunus BKK der Klägerin eine Mitgliedsbescheinigung, beginnend ab dem 1. April 2004. Zum 1. April 2004 vereinigte sich die Taunus BKK und die BKK Braunschweig zur Beklagten. Seit dem 1. April 2004 beträgt der allgemeine Beitragssatz der Beklagten 13,8 v.H. Vor der Vereinigung hatte der allgemeine Beitragssatz der Taunus BKK bei 12,8 v.H. gelegen.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2004 kündigte die Klägerin unter Hinweis auf die Beitragserhöhung ab dem 1. April 2004 ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Juli 2004 und bat um Ausstellung einer Kündigungsbestätigung. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 17. Mai 2004 die Kündigung zurück. Der Kündigung könne nicht entsprochen werden, weil die erstmalige Beitragssatzfeststellung durch eine nach einer Fusion neu entstandene Krankenkasse keine Beitragssatzerhöhung darstelle und deshalb kein Sonderkündigungsrecht begründe. Den Widerspruch der Klägerin vom 25. Mai 2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2004 zurück.

Am 1. Juni 2004 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Gießen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Mit Beschluss vom 25. Juni 2004 – S 21 KR 170/04 ER - hat das Sozialgericht Gießen den Antrag im einstweiligen Anordnungsverfahren abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin vom 19. Juli 2004 hat das Hessische Landessozialgericht mit Beschluss vom 6. September 2004 – L 1 KR 184/04 ER -zurückgewiesen.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2004 hat die Klägerin am 17. Juni 2004 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Beklagte selbst im Rahmen ihres Internetauftrittes von einer Beitragserhöhung spreche. Maßgeblich sei insoweit auch der Empfängerhorizont. Die Beklagte habe rechtsmissbräuchlich die Fusion genutzt, um die Beiträge zu erhöhen. Am 19. Juli 2004 hat die Klägerin bei der Beigeladenen beantragt, zum 1. August 2004 als Pflichtmitglied aufgenommen zu werden. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 2. Dezember 2004, B 12 KR 23/04 R hat die Beklagte der Klägerin unter dem 22. Dezember 2004 eine Kündigungsbestätigung zum 31. Dezember 2004 ausgestellt. Seit dem 1. Januar 2005 wird die Klägerin von der Beigeladenen als Mitglied geführt. Mit Erstattungsmitteilung vom 21. März 2005 hat die Beklagte der Klägerin die Beitragsdifferenz zu dem Beitragssatz der Beigeladenen für August 2004 bis Dezember 2004 in Höhe von 73,94 EUR erstattet und die Auffassung vertreten, dass der Klage der Klägerin nunmehr das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Mit Urteil vom 26. Juli 2006 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Hälfte ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig sei. Der Klägerin stehe jedoch kein Sonderkündigungsrecht zum 31. Juli 2004 zu. Die Mitgliedschaft der Klägerin habe erst zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des neuen Beitragssatzes am 1. April 2004 begonnen, weshalb sich die Anhebung des Beitragssatzes auf 13,8 v.H. für die Klägerin nicht als Erhöhung darstelle. Die Ausnahmevorschrift des § 175 Abs. 4 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), die das Sonderkündigungsrecht regele, sei eng auszulegen, da sie nach ihrem Wortlaut auch Bezug auf die Mitgliedschaft nehme. Mangels anderweitiger Verknüpfungen könne zeitlicher Anknüpfungspunkt für die Beitragssatzerhöhung nur der jeweilige Beginn der Mitgliedschaft sein, weil nur dieser genau definiert und tatsächlich feststellbar sei. Bereits begrifflich liege daher keine Erhöhung vor, wenn die Mitgliedschaft erst im Zeitpunkt der Erhöhung begonnen habe. Diese Auslegung trage nicht nur dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V und § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V Rechnung, sondern auch dem Sinn und Zweck der Regelung, verwaltungsaufwändige Kurzmitgliedschaften im Interesse der Sozialversicherungsträger an einer relativen Sicherheit ihres Mitgliederbestandes zu vermeiden. Mit Beschluss am 17. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Gießen das Urteil hinsichtlich des Tatbestandes ergänzt.

Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 18. September 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Oktober 2006 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass ihr Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Bescheide und der Feststellung, dass sie ein Kündigungsrecht zum 31. Juli 2004 gehabt und ihr Wahlrecht für die Beigeladene zum 1. August 2004 wirksam ausgeübt habe, nicht entfallen sei. Durch die Kündigungsbestätigung zum 31. Dezember 2004 bestehe ihre Mitgliedschaft bei der Beigeladenen erst ab dem 1. Januar 2005. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen sei sie bis zum 30. Juni 2006 an die Beigeladene gebunden und könne diese nicht vorher für eine günstigere Kasse verlassen. Dieser finanzielle Nachteil und auch die Beitragsdifferenz vom 1. April 2004 bis zum 31. Juli 2004 seien von der Beklagten zu erstatten. Zudem bestehe auch eine Wiederholungsgefahr, da sie bei einem günstigeren Beitragssatz ggf. wieder zu der Beklagten wechseln werde. Ergänzend weist sie darauf hin, dass der Wortlaut des § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V gerade nicht Bezug auf die Mitgliedschaft nehme. Allein abzustellen sei auf die Erhöhung des Beitragssatzes seitens der Krankenkasse. § 175 Abs. 4 SGB V gelte ausweislich der Gesetzesbegründung für alle Versicherungspflichtigen, die ein Kassenwahlrecht nach den §§ 173 f. SGB V hätten. Dabei sei unerheblich, ob das Mitglied von der Erhöhung der Zuzahlung oder der Beiträge unmittelbar betroffen sei oder nicht. Verwaltungsaufwändige Kurzmitgliedschaften entstünden zudem bereits allein durch das vom Gesetzgeber geschaffene Rechtsinstitut des Sonderkündigungsrechts. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Fall, in dem ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis am 31. März 2004 beginne, anders als der vorliegende Fall zu beurteilen sei. Hierbei sei von dem Sozialgericht auch nicht berücksichtigt worden, dass mit Zugang ihrer Wahlrechtserklärung vom 3. Februar 2004 die Mitgliedschaft bei der gewählten Krankenkasse bereits begründet worden sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 26. Juli 2006 in der berichtigten Fassung durch Beschluss vom 17. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2004 aufzuheben und festzustellen, dass sie gegenüber der Beklagten ein Kündigungsrecht zum 31. Juli 2004 hatte und ihr Wahlrecht für die Beigeladene zum 1. August 2004 wirksam ausgeübt hat.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 26. Juli 2006 in der berichtigten Fassung durch Beschluss vom 17. Oktober 2006 zurückzuweisen.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass es der Klage an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Da ein rückwirkender Kassenwechsel nicht möglich sei, könne die Aufhebung der Bescheide nur zum Ersatz des durch den verspäteten Wechsel erlittenen Schadens führen. Dieser liege allein in dem niedrigeren Beitrag der neuen Kasse der Klägerin. Die Beitragsdifferenz für August 2004 bis Dezember 2004 habe die Beklagte aber bereits erstattet und auch eine Kündigungsbestätigung ausgestellt. Der Klägerin habe auch kein Sonderkündigungsrecht zugestanden, da sie der Beklagten erst zum 1. April 2004 beigetreten sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der erhöhte Beitrag bereits gegolten. Zu einer Beitragserhöhung sei es also nicht gekommen. Auch irre die Klägerin, wenn sie eine Stichtagsregelung für verfassungswidrig halte. Zur Bestätigung ihres Vorbringens hat sie einen Beschluss des Bundessozialgerichts vom 6. September 2007, B 12 KR 23/07 B vorgelegt. Das Gericht hat mit Beschluss vom 12. November 2008 die BKK ALP plus beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet.

Soweit die Klägerin den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2004 angreift, ist die Klage zulässig. Eine Klagebefugnis der Klägerin und das Rechtsschutzbedürfnis liegen insoweit vor. Für die Bejahung der Klagebefugnis ist die formelle Beschwer ausreichend (Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 54 Rdnr. 9 f). Die Klägerin ist Adressatin eines belastenden Verwaltungsakts, dessen Inhalt auf die Zurückweisung eines Sonderkündigungsrechts der Klägerin gerichtet ist. Ist die Klagebefugnis zu bejahen, ist auch das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig gegeben (Keller, a.a.O., vor § 51, Rdnr. 16 a). Eine Erledigung des Verwaltungsaktes ist insoweit auch nicht eingetreten, da die Beklagte trotz der Ausstellung einer Kündigungsbestätigung zum 31. Dezember 2004 das Bestehen eines Sonderkündigungsrechts der Klägerin negiert.

Das auf das Bestehen eines Sonderkündigungsrechts und der wirksamen Ausübung des Wahlrechts gegenüber der Beigeladenen gerichtete Feststellungsbegehren ist jedoch unzulässig. Die Klägerin hat kein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung ihrer Rechtsbeziehungen sowohl zu der Beklagten als auch zu der Beigeladenen, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Ein berechtigtes Interesse in diesem Sinn schließt zwar über ein rechtliches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse wirtschaftlicher oder ideeller Art ein (Keller, a.a.O., § 55 Rdnr. 15 a). Im vorliegenden Fall ist ein solches für den Senat jedoch nicht erkennbar. Soweit die Klägerin vorträgt, dass sie aufgrund einer verzögerten Befreiung aus der Mitgliedschaft zu der Beklagten im Rahmen eines Zivilprozesses Amtshaftungsansprüche gegen diese durchzusetzen begehrt, kann dies im vorliegenden Fall nicht zu einer Bejahung eines berechtigten Interesses führen. Insoweit fehlt es bereits an einem schlüssigen Vortrag der Klägerin. Diese ist seit dem 1. Januar 2005 bei der Beigeladenen Mitglied geblieben, hat also ein Kündigungsrecht zugunsten einer eventuell günstigeren Kasse gerade nicht ausgeübt. Bezüglich eines ursprünglich von der Klägerin geltend gemachten Folgeanspruchs bezüglich der Beitragsdifferenz vom 1. April 2004 bis zum 31. Juli 2004 ist festzustellen, dass ein Rechtsanspruch auf Beitragsstabilität für Mitglieder nicht besteht. Auch eine Wiederholungsgefahr ist für den Senat nicht erkennbar. Erforderlich ist hierfür die konkrete, in naher Zukunft oder absehbarer Zeit tatsächlich bevorstehende Gefahr eines gleichartigen Verwaltungsaktes bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen (Keller, a.a.O., § 131 Rdnr. 10 b). An der hinreichenden Konkretisierung der Gefahr fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Zum 1. Januar 2009 wird der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung einheitlich festgesetzt (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26. März 2007, BGBl I 378). Zwar besteht für die Krankenkassen die Möglichkeit, bei Bedarf einen Zusatzbeitrag zu erheben. Ob eine Krankenkasse und ggf. welche hiervon Gebrauch machen wird, ist jedoch völlig offen. Soweit die Klägerin vorträgt, dass nicht sicher sei, dass die Beklagte nicht die erfolgte Erstattung der Beitragsdifferenz rückgängig mache, ergibt sich hieraus nach der Auffassung des Senats gleichfalls kein Feststellungsinteresse. Ausweislich der Erstattungsmitteilung vom 21. März 2005 ist diese ohne Vorbehalt erfolgt und die Beklagte hat im gesamten Verfahren eine mögliche Rückforderung nie vorgetragen.

Die Klage ist hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens auch begründet.

Die Klägerin war aufgrund einer Beitragssatzerhöhung berechtigt, ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten vorzeitig zu beenden.

Grundsätzlich sind Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte gemäß § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V an die Wahl der Krankenkasse mindestens 18 Monate gebunden, wenn sie das Wahlrecht, wie im vorliegenden Fall die Klägerin, ab dem 1. Januar 2002 ausüben. Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist dabei zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt, § 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V. Die Kündigung wird gemäß § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist.

Die Klägerin hat im Mai 2004 rechtmäßig von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht, so dass die Beklagte verpflichtet war, die entsprechende Kündigungsbestätigung für die Durchführung des Mitgliedswechsels zur Beigeladenen auszustellen. Ihr Wahlrecht zur Beigeladenen hat die Klägerin zum 1. August 2004 wirksam ausgeübt.

Erhöht eine Krankenkasse ihren Beitragssatz, kann die Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 bis zum Ablauf des auf das Inkrafttreten des der Beitragserhöhung folgenden Kalendermonats gekündigt werden, § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der ab dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung der Artikel 1 Nr. 134, Artikel 37 Abs. 1 des GKV - Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl I 2190. Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (vgl. insbesondere: BSG, Urteil vom 2. Dezember 2004, B 12 KR 23/04 R), denen sich der Senat anschließt, hat die Beklagte ihren Beitragssatz zum 1. April 2004 erhöht, auch wenn die Beitragssatzerhöhung mit einer Kassenfusion zusammentraf. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Nach der Auffassung des Senats liegen die Voraussetzungen des außerordentlichen Kündigungsrechts auch dann vor, wenn der Beginn der Mitgliedschaft mit dem Zeitpunkt der Beitragssatzerhöhung zusammenfällt. Insoweit ist zum einen zwischen dem Beginn der Mitgliedschaft und deren maßgeblicher rechtlichen Begründung zu differenzieren. Mit dem Zugang der Wahlrechtserklärung an die gewählte Krankenkasse wird bei dieser bereits unmittelbar die Mitgliedschaft und damit das Versicherungsverhältnis oder Sozialrechtsverhältnis begründet, wenn die Erklärung wirksam ist. Sie wirkt rechtsgestaltend und ist grundsätzlich nicht widerruflich (Hauck/Haines, Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V -, Kommentar, Stand: Oktober 2008, § 175 Rdnr. 7; Baier in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: Juni 2008, § 175 Rdnr. 6 ff). Die durch die wirksame Wahlrechtserklärung der Klägerin im Februar 2004 begründete Mitgliedschaft der Klägerin bei der Taunus BKK setzte sich damit gerade in dem Zustand fort, in dem sie sich bei der Wirksamkeit der Fusion befand. Sie blieb damit dem neuen Rechtsträger gegenüber als Gesamtheit aller Rechte und Pflichten erhalten, die dem einzelnen Mitglied aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer der fusionierenden Kassen bis zu deren Untergang zustand (BSG, a.a.O.).

Auch wenn man im vorliegenden Fall auf den Beginn der Mitgliedschaft der Klägerin abstellt, liegt gleichfalls eine Erhöhung des Beitragssatzes durch die Beklagte vor. Dies ist nach der Auffassung des Senats objektiv zu bestimmen und hängt ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht davon ab, ob sich der Beitrag des Mitgliedes selbst während seiner Mitgliedschaft erhöht. So ist nach den Materialien unmaßgeblich, ob das Mitglied von der Erhöhung des Beitrages unmittelbar betroffen ist (BT-Drucksache 13/5724 S. 5 zu Art. 1 Nr. 2 - § 175 Abs. 4). Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wonach die Regelung die Kasse ohne Differenzierung und Gewichtung von Einflussgrößen ausnahmslos bei jeder Beitragssatzerhöhung mit dem Risiko belegen soll, dass ihre Mitglieder von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und die Kasse so mittelbar zwingen, aufgrund einer Gesamtabwägung von der Möglichkeit der Beitragssatzanhebung nur nach dem ultima-ratio-Prinzip und nach Ausschöpfung aller Wirtschaftlichkeitsreserven Gebrauch zu machen (BSG, a.a.O.; BT-Drucksache, a.a.O.). Von rechtlicher Bedeutung ist insbesondere auch nicht der Grund der Entscheidung des Versicherten, sein Sonderkündigungsrecht auszuüben (so auch: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, a.a.O.). Diese Rechtsauffassung entspricht letztlich auch dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten, die, wie bereits oben dargestellt, der Klägerin die Beitragsdifferenz von August 2004 bis Dezember 2004 erstattete und diese vorzeitig aus der Mitgliedschaft entließ.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne des § 160 SGG nicht vorliegen.

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