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31.10.2008 · IWW-Abrufnummer 083379

Sozialgericht Marburg: Urteil vom 30.01.2008 – S 12 KA 77/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


S 12 KA 77/07

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Belegarztanerkennung der bei der Klägerin angestellten Ärztin Frau Dr. med. C.

Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts mit Sitz in A-Stadt. Die 1965 geborene Frau Dr. med. C ist Fachärztin für Augenheilkunde. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30.05.2006 wurde dem Antrag der Klägerin auf Anstellung der Frau Dr. med. C mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 8 Stunden stattgegeben. Mit Beschluss des Berufungsausschusses vom 08.11.2006 wurde eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden genehmigt. Frau Dr. med. C ist ferner im MVZ C-Stadt, C-Straße beschäftigt, zunächst ab 01.08.2005 ganztags (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28.06.2005), ab 01.06.2006 mit 32 Stunden (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30.05.2006). Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 12.12.2006 wurde wieder eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Wochenstunden bewilligt.

Am 08.08.2006 beantragte die Klägerin die Anerkennung der Frau Dr. med. C als Belegärztin. Sie legte einen Belegarztvertrag der Frau Dr. med. C mit den D.Kliniken GmbH als Krankenhausträger vom 30.09/05.10.2005 vor.

Die Beklagte teilte der Klägerin unter Datum vom 15.09.2006 mit, Medizinischen Versorgungszentren könnte eine Belegarztanerkennung nicht erteilt werden. Ggf. müsse Frau Dr. med. C persönlich einen Antrag stellen.

Am 25.10.2006 beantragte daraufhin Frau Dr. med. C die Anerkennung als Belegärztin. Sie legte eine Bescheinigung des Krankenhausträgers vor.

Mit Bescheid vom 17.11.2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Frau Dr. med. C auf die Belegarztanerkennung ab. Zur Begründung führte sie aus, es lägen die in den Bundesmantelverträgen festgelegten Vorraussetzungen nicht vor. Als angestellte Ärztin in einem Medizinischen Versorgungszentrum sei sie keine zugelassene Vertragsärztin nach § 24 Ärzte-ZV. Eine belegärztliche Tätigkeit durch angestellte Ärzte in Medizinischen Versorgungszentren sei derzeit nicht möglich. § 121 SGB V stelle bei der Zulässigkeit einer belegärztlichen Tätigkeit auf die Tätigkeit eines freiberuflichen Arztes ab, und ein angestellter Arzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum sei in seinen Handlungen nicht so unbeschränkt, wie dies ein niedergelassener Vertragsarzt sei. Sie sehe deshalb die belegärztliche Tätigkeit als einen von § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfassten Ausnahmetatbestand an. Eine belegärztliche Tätigkeit von angestellten Ärzten in Medizinischen Versorgungszentren sei bislang von ihr nicht genehmigt worden.

Hiergegen legte Frau Dr. med. C am 06.12.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V seien die Vorschriften über die Belegarztanerkennung auch auf die Medizinischen Versorgungszentren anzuwenden. Weder § 121 SGB V noch die §§ 39 und 31 der Bundesmantelverträge stellten ausdrücklich auf den freiberuflich tätigen Arzt ab. Diese Vorschriften gingen von einem "nicht am Krankenhaus angestellten Vertragsarzt" aus. Diese Vorrausetzungen lägen eindeutig bei ihr vor. Nach § 1 Abs. 2 der Bundesärzteordnung sei ein ärztlicher Beruf seiner Natur nach ein freier Beruf, auch wenn er im Angestelltenverhältnis ausgeübt werde. Als angestellte Ärztin in einem Medizinischen Versorgungszentrum sei sie in der Behandlung der Patienten weisungsunabhängig. In anderen KV-Bereichen würden durchaus Belegarztanerkennungen zugunsten angestellter Ärzte von Medizinischen Versorgungszentren bzw. zugunsten von Medizinischen Versorgungszentren selbst ausgesprochen werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2007, Frau Dr. med. C am 23.02. zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei keine zugelassene Vertragsärztin nach § 24 Ärzte-ZV. Sie übe keine freiberufliche Tätigkeit aus. Eine angestellte Ärztin könne, unabhängig davon, wo sie angestellt sei, per se nicht als Belegärztin tätig werden. Allein die Tatsache, dass sie lediglich mit 10 Wochenstunden bei der Klägerin beschäftigt sei, spreche per se gegen eine Belegarztanerkennung. Das förmliche Anerkennungsverfahren habe deshalb nicht eingeleitet werden können.

Hiergegen hat zunächst Frau Dr. med. C am 09.03.2007 die Klage erhoben und unter weitgehender Wiederholung ihrer Widerspruchsbegrünung ergänzend vorgetragen, die Beklagte gehe auf ihre Vollzeittätigkeit bei einem weiteren MVZ nicht ein und lege nicht dar, woraus die Ungeeignetheit folge. Die Entfernung zu dem MVZ C-Stadt führe nicht zur Ungeeignetheit. Eine Abstimmung mit den weiteren Ärzten in A-Stadt, welche z. T. selbst Belegärzte seien, stelle die ambulante und stationäre Versorgung der Versicherten sicher. Auch angestellte Ärzte könnten anerkannt werden. Gem. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V fänden die Vorschriften über die Belegarztanerkennung auch Anwendung auf Medizinische Versorgungszentren. Die Freiberuflichkeit stehe dem nicht entgegen. Sie werde sich auch daran halten, dass die stationäre der ambulanten Tätigkeit nachrangig sein müsse. Sie verweise auf den von der KBV herausgegebenen "Kooperationskompass", bei dem auch die Beklagte mitgewirkt habe; danach nähmen Medizinische Versorgungszentren genau wie Vertragsärzte an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie hat zunächst beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 17.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 die Beklagte zu verurteilen, ihr die Belegarztanerkennung zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zur verurteilen, das förmliche Anerkennungsverfahren zu Erteilung der Belegarztanerkennung einzuleiten und ihre Belegarztanerkennung in diesem Verfahren gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen zu befürworten.

Auf Hinweis der Kammer vom 17.07.2007 trat die Klägerin für Frau Dr. med. C am 14.08.2008 in den Rechtsstreit ein. Sie trägt weiter vor, die Fahrzeit von A-Stadt bis zu den D.Kliniken betrage etwa eine Stunde bei ungefähr 100 km. Die Tätigkeit werde aber nur für die Klägerin beantragt, nicht für das MVZ C-Stadt. Es komme nur auf die Entfernung zwischen dem MVZ A-Stadt und den D.Kliniken an. Bei augenärztlichen Operationen erfolge eine stationäre Aufnahme nur im Falle einer schlechten gesundheitlichen Verfassung und zur Vermeidung von Zwischenfällen nach der anästhesiologischen Versorgung und nicht primär wegen der durchgeführten augenärztlichen Operation. Der zuständige Anästhesist stehe immer zur Nachsorge zur Verfügung. In absoluten Ausnahmefällen sei ein weiterer belegärztlich tätiger Augenarzt des MVZ vor Ort erreichbar.

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 17.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 die Beklagte zu verurteilen, ihr die Belegarztanerkennung für die angestellte Ärztin Frau Dr. med. C zu erteilen,
hilfsweise
die Beklagte zur verurteilen, das förmliche Anerkennungsverfahren zu Erteilung der Belegarztanerkennung einzuleiten und die Belegarztanerkennung für die angestellte Ärztin Frau Dr. med. C gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen zu befürworten.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, nur zugelassene Vertragsärzte, nicht angestellte Ärzte könnten eine Belegarztanerkennung erhalten. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V beziehe die bei Medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte nicht ein. Als angestellte Ärztin könne Frau Dr. med. C nicht gewährleisten, dass die stationäre Tätigkeit nicht das Schwergewicht ihrer Gesamttätigkeit bilde. Ihrer Geeignetheit als Belegarzt stehe entgegen, dass sie eine ordnungsgemäße stationäre Versorgung der Patienten durch die Entfernung von über 100 km mit einer Fahrzeit von rund 75 Minuten zwischen den benannten Kliniken in A-Stadt und dem MVZ C-Stadt nicht garantieren könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Klage ist zulässig. Im Eintritt der Klägerin in den Prozess für die vorherige Klägerin liegt eine Klageänderung nach § 99 SGG. Die Beklagte hat hierin eingewilligt. Das Vorverfahren ist durchgeführt worden. Von einer Beiladung der Kassenverbände konnte die Kammer absehen, da sie nicht notwendig war.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochten Bescheid der Beklagten vom 17.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 ist rechtmäßig und war daher aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der Belegarztanerkennung für die angestellte Ärztin Frau Dr. med. C. Frau Dr. med. C ist aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit in einem Umfang von 10 Stunden für die Klägerin und der räumlichen Entfernung zwischen C-Stadt, dem Ort, an dem sie ihre Haupttätigkeit ausübt, und A-Stadt nicht geeignet.

Die Vertragsparteien nach § 115 Abs. 1 SGB V wirken gemeinsam mit Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäusern auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche Behandlung der Versicherten hin. Die Krankenhäuser sollen Belegärzten gleicher Fachrichtung die Möglichkeit geben, ihre Patienten gemeinsam zu behandeln (kooperatives Belegarztwesen) (§ 121 Abs. 1 SGB V). Belegärzte im Sinne dieses Gesetzbuchs sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten (§ 121 Abs. 1 SGB V; s. a. § 39 Abs. 1 BMV-Ä/§ 31 Abs. 1 EKV-Ä).

Die stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes darf nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit des Vertragsarztes bilden. Er muss im erforderlichen Maße der ambulanten Versorgung zur Verfügung stehen (§ 39 Abs. 2 BMV-Ä/§ 31 Abs. 2 EKV-Ä). Die Anerkennung als Belegarzt kann grundsätzlich für nur ein Krankenhaus ausgesprochen werden (§ 39 Abs. 3 BMV-Ä/§ 31 Abs. 3 EKV-Ä). Als Belegarzt ist nicht geeignet, 1. wer neben seiner ambulanten ärztlichen Tätigkeit eine anderweitige Nebentätigkeit ausübt, die eine ordnungsgemäße stationäre Versorgung von Patienten nicht gewährleistet, 2. ein Arzt, bei dem wegen eines in seiner Person liegenden wichtigen Grundes die stationäre Versorgung der Patienten nicht gewährleistet ist, 3. ein Arzt, dessen Wohnung und Praxis nicht so nahe am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten gewährleistet ist; hat der Arzt mehrere Betriebsstätten, gilt dies für die Betriebsstätte, in welcher hauptsächlich die vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt wird (§ 39 Abs. 4 BMV-Ä/§ 31 Abs. 4 EKV-Ä).

Die Anerkennung als Belegarzt setzt voraus, dass an dem betreffenden Krankenhaus eine Belegabteilung der entsprechenden Fachrichtung nach Maßgabe der Gebietsbezeichnung (Schwerpunkt) der Weiterbildungsordnung in Übereinstimmung mit dem Krankenhausplan oder mit dem Versorgungsvertrag eingerichtet ist und der Praxissitz des Vertragsarztes im Einzugsbereich dieser Belegabteilung liegt (§ 40 Abs. 1 BMV-Ä/§ 32 Abs. 1 EKV-Ä). Über die Anerkennung als Belegarzt entscheidet die für seinen Niederlassungsort zuständige Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag im Einvernehmen mit allen Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen. Die Ziele der Krankenhausplanung sind zu berücksichtigen (§ 40 Abs. 2 BMV-Ä/§ 32 Abs. 2 EKV-Ä). Dem Antrag ist eine Erklärung des Krankenhauses über die Gestattung belegärztlicher Tätigkeit und die Zahl der zur Verfügung gestellten Betten beizufügen. Die Erklärung wird den Landesverbänden der Krankenkassen zur Kenntnis gegeben (§ 40 Abs. 3 BMV-Ä/§ 32 Abs. 3 EKV-Ä).

Durch Medizinische Versorgungszentren (MVZ) können grundsätzlich auch belegärztliche Leistungen erbracht werden (so auch LI. in: Plagemann (Hrsg.), Münchner Anwalts Handbuch, 2. Aufl. 2005, § 17, Rn. 71; Pawlita in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 01.08.2008, § 95, Rn. 123).

Nach § 121 Abs. 2 SGB V - § 39 Abs. 1 BMV-Ä/§ 31 Abs. 1 EKV-Ä spricht nur von "Ärzten" - kommt eine Belegarzttätigkeit zunächst nur für Vertragsärzte und personengebunden in Betracht. § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V sieht aber eine entsprechende Anwendung des gesamten vierten Kapitels des SGB V (§§ 69-140h SGB V) auf MVZ vor, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist. Ebenso bestimmen § 1 Abs. 6 BMV-Ä/§ 1 Abs. 8 EKV-Ä, dass die Vorschriften der Bundesmantelverträge entsprechend für MVZ anzuwenden sind, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist oder Abweichendes aus der Besonderheit der MVZ folgt. Mangels ausdrücklich abweichender Regelungen in § 121 SGB V und in §§ 38 bis 41 BMV-Ä/§§ 30 bis 33 EKV-Ä folgt hieraus die grundsätzliche Befugnis der MVZ, als Partner eines Belegarztvertrages aufzutreten. Unter Bedarfsplanungsgesichtspunkten gilt daher auch § 103 Abs. 7 SGB V für sie, wonach ein Belegarztvertrag in einem gesperrten Zulassungsbereich zuerst mit Vertragsärzten und entsprechend mit MVZ abzuschließen ist. Wie die ambulanten Leistungen können MVZ die belegärztlichen Leistungen nur durch die in ihnen tätigen Ärzte erbringen. Die Genehmigung (§ 40 Abs. 2 S. 1 BMVÄ/§ 32 Abs. 2 S. 1 EKV-Ä) bleibt personengebunden, da es auf eine persönliche Eignung ankommt (vgl. § 39 BMVÄ/§ 31 EKV-Ä). Sie ist daher dem MVZ für seinen angestellten Arzt zu erteilen; einem im MVZ tätigen Vertragsarzt kann sie unmittelbar erteilt werden. Die persönlichen Voraussetzungen müssen in der Person des Arztes gegeben sein. In einem Krankenhaus angestellte Ärzte, die zugleich in einem MVZ tätig sind, können aber nicht belegärztlich tätig sei. Belegarzt kann nur der nicht in einem Krankenhaus angestellte Arzt sein (vgl. § 121 Abs. 2 u. § 39 Abs. 1 BMV-Ä/31 Abs. 1 EKV-Ä).

Die Änderung des § 121a SGB V durch Art. 1 Nr. 12 Buchst. a) VÄndG (Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG) v. 22.12.2006, BGBl I 2006, 3439), der § 121a Abs. 1 Satz 1 SGB V durch Einfügen einer neuen Nr. 2 ergänzte, wodurch zugelassene medizinische Versorgungszentren ausdrücklich in den Kreis der Leistungserbringer für Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 SGB V einbezogen wurden, diente lediglich der Klarstellung. Nach der Begründung im Gesetzentwurf wird dadurch klargestellt, dass auch der mit dem GKV-Modernisierungsgesetz zum 1. Januar 2004 geschaffene neue vertragsärztliche Leistungserbringer "medizinisches Versorgungszentrum" Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erbringen darf, wenn die zuständige Behörde eine Genehmigung nach § 121a Abs. 2 zur Durchführung dieser Maßnahmen erteilt hat. Zwar zählen medizinische Versorgungszentren zu den ärztlich geleiteten Einrichtungen, die an sich bereits in der bisherigen Nummer 3 der Vorschrift genannt sind. Doch ist in Nummer 3 nur von ermächtigten, nicht aber von zugelassenen Einrichtungen die Rede (vgl. BT-Drs. 16/274, S. 25). Einer entsprechenden Änderung des § 121 SGB V bedurfte es schon aufgrund der aufgezeigten Systematik des SGB V nicht. Zudem normiert der Gesetzgeber in § 121 SGB V lediglich die Förderung des Belegarztwesens, insbesondere des kooperativen Belegarztwesens, regelt die Legaldefinition und befasst sich mit der Vergütung der belegärztlichen Tätigkeit. Der Gesetzgeber sieht im Belegarztwesen eine wichtige Nahtstelle zwischen der ambulanten und stationären Versorgung. Der Belegarzt stellt ein Mittel zur Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung durch Fortführung der ambulanten ärztlichen Tätigkeit im stationären Bereich dar (vgl. Köhler-Hohmann in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 01.08.2008, § 121, Rn. 9 und 11). Die weiteren Voraussetzungen der Belegarztanerkennung und die Normierung des Verfahrens hat der Gesetzgeber jedoch den Bundesmantelvertragsparteien überlassen. Diese haben aber in § 1 Abs. 6 BMV-Ä/§ 1 Abs. 8 EKV-Ä vereinbart, dass die Vorschriften der Bundesmantelverträge entsprechend für MVZ anzuwenden sind, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist oder Abweichendes aus der Besonderheit der MVZ folgt. Die Bundesmantelvertragsparteien haben keine Nichtgeltung der belegärztlichen Vorschriften für MVZ vereinbart. Eine Nichtgeltung folgt auch nicht aus der Besonderheit der MVZ. Der Gesetzgeber hat vielmehr mit den MVZ einen weiteren Leistungserbringer in das vertragsärztliche Leistungserbringersystem eingefügt. Hiermit und durch die Anstellung von Ärzten hat er anerkannt, das die ambulante Versorgung auch von angestellten Ärzten vorgenommen werden kann. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die belegärztliche Versorgung.

Frau Dr. med. C ist aber nicht geeignet als Belegärztin, insbesondere steht der Eignung entgegen, dass sie aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit der Klägerin nur in einem Umfang von 10 Stunden zur Verfügung steht und ihre Haupttätigkeit in C-Stadt mit 40 Wochenstunden ausübt.

Bei einer Teilzeittätigkeit in einem Umfang von 10 Wochenstunden kann eine Belegarztanerkennung nicht erteilt werden.

Als Belegarzt ist nach den Bundesmantelverträgen bereits nicht geeignet, wer neben seiner ambulanten ärztlichen Tätigkeit eine anderweitige Nebentätigkeit ausübt, die eine ordnungsgemäße stationäre Versorgung von Patienten nicht gewährleistet (§ 39 Abs. 4 BMV-Ä/§ 31 Abs. 4 EKV-Ä). Es kann hier dahinstehen, ob Ärzten mit einem hälftigen Versorgungsauftrag eine Belegarztanerkennung ausgesprochen werden kann. Jedenfalls haben die Bundesmantelverträge dies nach Zulassung eines Versorgungsauftrags nicht ausgeschlossen. Bei einer Teilzeittätigkeit in einem Umfang von 10 Wochenstunden ist jedoch davon auszugehen, jedenfalls dann, wenn eine Arbeitsverpflichtung für einen weiteren Arbeitgeber in einem Umfang von 40 Wochenstunden besteht, dass der Arzt nicht mehr täglich und damit nicht in einem ausreichenden Maß für die stationären Patienten zur Verfügung steht. Nach den Bundesmantelverträgen ist bereits eine anderweitige Nebentätigkeit u. U. ausgeschlossen. Auch daraus kann gefolgert werden, dass die Belegarzttätigkeit nicht im Rahmen einer bloßen Nebentätigkeit ausgeübt werden kann. Die Tätigkeit der Frau Dr. med. C für die Klägerin ist aber im Verhältnis zu ihrer Tätigkeit in C-Stadt eine Nebentätigkeit. Das Schwergewicht der Gesamttätigkeit ist zudem auf die Klägerin zu beziehen, nicht auf beide Tätigkeiten der Frau Dr. med. C. Auf die Art der gesellschaftsrechtlichen Verbindung der Klägerin und des C.-MVZ kommt es dabei nicht an. Abzustellen ist allein auf die Tätigkeit für die Klägerin, die als Leistungserbringerin nach § 95 SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Bei einem Umfang von 10 Wochenstunden verbleibt aber neben der belegärztlichen Tätigkeit kaum Raum für die ambulante Tätigkeit in A-Stadt, die den Schwerpunkt der Tätigkeit bilden muss.

Ferner kann bei einem Wohnsitz und einer Haupttätigkeit in einer Entfernung von über 100 km und einer Fahrzeit von über einer Stunde zum Belegkrankenhaus eine Belegarztanerkennung nicht erteilt werden.

Der Vertragsarzt hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht (§ 24 Abs. 2 Ärzte-ZV). Deshalb dürfen die Zulassungsgremien die Zulassung mit einer Auflage verbinden, die festlegt, in welcher Entfernung von der Praxis der Arzt seine Wohnung nehmen darf bzw. in welcher Zeit er seine Praxis von der Wohnung aus regelmäßig erreichen können muss. Ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum kommt den Zulassungsgremien nicht zu (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R - SozR 4-5520 § 24 Nr. 1, juris Rn. 27). Wegen des Fehlens einer spezifisch vertragsärztlichen Verpflichtung, außerhalb der Praxis Versicherte im Bedarfsfall auch am Wohnort bzw. sogar in der Wohnung zu behandeln, folgt nach der Rechtsprechung des BSG aus der Notdienstversorgung keine Pflicht zur praxisnahen Wohnungsnahme. Das BSG hat es abgelehnt, für die Entfernung des Wohnsitzes zum Praxissitz eine schematische Kilometer- bzw. Minutenangabe vorzugeben; als Kriterien hat es bisher die Patientenbezogenheit der Tätigkeit, Notwendigkeit von Hausbesuchen außerhalb des organisierten Notfalldienstes und die Praxisorganisation (Einzelpraxis oder größere Gemeinschaftspraxis) genannt. Im konkreten Fall hat es die Vorinstanzen bestätigt, die eine Fahrzeit von 20 Minuten und eine Entfernung von 23 km als vereinbar angesehen hatten. Jedenfalls, so das BSG, dürften nicht strengere Anforderungen als an die Wegezeiten für Belegärzte, die es bei etwa 30 Minuten festmachte, gestellt werden; im großstädtischen Raum fielen Fahrzeiten von 30 Minuten zwischen einzelnen Stadtteilen oder einem Stadtteil und dem Stadtzentrum regelmäßig an, ohne dass Versorgungsengpässe bekannt geworden seien, wenn Ärzte in anderen Stadtteilen als denen wohnten, in denen sie ihre Praxis betrieben. Ob im Einzelfall auch längere Zeiträume unschädlich sein könnten, entziehe sich einer generellen Festlegung (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R – aaO., Rn. 33).

Trotz Liberalisierung der Ortsgebundenheit der vertragsärztlichen Tätigkeit durch das VÄndG ist die Residenzpflicht unverändert geblieben. Der Verordnungsgeber hat sie insofern bestätigt, als die Tätigkeit an weiteren Orten nur zugelassen werden kann, soweit die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird (§ 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Ärzte-ZV). Insofern kann auch nicht mittelbar von einer Aufgabe oder Lockerung der Residenzpflicht ausgegangen werden. Auf der Grundlage der weiterhin heranziehbaren BSG-Rechtsprechung kommt es auf eine wertende Gesamtwürdigung aller Umstände nach Maßgabe des Zwecks der Residenzpflicht, die Sicherung der Beratungs- und Behandlungstätigkeit des Arztes in seiner Praxis, insbesondere durch Abhaltung der Sprechzeiten, zu gewährleisten an. Wegzeiten von 30 Minuten sind bisher nur als unschädliche Untergrenze formuliert worden. Für Belegärzte stellen die Bundesmantelverträge-Ärzte strengere Anforderungen auf, die das BSG bisher nicht beanstandet hat, da die Vertragsparteien zur Normsetzung befugt seien und darin nur im Vertragsarztrecht ohnehin allgemein geltende Pflichten (§§ 20 Abs. 1, 24 Abs. 2 und 32 Abs. 1 Ärzte-ZV) präzisiert werden würden (vgl. BSG v. 03.02.2000 - B 6 KA 53/99 B – juris Rn. 6). Nach ihnen ist ein Arzt, dessen Wohnung und Praxis nicht so nahe am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten gewährleistet ist, nicht als Belegarzt geeignet. Hat der Arzt mehrere Betriebsstätten, gilt dies für die Betriebsstätte, in welcher hauptsächlich die vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt wird (§ 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä/§ 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä). LSG Schleswig-Holstein hat es als ausreichend angesehen, wenn der Vertragsarzt innerhalb einer Zeitdauer bis 30 Minuten die Klinik von seiner Wohnung und seiner Praxis – diese lagen hier 300 m entfernt - unter normalen Umständen erreichen könne (vgl. LSG Schleswig-Holstein v. 23.11.1999 - L 6 KA 18/99 - MedR 2000, 383, juris Rn. 18). Demgegenüber stellt LSG Baden-Württemberg auf die Wegezeiten für Hin- und Rückweg zwischen Praxis und Belegkrankenhaus ab; Wegezeiten zwischen der Wohnung und dem Krankenhaus von achtzehn Minuten und zwischen der Praxis und dem Belegkrankenhaus von ca. zwanzig Minuten hätten, da sowohl auf die Belegpatienten als auch die Praxispatienten abzustellen sei, zur Folge, dass sich der Arzt jedenfalls mindestens 40 Minuten von der Praxis entferne, wenn er belegärztlich tätig werde und er umgekehrt mindestens 40 Minuten vom Belegkrankenhaus abwesend sei, wenn er sich zur Praxis begebe. Dies bedeute, dass der Arzt regelmäßig in der Praxis nicht mehr als einmal täglich das Krankenhaus aufsuchen werde. Wegen der großen Entfernung zwischen Wohnung und Belegkrankenhaus könne er seinen belegärztlichen Pflichten deshalb nicht in jedem Fall in vollem Umfang nachkommen vgl. LSG Baden-Württemberg v. 14.07.1999 - L 5 KA 3006/98 - MedR 2000, 385, juris Rn. 26 f.; zur Nichtzulassungsbeschwerde s. BSG v. 03.02.2000 - B 6 KA 53/99 B – juris). Das BSG hat diese Grenzziehungen als in der Praxis weitgehend akzeptiert angesehen, die in ihrer Tendenz nach nicht zu beanstanden seien. Sie berücksichtigten, dass der Belegarzt die volle Verantwortung für einen stationär behandelten Patienten übernehme und in der Lage sein müsse, bei Komplikationen, z.B. nach größeren Operationen, kurzfristig die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten bzw. zu treffen. Die Zeitspanne, die zwischen der Mitteilung an den Belegarzt in seiner Praxis, er werde im Krankenhaus benötigt, und dessen Eintreffen in der Klinik vergehen dürfe, müsse aus Gründen der Versorgungssicherheit relativ kurz sein (vgl. BSG v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 R – aaO., Rn. 33). Danach dürften jedenfalls längere Wegezeiten (einfach) als 30 Minuten zwischen Vertragsarztsitz und Belegkrankenhaus unzulässig sein.

Frau Dr. med. C ist in Vollzeittätigkeit bei einem MVZ in C-Stadt beschäftigt. Die Kammer geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass sie dort auch ihren Wohnsitz hat. Die Beklagte hat insofern in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, nach ihren Unterlagen sei der Wohnsitz in X-Stadt. Die Fahrstrecke zwischen dem Belegkrankenhaus in A-Stadt und der Betriebsstätte des C-MVZ beträgt 104 km mit einer Fahrzeit von einer Stunde und 3 Minuten. Entsprechendes gilt für den Wohnsitz in C-Stadt, den die Klägerin nicht näher benannt hat. Auch unterstellt, die Augenheilkunde ist ein eher weniger "notfallanfälliges" Gebiet, so ist nicht ersichtlich, wer die postoperative Versorgung der Belegpatienten auf dem Gebiet der Augenheilkunde vornehmen soll. Ein Anästhesiologe, wie von der Klägerin vorgetragen, ist hierzu nicht in der Lage. Die Belegarztvorschriften sehen bisher nicht vor, dass der Belegarzt lediglich operative Eingriffe stationär vornimmt und im Übrigen nicht für die Patienten verantwortlich ist. Bei der Belegarzttätigkeit handelt es sich sachlich um eine stationäre Versorgungsform, die nur dann notwendig ist, wenn eine auch ärztliche Versorgung potentiell 24 Stunden erforderlich ist. Der Belegarzt hat grundsätzlich persönlich dafür Sorge zu tragen, dass diese Versorgung auch gewährleistet werden kann. Bei der genannten Entfernung zwischen Haupttätigkeitsort und Wohnsitz und dem Belegkrankenhaus kann die Versorgung der Belegpatienten aber nicht mehr sichergestellt werden.

Von daher war die Klage daher abzuweisen.

Auch der Hilfsantrag war abzuweisen.

Soweit von vornherein eine Ungeeignetheit zur Belegarztanerkennung feststeht, muss die Beklagte auch nicht das förmliche Anerkennungsverfahren einleiten.

Nach allem war die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

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