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09.12.2008 · IWW-Abrufnummer 083133

Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 26.02.2008 – 28 U 135/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


28 U 135/07

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 09.08.2007 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Münster (Bl. 37 f. d.A.) Bezug genommen. Ergänzend ist anzuführen: Das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers zu dem Mangel am rechten Seitenspiegel, an der Innenverkleidung des Fahrerspiegels und an den beiden Seitenscheiben bestreitet die Beklagte nicht mehr. Bei einem Werkstattaufenthalt des Fahrzeuges vom 16. bis zum 17.08.2007 behob die Beklagte den Mangel am rechten Seitenspiegel, erneuerte die Innenverkleidung des Fahrerspiegels, tauschte die Fensterführung der Beifahrertür aus und entfernte im Beifahrerfußraum Klebereste, die durch die anfänglich fehlerhafte Kabelführung beim iPod-Anschluss entstanden waren. Wegen der genauen Arbeiten, die die Beklagte damals an den beiden Spiegeln und an der Beifahrertür vornahm, sowie wegen der Kosten, die die Beklagte dem Hersteller in Rechnung stellte, wird auf die Kopie der Rechnung der Beklagten vom 17.08.2007 (Bl. 74 f. d.A.) verwiesen. Nach diesem Werkstattbesuch fiel dem Kläger auf, dass die beiden Spaltmaße der vorderen Stoßfänger nicht ordnungsgemäß waren. Ursächlich hierfür war ein beschädigter Aufhänger, den die Beklagte während eines Werkstattaufenthalts des Fahrzeugs vom 28.09.2007 bis zum 02.10.2007 reparierte. Zugleich tauschte die Beklagte die Motoren und die Scheibenheber der beiden vorderen Seitenscheiben aus und befestigte erneut die Innenverkleidung des linken Außenspiegels, die sich in der Zwischenzeit wieder gelöst hatte. Die Beklagte berechnete für diese Arbeiten dem Hersteller Peugeot insgesamt 847,22 ¤ (Bl. 76 f. d.A.). Da die Beklagte die Scheibeneinstellungen nicht exakt justiert hatte, schlug in der Folgezeit die rechte Seitenscheibe bei geöffnetem Dach gegen den Seitenholm. Diesen Mangel beseitigte die Beklagte bei einem Werkstattaufenthalt am 09.10.2007. Am 29.10.2007 suchte der Kläger erneut die Werkstatt auf, weil ein Felgenschlüssel gebrochen war. Auf seine Rüge, die rechte Seitenscheibe senke sich beim Türöffnen wieder nicht ordnungsgemäß, wollte sich ein Mitarbeiter des Peugeot-Werkes die Seitenscheiben ansehen. Der Kläger brachte daher den Pkw am 31.10.2007 erneut in die Werkstatt der Beklagten. Am 15.11.2007 setzte die Beklagte wieder eine Innenverkleidung an dem Fahrerspiegel ein. Das Fahrzeug gab die Beklagte in diesem Tag erst heraus, nachdem der Kläger unter Protest für den neuen Felgenschlosssatz 111,30 ¤ bezahlt hatte. Derzeit zeigen sich sowohl an der rechten als auch an der linken Seitenscheibe wieder die ursprünglichen Mängel. Die Scheiben senken sich zumindest zuweilen nicht ordnungsgemäß beim Öffnen der rahmenlosen Türen, so dass die Scheiben beim Öffnen der Tür eine am Dach angebrachte Dichtung berühren.

Das Landgericht hat am 09.08.2007 die Klage abgewiesen. Wegen seiner Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 38 f. d.A.) verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter teilweiser Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er behauptet: Bereits kurze Zeit nach dem Werkstattaufenthalt vom 09.10.2007 habe sich wieder der ursprüngliche Mangel an der rechten Seitenscheibe gezeigt. Im Gegensatz zu der linken Seitenscheibe senke sich die rechte Seitenscheibe seit einiger Zeit bei jedem Öffnen der Beifahrertür nicht ordnungsgemäß. Dadurch, dass die Türen mit Gewalt aus der Führung gezogen werden müssten, bestehe die Gefahr, dass die Scheiben brechen würden. Es liege zudem ein grundlegender Mangel an der Steuerungselektronik oder software vor. Der Bruch des Felgenschlüssels und der Schiefstand der Stoßfänger seien nicht in seiner Sphäre verursacht worden. Für die bisherige Mängelbeseitigung sei ein Aufwand in Höhe von ca. 3.000,00 ¤ erforderlich gewesen.

Nach seiner Ansicht ist er unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten gewesen, die Mängel durch die Beklagte beseitigen zu lassen, um weitergehende Schäden an dem Fahrzeug zu vermeiden. Dadurch habe er jedoch nicht auf sein Rücktrittsrecht verzichtet.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Münster vom 09.08.2007

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.931,99 ¤ Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Pkw Peugeot 307 CC JBL HDI 135, Fahrgestellnummer #####1 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Vorbringen. Dabei wiederholt und ergänzt sie teilweise ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt die Ansicht, dass die noch vorhandenen Mängel auch in einer Gesamtschau zusammen mit den beseitigten Mängeln unerheblich sind. Im Übrigen seien die Gebrauchsvorteile mit 1 % pro gefahrene 1.000 km anzusetzen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Berichterstattervermerk zur mündlichen Verhandlung vom 26.02.2003, in der der Senat die Parteien persönlich angehört hat.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing. V. Wegen des Beweisergebnisses wird ebenfalls auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 Abs. 1 BGB zu.

I.

Der mit Schreiben vom 16.04.2007 erklärte Rücktritt des Klägers ist unwirksam. Denn zu diesem Zeitpunkt lagen nur noch zwei offene und drei verdeckte Mängel vor (1.), deren Beseitigung der Kläger der Beklagten unstreitig nicht ermöglicht hat, obwohl dies nach den oben genannten Vorschriften erforderlich gewesen wäre (2.). Im Übrigen ist ein Rücktrittsrecht ausgeschlossen, da die Pflichtwidrigkeiten der Beklagten unerheblich sind (3.).

1.

Ein Rücktrittsrecht kann nur auf solche Mängel gestützt werden, die vor der Rücktrittserklärung noch nicht beseitigt worden sind. Im Falle einer erfolgreichen Nachbesserung gemäß §§ 440, 323 BGB entstehen die Rechte auf Rücktritt oder Schadensersatzleistung erst gar nicht (BGH, NJWRR 1998, 680 ff; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdn. 411). Wenn die Nacherfüllung i.S.v. § 440 BGB scheitert, jedoch der Käufer vor Ausübung seines Rücktrittsrechts oder seines Rechts auf Schadensersatzleistung dem Verkäufer eine weitere Gelegenheit zur Nacherfüllung einräumt und der Verkäufer diese Chance nutzt, ist es dem Käufer verwehrt, sich auf das anfängliche Scheitern der Nacherfüllung zu berufen (BGHZ 90, 198, 204; Senat, ZfS 1999, 60; OLG Düsseldorf, NJWRR 1998, 845, 846; Reinking/Eggert, a.a.O., Rdn. 412). Sollte der Käufer in diesem Fall nicht auf sein Rücktrittsrecht oder seinen Schadensersatzanspruch verzichtet haben, so stünde der Ausübung seiner Rechte § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens und des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses entgegen (vgl. BGH, a.a.O.).

Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 16.04.2007 lagen nur noch fünf unstreitige Sachmängel vor, und zwar als offene Mängel der Defekt am rechten Seitenspiegel und die Klebereste im Beifahrerfußraum sowie als verdeckte Mängel die Funktionsbeeinträchtigungen an den beiden Seitenscheiben und die nicht ordnungsgemäße Befestigung der Abdeckung des Fahrerspiegels.

Der Kläger ist beweisfällig für seine Behauptung geblieben, dass ein grundlegender Mangel an der Steuerungselektronik oder software bestanden habe. Der Sachverständige Dipl.Ing. V hat ausgeführt, dass aus technischer Sicht keine Anhaltspunkte für einen solchen Mangel gegeben sind. Wegen der Einzelheiten seiner Darlegungen zu diesem Punkt wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen. Von der Richtigkeit der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen ist der Senat überzeugt. Der Gutachter ist dem Senat aus vielen Verfahren als besonders sachkundig und erfahren bekannt.

Des weiteren steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Schiefstand der Stoßfänger und der Bruch des Felgenschlüssels Sachmängel i.S.v. § 434 BGB sind. Denn es besteht die Möglichkeit, dass der Schiefstand der Stoßfänger und der Bruch des Felgenschlüssels auf einen unsachgemäßen Umgang mit dem Fahrzeug in der Sphäre des Klägers zurückzuführen sind. Für das Gegenteil hat der Kläger trotz Hinweises des Senats keinen Beweis angeboten. Der Sachverständige hat nach seinen glaubhaften Ausführungen die Ursache für den Schiefstand der Stoßfänger und den Bruch des Felgenschlüssels mangels Vorlage der insoweit ausgetauschten Teile nicht zu ermitteln vermocht. Der Kläger trägt die volle Beweislast für das Vorhandensein eines Mangels in diesem Zusammenhang, da sich unstreitig sowohl der Schiefstand der Stoßfänger als auch der Bruch des Felgenschlüssels erst nach Ablauf der seit Übergabe des Fahrzeugs am 08.12.2006 laufenden 6-Monats-Frist i.S.v. § 476 BGB gezeigt haben.

2.

Zur Beseitigung der am 16.04.2007 unstreitig vorhandenen zwei offenen und drei verdeckten Mängeln hat der Kläger vor seiner Rücktrittserklärung am 16.04.2007 unstreitig der Beklagten keine Frist gesetzt. Eine solche Fristsetzung war jedoch gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB für das Bestehen eines Rücktrittsrechts am 16.04.2007 erforderlich. Entgegen der Ansicht der Beklagten war eine weitere Nachbesserung für ihn nicht unzumutbar i.S.v. § 440 BGB.

Unzumutbar ist eine Nacherfüllung für den Käufer nur bei Vorliegen von besonderen Umständen, die sich aus der Person des Verkäufers, der Art und Schwere der Mängel und aus sonstigen Umständen ergeben können. Die besonderen Umstände können durch andere Begleittatsachen ganz oder teilweise kompensiert werden, wie z.B. die kostenlose Zurverfügungstellung einer Ersatzsache während der Nachbesserung (vgl. Palandt-Weidenkaff, 26. Aufl., § 440 BGB, Rdn. 8; Faust in Bamberger/Roth, Beck'scher Onlinekommentar, Stand 01.02.2007, § 440 BGB Rdn. 35 ff; jeweils m.w.N.).

a)

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Unzumutbarkeit einer Nachbesserung bei einem Neuwagenkauf überhaupt aus der Person des Verkäufers gefolgert werden kann, da der Käufer eines Neufahrzeuges aufgrund der Herstellergarantie berechtigt ist, eine andere Werkstatt mit der kostenlosen Behebung der Mängel zu beauftragen. Diese Frage kann jedoch hier dahinstehen, da eine Nachbesserung nicht aufgrund der Person der Beklagten unzumutbar war. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn das Vertrauen des Klägers in eine ordnungsgemäße Nacherfüllung durch die Beklagte nachhaltig gestört gewesen wäre. Eine solche Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Kaufvertragsparteien kommt in Betracht, wenn der Verkäufer den Käufer über den Mangel oder über Nacherfüllungsversuche arglistig getäuscht hat, berechtigte Mängelrügen des Käufers bagatellisiert hat oder im Betrieb des Verkäufers generell nicht sorgfältig gearbeitet wird (vgl. Faust, a.a.O., Rdn. 37 m.w.N.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdn. 399 ff).

Hier hat die Beklagte unstreitig den Kläger nicht arglistig getäuscht oder berechtigte Mängelrügen bagatellisiert. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte in besonderer Weise unsorgfältig und fehlerhaft arbeitet. Nach den glaubhaften Ausführungen des Sachverständigen ist aus technischer Sicht nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte unsorgfältig bei ihrer Suche nach der Ursache für die Fehler an den beiden Seitenscheiben vorgegangen ist oder pflichtwidrig gehandelt hat bei ihrem Versuch, die Innenabdeckung des Fahrerspiegels ordnungsgemäß zu befestigen sowie die Funktionsbeeinträchtigung am Fernlicht zu beheben. Wegen der Einzelheiten der Erläuterungen des Sachverständigen in diesem Zusammenhang wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen. Als Arbeitsfehler der Beklagten verbleiben allein die fehlerhafte Verlegung des iPod-Kabels, das Übersehen von Kleberesten im Zuge der Änderung der Kabelführung, eine mangelhafte Einstellung der Scheiben im Rahmen des erst nach der Rücktrittserklärung vom 16.04.2007 erfolgten - Austausches der Scheibenmotoren und ein etwaiger Montagefehler bei dem ersten Versuch des Anschlusses des iPods an das Radio. Allein diese Fehler rechtfertigen es nicht, der Kompetenz und dem Einsatzwillen der Beklagten bei den hier vorliegenden Mängeln grundsätzlich zu misstrauen. Denn die Beklagte hat unstreitig eine Vielzahl von Arbeiten an dem Fahrzeug ausgeführt und die von ihr begangenen Fehler, die zudem nicht schwerwiegend sind, sofort eingeräumt und nachgebessert.

b)

Die Unzumutbarkeit einer Nachbesserung ergibt sich auch nicht aus der Art und Schwere aller aufgetretenen Mängel unter Vornahme einer Gesamtschau.

aa)

Alle Mängel waren in ihren Auswirkungen für den Kläger nicht gravierend. Unstreitig beeinträchtigten sie weder die Betriebs- noch die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges. Ferner schränkten die Mängel unstreitig nur in geringem Umfang die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeuges ein.

bb)

Weiterhin lagen keine Anhaltspunkte für eine begründete Sorge des Klägers vor, es werden immer neue, auf eine unsachgemäße Herstellung des Pkws zurückzuführende Ausfälle auftreten. Ein solcher Verdacht hinsichtlich des Auftretens zukünftiger Mängel wird unter dem Schlagwort "Montagsauto" in der Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt, NJWRR 1990, 899 f.; OLG Köln, NJWRR 1992, 1147 f.; OLG Düsseldorf, NJWRR 1998, 845 ff; Landgericht Saarbrücken, SuR 2005, 188 f.) und Literatur (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rdn. 403 f.) dann erörtert, wenn sich eine Vielzahl von herstellerbedingten Mängeln innerhalb kurzer Zeit zeigen. Eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den sich im Zusammenhang mit einem sog. Montagsauto stellenden Fragen bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da hier nicht innerhalb von wenigen Monaten so viele Produktionsmängeln aufgetreten sind, dass ernsthaft das Auftreten weiterer herstellerbedingter Mängel zu befürchten war. Unstreitig lagen zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 16.04.2007 insgesamt fünf Mängel vor, von denen jedoch unstreitig ein Mangel nicht werksseitig bedingt war (Klebereste infolge fehlerhafter Kabelführung). Zuvor waren zwei weitere herstellerbedingte Mängel (fehlendes Einrasten des Fernlichtschalters und ein Mangel an der Sitzheizung) behoben worden. Selbst wenn die anfänglich fehlende Verbindung des iPods zu dem Radio nach dem Einbau des iPods ebenfalls auf einem Fehler des Peugeot-Werkes beruhen sollte, begründeten diese insgesamt sieben herstellerbedingten Mängel weder von ihrer Anzahl her noch angesichts des Umstandes, dass sie sich mit Ausnahme eines Mangels an der rechten Seitenscheibe, innerhalb von ca. 4 1/2 Monaten nach der Übergabe gezeigt haben, eine konkrete Gefahr, es werden zukünftig weitere Produktionsmängel auftreten. Die Richtigkeit dieser Bewertung wird belegt durch den Umstand, dass zumindest seit Ende Juli 2007, d.h. seit etwa 7 1/2 Monaten keine neuen Mängel aufgetreten sind, sondern sich nur als behoben erachtete Mängel erneut gezeigt haben.

c)

Schließlich ist nicht aufgrund sonstiger Umstände eine Nacherfüllung der am 16.04.2007 noch vorhandenen fünf Mängel als unzumutbar zu beurteilen. Insbesondere reichen die Anzahl von 10 Fahrten zu der Beklagten, die der Kläger nach seinen Behauptungen vorgenommen hat, und die Anzahl von insgesamt acht in der Zeit bis zum 16.04.2007 aufgetretenen Mängel nicht aus, um eine weitere Nachbesserung als unzumutbar anzusehen. Auch nach den Behauptungen des Klägers zogen zwei Fahrten keinen Werkstattaufenthalt des Pkws nach sich. Alle bis zum 16.04.2007 stattgefundenen Werkstattaufenthalte währten nach dem eigenen Vorbringen des Klägers längstens ein bis zwei Stunden, einige sogar erheblich kürzer (z.B. der Aufenthalt zum Ablesen der Prozessornummer). Jeder Mangel, hinsichtlich derer der Kläger vor dem 16.04.2007 Nacherfüllung begehrt hatte, beseitigte die Beklagte innerhalb der vom Gesetzgeber grundsätzlich als vom Käufer hinzunehmenden Anzahl von zwei Nachbesserungsversuchen, ausgenommen den Mangel an der linken Seitenscheibe und an der Innenabdeckung des Fahrerspiegels. Bezüglich dieser beiden Mängel wussten die Parteien damals nicht, dass der erste Nachbesserungsversuch zu keiner dauerhaften Behebung geführt hatte. Wie oben dargelegt, waren aus technischer Sicht die Ursachen dieser beiden Mängel nicht einfach zu finden. Gleiches gilt - wie gezeigt - für die Ursache des Fehlers am Fernlicht, der unstreitig ebenfalls nicht im ersten Nachbesserungsversuch beseitigt werden konnte. Schließlich ist zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er im Vergleich zu einem typischen Neuwagenkäufer ein höheres Mängelrisiko mit der Vereinbarung einging, die Beklagte solle das iPod an das Radio anschließen. Dieses Risiko hat sich auch realisiert, da der Anschluss nach klägerischem Vorbringen erst mit dem zweiten Nachbesserungsversuch gelang.

3.

Selbst wenn der Kläger der Beklagten keine Gelegenheit hätte mehr einräumen müssen, die am 16.04.2007 vorhandenen Mängel zu beseitigen, so hätte zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 16.04.2007 kein Rücktrittsrecht bestanden. Denn die gerügten Pflichtverletzungen waren unerheblich i.S.v. §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 BGB.

Bei der Erheblichkeitsprüfung hat eine umfassende Interessenabwägung und Gesamtwürdigung aller Umstände stattzufinden (BGH, NJW 2006, 1960; OLG Köln, NJW 2007, 1694; OLG Nürnberg, NJW 2005, 2019 f.; OLG Bamberg, DAR 2006, 456 ff). Insoweit sind vor allem der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand im Verhältnis zum Fahrzeugpreis und bei einem nicht behebbaren Mangel die von ihm ausgehenden Beeinträchtigungen zu berücksichtigen (BGH, a.a.O.; Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 323 BGB, Rdn. 32). Bei einer Mehrheit von Mängeln kommt es auf ihre Gesamtauswirkungen an. Dabei ist entgegen der Auffassung beider Parteien nur auf die noch nicht beseitigten Mängel abzustellen (vgl. Palandt-Grüneberg, a.a.O.; Reinking/Eggert Rdn. 447; ohne Begründung auch OLG Bamberg, DAR 2006, 456 ff).

Als unerheblich wurden in der Rechtsprechung Mängel angesehen, deren Beseitigungskosten 1 % (BGH, NJW 2005, 3490 ff), 2 - 3 % (OLG Düsseldorf, NJWRR 2004, 1060) und 4,5 % (LG Kiel, DAR 2005, 38) des Kaufpreises ausmachen. OLG Bamberg, DAR 2006, 456 ff (zustimmend Palandt-Grüneberg, a.a.O.) nahm eine unerhebliche Pflichtverletzung bei unter 10 % des Kaufpreises an, während das OLG Köln, NJW 2007, 1694 ff bei 5 % eine erhebliche Pflichtverletzung bejaht hat. Nach OLG Düsseldorf, ZGS 2007, 157 ff ist bei einem Neuwagenkauf die Bagatellgrenze insbesondere bei negativen Auswirkungen auf den Fahrkomfort tendenziell enger zu ziehen als bei gebrauchten Kraftfahrzeugen. Zudem soll nach dieser Entscheidung maßgebend sein, ob sich der Mangel einfach oder schwer beheben lässt (ebenso Reinking/Eggert, a.a.O., Rdn. 427) und ob im Falle eines geringen Mangelbeseitigungsaufwandes die Verkehrs- oder Betriebssicherheit beeinträchtigt ist.

Hier betrug der erforderliche Mangelbeseitigungsaufwand unter 600,00 ¤, d.h. unter 2,5 % des Fahrzeugpreises von 24.750,00 ¤ unter Berücksichtigung der Inzahlungnahme des Altwagens des Klägers. Der Sachverständige Dipl.Ing. V hat glaubhaft dargelegt, dass sich die Beseitigungskosten für die Mängel an den beiden Seitenscheiben auf insgesamt maximal 200,00 ¤ inkl. 19 % Umsatzsteuer belaufen. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des Gutachters zu diesem Punkt wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen. Die Gesamtkosten zur Behebung des Defekts am rechten Seitenspiegel und an der Innenabdeckung des Fahrerspiegels lagen unstreitig unterhalb des Betrages von 320,97 ¤ zzgl. Mehrwertsteuer, d.h. von 372,38 ¤. Den Betrag von 320,97 ¤ ohne Umsatzsteuer hatte die Beklagte dem Peugeot-Werk nicht nur für die Beseitigung dieser Mängel, sondern auch für die Vornahme weiterer Arbeiten (u.a. dem Aus- und Einbau der Türverkleidung vorne rechts und dem Austausch der Fensterführung der Beifahrertür) in Rechnung gestellt. Für die Beseitigung der Klebereste im Beifahrerfußraum sind nach allgemeiner Lebenserfahrung nur ganz geringfügige Kosten anzusetzen.

Zusätzlich zu den geringfügigen Mängelbeseitigungskosten wird die unerhebliche Pflichtverletzung indiziert durch die Tatsache, dass die am 16.04.2007 vorliegenden Mängel weder die Betriebs- noch die Verkehrssicherheit beeinträchtigten und sie die Gebrauchstauglichkeit nur in sehr geringem Umfang einschränkten.

Angesichts dieser Umstände sind nicht allein deswegen die Pflichtverletzungen der Beklagten bezogen auf die am 16.04.2007 noch vorliegenden Mängel als nicht unerheblich anzusehen, weil wegen der Anzahl der Mängel und ihrer teilweise nicht einfach zu findenden Ursache das sich auch tatsächlich verwirklichte Risiko bestanden hat, die Reparatur aller Mängel wird nicht während eines Werkstattaufenthaltes gelingen.

II.

Der Kläger ist auch nicht nach dem 16.04.2007 wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.

1.

Es kann dahinstehen, ob zum Zeitpunkt der Zustellung des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 22.10.2007, der eine konkludente Rücktrittserklärung enthält, es gemäß §§ 437 Nr. 2, 440 BGB erforderlich gewesen ist, der Beklagten eine Frist zur Beseitigung der damals unstreitig noch vorhandenen Mängel an den Seitenscheiben und an der Innenverkleidung des Fahrerspiegels zu setzen. Denn in jedem Fall ist ein Rücktrittsrecht des Klägers zu diesem Zeitpunkt gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 BGB ausgeschlossen, weil die auf diese drei Mängel bezogene Pflichtverletzungen der Beklagten unerheblich sind. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

2.

Bereits wegen unerheblicher Pflichtverletzungen der Beklagten i.S.v. §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 BGB bestand schließlich weder zum Zeitpunkt des Zuganges des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 20.12.2007 noch zum Zeitpunkt der Antragstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ein Rücktrittsrecht des Klägers gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 BGB. Zu diesen Zeitpunkten lagen unstreitig nur noch die beiden Mängel an den Seitenscheiben vor.

B.

Aus den gleichen Erwägungen, aus denen dem Kläger kein Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 BGB zusteht, kann der Kläger auch nicht die Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280 f. BGB verlangen.

C.

Mangels eines Rechts des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrages ist des Weiteren sowohl die Klage auf Zahlung von Zinsen aus 24.750,00 ¤ als auch die Klage auf Feststellung eines Verzuges der Beklagten mit der Annahme des gekauften Fahrzeuges unbegründet.

D.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

E.

Die Voraussetzungen der Zulassung einer Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage weitgehend vertretener und anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 242 BGB §§ 280 f. BGB § 323 BGB § 323 Abs. 5 BGB § 346 BGB § 346 Abs. 1 BGB § 434 BGB § 437 Nr. 2 BGB § 437 Nr. 3 BGB § 440 BGB § 476

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