Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

31.10.2008 · IWW-Abrufnummer 083051

Oberlandesgericht Bamberg: Urteil vom 16.04.2007 – 4 U 198/05

1. Ein Wärmedämmverbundsystem (WDV) ist mangelhaft, wenn es von der Beschaffenheit abweicht, die es für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch haben muss (hier: formbeständige Oberfläche bei nass-kalten Witterungsverhältnissen).


2. Dies gilt unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden.



3. Bei witterungsabhängig nur zeitweise auftretenden und an der Grenze der Wahrnehmbarkeit liegenden optischen Beeinträchtigungen (hier: Aufschüsseln der Dämmplatten) kann der Unternehmer dem Nachbesserungsverlangen (Kosten: 35.500 Euro) des Bestellers den Einwand der Unverhältnismäßigkeit entgegenhalten, wenn das Werk voll funktionsfähig und dem Unternehmer nur ein geringer Schuldvorwurf zu machen ist.


Oberlandesgericht Bamberg

4 U 198/05
Verkündet am 16. April 2007

SCHLUSS-URTEIL

in dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht K### und der Richter am Oberlandesgericht M### und H### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2007

für Recht erkannt:

I Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 12.7.2005, soweit es die Beklagte zu 2 betrifft, abgeändert.

II. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an die Klägerin 3.340,-- Euro zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 4.8.2003 zu zahlen.

III. Im Übrigen bleibt auch die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen.

IV. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

V. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge (einschließlich des selbständigen Beweisverfahrens 61 OH 279/01 LG Würzburg) tragen, soweit hierüber nicht bereits mit Senatsbeschluss vom 5. Mai 2006 entschieden worden ist, die Klägerin 11/12 und die Beklagte zu 2 1/12.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2 zuvor Sicherheit in dieser Höhe geleistet hat.

VII. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 2 (nachfolgend nur: Beklagte) Ansprüche wegen mangelhafter Ausführung von Renovierungsarbeiten ( Außenwandverkleidung ) an ihrem Mehrfamilienhaus in einem Wohngebiet in W### geltend

Mitte Mai 1994 beauftragte die Klägerin die Beklagte unter anderem mit der "Fassadenrenovierung" ihres Anwesens. Entsprechend dem Vorschlag der Beklagtenseite sah der Auftrag vor, die Außenwände des zweigeschossigen Wohngebäudes (mit ausgebautem Dachgeschoss) mit einem von der Beklagten zu 1 hergestellten Wärmedämmverbundsystem zu verkleiden. Zur Ausführung gelangten 50 mm starke (Polystyrol-) Wärmedämmplatten als sog. Schienensystem: Die 50 cm x 50 cm großen Dämmplatten stecken in waagrecht angedübelten Halteschienen, die sich in einem Achsabstand von 50 cm über die gesamte Fassadenbreite erstrecken. Die ohne zentralen Klebepunkt verankerten Dämmplatten sind links und rechts jeweils durch vertikale Steckschienen miteinander verbunden. Die im Oktober 1994 abgeschlossenen Arbeiten der Beklagten wurden - nach Teilabnahme der Fassadenverkleidungen im November 1994 (vgl. S. 4 der SN vom 8.3.2005 = Bl. 102 d.A.) - im März 1995 ohne Beanstandungen abgenommen; anschließend beglich die Klägerin die sich aus der Schlussrechnung der Beklagten vom 4.11.1994 ergebende (restliche) Werklohnforderung.

Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (vgl. BA 61 OH 279/01 LG Würzburg) und anschließender Einleitung des Mahnverfahrens hat die Klägerin beide Beklagten auf die gesamtschuldnerische Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 40.716,-- Euro zuzüglich Prozesszinsen in Anspruch nehmen und hierzu in Richtung der Beklagten vortragen lassen: Seit jeher seien die Dämmplatten einem Verformungsprozess ausgesetzt. Dies habe zur Folge, dass bei feuchter und/oder kalter Witterung sowohl an der Eingangsfassade wie an den übrigen drei Hauswänden des klägerischen Wohngebäudes regelmäßig ein signifikantes "Aufwölben" bzw. ein "Hohlliegen" der Dämmplatten stattfinde. Das Auftreten dieser gravierenden optischen Beeinträchtigungen habe seine Ursache in einem konstruktiven Ausführungsmangel, nämlich darin, dass es an einer über die Schienenbefestigung hinausgehenden Verankerung der Dämmplatten fehle. Nach den schon im Ausführungszeitraum zu beachtenden allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik hätten die Dämmplatten von Beklagtenseite zusätzlich mit einem zentralen Klebepunkt befestigt werden müssen. Dies auch im Hinblick darauf, dass das von der Erstbeklagten vertriebene System auch nicht den spezifischen (auch bauordnungsrechtlichen) Anforderungen an die Einstufung "schwer entflammbar" entspreche.

Die Beklagte bestreitet demgegenüber jeglichen Ausführungsfehler und beruft sich im Übrigen auf Verjährung. Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge sowie hinsichtlich des Verfahrensgangs in erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das sachverständig beratene Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Von einem Auftreten signifikanter Mängelbilder könne auch nach dem Ergebnis des Ortstermins des Sachverständigen vom 1.8.2001 nicht ausgegangen werden. Zudem hätten die zahlreichen Einzelmessungen des Sachverständigen an keiner Stelle ergeben, dass die Ebenheitstoleranzen der DIN 18 202 überschritten worden seien. Die Untersuchungen des Sachverständigen hätten auch keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen von Rissen erbracht. Nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen habe die von Klägerseite beanstandete Ausführungsmethodik auch den damaligen allgemeinen anerkannten Regeln der Bautechnik entsprochen. Darüber hinaus genüge die Konstruktion der Beklagtenseite auch den Anforderungen an die Baustoffklasse B 1 (brennbar, schwer entflammbar) und damit auch den Vorgaben der Bauordnung für ein Gebäude mittlerer Höhe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag unverändert weiterverfolgt. Dieses Rechtsmittel ist, soweit es die erstbeklagte Herstellerin des gegenständlichen Wärmedämmverbundsystems betrifft, mit Senatsbeschluss vom 5.5.2006 zurückgewiesen worden (Bl. 272 f. d.A.).

Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerseite, soweit für das vorliegende Berufungsverfahren noch von Interesse, ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen im wesentlichen ausführen lassen: Zunächst einmal habe das Landgericht verkannt, dass sich das Vorliegen eines Sachmangels bereits aus einer ausdrücklichen bzw. schlüssigen Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien ergebe. Darüber hinaus seien in mehrfacher Hinsicht die Voraussetzungen für die Erholung eines neuen Gutachtens erfüllt, weil der Gerichtsgutachter den Sachverhalt in mehreren Punkten nur unzureichend aufgeklärt habe und auch methodisch mit der Begutachtungsmaterie überfordert gewesen sei. Schon die Wahl des Ortstermins habe nicht den Vorgaben des klägerischen Beweisangebots entsprochen. Insbesondere aber habe der vom Landgericht eingeschaltete Sachverständige den Begriff der anerkannten Regel der Technik schon im Ansatz verkannt. Im Ausführungszeitraum habe es im übrigen noch keine allgemein anerkannte Regel der Technik für Wärmedämmverbundsysteme der vorliegenden Art gegeben (5. 9 der Berufungsbegründung = Bl. 106 d.A.). Demzufolge sei das Werk bereits deshalb fehlerhaft, weil Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs bestanden hätte, ohne dass eine dahingehende Aufklärung der Klägerin erfolgt wäre (a.a.O.). Unabhängig davon hätte auf die Stabilisierung durch einen zentralen Klebepunkt bereits aus Gründen des Brandschutzes nicht verzichtet werden dürfen. Im Übrigen habe es für die vorliegende Befestigungsmethodik weder einen Prüfbescheid noch eine bauaufsichtliche Zulassung gegeben.

Hinsichtlich der dem bezifferten "Schaden" zugrundeliegenden drei Positionen (Gerüstkosten, Rückbau und Neubau) verweist die Berufungsbegründung auf die Aufstellung einer Ingenieurgemeinschaft vom 22.7.2003 (Anlage KK 9).

Entsprechend seiner schriftsätzlichen Ankündigung vom 9.3.2007 (dort S. 11 = Bl. 362 d.A.) hat der Klägervertreter im Schlusstermin vom 16.4.2007 erklärt, dass "der eingeklagte Betrag in erster Linie als Kostenvorschuss" und lediglich "hilfsweise als Schadensersatz" geltend gemacht werde (S. 2 der Sitzungsniederschrift vom 16.4.2007 = Bl. 377 d.A.).

Die Klägerseite stellt daher den Antrag,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Würzburg vom 12.7.2005 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von 40.716,-- Euro zuzüglich 5 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu verurteilen.

Die Beklagte will die Berufung zurückgewiesen haben. Sie wiederholt und vertieft im wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen (einschließlich der Verjährungseinrede) und beruft sich im übrigen (hilfsweise) auf die Unverhältnismäßigkeit der von Klägerseite beanspruchten Kosten einer vollständigen Neuherstellung der Fassadenverkleidungen (S. 9 der Berufungserwiderung = Bl. 292 d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigefügten Anlagen einschließlich der vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Entsprechend seinem Beweisbeschluss vom 24. Juli 2006 (III/Bl. 324 ff. d.A.) hat der Senat ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) Fr vom 8.11.2006 erholt, das der Sachverständige mit Stellungnahme vom 4.4.2007 (Bl. 369 ff. d.A.) ergänzt und im Schlusstermin am 16. April 2007 nochmals mündlich erläutert hat (vgl. Bl. 377 ff. d.A.).

II.

Die statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung (§§ 511 ff. ZPO) erzielt in der Sache lediglich einen Teilerfolg.

Das vom Senat erholte weitere Gutachten hat zwar das witterungsbedingte Auftreten der von Klägerseite behaupteten optischen Mängelbilder weitgehend bestätigt. Den hieraus (nunmehr) abgeleiteten Gewährleistungsanspruch auf Vorschusszahlung nach § 633 III BGB a.F. kann die Klägerin indessen (jedenfalls deshalb) nicht durchsetzen, weil die Mängelbeseitigung eine umfassende Neuherstellung der Fassadenverkleidungen und damit einen unverhältnismäßig hohen Nachbesserungsaufwand im Sinn des § 633 III, 2 BGB a.F. erfordern würde. Ein nach den Kosten einer Totalsanierung berechneter Anspruch auf sog. großen Schadensersatz aus § 635 BGB a.F. steht der Klägerin ebenfalls nicht zu, weil diese Kosten auch nach dem strengen Maßstab des § 251 II BGB als "unverhältnismäßige" Aufwendungen einzustufen sind. Die im Rahmen des Hilfsantrags geltend gemachte Schadensersatzforderung ist daher nur in Höhe des durch die mangelhafte Fassadenkonstruktion bedingten - merkantilen - Minderwerts des Gebäudes begründet.

Das im Streitfall maßgebende Recht richtet sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

1. Die Ergebnisse der weiteren Begutachtung

a) Die auf den Untersuchungen beim erneuten Ortstermin am 7.11.2006 aufbauenden Aussagendes Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) F### im Wesentlichen wie folgt:

(1) Bei kalter und feuchter Witterung wie am Ortstermin tritt an allen Fassaden und in allen Geschossen ein "kissenförmiges" Aufwölben der Dämmstoffplatten zutage. Von der Verformung betroffen ist jeweils der Bereich der Plattenmitte, der sich hierbei zwischen 2 mm und 4 mm vom Untergrund abhebt. Dieser "Kisseneffekt" macht sich (zum Teil nur im Streiflicht) bei einer Übersichtsbetrachtung der jeweiligen Fassade - also aus einer (Mindest-) Entfernung von etwa 8 m vom Gebäudekörper - als (schwach bzw. kaum noch erkennbare)Gliederung der einzelnen Fassadenfläche durch ein Muster horizontal verlaufender Linien bemerkbar.

-Gutachten vom 8.11.2006 (nachfolgend nur: GA), dort S. 5 ff. und 14 f. -

(2) Der zeit- und witterungsabhängige Verformungsprozess hat seine Ursache in thermischen Einflüssen, die vor allem in den Phasen jahreszeitlicher Übergänge auftreten, wenn die zur Nachtzeit ausgekühlte Fassade in den Morgenstunden durch rasch ansteigende Temperaturen erwärmt wird. Die hierbei entstehenden thermischen Spannungen bleiben nur dort ohne Auswirkungen auf die Steifigkeit der Platte, wo diese ausreichend mit dem Untergrund verankert ist. Fehlt es wie bei dem vorliegenden Verbundsystem an einer mittigen Befestigung der Dämmstoffplatten durch Klebepunkt oder Tellerdübel, so kommt es im Zuge extremer Temperaturschwankungen regelmäßig zu einem "Aufschüsseln" der Platten (GA a.a.O., S. 16 - 18).

(3) Die festgestellten Verformungen mit einem Aufwölbungsmaß von bis zu 4 mm liegen durchweg im zulässigen Toleranzbereich der DIN 18202 (dort Tabelle 3 Ebenheitstoleranzen, Zeile 6 - vgl. Bl. 375c d.A.) in der im Ausführungszeitraum maßgebenden Fassung von Mai 1986 (a.a.O. S. 14).

(4) Das Fehlen einer mittigen Verankerung der Dämmplatten hat keinerlei negative Auswirkungen auf ihre Funktionstauglichkeit in den Bereichen Standsicherheit sowie Wärme-, Feuchtigkeits-, Schall- und Brandschutz. Das zeitweise "Aufschüsseln" lässt auch in Zukunft nicht die Entstehung von Rissen oder Brüchen besorgen. Soweit durch die Aufwölbungen die Ablagerung von Schmutzstoffen - geringfügig - begünstigt wird, beschränkt sich eine dahingehende Entwicklung im Wesentlichen auf eine verstärkte Algenbildung im Giebelbereich des an der Westseite gelegenen Anbaus.

- GA, dort S. 9, 21, 22, sowie S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 16.4.2007 = Bl. 378 d.A. -

b) Der Aufwand für eine konstruktive Erneuerung der Außenwandverkleidungen durch Nachdübeln oder punktuelles Nachkleben der Dämmstoffplatten wird, sofern hierbei auf eine Auswechslung der Platten verzichtet wird, vom Zweitgutachter mit (netto) rund 20.000,- Euro beziffert. Allerdings birgt diese kostengünstigere Variante der Mängelbeseitigung die Gefahr in sich, dass beim "Strippen" des Oberputzes zumindest ein Teil der Dämmstoffplatten beschädigt wird (GA unter Ziff. 4.2.2 und 4.2.3 = S. 18, 19). Sofern deshalb die vollständige Neuherstellung des Gewerks angestrebt wird, beläuft sich der damit verbundene Gesamtaufwand auf (netto) rund 35.500,-- Euro (SN vom 16.4.2007, S. 2 = Bl. 377 d.A.). Die Zusammensetzung dieses Betrages hat der Sachverständige wie folgt erläutert (insoweit nicht protokolliert): Gerüstkosten: 3.070,-- Euro + Abbruch und Entsorgung: 2.180,-- Euro + Neuherstellung des Schienensystems (355 m2 x 85,-- Euro =) 30.175,-- Euro.

Der Senat macht sich diese von souveräner Sachkunde getragenen Ausführungen des Sachverständigen, der den Prozessstoff widerspruchsfrei und erschöpfend aufbereitet und auch seine Untersuchungen vor Ort minutiös erläutert hat, ohne Einschränkung zu eigen und legt sie seinen Feststellungen sowie der darauf aufbauenden tatsächlichen und rechtlichen Würdigung zugrunde. Soweit die Beklagte (hilfsweise) den vom Sachverständigen ermittelten Einheitspreisen die Auskünfte eines nicht näher genannten "ortsansässigen" Unternehmens entgegenhält (S. 2, 3 des Schriftsatzes vom 12.3.2007 = Bl. 365 f. d.A.), zeigt auch dieser Einwand keine Begutachtungslücke auf. Es ist schon nicht dargelegt, dass hinter der Auskunft ein Fachbetrieb steht, der sich auch auf Fassadenverkleidungen der vorliegenden Art spezialisiert hat. Zudem ist ein mit der Notwendigkeit einer umfassenden Mängelbeseitigung konfrontierter Besteller bei der Vergabe dieser Arbeiten grundsätzlich nicht gehalten, seine Auswahl auf Wettbewerber einzugrenzen, die mit dem gewährleistungspflichtigen Unternehmer auf rein lokaler Ebene konkurrieren.

2. Vorliegen eines Werkmangels

a) Nach dem Ergebnis der Nachbegutachtung hat die Klägerin somit den ihr obliegenden Beweis geführt, dass die beanstandete Fassendkonstruktion infolge eines konstruktiven Ausführungsfehlers mit einem gewährleistungspflichtigen Mangel behaftet ist. Ein Fehler im Sinn des § 633 1 BGB liegt bereits dann vor, wenn das Werk von der Beschaffenheit abweicht, die es für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch haben muss. Denn der Auftragnehmer hat die Entstehung eines mängelfreien, zweckgerechten Werkes zu gewährleisten. Entspricht seine Leistung nicht diesen Anforderungen, so ist sie mangelhaft, und zwar unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGHZ 91, 206; BGH Baurecht 1985, 567; 1995, 230). Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung gehört es bei der Außenwandverkleidung eines Wohnhauses zum vertraglich vorausgesetzten Erscheinungsbild des Gewerks, dass die Oberflächenstruktur selbst bei extremeren Temperaturschwankungen formbeständig - insbesondere glatt und eben - bleibt und ihr Aussehen auch in sonstiger Weise keinen witterungsabhängigen Veränderungen unterliegt. Zwar hat die unzureichende Verankerung der Dämmplatten keinerlei nachhaltige Auswirkungen auf die Funktionstauglichkeit der Fassadenkonstruktion. Auch bleiben die optischen Beeinträchtigungen, wie sie der Zweitgutachter festgestellt hat, nach Umfang und Intensität hinter, dem von Klägerseite behaupteten Ausmaß zurück. Dessen ungeachtet ist das von den Vertragsparteien mit der Neuverkleidung des Gebäudes angestrebte Erscheinungsbild der Fassaden in einem jenseits der Bagatellschwelle liegenden Maße beeinträchtigt. Das hat der Sachverständige F### anhand einer Bewertungsmatrix mit der Einordnungsskala "Grad der optischen Beeinträchtigung" und den Gegenkoordinaten "Gewicht des optischen Erscheinungsbildes" überzeugend veranschaulicht (GA a.a.O., S. 15, 16).

b) Dass die Maßtoleranzen der DIN 18202 an sich eingehalten sind, steht der Annahme eines Werkmangels ebenfalls nicht entgegen. Die dortigen Toleranzgrenzen umschreiben einen herstellungsbezogenen Sorgfaltsmaßstab (vgl. DIN 18202, Ziff. 1, hier: "Grundsätze und Anwendung" - Bl. 375c d.A.): das bedeutet, dass im Rahmen der zulässigen Toleranz ein Ausführungsfehler nicht schon deswegen vorliegt, weil das Sollmaß bei der Herstellung geringfügig überschritten wurde. Um eine solche herstellungsbedingte Abweichung geht es hier nicht, weil die Konstruktion den vorgegebenen Maßen an sich entspricht. Vielmehr streiten die Parteien um Veränderungen an der Plattenoberfläche, die mit von außen kommenden Einflüssen und dem Fehlen einer darauf ausgerichteten zusätzlichen Verankerung zusammenhängen. Derartige "Maßabweichungen", die auf "zeitabhängige, temperaturbedingte und lastabhängige Verformungen" (des Materials selbst) zurückgehen, sind vom Anwendungsbereich der DIN 18202 ausdrücklich ausgenommen (DIN a.a.O. sowie GA a.a.O. S. 14).

3. Anspruch auf Kostenvorschuss (neuer Hauptantrag)

a)Die Umstellung des Klageantrags hält sich im Rahmen einer sachdienlichen Klageänderung, die auch unter dem Gesichtspunkt des bisherigen Verhandlungsstoffs (§ 533 Nr. 2 ZPO) keinen Zulässigkeitsbedenken begegnet.

Dagegen erscheint es aus sachlich-rechtlichen Gründen fraglich, ob die Klägerseite, nachdem sie bereits in der Anspruchsbegründung vom 9.10.2003 ausdrücklich von beiden Beklagten Schadensersatz verlangt (a.a.O. S. 1 mit 5 = Bl. 13, 17 d.A.) und an diesem Klageziel auch im Rahmen ihrer Berufungsbegründung unverändert festgehalten hat (vgl. S. 1 und 18 der Berufungsbegründung vom 19.10.2005 = Bl. 198 Lind 215 d.A.), nunmehr auf den ursprünglichen Nachbesserungsanspruch zurückgehen kann. Denn einem Besteller steht grundsätzlich auch kein Anspruch auf Vorschusszahlung nach § 633 III BGB a.F. mehr zu, sobald er die Rechte aus §§ 634, 635 BGB a.F. geltend gemacht hat (§ 634 I, 3 BGB a.F.). Ob er den zum Anspruchsverlust führenden Weg einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinn des § 634 I 1 BGB a.F. gegangen ist, beurteilt sich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls (BGH NJW 1983, 1731, 1732). Allerdings hat die Klägerin eine ausdrückliche Erklärung in diesem Sinne auch vorprozessual nicht abgegeben. Auf der anderen Seite kommt es vorliegend auf eine ausdrückliche Fristsetzung samt Ablehnungsandrohung längst nicht mehr an, nachdem die Beklagte spätestens in ihrer Klageerwiderung vom 25.11.2003 die ernsthafte und endgültige Verweigerung jeglicher Nachbesserungsbereitschaft zu erkennen gegeben hatte (vgl. hierzu BGH 1990, 446; 2002, 1847,1848). Infolgedessen hat die Klägerseite jedenfalls dadurch, dass sich auch im Rahmen ihrer Rechtsmittelanträge an ihrem ursprünglichen Klagebegehren festgehalten hat, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, ihre Bestellerrechte nur noch nach Maßgabe der §§ 634, 635 BGB a.F. verfolgen zu wollen; die Berufungsanträge sind wie angekündigt bereits im ersten Senatstermin gestellt worden (Bl.321 d.A.).

b) Die Frage eines Anspruchsverlusts nach § 634 1, 3 letzter HS BGB a.F. bedarf indessen keiner abschließenden Beantwortung. Denn die Beklagtenseite dringt jedenfalls auch gegenüber dem Vorschussverlangen mit dem Einwand durch, eine Mängelbeseitigung im Wege der angestrebten kompletten Neuherstellung erfordere einen unverhältnismäßigen Aufwand (§ 633 II, 2 BGB a.F.).

aa) Nach dem inzwischen erreichten Begutachtungsstand ist es für eine fachgerechte Mängelbeseitigung unumgänglich, dass die gesamte mängelbehaftete Fassadenkonstruktion der Beklagten abgetragen und das Verbundsystem vollständig neu erstellt wird. Auf die vom Zweitgutachter zunächst vorgeschlagene kostengünstigere Variante einer nur teilweisen Neuherstellung braucht sich die Klägerseite nicht verweisen zu lassen, weil damit die Gefahr verbunden wäre, dass die Sanierungsarbeiten ihrerseits zu Substanzschäden am wiederverwendeten Material führen (vgl. oben 1b). Eine umfassende Sanierung lässt sich deshalb nur im Wege eines vollständigen Austausches der bemängelten Leistungen erreichen (vgl. dazu etwa BGHZ 96, 111, 121 f.). Auszugehen ist somit von einem Neuherstellungsaufwand in Höhe von rund 35.500,-- Euro.

Ein Abzug unter dem Blickwinkel "Neu für Alt" ist im Streitfall nicht angebracht. Nach gefestigter Rechtsprechung kommt eine solche Anrechnung jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Vorteil einer längeren Lebensdauer des nachgebesserten Gewerks ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruht und sich der Auftraggeber jahrelang mit einer fehlerhaften Konstruktion begnügen musste. Denn der Unternehmer darf dadurch, dass der Vertragszweck nicht sofort erreicht wird, keine Besserstellung erfahren. Er hätte es sonst in der Hand, durch Verzögerung der Mängelbeseitigung sich seiner Gewährleistungspflicht und der damit verbundenen Kostenbelastung ganz oder teilweise zu entziehen (vgl. BGHZ 91, 206, 213; OLG Hamm NJW-RR 1996, 272, 273). So aber liegen die Dinge hier, weil die Klägerseite ihre erste Mängelrüge schon im Herbst 1996 erhoben hatte (vgl. Anlage K 7).

bb) Angesichts eines Kostenvolumens von gut 35.000,-- Euro hält die Beklagte der Klägerin zu Recht entgegen, dass ihr Vorhaben einer Totalsanierung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Da dieser Unverhältnismäßigkeitseinwand auch nach dem (mindestens ebenso strengen) Maßstab des § 251 II, 1 BGB (vgl. BGHZ 59, 365, 366ff. und dazu Staudinger-Peters (2000), Rdn. 194 zu § 633 BGB) zutrifft, kann wegen der Einzelheiten der Abwägung auf die Prüfung des Hilfsantrages und die dortige Darstellung der Grundsätze des § 251 II,1 BGB verwiesen werden (vgl. unten 4c).

4. Hilfsantrag

a)Neben dem Vorliegen eines Werkmangels sind - dem Grunde nach - auch die übrigen Voraussetzungen für den hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 635 BGB a.F. gegeben.

Da der festgestellte Leistungsmangel auf einem konstruktiven Ausführungsfehler beruht, ist bei Gegebenheiten wie hier von einem objektiven Pflichtverstoß der Unternehmerseite auszugehen. Denn bei ihr dürfen die zur Herstellung des Werkes nötigen sachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vorausgesetzt werden. Sie hat deshalb grundsätzlich für das hierzu nötige Wissen und Können einzustehen (BGH NJW-RR 1987, 1305 m.w.N.). Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 282 BGB a.F. ist es daher auch im Streitfall Sache der verklagten Auftragnehmerin, sich hinsichtlich des Schuldvorwurfs zu entlasten (vgl. BGHZ 48, 310, 312; BGH NJW 2002, 1565, 1566). Diesen Entlastungsbeweis hat die Beklagte auch nicht ansatzweise angetreten. Es bedarf daher keiner Vertiefung der Verschuldensfrage etwa im Hinblick darauf, dass zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe bereits längst auch fachwissenschaftliche Publikationen über das hier aufgetretene Phänomen des "Kisseneffekts" vorlagen (vgl. GA a.a.O., S. 17).

Auf das Erfordernis der förmlichen Fristsetzung und Ablehnungsandrohung nach § 634 I BGB a. F. kommt es, wie schon dargelegt, nicht mehr an, weil die Beklagte jedenfalls im Laufe des Prozesses eine endgültige Verweigerung jeglicher Mängelbeseitigung zu erkennen gegeben hat (vgl. oben 3 a).

b) Ohne Erfolg bleibt die Erhebung der Verjährungseinrede. Entgegen der Ansicht der Beklagten war nämlich bei Einreichung des klägerischen Antrags auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens am 6.2.2001 - mit der sich daraus ergebenden Folge der Verjährungsunterbrechung gemäß §§ 639 I, 477 II, 1 BGB a.F. (bis zum 31.12.2001 und anschließenden Hemmung gem. § 204 I Nr. 6 u. II,2 BGB n.F. iVm Art. 229 § 6 II EGBGB) - noch keine Verjährung eingetreten. Denn die Beklagte ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der (unstreitig) spätestens mit dem gemeinsamen Ortstermin vom 17.10.1996 einsetzende Hemmungstatbestand nach § 639 II BGB a.F. bereits vor dem zweiten Ortstermin am 12.1.1999 beendet war. Hierzu hat sie insbesondere auch mit ihrer lediglich bestreitenden Darstellung im Schriftsatz vom 30.3.2005 (dort S. 3 = Bl. 113 d.A.) keinen schlüssigen Vortrag unterbreitet.

c) Indessen setzt sich die Beklagtenseite mit ihrem Unverhältnismäßigkeitseinwand auch gegenüber dem hier geltend gemachten Anspruch auf großen Schadensersatz durch.

aa) Ob bei einer Schadensersatzforderung nach § 635 BGB a.F. Aufwendungen für die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig sind, beurteilt sich nach den Grundsätzen des § 251 II, 1 BGB (in entsprechender Anwendung). Danach kommt Unverhältnismäßigkeit nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht: Unverhältnismäßig sind die Aufwendungen nur dann, wenn der von Bestellerseite mit der Mangelbeseitigung angestrebte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür geltend gemachten Geldaufwandes steht. Es muss für den Unternehmer schlicht unzumutbar sein, die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise gemachten Aufwendungen tragen zu müssen (BGHZ 59, 365; 114, 383; BGH NJW-RR 2003, 1021, 1022). Es kommt also darauf an, ob einem objektiv geringen Bestellerinteresse an einer nachhaltigen Sanierung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenübersteht. Andererseits ist der Auftragnehmer von vornherein nicht schutzwürdig, wenn die Funktionstauglichkeit des Werks spürbar beeinträchtigt ist (vgl. BGH NJW 1996, 3269; 2006, 2912, 2915). Entsprechendes gilt, wenn der festgestellte Mangel auf grobe Sorgfaltsverletzungen der Unternehmerseite zurückgeht (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH NJW 1995, 1836; Werner/Pastor, Bauprozess, 11. Auflage, Rdnr. 1575 f. m.w.N.). Auch bei Anlegung dieses strengen Maßstabes, an dem grundsätzlich auch festzuhalten ist, wenn es um die Kosten für eine Komplettsanierung wegen rein optischer Mängel geht (eingehend Senat, NJW-RR 2006, 742 - zustimmend etwa Palandt, 66. Auflage, Rdnr. 7 zu § 251 BGB; vgl. ferner Werner/Pastor a.a.O.), nimmt die Beklagtenseite das geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht zu Recht für sich in Anspruch.

bb) Ein berechtigtes Sanierungsinteresse der Klägerin aufgrund einer spürbaren Herabsetzung der Funktionsfähigkeit der Fassadenkonstruktion ist auch nach der aktuellen Begutachtungslage nicht erkennbar. Soweit der Sachverständige eine geringfügige funktionale Relevanz im Zusammenhang mit der Algenbildung an der Giebelseite des Anbaus ausgemacht hat betrifft dies ausschließlich den ohnehin stärkeren Witterungseinflüssen ausgesetzten Bereich der Wetterseite. Der übrigens von der Klägerin selbst nicht erwähnte Aspekt lässt somit keine nennenswerte Beeinträchtigung erkennen und ist deshalb mit dem vom Sachverständigen angegebenen Minderungsfaktor von 0,20 mehr als großzügig gewichtet (vgl. GA a.a.O. S. 20 f.).

cc) Ebensowenig sind Anhaltspunkte für den Ausschlussgrund einer groben oder auch nur erheblichen Pflichtverletzung auf Beklagtenseite gegeben.

aaa) Der Sachverständige F### ist aufgrund einer sorgfältigen Auswertung der einschlägigen Regelwerke und des sonstigen beurteilungserheblichen Materials (wie etwa der BFS-Merkblätter, des Prüfbescheids, eines vom zuständigen Fachverband in Auftrag gegebenen Prüfberichts vom 2.11.1993 sowie der Verarbeitungsrichtlinien der Erstbeklagten einerseits und einer anderen Herstellerfirma andererseits) zu dem Ergebnis gelangt, dass im maßgebenden Zeitraum im Jahr 1994 keine allgemein anerkannte Regel der Technik bestand, wonach bei der hier erstellen Fassadenverkleidung die Dämmplatten auch mittig hätten verankert werden müssen. Wie der Gutachter im Einzelnen erläutert hat, war eine zusätzliche mittige Befestigung vielmehr nur für den - hier nicht gegebenen Fall - vorgesehen, dass die Fassadenverkleidung aus Brandschutzgründen den Anforderungen der Baustoffklasse 1 (Schwerentflammbarkeit) zu entsprechen hatte (GA a.a.O. unter Ziff. 4.3, S. 23 ff.).

(1) Was die Klägerin hiergegen einwenden lässt, erschöpft sich zu einem wesentlichen Teil in der Aneinanderreihung methodischer Prämissen, die weder zielführend noch geeignet sind, ihr Vorbringen verständlicher zu machen. Im übrigen krankt die klägerische Argumentation schon im rechtlichen Ausgangspunkt an der offensichtlichen Verkennung des beurteilungserheblichen Zeitraums: Denn in der Verschuldensfrage hat es nicht - wie bei der Prüfung eines Mangels - auf den Ablauf des Gewährleistungszeitraumes, sondern allein auf den subjektiven Kenntnisstand des Unternehmers während der Ausführungszeit und bis zur Abnahme anzukommen (vgl. nur OLG Hamm BauR 2003, 567; OLG Köln, BauR 2003, 1940). Vor allem aber ist das klägerische Vorbringen dadurch gekennzeichnet, dass es offensichtlich jede der aufgezeigten (angeblichen) Erkenntnisquellen in Bezug auf das Vorliegen eines Ausführungsfehlers mit einem tatsächlichen oder vermeintlichen Indiz für das Bestehen einer allgemein anerkannten Regel der Technik gleichsetzt. Unter diesen Umständen ist es der Klägerseite auch nicht ansatzweise gelungen, sich nunmehr überzeugend von ihrem ausdrücklichen Vorbringen in der Berufungsbegründung (dort S. 9 = Bl. 206 d.A.) abzusetzen, "es (habe) in den Jahren 1994/1995 für Wärmedämmverbundsysteme mit Schienenbefestigung (ohne Verklebung) überhaupt noch keine allgemein anerkannte Regel der Technik gegeben. h (Anm. des Senats: Hervorhebung n.i.O.). Erst recht nicht sind ihre Einwände geeignet, Lücken oder Unstimmigkeiten in den beanstandeten Darlegungen des Sachverständigen aufzuzeigen oder gar Zweifel an seiner Sachkunde begründen. Dementsprechend besteht auch keine Veranlassung, weil die Voraussetzungen hierfür offensichtlich nicht vorliegen (§§ 412 I, 525 ZPO), dem im vorliegenden Rahmen unterbreiteten Antrag des Klägervertreters auf Erholung eines (weiteren) "Obergutachtens" nachzugehen.

(2) Entgegen der Ansicht der Berufung sind im Streitfall auch die Vorgaben des Brandschutzes eingehalten.

Die Herstellung des vorliegenden Gewerks unterlag von vorneherein nicht den Brandschutzanforderungen des Art. 29 I u. III, 1 BayBO a.F., weil es sich bei dem Haus der Klägerin um ein Gebäude geringer Höhe i.S. von Art. 2 III,1 BayBO handelt. Denn diese Bestimmung und der daran anknüpfende Ausschlusstatbestand des Art. 29 III, 5 BayBO a.F. sind im Streitfall, wie die Berufung auch im Zusammenhang mit dem Prüfbescheid vom 15.1.1993 (Bl.162 f. d.A.) verkennt, jedenfalls sinngemäß anzuwenden. Diese Einordnung beruht auf folgenden Erwägungen (vgl. Ziff. I 2c des Senatsbeschlusses vom 17.2.2006 = Bl. 220 f. d.A.):

Die Einteilung der Gebäudearten nach Art. 2 III BayBO orientiert sich ausschließlich an den jeweiligen (gerätetechnischen) Möglichkeiten der Feuerwehr zur Personenrettung; hierbei ist die Einstufung als "Gebäude geringer Höhe" am Einsatz einer vierteiligen Streckleiter mit einer erreichbaren Höhe von 7 m ausgerichtet (vgl. nur Busse/Simon, Kommentar zur BayBO 1998/2001, Rdnrn. 525 ff. zu Art. 2 BayBO). Nach den Ermittlungen des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen zur tatsächlichen Gebäudehöhe (vgl. Ergänzungsgutachten vorn 5.7.2005, dort Anl. 1 b und c = Bl. 136, 137 d.A.) ist die maßgebende Höhendifferenz zwischen dem Fußboden im Dachgeschoss und der Geländeoberfläche nur in einem Teilbereich der Giebelseite und insgesamt nur um 13 cm überschritten. Dieser Teilbereich macht zudem nur ein knappes Drittel der Fassadenbreite aus und reicht nicht einmal bis an die rechte Außenkante des rechten Dachgeschossfensters der nördlichen Giebelseite heran; selbst die Brüstungen der beiden Dachgeschossfenster liegen offenbar noch innerhalb der 7m-Zone. Damit liegt also nur derjenige Ausschnitt der Giebelseite nicht mehr (ganz) im normgemäßen Bereich, für den ein Geräteeinsatz zur. Personenrettung im Brandschutzfall nach Lage der Dinge ohnehin nicht in Betracht kommt. Überdies können geringfügige Geländeabsenkungen bzw. - erhöhungen, soweit sie für den Brandschutz nicht relevant sind, von vornherein außer Betracht bleiben (Busse/Simon a.a.O., Rdn.590). Hiernach entspricht es ohne weiteres dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Höhendifferenzierung, im Streitfall die Brandschutzanforderungen für ein "Gebäude geringer Höhe" genügen zu lassen. Dieser Auffassung ist auch der Sachverständige F### (vgl. GA a.a.O., Ziff. 4.3.1, S. 28 und EGA, S. 5 = Bl. 373 d.A.).

(3) Bei dieser Sachlage ist ein erhebliches, geschweige denn ein grobes Verschulden der Beklagten im Zusammenhang mit dem ihr anzulastenden Ausführungsfehler auch nicht annähernd dargetan. Es kommt hinzu: Wie seit jeher anerkannt ist, wird das von einem Unternehmer erwartete Spezialwissen maßgeblich durch den vom Hersteller bzw. Lieferanten des Materials vermittelten Informationsstand mitbestimmt (vgl. nur BGH NJW 2002, 1565 unter Rdn. 17). Dessen Verarbeitungsrichtlinien bilden also in der Regel für den ausführenden Fachhandwerker eine ausreichende Verlässlichkeitsgrundlage. Demnach ist dem Sachverständigen auch darin zu folgen, dass die Beklagte grundsätzlich keine Veranlassung hatte, die Verarbeitungshinweise der erstbeklagten Herstellerin zu hinterfragen und etwa mit den Anleitungen anderer Hersteller zu vergleichen (SN vom 18.4.2007, S.2, 3 = Bl. 277 d.A.).Dass nach den Recherchen des Gutachters in den Verarbeitungsrichtlinien eines anderen Anbieters schon 1994 ein mittiger Klebepunkt vorgesehen war (GA a.a.O. S.27 f.), berechtigt im übrigen nicht zu dem Schluss, dass die Beklagte bei einer gezielten Erkundigung in Fachkreisen durchgängig negative Auskünfte im Sinne der erst Jahre später zur Entstehung gelangten allgemein anerkannten Regel der Bautechnik erhalten hätte.

bbb) Dem klägerischen Vorwurf eines Aufklärungsversäumnisses der Beklagten kann der Senat ebenfalls nicht ernsthaft näher treten.

(1) Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerseite fehlt es bereits an dem notwendigen Beratungsbedarf (vgl. BGH NJW-RR 1996, 789). So hat die Klägerin in der Berufungsbegründung auch vortragen lassen, die beklagte Herstellerfirma hafte bereits aufgrund eines "eigenständigen Beratungsvertrages"; die Beratung sei nämlich "weit über das hinausgegangen, was allgemein zur Beratung und Empfehlung im Rahmen eines Kaufvertrages gehört."(a.a.O. S. 17 = Bl. 214 d.A.). Davon abgesehen lag ein ungenügender Informationsstand der Bestellerseite schon deshalb fern, weil der Ehemann der Klägerin, worauf diese von Beginn an hinweisen ließ, über eine "besondere Kenntnis auf dem Gebiet der Baustoffkunde und des Normenwesens" verfügt (vgl. etwa S. 2 des Schriftsatzes vom 17.12.01 = Bl. 94 d. BA OH; Schriftsatz vom 6.7.2004, dort angeschlossene Schreiben vom 10.7.2004 = Bl. 70 f. d.A.). Denn der Zeuge ### K###, dessen beherrschender Einfluss auf die klägerische Prozessführung schon im selbstständigen Beweisverfahren und in erster Instanz zutage getreten ist, war nach Lage der Dinge auch der Verhandlungsführer (§ 166 I BGB) der Klägerin im Rahmen der Auftragsvergabe.

(2) Insbesondere aber geht der klägerische Vorwurf schon im Ausgangspunkt an den vorliegenden Gegebenheiten vorbei. Es trifft nämlich nicht zu, dass sich die Klägerseite, wie die Berufung meint, für die Anschaffung eines "neuartigen, noch unerprobten" Produkts entschieden hätte. Denn auch Wärmedämm-Verbundsysteme der vorliegenden Art waren bei Auftragserteilung schon länger auf dem Markt. Selbst der "Kisseneffekt" war in Fachkreisen schon bekannt (GA a.a.O. S.17). Es geht im Streitfall vielmehr darum, dass das angeschaffte System eine inzwischen aufgedeckte konstruktive Schwachstelle aufwies, die in den allgemein anerkannten Regeln der Technik von damals noch nicht hinreichend berücksichtigt war, Das ist aber nicht annähernd die hier behauptete Fallgestaltung der Anschaffung eines Produkts, das sich angeblich noch in der "Erprobungsphase" befunden haben soll.

(3) Ein etwaiges Verschulden der Erstbeklagten, die das vorliegende Schienenverbundsystem entwickelt und das Dämmmaterial hergestellt hat, kann der Beklagten auch nicht über § 278 BGB zugerechnet werden. Es ist vielmehr anerkannt, dass in der Regel der Baustofflieferant nicht Erfüllungsgehilfe des Unternehmers ist (vgl. nur BGH NJW 1978, 1157; 2002, 1565). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 1 vorliegend - abweichend vom Regelfall - in den werkvertraglichen Pflichtenkreis der Beklagten gegenüber der Klägerin einbezogen worden ist, bestehen nicht. Die von Klägerseite angeführte Entscheidung BGH NJW-RR 1987, 1305 betraf den ganz anders gelagerten Sachverhalt, dass die dortige Unternehmerseite dem klagenden Besteller eine von dessen ursprünglicher Konzeption abweichende Anlage empfohlen hatte und dann in der Folge selbst als Lieferantin der vorgeschlagenen Anlage aufgetreten war.

Es ist daher von vornherein unbeachtlich, wenn die Berufungsführerin der Beklagten auch solche Erkenntnisquellen zurechnen will, die den Wissenstand und den Erfahrungshintergrund der mitbeklagten Herstellerin kennzeichnen; hierzu gehört insbesondere auch der wiederholt angesprochene Prüfbescheid vom 15.1.1993 (Bl. 162 f. d.A.). Unter diesem Blickwinkel hat sich die Klägerseite den Blick für die beurteilungserheblichen Gegebenheiten zusätzlich mit der (laienhaften) Bewertung verstellt, es handele sich bei dem vorliegenden System um ein "nicht geregeltes Bauprodukt".

cc) Nach alledem ist die Interessenlage im Streitfall vorgreiflich dadurch geprägt, dass sich ein vorrangiges Bestellerinteresse an der angestrebten Totalsanierung nicht objektivieren lässt. Die Klägerin beansprucht für ihr Vorhaben einen Aufwand, der den mangelbedingten Minderwert um mehr als den 10fachen Betrag übersteigt. Die Beeinträchtigungssituation für die Bestellerseite, die übrigens das betroffene Anwesen selbst nicht bewohnt, erschöpft sich demgegenüber in dem Auftreten rein optischer Mängelbilder, die jedoch nur zeitweise - weil witterungsabhängig - zur Entstehung gelangen und deren Erkennbarkeit zudem nur schwach ausgeprägt ist bzw. sich in Teilbereichen am Rande der Wahrnehmungsgrenze bewegt. Die Gegebenheiten entsprechen somit der typischen Konstellation eines offensichtlichen Missverhältnisses zwischen dem erforderlichen Sanierungsaufwand und dem damit objektiv angestrebten Erfolg, bei der die Unternehmerseite die Kosten einer kompletten Neuherstellung ihres Gewerks entsprechend § 251 II,1 BGB verweigern darf (vgl. hierzu auch OLG Köln NJW-RR 1993, 593; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 342 u. BauR 1999, 498; ferner Schotten/Schwarz in: Beck‘scher VOB-Kommentar (2003), VOB Teil C, Rdn. 38 zu DIN 18350).

d) Die sich aus § 251 II,1 BGB ergebende Beschränkung des Anspruchsumfangs hat zur Folge, dass der Klägerin als Schadensersatz nur ein Ausgleich in Höhe der durch den Ausführungsmangel verursachten (merkantilen) Wertminderung des Gebäudes zusteht (BGHZ 50, 160, 165; 59, 365; BGH NJW-RR 1991, 1429; OLG Düsseldorf BauR 1999, 498, 501 f.).

Anhand der zur Bewertung von optischen Fassadenmängeln entwickelten Zielbaummethode (vgl. auch Beck'scher VOB-Kommentar a.a.O.), die die Gewichtung bestimmter Funktionswerte des Gewerkes mit einer Skala von Wertminderungsfaktoren verknüpft, hat der Sachverständige einen Minderwert in Höhe von 9 % der ursprünglichen Herstellungskosten von knapp 24.000,-- Euro ermittelt, was einer Bruttosumme von rund 2.484,-- Euro zum Abnahmezeitpunkt entspricht. Ausgehend von einem Aufzinsungsfaktor von 1,345 (für 12 Jahre) ist der Gutachter zu einem aktuellen Minderwert von (aufgerundet) 3.340,-- Euro gelangt (GA a.a.O., Ziff. 4.2.4 = S. 20 bis 22).

Dieses nachvollziehbare und auch in den einzelnen Bewertungsschritten überzeugend begründete Ergebnis, das auch die Klägerseite nicht hinterfragt hat, legt der Senat seiner Schätzung (§ 287 ZPO) des Minderwerts zugrunde.

Die Bemessung fällt übrigens für die Klägerseite nicht günstiger aus, wenn der Nutzwertanalyse, weil die Fassadenverkleidung keinen eigenen, vom Gebäude zu unterscheidenden Verkehrswert hat, der vom Sachverständigen ermittelte Neuherstellungsaufwand zugrunde gelegt wird (vgl. hierzu etwa Senat a.a.O. im Anschluss an OLG Celle Baurecht 1998, 401 f.). Danach würde sich, wenn der Geltungswert der Fassadenkonstruktion gleichbleibend mit 91 % angesetzt bleibt, der Wertverlust auf lediglich (35.500,-- Euro x 91 % x 9 % =) 2.907,45 Euro belaufen. Demzufolge erscheint der der Klägerin zustehende Ausgleich für den mängelbedingten Minderwert mit einem Gesamtbetrag von 3.340,-- Euro angemessen und ausreichend beziffert.

5. Nebenforderung

Die zugesprochenen Prozesszinsen haben ihre Grundlage in den §§ 291, 280 I,2 BGB i.V.m. § 700 II ZPO.

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang abzuändern. Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen und war die weitergehende Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 I; 97 I ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit samt Abwendungsbefugnis hat seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 10; 711 und 709 S. 2 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 II ZPO liegen nicht vor.

RechtsgebietBGB a.F.VorschriftenBGB a.F. §§ 282, 633, 634

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr