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26.09.2008 · IWW-Abrufnummer 082966

Kammergericht Berlin: Beschluss vom 16.06.2008 – 6 W 59/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 6 W 59/07
16.06.2008
7 O 436/04 Landgericht Berlin

In dem Rechtsstreit XXX

hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Kammergericht XXX als Einzelrichter am 16. Juni 2008 beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 13. September 2007 wird der Tenor zu Nr. 2 geändert:

Der Streitwert wird auf bis zu 155.000,- EUR festgesetzt. Der Vergleichswert übersteigt den Streitwert nicht.

Gründe

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts Berlin vom 13. September 2007 ist statthaft, denn der Beschwerdewert von 200,- EUR wird sowohl hinsichtlich der Gerichtskosten wegen der anfallenden 0,25 Gebühr gemäß KV Nr. 1900 sowie gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 RVG erreicht.
Auch die Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 in Verbindung mit § 68 Abs. 1 S. 3 GKG ist gewahrt. Gleiches gilt hinsichtlich der Frist von zwei Wochen gemäß § 33 Abs. 3 S. 3 RVG. Der angefochtene Beschluss ist der Beklagten am 28. September 2007 zugestellt worden. Die am 12. Oktober 2007 eingegangene Beschwerde war mithin rechtzeitig. Die Beschwerde der Beklagten ist deshalb zulässig.

1) In der Sache hat die Beschwerde Erfolg. Der Streitwert von bis zu 230.000,- EUR ist zu hoch festgesetzt, er liegt vielmehr in der Gebührenstufe bis 155.000,- EUR.
a) Die Beklagte verweist zutreffend darauf, dass für den Klageantrag zu 1) der 3,5 fache Jahresbetrag der geschuldeten Leistung im Zeitpunkt der Anhängigkeit maßgebend ist, §§ 3, 9 ZPO. Danach ergibt sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 92.957,59 EUR (3,5 x 26.559,31 EUR).
b) Für den Klageantrag zu 2) sind nur die Rückstände bis zur Anhängigkeit anzusetzen, wogegen erst nach diesem Zeitpunkt fällig gewordene Leistungen nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen sind. Der Bundesgerichtshof hat im Beschluss vom 25. November 1998 (NVersZ 1999, 239 f.) noch auf die Rechtshängigkeit abgestellt, während er in der späteren Entscheidung (Beschluss vom 7. 2. 07 – IV ZR 232/03) auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung abgestellt hat, wie es auch die Regelungen in § 4 ZPO und § 42 Abs. 5 S. 1 GKG vorsehen. Der Kläger hat einen Rückstand in Höhe von 44.888,45 EUR mit der Klageschrift geltend gemacht. Auf die dortige S. 17 wird verwiesen.
c) Der Klageantrag zu 3) ist beziffert gewesen und bezog sich auf die Beiträge, die bis zur Anhängigkeit zur Rückzahlung anstanden, wenn die streitige Pflicht der Beklagten zur Beitragsfreistellung bestand. Der Betrag in Höhe von 2.456,24 EUR ist zu berücksichtigen.
d) Der Feststellungsantrag zu 4) betrifft die Pflicht der Beklagten zur Beitragsfreistellung. Auch hierfür ist lediglich der 3,5 fache Jahresbetrag der streitigen Beiträge anzusetzen, auch wenn später teilweise der Antrag zu 3) erweitert worden ist. Ein Abschlag für den Feststellungsantrag ist nicht vorzunehmen, da es sich um einen negativen Feststellungsantrag handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. 2. 07 – IV ZR 232/03 -, zitiert nach juris: Rdnr. 2). Es errechnet sich eine Summe von 5.087,88 EUR (42 x 121,14 EUR).

e) Danach errechnet sich folgender Gesamtstreitwert:

Klageantrag zu 1) 92.957,59 EUR
Klageantrag zu 2) 44.888,45 EUR
Klageantrag zu 3) 2.456,24 EUR
Klageantrag zu 4) 5.087,88 EUR
Summe 145.390,16 EUR

2) Der Vergleichswert übersteigt, worauf die Beklagte ebenfalls zutreffend hingewiesen hat, diesen Streitwert von bis zu 155.000,- EUR nicht. Insoweit ist der angefochtene Beschluss zu ändern.
Bei einem Abfindungsvergleich kommt es für die Bemessung des Vergleichswertes nicht auf den vereinbarten Zahlungsbetrag oder eine sonstige Leistung an. Zu bewerten ist vielmehr der verglichene Gegenstand (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rdnr. 16 - Abfindungsvergleich – m. w. Nachw.). Hier hat die Ausgleichsklausel im Vergleich, dass mit der Zahlung des Vergleichsbetrages das Versicherungsverhältnis beendet ist und keine gegenseitigen Ansprüche mehr aus diesem Vertrag bestehen sollen, keinen eigenen Wert. Denn der Kläger ging gerade davon aus, dass er dauerhaft berufsunfähig ist und dass die Leistungen aus dem Vertrag von der Beklagten während der Vertragslaufzeit zu erbringen sein werden. Die Anträge des Klägers sind deshalb auch zeitlich auf die Dauer der nach dem Vertrag längsten möglichen Laufzeit des Vertrages befristet worden. Die vergleichsweise Vereinbarung eines Zahlungsbetrages und die Beendigung des Vertrages mit dieser Zahlung bedeutet dabei, dass der geltend gemachte Anspruch begrenzt wird, indem nicht erst mit einer bis zum Ende der Laufzeit des Versicherungsvertrages erbrachten Leistung die Beendigung eintritt, sondern bereits mit der Zahlung der Vergleichssumme. Dies spricht dagegen, dass der Vergleichswert den Streitwert übersteigt.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 21. November 2007 (IV ZR 282/05) den Wert eines Antrags auf Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts und der Anfechtung der Berufsunfähigkeitsversicherung nur als „allenfalls“ gering neben dem Antrag auf die volle Leistung erachtet. Dort ging es um einen Streitwert von 187.968,36 EUR. Der Bundesgerichtshof sah durch einen etwaigen Wert des Feststellungsantrages die Gebührenstufe von bis zu 200.000,- EUR nicht für überschritten an, ohne einen etwaigen Wert zu bestimmen.
Im vorliegenden Sachverhalt wäre auch allenfalls ein geringer Wert anzusetzen. Denn die Regelung im Vergleich über die Vertragsbeendigung wäre vergleichbar das Gegenstück zu einem Antrag, die Unwirksamkeit eines Rücktritts festzustellen. In beiden Fällen wird der Streit beigelegt, ob der Vertrag beendet ist. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Vertragsbeendigung kein selbstständiger Streitpunkt zwischen den Parteien war, der ein besonderes Regelungsinteresse auslöste, denn die Wirksamkeit und das Fortbestehen des Vertrages stand zwischen den Parteien nicht im Streit. Die vom Landgericht in Erwägung gezogene Möglichkeit, dass bei einer Klageabweisung gleichwohl noch später eine Berufsunfähigkeit des Klägers aus anderen Gründen eintreten könnte, weshalb die Einigung über die Vertragsbeendigung einen besonderen Wert habe, überzeugt deswegen nicht, weil der Kläger die vertraglich geschuldeten Leistungen bis zum Vertragsablauf geltend machte, so dass kein Raum für einen besonderen Streitwert durch den möglichen Eintritt eines weiteren Versicherungsfalls blieb. Erhielt der Kläger durch den Vergleich eine Leistung, so ist – wie oben ausgeführt – die geltend gemachte Leistung lediglich begrenzt worden, ohne dass über ein weitergehendes Interesse eine Einigung erzielt wurde.

Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt wegen § 68 Abs. 1 S. 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht in Betracht.

RechtsgebieteKostenrecht, Streitwert Vorschriften§§ 3, 9 ZPO; § 42 GKG

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