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07.08.2008 · IWW-Abrufnummer 082542

Amtsgericht Hannover: Urteil vom 31.01.2008 – 427 C 16678/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Hannover
Geschäfts-Nr.: 427 C 16678/06
Verkündet am: 31.01.2008

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Hannover Abt. 427 im schriftlichen Verfahren durch XXX für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 946,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 25 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 75 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt aus übergegangenem Recht Rückforderungen für zuviel geleistete zahnärztliche Vergütungen.

Die Klägerin ist die private Krankenversicherung der Zeugen XXX und XXX. Beide sind von den Beklagten behandelt worden. Die Beklagten erstellten hierüber Rechnungen, eine Rechnung vom 22.05.2003 über einen Betrag von 18.238,95 € (Blatt 12 ff. d. A.), eine Rechnung vom 24.10.2003 geht über 2.710,55 € (Blatt 17 f d. A.) sowie eine Rechnung vom 23.01.2007 über 7.777,62 € (Blatt 15 f d. A.). Sämtliche Rechnungen wurden den Eheleuten XXX in vollem Umfang bezahlt.
Zwischen den Parteien ist mittlerweile unstreitig, dass eventuelle Rückforderungsansprüche durch die Eheleute XXX an die Klägerin abgetreten wurden (Blatt 104 d. A.).

Die Klägerin ist der Ansicht, dass nach den Berechnungen der Beklagten Beträge in einem Gesamtwert von 1.259,23 € unberechtigt sind. Hierzu ist die Klägerin zunächst der Ansicht, dass aus der Rechnung vom 22.05.2003 Materialien im Gesamtwert von 52,15 € nicht berechnungsfähig sind, da es sich insoweit um Verbrauchsmaterial handele, welches mit den Honoraransprüchen abschließend abgegolten sei.

Hinsichtlich der gleichen Rechnung ist die Klägerin der Ansicht, dass ein Betrag von 8,40 € nicht abrechnungsfähig sei, und behauptet hierzu, eine Trepalation habe nicht vorgelegen, tatsächlich wurde erst am 25.04.2003 ein Zahn geöffnet und provisorisch verschlossen.

Hinsichtlich der Rechnung vom 23.01.2004 ist die Klägerin zunächst der Ansicht, dass ein Betrag von 107,31 € als Praxiskosten für Verbrauchsmaterialien nicht in Rechnung gestellt werden könne. Im Übrigen ist die Klägerin .der Ansicht, dass Beträge in einer Gesamthöhe von mindestens 161,26 € nicht geltend gemacht werden können, da insoweit höhere Preise in der Rechnung angesetzt wurden, als dieses von den HerstelIern an die Beklagten weitergegeben wurde. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz der Klägerin vom 21.12.2006 (Blatt 5 bis 7 d. A.) Bezug genommen.

Hinsichtlich der Rechnung vom 24.10.2003 ist die Klägerin zunächst der Ansicht, dass eine Position in Höhe von 40,22 € nicht abrechnungsfähig ist. Im Übrigen behauptet die Klägerin, dass Beträge in der Größenordnung von 301,52 € nicht berechnungsfähig sind, da eine gesonderte Berechnung von Maßnahmen der primären Grundversorgung unzulässig sei. Auch ist die Klägerin der Ansicht, dass das Anlegen einer Bohr- bzw. Messschablone Bestandteil der Leistungen nach den Gebührennummern 901 GOZ sei und somit ebenfalls nicht gesondert geltend gemacht. werden könne. In einer Größenordnung. von 119,42 € behauptet die Klägerin, dass die Beklagten unzulässigerweise Aufschläge auf die Herstellerkosten weitergegeben haben.

Hinsichtlich des Betrages von 10,72 € behauptet die Klägerin, das Entfernen von Fäden sei Bestandteil der Leistung nach Nr. 330 GOZ. Letztlich behauptet die Klägerin, Kosten für Implantatbohrer in Höhe von 209,82 € hätten nicht berechnet werden dürfen, da die Beklagten Mehrfachbohrer verwendet haben. Letztlich behauptet die Klägerin, dass auch ein Betrag von 131,99 € nicht berechnungsfähig ist, da insoweit keine neue Leistung erbracht worden sei, vielmehr sei eine Weiterverwendung von Bohrstaub durch das Aufbereiten des Implantatbetts abgegolten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 1.259,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2007 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass zum Zeitpunkt, als die Rechnung bestellt wurden, die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Zusatz auf die Materialkosten für Lagerhaltung zugebilligt hat, so dass insoweit die Positionen, welche Materialkosten betreffen zutreffend sind.

Im Übrigen sind die Beklagten der Ansicht, dass auch ihre sonstigen Abrechnungen zutreffend sind. Insbesondere seien die. Kosten für die Trepanation abrechnungsfähig, weil der Verschluss des Zahnes mit einem definitiven Material, nämlich mit Zement erfolgt sei und somit gesondert in Rechnung gestellt werden könne. Hinsichtlich der 3. Rechnung behaupten die Beklagten, dass unter der Position 301,52 € keine primäre Wundversorgung abgerechnet sei, sondern die Beklagten ein Weichgewebe geschaffen haben, und somit ihren Leistungsinhalt über die primäre Wundversorgung weit hinausgegangen sei und somit gesondert abrechnungsfähig sei. Bezüglich des Fädenziehens sind die Beklagten der Ansicht, dass es sich um eine gesonderte Leistung handelt. Im Übrigen behaupten die Beklagten, sie hätten Einmalbohrer verwendet. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten zu den einzelnen Positionen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 03.04.2007 (Blatt 91 f d. A.) Bezug genommen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den umfangreichen Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 24.04.2007.

Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten des Sachverständigen XXX vom 18.07.2007 (Blatt 127 ff. d.A.) sowie auf die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 09.09.2007 (Blatt 182 ff. d.A.) Bezug genommen.

Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien hat das Gericht das schriftliche Verfahren nach § 128 ZPO angeordnet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat im Ergebnis überwiegend Erfolg.

1.
Hinsichtlich der Rechnung vom 22.05.2003 hat die Klage Erfolg. Soweit die Klägerin aus § 812 einen Anspruch in Höhe von 52, 15 € für Aufwendungen für Verbrauchsmaterial geltend macht, ist der Anspruch insoweit begründet Mit diesen Positionen wurden Verbrauchsmaterialien geltend gemacht. Gleichwohl umfasst die Kostenabgeltung der Gebührenordnung für Zahnärzte durch die Gebühren auch Artikel, welche der Zahnarzt im Rahmen der Behandlung seiner Patienten benötigt. Mit den Gebühren sind Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllmaterialien, für den Sprechstundenbedarf sowie für die Anwendung von Instrumenten und Aggregaten abgegolten, Insoweit die Gebührenordnung für Zahnärzte keine gesonderte Berechnungsgrundlage für derartige Materialien bietet, sind diese mit den Hauptgebühren abgegolten, so dass diese nichterstattungsfähig sind (vgl. BGH NJW RR 2004, Seite 1198 ff.). Dieser Ansicht des Bundesgerichtshofes schließt sich das Gericht an, so dass die Aufwendungen in Höhe von 52,15 € für das Verbrauchsmaterial und somit zu Unrecht von den Beklagten in Rechnung gestellt wurden, so dass insoweit ein Rückforderungsanspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht besteht.

Auch hinsichtlich der Kosten 8,40 € für die sogenannte Trepanation besteht im Ergebnis kein Anspruch. Insoweit wird auf die Ausführungen des Sachverständigen aus seinem Gutachten (Blatt 130 d.A.) Bezug, genommen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen war dieser Betrag nicht erneut abrechnungsfähig, da am 16.05.2003 die laufende Wurzelkanalbehandlung noch nicht abgeschlossen war, die Position 239 GOZ jedoch gesondert nur dann in Rechnung gestellt werden kann, wenn zu diesem Zeitpunkt eine Wurzelbehandlung abschließend erfolgt ist. Dieses war nach den Ausführungen des Sachverständigen, auf die das Gericht Bezug nimmt, zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt, so dass insoweit eine Berechnungsgrundlage nicht gegeben ist. Mithin ist auch die Position von 8,40 € von den Beklagten in Rechnung gestellt worden.

2.) Hinsichtlich der Rechnung vom 24.10.2003 hat die Klägerin zunächst Anspruch auf 107,31 € für das Verbrauchsmaterial und 161,26 € für die .geltend gemachten Zuschläge auf die den Beklagten entstandenen Kosten. Hinsichtlich der Verbrauchsmaterialien wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Bezüglich der mit den Zuschlägen geltend gemachten Lagerhaltungskosten ist das Gericht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH (vgl. grundlegend BGH NJW-RR 2004, Seite 1198 ff.) der Ansicht, dass derartige Kosten nicht erstattungsfähig sind, da es insoweit an einer gesonderten Anordnung der Erstattungsfähigkeit der Gebührenordnung für Zahnärzte fehlt. Nach dem Grundgedanken der Gebührenordnung für Zahnärzte sind Leistungen, Materialien und sonstigen Kosten jedoch nur erstattungsfähig, wenn es hierfür eine konkrete Ausgestaltung in der Gebührenordnung gibt. Dieses ist für derartige Lagerkosten nicht der Fall. Dass die Rechtsprechung bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes teilweise anderer Ansicht war, ist für den vorliegenden Streit, der ausschließlich Rechnungen zum Gegenstand hat, die vor der vorgenannten BGH-Entscheidung entstanden sind, irrelevant. Anders als Gesetzesänderungen sind Änderungen der Rechtsprechung, wenn es sich denn um eine derartige überhaupt handeln würde, nicht von dem Verbot der Rückwirkung umfasst, da anders als Gesetze die Rechtsprechung die objektive Rechtslage nicht ändert, sondern lediglich die schon bestehende Rechtslage durch die Rechtsprechung ausgelegt wird, zumal Urteile per se in abgeschlossene Sachverhalte eingreifen und daher immer rückwirkend sind.

3.) Hinsichtlich der Rechnung vom 23.01.2004 hat die Klägerin, dieses folgt aus dem Vorgenannten, hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Lagerkosten und Verbrauchsmaterial einen Anspruch in Höhe von 50,22 € sowie in Höhe von 116,42 €, da es insoweit an einer Anrechenbarkeit derartiger Materialien und Leistungen in der Gebührenordnung für Zahnärzte fehlt. Dieses gilt auch für den Betrag von 119,42 € für die Lagerkosten für die Implantate.

Bezüglich der Position in Höhe von 209,82 € bezüglich. der Verwendung von Einmalbohrern ist den Beklagten zwar einzuräumen, dass sie insoweit einen Anspruch hätten, wenn sie Implantatbohrersätze verwendet hätten, die bei einmaliger Anwendung verbraucht wären, vgl. BGH NJW-RR 2004, Seite 1198 ff. Dass sie derartige Bohrersätze im streitgegenständlichen Fall verwandt haben, haben die Beklagten jedoch nicht bewiesen. Sie sind insoweit jedoch beweisbelastet. Beweis haben sie zunächst nur durch Sachverständigengutachten angeboten. Zwar haben sie im Schriftsatz vom 20.08.2007 pauschal insoweit ihre Mitarbeiter als Zeugen benannt. Ein ordentlicher Beweisantritt, welchem das Gericht nachgehen konnte, ist hierin jedoch nicht zu sehen. Die Beklagten haben sich anwaltlich vertreten lassen, so dass ihnen bekannt sein dürfte, in welcher Art und Weise Beweisantritte zu erfolgen haben, jedenfalls müssen sie sich insoweit das Wissen ihrer Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Ein ordnungsgemäßer Beweisantritt ist nicht erfolgt, hierauf musste das Gericht, da die Art und Weise eines Beweisantrittes allgemein bekannt ist, auch nicht hinweisen, so dass die Beklagten insoweit beweisfällig geblieben sind. Auf die Frage, inwieweit der erst mit Schriftsatz vom 20.08.2007 erwogene Beweisantritt durch Zeugen verspätet gewesen wäre, kommt es vorliegend daher auch nicht an. Somit haben die Beklagten einen Anspruch auf die Berechnung von 209,82 € für die Einmalbohrer nicht beweisen können, so dass insoweit die Klägerin ebenfalls einen Anspruch hat.

Letztlich hat die Klägerin auch einen Anspruch in Höhe von 131,99 € für die Weiterverwendung des Knochenstaubes. Insoweit schließt sich das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen. (Blatt 131 ff. d. A.) an. Nach der eine Weiterverwendung von Bohrstaub sowie kleine Knochenmengen keine eigene Gebührenposition auslösen, da es sich insoweit um eine Maßnahme handelt, welche bereits mit den übrigen abgerechneten Positionen abgegolten ist. Das gilt jedenfalls soweit der Knochenstaub in dem unmittelbaren Behandlungsgebiet entnommen wurde. Soweit die Beklagten nunmehr behaupten, der Knochenstaub sei einem anderen Eingriffsgebiet entnommen, wird hierfür kein Beweis angeboten, so dass insoweit, da es sich um eine für die Beklagten günstige Tatsache handelt, nach den Grundsätzen der Beweislast die Beklagten insoweit beweisfällig sind.

Keinen Anspruch. haben die Kläger jedoch in Höhe von 301,52 € soweit es die Wundversorgung betrifft. Auch insoweit macht sich das Gericht die Ausführungen des Sachverständigen XXX zu eigen. Demnach handelt es sich insoweit um eine abrechnungsfähige Leistung, da mit der Entnahme des Spalthaupttransplantates eine eigenständige Leistung erbracht wurde, welche beim Einbringen des Implantates nicht zwingend zu erbringen ist, so dass insoweit auch eine gesonderte Berechnungsfähigkeit gegeben ist. Dieses betrifft auch die 10,72 € für das Ziehen der Fäden an diesem Transplantat, die ebenfalls von der Beklagten zu Recht in Rechnung gestellt wurden.

Demnach erweisen sich die streitgegenständlichen Rechnungen nach dem soeben Ausgeführten in einer Höhe von 946,99 € als überhöht, so dass die Beklagten insoweit zu verurteilen waren, im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebieteVersicherungsrecht, Gebührenrecht VorschriftenGOZ, ZPO

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