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08.10.2008 · IWW-Abrufnummer 082273

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 11.06.2008 – L 9 KR 1041/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 9 KR 1041/05

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. April 2005 geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch über Beitragsnachforderungen für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im Zeitraum 1. Januar 1998 bis 30. September 1999; ursprünglich war der Zeitraum 1. Januar 1998 bis 31. Mai 2002 streitbefangen.

Die 1966 geborene Beigeladene zu 1) war seit dem 1. Oktober 1987 als Studentin an der F Universität B immatrikuliert. Seit dem Sommersemester 1997 (Beginn: 1. April 1997) war sie als Teilzeitstudentin immatrikuliert, abgesehen vom Wintersemester 1998/1999 (1. Oktober 1998 bis 31. März 1999), in dem sie den Status einer Vollzeitstudentin besaß.

Seit 1991 war die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin beschäftigt. Ihr monatliches Entgelt betrug im hier relevanten Zeitraum

• von Januar bis Juni 1998 1.096,67 DM, • von Juli 1998 bis September 1998 1.447,30 DM, • von April 1999 bis Dezember 1999 1.513,33 DM, • von Januar bis Dezember 2000 1.424,17 DM, • von Januar bis Dezember 2001 1.510,00 DM und • von Januar 2002 bis Mai 2002 713,69 Euro. Sozialversicherungsbeiträge wurden für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) von der Klägerin nicht entrichtet, weil sie diese als Werkstudentin behandelte.

Im Juni 2002 unterzog die Beklagte die Klägerin einer Betriebsprüfung, die sich auf den Zeitraum Januar 1998 bis Mai 2002 bezog. Mit Bescheiden vom 28. Juni 2002, 15. August 2002 und 16. Mai 2003 machte die Beklagte wegen der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) im Prüfzeitraum eine Beitragsnachforderung in Höhe von letztlich 14.464,16 Euro geltend. Zu Unrecht sei die Beigeladene zu 1) als versicherungsfreie Beschäftigte geführt worden, denn als Teilzeitstudentin komme sie nicht in den Genuss des so genannten Werkstudentenprivilegs. Versicherungsfrei seien nur Personen, die während der Dauer ihres Studiums als Studierende einer Hochschule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien. Dies erfasse jedoch lediglich ordentliche Studierende, deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werde. Der Status als Teilzeitstudent an der F Universität B setze nach deren Hochschulordnung u. a. voraus, dass der Student bei der Rückmeldung erkläre, im folgenden Semester wegen einer gleichzeitig ausgeübten beruflichen Tätigkeit oder einer gleichartigen zeitlichen Belastung nicht mehr als die Hälfte des nach der Studienordnung für das Vollzeitstudium vorgesehenen Studienumfangs aufwenden zu können. Teilzeitstudenten würden daher nicht "überwiegend" durch das Studium in Anspruch genommen. Bei ihrer Entscheidung trug die Beklagte auch dem Umstand Rechnung, dass die Beigeladene zu 1) im Wintersemester 1998/1999 als Vollzeitstudentin immatrikuliert war. Beitragsfreiheit bestehe in diesem Semester jedoch nur für die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung; dagegen bestehe Beitragspflicht in der Rentenversicherung, weil die Beigeladene zu 1) durch ihren Status als Teilzeitstudentin seit dem 1. April 1997 ihren Besitzstand nach § 230 Abs. 4 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch verloren habe.

Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruches machte die Klägerin geltend, die Beigeladene zu 1) habe stets mehr als die Hälfte ihrer Zeit für ihr Studium aufgewandt. Dass sie seit dem Sommersemester 1997 als Teilzeitstudentin immatrikuliert gewesen sei, habe ausschließlich familiäre Gründe gehabt. Ihre Mutter sei seit einer Operation im Jahre 1995 zu 60 % schwerbehindert und daher teilweise pflegebedürftig gewesen. Aufgrund des umfangreichen Studiums und der Pflegetätigkeit sei die Beigeladene zu 1) noch durchschnittlich 10 Stunden wöchentlich als Arbeitnehmerin tätig gewesen. Unberücksichtigt geblieben sei außerdem, dass im Wintersemester 1998/1999 eine Immatrikulation als Vollzeitstudentin vorgelegen habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Beigeladene zu 1) sei in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 30. September 1998 und vom 1. April 1999 bis zum 31. Mai 2002 einem Teilzeitstudium nachgegangen und unterliege daher aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Klägerin der Beitragspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum das Werkstudentenprivileg genieße und beitragsfrei habe beschäftigt werden dürfen. Zu berücksichtigen sei, dass gerade bei geisteswissenschaftlichen Fächern der überwiegende Teil des Studiums nicht im Hörsaal verbracht werde. Außerdem habe die Beigeladene zu 1) keine weiteren entgeltlichen Tätigkeiten ausgeübt. Die Beschäftigung habe maximal 10 Stunden pro Woche betragen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin am 11. April 2005 hat die Beigeladene zu 1) u. a. erklärt, ihr Studium nach wie vor nicht vollständig abgeschlossen zu haben. 1987 habe sie mit dem Studium der C begonnen, nach 2 Semestern sei sie aber in den geisteswissenschaftlichen Bereich gewechselt. Die Immatrikulation als Teilzeitstudentin sei erfolgt, weil sie angesichts der zusätzlichen Belastung, die ihre Mutter für sie bedeutet habe, die Möglichkeit nicht ungenutzt habe lassen wollen, das weitere Ansteigen der Fachsemesterzahl zu verlangsamen.

Mit Urteil vom 11. April 2005 hat das Sozialgericht Berlin die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit die Beklagte Versicherungspflicht und Beitragsforderungen für die Zeit vor dem 1. Oktober 1999 festgestellt hat. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beigeladene zu 1) sei bis einschließlich 30. September 1999 als beitragsfrei zu behandeln. Das Eintreten von Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V setze voraus, dass neben dem Bestehen einer Immatrikulation Zeit und Arbeitskraft überwiegend für das Studium aufgewandt würden, sodass der Betroffene seinem Erscheinungsbild nach als Student anzusehen sei. Der formale Status der Beigeladenen zu 1) als Studentin habe während der gesamten streitigen Zeit bestanden, er werde auch durch die Einschreibung als Teilzeitstudentin nicht berührt. Zwar entspreche ein Teilzeitstudent dann nicht mehr dem Erscheinungsbild eines ordentlichen Studenten, wenn er mehr Zeit auf andere Verpflichtungen als auf sein Studium aufwende. Das Erscheinungsbild als Student bestimme sich jedoch nach den tatsächlichen Umständen und nicht nach der Einschreibung als Vollzeit- oder Teilzeitstudent. Im Falle der Beigeladenen zu 1) sei nicht ersichtlich, dass der in ihr Studium investierte Zeitaufwand sich dadurch geändert habe, dass sie den Status einer Vollzeitstudentin mit dem einer Teilzeitstudentin und wieder zurück getauscht habe. Aus den Angaben der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung erscheine es dem Gericht nachvollziehbar, dass sie sich deswegen als Teilzeitstudentin immatrikuliert habe, weil sie den weiteren Anstieg der Fachsemesterzahl habe bremsen wollen. Daraus ergebe sich zwar, dass sie die Gestaltungsmöglichkeit, den Status einer Teilzeitstudentin zu wählen, missbraucht habe. Dies rechtfertige aber noch nicht die Annahme, sie sei entsprechend den tatsächlichen Umständen ihres Studiums nicht mehr als Studentin anzusehen gewesen. Die Kammer sei allerdings der Auffassung, dass zu dem Erscheinungsbild eines ordentlichen Studenten nicht nur die Immatrikulation und der Besuch von Lehrveranstaltungen gehörten, sondern auch die nachweisbare und ernsthafte Absicht, das Studium binnen angemessener Zeit abzuschließen. Eine überlange Studiendauer hindere die Anerkennung als ordentlicher Student, weil dann das Studium als Lebensform erscheine. Die Grenze für ein überlanges Studium und damit für die Anerkennung als Student dem Erscheinungsbild nach sei bei 25 Semestern zu ziehen. Diese Zeitdauer erfasse das Doppelte der vielfach üblichen tatsächlichen Studiendauer von 12 Semestern und berücksichtige auch, dass sich im Verlauf eines Studiums Hinderungsgründe für einen zügigen Abschluss ergeben könnten. Die Beigeladene zu 1) habe am 1. Oktober 1999 ihr 25. Semester begonnen. Besondere Umstände, welche diese Studiendauer als erforderlich erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Nichts anderes ergebe sich aus den geltend gemachten familiären Gründen. Zur Pflegebedürftigkeit der Mutter sei im Einzelnen nichts gesagt worden, sodass schon der Umfang nicht einschätzbar sei. Sie könne aber nicht der entscheidende Grund für die Ausdehnung der Studiendauer gewesen sein, denn die Klägerin betone, dass die Beigeladene zu 1) trotz Teilzeitstudiums und Pflegebedürftigkeit der Mutter dieselbe Zeit wie ein Vollzeitstudent für den Besuch sowie die Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen aufgewandt habe. Gegen das ihr am 6. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Beigeladene zu 1) auch vor dem 1. Oktober 1999 beitragspflichtig beschäftigt gewesen sei. Ein als Teilzeitstudent immatrikulierter Beschäftigter könne entsprechend dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 29. April 1996 nicht als ordentlicher Student angesehen werden. Als solcher könne nur gelten, wer für sein Studium mehr als 20 Wochenstunden aufwende. Die Voraussetzung für den Status als Teilzeitstudent bestehe aber gerade darin, dass nicht mehr als die Hälfte des vorgesehenen Studienumfangs betrieben werden könne. Das Sozialgericht habe ungeprüft den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt, wonach diese trotz Teilzeitstudiums und Pflege der Mutter dieselbe Zeit wie ein Vollzeitstudent für das Studium aufgewandt habe. Im Widerspruch dazu stehe, dass die Beigeladene zu 1) selbst erklärt habe, die Immatrikulation als Teilzeitstudentin sei angesichts der zusätzlichen Belastung durch die Mutter erfolgt. An die Behauptung, dass trotz des Status als Teilzeitstudentin Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen worden seien, sei eine erhöhte Beweisanforderung zu knüpfen. Dieser Beweis sei nicht erbracht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. April 2005 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das mit der Berufung angegriffene Urteil des Sozialgerichts Berlin für zutreffend. Soweit die Beklagte sich auf eine Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger berufe, dürfe dies nicht maßgeblich sein. Entscheidend sei allein, in welchem Umfange sich die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum ihrem Studium gewidmet habe.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin der Klage teilweise stattgegeben. Der angefochtene Bescheid ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Soweit die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid Versicherungspflicht auch im Zeitraum 1. Januar 1998 bis 30. September 1999 festgestellt und entsprechende Beitragsnachforderungen erhoben hat – bezogen auf das Wintersemester 1998/1999 jedoch nur für die gesetzliche Rentenversicherung –, hält dies der gerichtlichen Prüfung stand.

Die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin unterfällt auch für diesen noch streitigen Zeitraum § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, wonach Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, versicherungspflichtig sind. Geringfügigkeit lag angesichts der Höhe des Verdienstes zu keinem Zeitpunkt vor. Von der Beurteilung ausgenommen ist insoweit der Zeitraum des Wintersemesters 1998/1999 (1. Oktober 1998 bis 31. März 1999), in dem die Klägerin als Vollzeitstudentin immatrikuliert war und für den die Beklagte Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung festgestellt hat; insoweit ist der angefochtene Bescheid für die Klägerin begünstigend und von ihr nicht mit der Klage angegriffen worden.

Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V ("Werkstudentenprivileg", entsprechend § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III, 230 Abs. 4 Satz 1 SGB VI) liegen auch für den noch streitigen Zeitraum nicht vor. Danach sind Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, versicherungsfrei. Als "ordentliche Studierende" kann die Klägerin aber zur Überzeugung des Senats in den Zeiträumen nicht gelten, in denen sie nur als Teilzeitstudentin immatrikuliert war; der Status als Teilzeitstudentin schließt die Inanspruchnahme des Werkstudentenprivilegs nämlich grundsätzlich aus.

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat für die Versicherungsfreiheit auf Grund des Werkstudentenprivilegs nicht das formale Kriterium genügen lassen, dass es sich bei den Beschäftigten statusrechtlich um Studenten handelt. Die Versicherungsfreiheit verlangt vielmehr neben dem förmlichen Status des Studenten (Immatrikulation), dass das Studium Zeit und Arbeitskraft des Studenten überwiegend in Anspruch nimmt und er damit trotz Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt. Gesetzliches Leitbild des Werkstudentenprivilegs sind demnach Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen. Die Beschäftigung ist demgemäß nur versicherungsfrei, wenn und solange sie "neben" dem Studium ausgeübt wird, ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist, mithin das Studium die Hauptsache, die Beschäftigung die Nebensache ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 11. November 2003, B 12 KR 5/03 R, zitiert nach juris).

Das so umschriebene Werkstudentenprivileg durfte die Beigeladene zu 1) nicht für sich beanspruchen, weil ihr Studium, während sie den Status einer Teilzeitstudentin innehatte, ihre Zeit und Arbeitskraft jedenfalls nicht überwiegend in Anspruch nahm.

Dem Lösungsansatz des Sozialgerichts vermag der Senat dabei nicht zu folgen, denn er findet keine Stütze im Gesetz. Das Sozialgericht hat eine Grenze von 24 Fachsemestern gezogen und ist davon ausgegangen, dass ein ordnungsgemäßes Studium danach nicht mehr vorliegen könne. Entscheidend kann aber allein sein, ob ein Betroffener seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt, weil das Studium für ihn "die Hauptsache" darstellt. Ob nach einer bestimmten hohen Anzahl von Fachsemestern das Werkstudentenprivileg nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V gleichsam automatisch entfallen kann, lässt der Senat ausdrücklich offen.

Im Falle der Beigeladenen zu 1) sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass ihr Studium jedenfalls in denjenigen Semestern nicht mehr ihre "Hauptsache" war, in denen sie als Teilzeitstudentin immatrikuliert war.

So ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte (Bezug nehmend auf ein Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 29./30. April 1996) allein aus dem Status als Teilzeitstudentin darauf geschlossen hat, das Studium nehme die Beigeladene zu 1) nicht mehr überwiegend in Anspruch. Auch in anderen Zusammenhängen ist entschieden worden, dass ein Studium als ordentlicher Studierender an einer Hochschule im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nur dann vorliege, wenn der Studierende voll immatrikuliert ist und die wissenschaftliche Ausbildung ihn überwiegend in Anspruch nimmt (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. März 2001, L 2 AL 17/99, zitiert nach juris).

Die hier maßgebliche Studienordnung der F Universität B sieht in § 7 Abs. 2 Nr. 1 eine Immatrikulation als Teilzeitstudent nur vor, wenn der Student bei der Immatrikulation bzw. Rückmeldung erklärt, im folgenden Semester wegen einer gleichzeitig ausgeübten beruflichen Tätigkeit oder einer gleichartigen zeitlichen Belastung nicht mehr als die Hälfte des nach der Studienordnung für das Vollzeitstudium vorgesehenen Studienumfangs aufwenden zu können.

An diesem von ihr selbst gewählten Status muss die Beigeladene zu 1) sich festhalten lassen. Den mit dem Status der Teilzeitstudentin gesetzten Anschein, die Beigeladene zu 1) widme sich nicht mehr überwiegend dem Studium, sieht der Senat als nicht entkräftet an.

So hat die Beigeladene zu 1) – und ihr folgend die Klägerin – im Schreiben vom 23. Juli 2002 ausdrücklich erklärt, den Status der Teilzeitstudentin gewählt zu haben, weil dies ihrer familiären Situation geschuldet gewesen sei. Die schwerbehinderte Mutter habe sie gebeten, die Führung des gemeinsamen Haushalts zu übernehmen. Ein Vollzeitstudium habe sie erst wieder aufnehmen können, seit ihre Mutter berentet sei. Dieser Schilderung ist ohne Weiteres zu entnehmen, dass die Beigeladene zu 1) erhöhten häuslichen Zeitaufwand hatte, der auf die Krankheit und die Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter zurück ging und dem sie nur mit einer Reduzierung ihrer Studienzeit begegnen konnte, zumal sie zusätzlich regelmäßig zehn Stunden pro Woche für die Klägerin tätig war. Dieses Gesamtbild lässt es in jeder Hinsicht plausibel erscheinen, dass sie nicht mehr als die Hälfte des nach der Studienordnung für das Vollzeitstudium vorgesehenen Studienumfangs aufwenden konnte.

Auch die von der Beigeladenen zu 1) eingereichten Studienbuchseiten lassen den Rückschluss nicht zu, dass der tatsächliche Aufwand mehr als die Hälfte des vorgesehenen Studienumfangs ausmachte. Unabhängig vom grundsätzlichen Beweiswert dieser vom Studenten eigenständig auszufüllenden Dokumente sind etwa für das Sommersemester 1998 nur sechs Semesterwochenstunden verzeichnet, was dem Leben der Beigeladenen zu 1) nicht das Hauptgepräge gegeben haben dürfte, selbst wenn es sich dabei um Hauptseminare handelte. Sofern für das Sommersemester 1999 vierzehn Semesterwochenstunden verzeichnet sind, ist dies zwar weitaus mehr, doch liegen insoweit keine Leistungsnachweise vor, die belegen würden, dass die Beigeladene zu 1) die von ihr selbst eingetragenen Veranstaltungen auch tatsächlich einschließlich der Erstellung eines Leistungsnachweises besucht hätte. Für den hier fraglichen Zeitraum befindet sich nur ein einziger Leistungsnachweis bei den Akten, nämlich ein Hauptseminarschein über vier Semesterwochenstunden für das Sommersemester 1998.

Das nach den Akten bestehende Gesamtbild lässt danach keine andere Schlussfolgerung zu, als dass die Beigeladene zu 1) jedenfalls während ihrer Immatrikulation als Teilzeitstudentin das Werkstudentenprivileg verloren hatte. Dass diese Sichtweise den tatsächlichen Umständen gerecht wird, mag sich auch daran zeigen, dass die Klägerin ihr Teilunterliegen für den Zeitraum 1. Oktober 1999 bis 31. Mai 2002 klaglos hingenommen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 3 und 162 Abs. 3 VwGO.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Sache hat der Senat die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

RechtsgebietSGB VVorschriften§ 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V

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