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11.07.2008 · IWW-Abrufnummer 082108

Landessozialgericht Niedersachsen: Beschluss vom 15.04.2008 – L 4 KR 48/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen

L 4 KR 48/04

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Der Kläger ist ein in gemeinnütziger Vereinsform geführter Landesverband für Amateurtheatervereine. Die Mitglieder können gemäß § 4 der Satzung des Verbandes Amateurtheatervereine sein sowie selbständige Arbeitsgemeinschaften und sonstige Organisationen, die sich mit dem darstellenden Spiel befassen, sowie Einzelpersonen. Gemäß § 2 der Satzung ist Zweck und Ziel des Verbandes die Pflege, Förderung und Verbreitung des Amateurtheaters im Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbereich. Der Verein ist gemäß § 3 der Satzung gemeinnützig. Er verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung. Die Mitglieder des Verbandes haben gemäß § 6 der Satzung das Recht auf Förderung (Aus- und Weiterbildung) in allen Bereichen des Amateurtheaters und darstellenden Spiels sowie das Recht auf Rat und Betreuung in künstlerischen, technischen und verwaltungsmäßigen Bereichen. Zur Erfüllung des Vereinszwecks und der Satzungsverpflichtung führt der Kläger Theaterfortbildungskurse durch, die ausschließlich für Verbandsmitglieder oder – soweit diese juristische Personen sind – für Mitglieder der Verbandsmitglieder zugänglich sind. In den Jahren 1995 bis 1999 engagierte er hierzu selbständige Künstler, die in den Bereichen Wort, bildende Kunst, darstellende Kunst und Musik Seminare abhielten und für diese Tätigkeit vom Kläger ein Honorar erhielten. Insgesamt beliefen sich die gezahlten Honorare nach den Angaben des Schatzmeisters des Klägers im Schreiben vom 26. September 2000 für die Zeit von 1995 bis 1999 auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 33.665,00 DM. Für die Teilnahme an den angebotenen Kursen erhob der Kläger von den Teilnehmern in der Regel eine Kursgebühr zwischen 20,00 DM und 50,00 DM.

Nachdem der Kläger den Fragebogen zur Feststellung der Abgabepflicht nach dem KSVG ausgefüllt sowie die Entgeltzahlungen für die Jahre 1995 bis 1999 durch seinen Schatzmeister mitgeteilt hatte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 29. September 2000 die Höhe der Künstlersozialabgabe für die Jahre von 1995 bis 1999 fest und forderte vom Kläger folgende Künstlersozialabgabe:

Für das Jahr 1995 30,61 DM für das Jahr 1996 57,82 DM für das Jahr 1997 352,56 DM für das Jahr 1998 146,46 DM und für das Jahr 1999 89,59 DM.

Der Gesamtrückstand auf die Künstlersozialabgabe betrage 854,50 DM. Gleichzeitig setzte die Beklagte für die Zeit ab 1. März 2000 die monatliche Vorauszahlung fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er bereits dem Grunde nach nicht abgabepflichtig sei. Zwar würden Schulungskurse für Mitglieder angeboten, es würde jedoch keine "Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten" betrieben. Diese setze das Bestehen eines Unternehmens voraus. Der Unternehmensbegriff des Bundessozialgerichts (BSG) bedeute, dass eine Regelmäßigkeit und Nachhaltigkeit vorhanden sein müssten. Dies sei bei den verbandsinternen Seminaren, die allein den Verbandmitgliedern angeboten würden, nicht der Fall. Der Verband falle deshalb nicht unter den Unternehmensbegriff des § 24 Abs 1 KSVG. Auch der Auffangtatbestand des § 24 Abs 2 KSVG liege nicht vor, da der Verband nicht die Aufgabe habe, entsprechende Leistungen für Zwecke des Unternehmens zu nutzen und in diesem Zusammenhang Einnahmen zu erzielen. Rechtsgrundlage für das Tätigwerden des Verbandes sei ausschließlich die Satzung und dabei die Erfüllung von Vereinspflichten gegenüber den Mitgliedern. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2001). Es handele sich beim Kläger um eine Ausbildungseinrichtung i. S. v. § 24 Abs 1 Nr. 9 KSVG.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, die am 31. Januar 2001 beim Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist. Zur Begründung hat der Kläger erneut darauf hingewiesen, dass er weder ein Unternehmen nach § 24 Abs 1 KSVG noch ein Unternehmen nach § 24 Abs 2 KSVG betreibe. Es handele sich um einen nach der Satzung und dem Geschäftsbetrieb gemeinnützigen Verein. Es sei ihm deshalb ausdrücklich untersagt, wirtschaftliche, auf Gewinn gerichtete, Interessen zu verfolgen.

Mit Urteil vom 27. Januar 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Bescheide der Beklagten rechtmäßig seien. Der Kläger sei zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, weil er im Sinne des § 24 Abs 1 Ziff 9 KSVG als Unternehmer eine Aus- und Fortbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten betreibe. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG richte sich die Auslegung des Begriffs Unternehmer in § 24 Abs 1 KSVG in Ermangelung einer eigenständigen Definition im Gesetz entscheidend am Zweck des KSVG aus. Dieser bestehe darin, alle Personen zu erfassen, die Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten in Anspruch nehmen und vermarkten würden, sofern sie überhaupt ein Unternehmen betreiben, d.h. eine nachhaltige und nicht nur gelegentliche Tätigkeit ausüben würden. Das SG hat sich auf das Urteil des BSG vom 20. April 1994, Az: 3/12 RK 33/92 bezogen. Danach seien Unternehmer iSd § 24 KSVG alle natürlichen oder juristischen Personen, deren Tätigkeit einem der in dieser Vorschrift genannten Zwecke diene. Weitere Anforderungen an die Professionalität der Vermarktung stelle das Gesetz nicht. Der Kläger habe sich die Pflege, Förderung und Verbreitung des Amateurtheaters im Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbereich zum Ziel gesetzt. Zu diesem Zweck nehme er die Leistungen selbständiger Künstler in Anspruch, indem er sie als Seminarleiter der Fortbildungskurse einsetze. Dies geschehe regelmäßig und nachhaltig. Dies sei an den gesetzlichen Honoraren für die Künstler in den Jahren 1995 bis 1999 in Höhe von 33.665,00 DM ersichtlich. Der Kläger erhebe von seinen Mitgliedern Beiträge und – sofern die angebotenen Fortbildungsveranstaltungen in Anspruch genommen würden – Kursgebühren. Es sei unerheblich, dass die Beiträge und Kursgebühren nicht kostendeckend oder gewinnbringend seien. Eine Gewinnerzielungsabsicht auf Seiten des Vermarkters sei nicht erforderlich. Das nachhaltige und regelmäßige Einsetzen der Künstler zu Fortbildungszwecken reiche somit aus, um den Unternehmensbegriff des § 24 KSVG annehmen zu können, denn die Verwertung künstlerischer Leistungen müsse nicht ausschließlicher Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit sein; sie brauche nicht einmal vorrangig zu sein. Es sei deshalb auch ohne Bedeutung für die Rechtslage, dass der Kläger die Fortbildungskurse zur Erfüllung seiner satzungsmäßigen Verpflichtungen durchführe. Nach der Rechtsprechung des BSG sei es auch unerheblich, dass der Kläger von der öffentlichen Hand subventioniert werde und er gemeinnützig tätig sei. Schließlich betreibe der Kläger als Unternehmen eine Aus- und Fortbildungseinrichtung, denn er biete seinen Verbandsmitgliedern Theaterfortbildungskurse in allen Bereichen des Amateurtheaters und darstellenden Spiels an. § 24 Abs 1 Ziff 9 KSVG umfasse neben der Ausbildung – die im weiteren Sinne zu verstehen sei – auch die Fortbildung. Hierbei müsse es sich nicht um solche Veranstaltungen handeln, die zu einer künstlerischen Berufstätigkeit ausbilden würden. Eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten sei auch dann gegeben, wenn nur ein Laienunterricht erteilt werde.

Gegen das dem Kläger am 9. Februar 2004 zugestellte Urteil hat dieser Berufung eingelegt, die am 27. Februar 2004 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, dass eine gesetzliche Grundlage für die Abgabepflicht des Klägers fehle. Er sei nicht Unternehmer iSd § 24 Abs 1 KSVG und betreibe keine Aus- und Fortbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten. Es fehle insbesondere an der Nachhaltigkeit der Leistungen. Es werde in unzulässiger Weise der Satzungszweck nicht berücksichtigt. Danach hätten Mitglieder nach § 6 Nr 1 der Satzung das Recht auf Förderung. Dementsprechend betreffe die Ausbildung im künstlerischen Bereich nur einen marginalen Teil der Verbandstätigkeit. Die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen seien daher nur bruchteilhaft dem Bereich Aus- und Weiterbildung zuzuordnen. Ein unternehmerischer Zweck liege gerade nicht vor. Im Übrigen verkenne das erstinstanzliche Urteil, dass nicht jeder gelegentliche Einsatz von Künstlern eine Abgabepflicht nach dem KSVG nach sich ziehen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Januar 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die vom Kläger angebotenen Ausbildungstätigkeiten seien solche iSv § 2 KSVG. Ob die Ausbildung im Rahmen einer "mitgliedschaftlichen Verpflichtung" erfolge, sei unerheblich. Das BSG habe sogar entschieden, dass selbst die Verwertung künstlerischer Leistungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen der Abgabepflicht nach § 24 bzw 25 KSVG begründe.

Die Beteiligten sind gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind. II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich gehalten hat.

Das Urteil des SG Hannover vom 27. Januar 2004 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten sind zutreffend. Der Kläger ist zur Künstlersozialabgabe gemäß § 24 Abs 1 Ziff 9 KSVG verpflichtet. Es handelt sich um ein Unternehmen, welches eine Aus- und Fortbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten betreibt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann. Die Tatsache, dass es sich bei dem Kläger um einen eingetragenen Verein handelt, der § 3 Abs 1 seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung verfolgt, spricht nicht gegen die Einordnung als Unternehmen iSd § 24 Abs 1 KSVG. Das SG hat bereits in seiner Entscheidung vom 27. Januar 2004, ebenso wie der Senat in seiner Anhörung gemäß § 153 Abs 4 SGG, auf die Entscheidung des BSG vom 1. Oktober 1991, Az: 12 RK 1/91 (in NZA 1992, S 623), hingewiesen. Die Entscheidung des BSG befasst sich mit einer Musikschule, die in Form eines eingetragenen Vereins betrieben wird, der nach seiner Satzung den Zweck hat, Kinder, Jugendliche und Erwachsene an die Musik heranzuführen sowie Begabungen frühzeitig zu erkennen und individuell zu fördern. Nach seinem Satzungszweck verfolgt die Musikschule ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, nicht eigenwirtschaftliche Zwecke. Gleichwohl hat das BSG im o. g. Urteil entschieden, dass die Musikschule zum Kreis der Abgabepflichtigen gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG gehört. Ob er Leistungen selbständiger Künstler in Anspruch nimmt und ihnen Entgelt iSd § 25 KSVG zahlt, gehört nicht zum Tatbestand der Abgabepflicht nach § 24 KSVG.

Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung weiterhin ausführt, dass es an einer nachhaltigen, nicht nur gelegentlichen, auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Tätigkeit fehle, weil er als gemeinnütziger Verein auftrete, so kann der erkennende Senat in Anbetracht der zuvor genannten Entscheidung des BSG vom 1. Oktober 1991 aaO diese Ansicht nicht teilen. Der Hinweis auf den Satzungszweck in § 6 Nr 1 der Satzung ist unbeachtlich. Dasselbe gilt für den Hinweis, dass der Kläger die Kurse lediglich zur Erfüllung seiner satzungsmäßigen Verpflichtungen durchführt. Denn in dem Urteil des BSG vom 1. Oktober 1991 (aaO) hat das BSG einen entsprechenden Vortrag des dortigen Klägers berücksichtigt und gleichwohl die Abgabepflicht nach dem KSVG festgestellt. Es reicht danach aus, dass die Tätigkeit auf das Erzielen von Einnahmen gerichtet ist, auch wenn diese nicht kostendeckend sind. Unerheblich ist auch, dass der Unternehmer gemeinnützig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor

RechtsgebietKSVGVorschriften§ 24 Abs. 1 Ziffer 9 KSVG

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