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24.06.2008 · IWW-Abrufnummer 081934

Amtsgericht Köln: Urteil vom 10.09.2007 – 142 C 231/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


AMTSGERICHT KÖLN

142 C 231/07

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Verkündet am 10. 9. 2007

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Köln, Abt. 142 im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 13. 8. 2007 durch den Richter am Amtsgericht Rey für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Gebührennote der Rechtsanwälte Dr. J. & Partner vom 26. 3. 2007, endend auf 736,02 Euro abzüglich von der Beklagten gezahlten; 569,41 Euro freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand gemäß § 495a ZPO

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Freistellungsanspruch in Hinblick auf weiteres Anwaltshonorar seiner Prozessbevollmächtigten aus der Vertretung in einem Strafbefehlsverfahren gegenüber der Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden (Rechtsschutz-) Versicherungsvertrag zu.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Gebühr nach VV 4141 Anm. Abs. 1 Nr. 3 RVG analog entstanden.

Im Tatsächlichen ist zunächst festzustellen, dass das hier in Rede stehende Strafbefehlsverfahren gegen den Kläger durch den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12. 3. 2007, in dem der Reduzierung der Tagessatzhöhe auf 40,00 Euro im Beschlusswege zugestimmt wurde endgültig beendet worden ist. Formell ist dies zwar nicht durch eine Einspruchsrücknahme geschehen, indem der Kläger aber über § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO – nach Beschränkung des Einspruches auf die Höhe des Tagessatzes – hinaus nicht nur der Entscheidung im Beschluss zustimmte sondern seine Zustimmung bereits auf einen bestimmten vom Gericht vorgeschlagenen Tagessatz erstreckte, hat er konkludent in Hinblick auf den danach in diesem Sinne ergangenen Beschluss des Gerichtes vom 15. 3. 2007 auf das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 411 Abs. 1 Satz 3 3. HS StPO verzichtet.

Damit war das Verfahren aber endgültig beendet ohne dass es noch einer förmlichen Einspruchsrücknahme bedurft hätte.

Diese Konstellation löst indes entgegen der Ansicht der Beklagten – im Wege der Analogie – ebenfalls die Gebühr nach VV 4141 aus.

Zunächst ist dabei festzustellen, dass durch das Verfahren nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO in Verbindung mit einem Rechtsmittelverzicht (§ 302 StPO – hier auf die sofortige Beschwerde) lediglich die frühere Vorgehensweise – Beschränkung das Einspruches und Rücknahme desselben in der Hauptverhandlung – ersetzt wird, allerdings unter Einsparung der Terminsgebühr: Ohne gebührenrechtlichen Ausgleich würde dem Anwalt damit ein „Verlust“ entstehen, der ihn dazu bewegen könnte die Zustimmung nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO zu versagen, was die Vorschrift weitgehend leer laufen ließe und insbesondere dazu beiträgt, dass der Entlastungszweck für Gerichte und Anwälte – Vermeidung des Termins – verfehlt wird.

Zu beachten ist weiter, dass die hier in Rede, stehenden Vorschrift des § 411 Abs.1; Satz 3 StPO erst durch Art. 3des: 1. JuMoG vom 24. 8. 2004 .zum 1. 9. 2004 Gesetz geworden ist, während das RVG auf Grund des KostRMoG vom 5. 5. 2004 zum 1. 7. 2004 in Kraft getreten ist. Bei der Fassung von VV 4141 war mithin die neu eingefügte Möglichkeit bei einem auf die Tagessatzhöhe beschränkten Einspruch bei Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss zu entscheiden nicht bekannt. Gleichwohl wird – wie oben dargestellt – durch diese Möglichkeit ebenfalls eine Hauptverhandlung entbehrlich wie dies die Anm. zu VV 4141 fordert. Soweit ein Rechtsanwalt wie im vorliegenden Fall geschehen daran mitgewirkt hat, ist auch der gesetzgeberische Zweck, es zu honorieren, wenn der Anwalt eine Hauptverhandlung vermeiden hilft, erreicht. Dass der Gesetzgeber aber die Anwendbarkeit des VV 4141 auf die in Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Fälle beschränken und insbesondere später hinzukommenden Möglichkeiten zur Vermeidung einer Hauptverhandlung unberücksichtigt lassen wollte ist nicht erkennbar und kann ausgehend von dem auch im Gesetzgebungsverfahren herausgestellten primären Ziel die Verteidigungsbemühungen von der Hauptverhandlung vorzuverlagern und um vor allem dort eine Kostendreduktion zu erreichen, nicht angenommen werden. Zwar war – oder besser hätte – dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO die Regelung des VV 4141 bekannt (sein müssen), indes bedeutet das nicht, dass er bewusst auf eine Anpassung dieser Vorschrift in Hinblick auf die neue Beendigungsmöglichkeit außerhalb einer Hauptverhandlung in § 411 StPO verzichtet hätte; denn gegen eine solche bewusste Entscheidung spricht vor allem die Gebührenregelung etwa in VV 5115 Anm. Abs. 1 Nr. 5 RVG in dem das Mitwirken des Anwaltes zur Vermeidung einer Hauptverhandlung auch dann honoriert wird wenn es zu einem Beschluss des Gerichtes nach § 72 Abs. 1 OWiG kommt. Auch wenn es verfahrenstechnische Unterschiede zu § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO gibt, ist der Ausgangspunkt – Entscheidung im schriftlichen Verfahren unter Einbeziehung alter Beteiligten – der gleiche. Gerade diese Regelung zeigt damit, dass viel dafür spricht; dass der Gesetzgeber auch § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO VV 4141 erfasst hätte, hätte er dessen gebührenrechtliche Auswirkungen bedacht. Damit liegt auch in Hinblick auf den hypothetischen Willen des Gesetzgebers eine Analogiefähigkeit vor.

Einem Analogieschluss steht auch kein abschließender Charakter des VV 4141 entgegen.

Das Gericht hat bereits ob durch die Bezugnahme auf „genannte Fälle“ (Nr. 1 bis Nr. 3) im Gesetzgebungsverfahren ein abschließender Charakter gemeint gewesen sein soll; denn wenn dafür gemeint gewesen sein sollte wäre es nicht die Verwendung des Wortes „nur“ nahegelegen, aber selbst wenn dies gemeint gewesen sein sollte, wäre es nicht von Bedeutung; denn maßgeblich ist der – bindende – Wortlaut des Gesetzes. Diesem lässt sich aber gerade nicht entnehmen, dass die Fälle Nr. 1 bis Nr. 3 ausschließlich sein sollen.

Das zeigt gerade der Wortlaut der vorangehenden Anm., in dem die allgemeine Begründung für den Gebührentatbestand gegeben wird, wonach unabhängig von einzelnen Fallkonstellationen das allgemeine Ziel des Gebührentatbestandes darin besteht, das die Hauptverhandlung unter Mithilfe des Anwaltes entbehrlich wird. Die Nr. 1 bis Nr. 3 geben daher nur in betracht kommende Fälle dieses Entbehrlichwerdens wieder und zwar weder im Sinne einer beispielhaften Aufzählung noch im Sinne einer abschließenden. Dass hierdurch neue durch den Gesetzgeber nachträglich eingeführte Möglichkeiten zur Vermeidung von Hauptverhandlungen ausgeschlossen werden sollten, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.

Zuletzt zeigt aber auch die Rechtsprechung zu dem rechtssystematisch ähnlich konstruierter BRAGO, dass bereits unter Geltung dieser Vorschrift über die dort genanten Fälle Nr. 1 bis Nr. 3 hinaus entsprechende Anwendungen erfolgten. So ist z. B. auch In den Fällen des § 154 Abs. 2 StPO die Anwendung des § 84 Abs. 2 BRAGO bejaht worden, obwohl nach dem Inhalt dieser Vorschrift entgegen Nr. 1 gerade keine endgültige Einstellung vorliegt, aber wegen § 154 Abs. 4 und Abs. 5 StPO eine Fortführung des Verfahrens kaum in Betracht kommt. Ein weiterer ebenfalls in Nr. 1 bis Nr. 3 nicht geregelter aber von § 84 Abs. 2 BRAGO und jetzt VV 4141 erfasster Fall betrifft die Rücknahme des Strafbefehls durch die Staatsanwaltschaft (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 4141 VV Rn 2 m. w. N.).

Nach alledem ist für den vorliegenden Fall des zu einem endgültigen Abschluss des Strafverfahrens führenden Verfahrens nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO eine analoge Anwendung des VV 4141 RVG geboten.

Da die Höhe der Gebühren – 166,61 Euro – unstreitig ist, ist die Klage insgesamt gegründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 713 ZPO.

Streitwert: 166,61 Euro.

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2300 VV RVG, Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG

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