Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

21.05.2008 · IWW-Abrufnummer 081570

Finanzgericht München: Urteil vom 15.11.2006 – 3 K 3118/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 3 K 3118/03

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache XXX

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2006
für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Klägerin Leistungsempfängerin der Leistungen entsprechend der Sammelaufstellung vom 28.2.2003 der T ist und ob ihr deshalb ein Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung i.S.d. § 14 Umsatzsteuergesetz in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) gegen den TÜV zusteht.

Die Klägerin betreibt eine Kfz-Werkstatt. Von ihren Kunden wurde die Klägerin u.a. beauftragt, die Kundenfahrzeuge zur gesetzlichen Hauptuntersuchung vorzuführen. Dabei hatte die Klägerin die Wahl, die Kundenfahrzeuge entweder bei den Prüfstellen der Überwachungsorganisationen vorzufahren oder einen Termin mit einem Prüfingenieur des T in der Werkstatt der Klägerin zu vereinbaren. In diesem Fall führte der Prüfingenieur die Hauptuntersuchung in der Werkstatt der Klägerin durch.

Mit Schreiben vom 11.3.2003 forderte die Klägerin den T auf, ihr für die streitgegenständlichen Leistungen eine Rechnung i.S.d. § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) mit ausgewiesener Umsatzsteuer auszustellen. Der T lehnte diese Forderung mit Schreiben vom 17.3.2003 ab, da seit 1.1.2003 eine Leistungsbeziehung zwischen dem T und dem Fahrzeughalter angenommen werde. Zur Begründung verwies er auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministers der Finanzen vom 20.10.2002 an den Präsidenten des Deutschen KFZ -Gewerbes Bayern e.V. und auf eine Verfügung der Oberfinanzdirektion München vom 9.1.2003 (Az. S- 7200-199 St 43).

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Feststellungsklage. Zur Klagebegründung trägt sie vor, dass die für den Anspruch auf Rechnungserteilung wesentliche Frage des umsatzsteuerlichen Leistungsempfängers vorab vom Finanzgericht zu klären sei. Die Feststellung des Leistungsempfängers einer umsatzsteuerlichen Leistung sei Gegenstand des umsatzsteuerlichen Rechtsverhältnisses. Der Leistungsempfänger sei die Person, die aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, welches dem Leistungsaustausch zugrunde liege, berechtigt und verpflichtet sei. Insoweit sei das Zivilrecht maßgebend. Zur Durchführung der Hauptuntersuchung liege einzig und allein ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis zwischen dem T und der Klägerin vor. Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 25.7., 25.8. und 23.10.2003 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Klägerin für von ihr im Kundenauftrag veranlasste Hauptuntersuchungen gemäß § 29 StVZO entsprechend der „Sammelauflistung vom 28.2.2003“ der Beigeladenen T Leistungsempfängerin i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt (FA) beantragt,
die Klage abzuweisen.

Auf die Schriftsätze des FA vom 5.8., 12.9. 2003 und vom 23.12.2005 wird verwiesen.

Mit Beschluss vom 21.8.2006 ist die T zum Verfahren gemäß § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen worden.

Die Beigeladene trägt vor, dass sie seit vielen Jahren in dem von der Klägerin bereitgestellten Prüfstützpunkt Hauptuntersuchungen gem. § 29 StVZO durchführe. Aus Sicht der Beigeladenen sei die Klägerin Empfängerin der Untersuchungsleistung gewesen. Demgemäß habe die Beigeladene bis Ende 2002 der Klägerin Rechnungen (unter Ausweis der Umsatzsteuer) über die Prüfgebühren erstellt. Dabei sei sie selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Klägerin die Prüfgebühren an ihre Kunden weiter berechnen würde. Mit Schreiben vom 27.7.2001 habe der Bayerische Staatsminister der Finanzen die Unbedenklichkeit dieses zweistufigen Abrechnungsverfahrens noch bestätigt, aber mit Schreiben vom 24.9.2002 dann auf die geänderte Rechtsauffassung der Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder hingewiesen. Ab 1.1. 2003 habe sie deshalb die Abrechnungen an die Fahrzeughalter gestellt.

Auf den Schriftsatz der Beigeladenen vom 1.11.2006 wird verwiesen.

Ferner wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch die Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

„Rechtsverhältnis“ ist regelmäßig ein Steuerschuldverhältnis. Auch die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten, die auf diesem Rechtsverhältnis beruhen, kann begehrt werden (BFH-Urteil vom 10.7.1997 V R 94/96, BStBl II 1997, 707).

Die im Streitfall zu entscheidende Frage, ob die Klägerin Leistungsempfängerin der streitgegenständlichen Leistungen des T im Zusammenhang mit den Hauptuntersuchungen nach § 29 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) ist, ist als Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses i.S.d. § 41 FGO anzusehen.

Die Klägerin hat ihr berechtigtes Interesse an der Feststellung dargelegt.

Dabei handelt es sich um ein eigenes abgabenrechtliches Interesse der Klägerin. Auch wenn für die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs auf Rechnungserteilung mit Steuerausweis der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist, ergibt sich das Interesse der Klägerin an einer solchen Rechnung aus § 15 Abs. 1 UStG.

Denn die Erteilung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer kann nur zur Durchsetzung eines berechtigten Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gefordert werden. Bestehen insoweit ernstliche Zweifel, kann die Erteilung einer Rechnung nur verlangt werden, wenn eine Finanzbehörde die Zweifelsfrage bestandskräftig entschieden hat (vgl. BGH-Urteil vom 2.11.2001 V ZR 224/00, DB 2002, 140). Eine finanzgerichtliche Entscheidung auf einen Feststellungsantrag steht insoweit einer bestandskräftigen finanzbehördlichen Entscheidung gleich (BFH-Urteil vom 10.7.1997 a.a.O.).

Im Streitfall entfällt das Feststellungsinteresse auch nicht etwa deshalb, weil die Klägerin für den Fall, dass sie Leistungsempfängerin der Leistungen des T ist, zugleich umsatzsteuerpflichtige Leistungen an ihre Kunden erbringt. Eine Saldierung eines eventuellen Vorsteueranspruchs aus Leistungen des T mit einem Umsatzsteueranspruch wegen der von der Klägerin an ihre Kunden erbrachten Leistungen kann nicht erfolgen, da es sich hier um jeweils selbständig zu beurteilende Steuertatbestände handelt.

2. Die Klägerin ist nicht Empfängerin der streitgegenständlichen Leistungen des T i.S.d. §§ 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 UStG.

a) Für die Bestimmung der Leistungsbeziehungen folgt das Umsatzsteuerrecht dem Zivilrecht. Danach ist Leistungsempfänger diejenige Person, die aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt oder verpflichtet ist (vgl. BFH-Beschluss vom 4.4.2000 V B 186/99, BFH/NV 2000, 1370).

In Anwendung dieser Grundsätze sind im Streitfall die Fahrzeughalter die Leistungsempfänger der von T erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit der Hauptuntersuchung nach § 29 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO).

Denn der T erbringt seine Leistung nicht gegenüber der Werkstatt, die im Kundenauftrag das Fahrzeug zur Hauptuntersuchung vorführt, sondern gegenüber dem einzelnen Fahrzeughalter. Die Klägerin ist nur die Mittelsperson für die zwischen dem T und den Fahrzeughaltern bestehenden Leistungsbeziehungen.

Mit dem Kundenauftrag bevollmächtigen die Fahrzeughalter die Klägerin u.a., ihre Fahrzeuge zur Hauptuntersuchung vorzuführen (§ 167 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB-). Dabei enthält der Auftrag, das Fahrzeug zur Hauptuntersuchung vorzuführen, schlüssig die Bevollmächtigung, eine Prüforganisation auszuwählen (vgl. Palandt/Heinrichs, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 167 Rz.1 zum Umfang der Bevollmächtigung).

Im Streitfall ist auch für den T erkennbar gewesen, dass die Klägerin jeweils im Auftrag der Fahrzeughalter die Fahrzeuge zur Hauptuntersuchung vorführt und insoweit als Vertreter der Fahrzeughalter handelt (§ 164 Abs. 1 BGB. Denn bei der Vorführung der Fahrzeuge zur Hauptuntersuchung sind Name und Anschrift des Fahrzeughalters dem T zu benennen bzw. ergeben sich aus den dem T vorzulegenden Fahrzeugpapieren (Kraftfahrzeugschein).

Insoweit ist die Klägerin als Vermittler tätig geworden. Dafür spricht ferner, dass die Beigeladene die Klägerin mit Schreiben vom 28.2.2003 auffordert, die im Namen und Auftrag des T von den Fahrzeughaltern vereinnahmten Beträge für die Hauptuntersuchung an sie weiterzuleiten. Auch wenn die Beigeladene vorträgt, dass aus ihrer Sicht die Klägerin Empfängerin der Untersuchungsleistungen gewesen sei, hat die Klägerin als Vertreterin ihrer Kunden die Untersuchungsleistungen entgegengenommen. So weist die Beigeladene selbst darauf hin, dass sie selbstverständlich davon ausging, dass die Klägerin die Prüfgebühren an ihre Kunden weiterberechnete.

b) Diese Beurteilung deckt sich mit den der Hauptuntersuchung zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen. Denn die Fahrzeughalter sind nach § 29 Abs. 1 StVZO verpflichtet, die Fahrzeuge auf ihre Kosten nach Maßgabe der Anlage VIII i.V.m. Anlage V IIIa der StVZO untersuchen zu lassen. Entsprechend hat auch die Beigeladene die Rechnung an die Fahrzeughalter auszustellen. Nach Nr. 6.3 der Anlage VIII b der StVZO ist das Entgelt für die HU; AU; SP und Abnahmen i.S.d. Nr. 6.2 einschließlich der Umsatzsteuer auf den Prüfbericht für den Fahrzeughalter anzugeben. Auch soweit die Klägerin darauf hinweist, dass aus ihrer Sicht die Klägerin für die Bezahlung der Prüfgebühren haftete, entspricht dies der Regelung des § 4 der Gebührenverordnung im Straßenverkehr (GebOSt), demnach die Klägerin – neben dem Fahrzeughalter - als Kostenschuldnerin in Betracht kommt, da sie die Hauptuntersuchungen – wenn auch im Kundenauftrag- veranlasste.

Davon ausgehend ist die Hauptuntersuchung in ihren Wirkungen für die Beigeladene erkennbar auf die Fahrzeughalter gerichtet. Damit ist ausgeschlossen, dass das Geschäft für und gegen den Vertreter –hier die Klägerin- selbst wirkt (vgl. MünchKomm – Schramm, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 164 BGB Rz. 17).

c) Der Einwand, dass die Klägerin hier als Folge einer Leistungskommission (vgl. § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG sowie Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) umsatzsteuerlich als Leistungsempfängerin anzusehen sei, ist unbegründet.

Ein Kommissionsgeschäft im Sinne dieser Regelungen setzt jeweils voraus, das der Kommissionär im eigenen Namen eine Lieferung oder sonstige Leistung empfängt. Im Streitfall ist aber die Klägerin – wie ausgeführt – insoweit nicht im eigenen Namen aufgetreten, sondern es war für den T aus den Umständen erkennbar, dass die Klägerin die Fahrzeuge im Kundenauftrag für die Fahrzeughalter zur Hauptuntersuchung angemeldet hat.

d) Auch der Hinweis der Klägerin auf das Wahlrecht des Unternehmers, ob er die im Namen und für Rechnung eine anderen vereinnahmten und verausgabten Beträge als durchlaufende Posten behandeln will oder nicht, führt nicht zum Erfolg.

Dass die Klägerin im Streitfall ein Wahlrecht hat, die von den Kunden für den T vereinnahmten Kosten der Hauptuntersuchung als durchlaufenden Posten i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG in ihrer Buchhaltung zu erfassen, ist nicht fraglich. Wie ausgeführt, hat die Klägerin insoweit selbst keine Leistung vom T empfangen, sondern im Namen und für Rechnung ihrer Kunden gehandelt, so dass die streitigen Beträge als durchlaufende Posten i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG anzusehen sind. Das Wahlrecht führt aber lediglich dazu, dass die Klägerin diese Beträge als Teil ihrer Besteuerungsgrundlagen erfassen kann (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.1999 V R 46/98, BStBl II 2000, 100). Die Klägerin wird in diesem Falle aber nicht so behandelt, als habe der T die streitgegenständlichen Leistungen an die Klägerin erbracht. Eine solche Fiktion sieht weder die Regelung des § 10 UStG noch Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG vor.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da im Streitfall nur eine Würdigung des Sachverhalts unter Beachtung der Rechtsgrundsätze zum Leistungsempfänger erfolgte.

RechtsgebietUmsatzsteuerVorschriften§§ 14, 15 UStG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr