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25.04.2008 · IWW-Abrufnummer 081311

Landgericht Köln: Urteil vom 31.03.2007 – 13 S 216/06

1. Erstellt der Architekt ein Wertgutachten, so steht ihm ein Honorar gemäß § 632 BGB, § 34 HOAI zu. Ohne besondere schriftliche Vereinbarung hat der Architekt nach den Mindestsätzen der Normalstufe abzurechnen.


2. Auf mehrere getrennte Wertermittlungen, die nur - mehr oder weniger zufällig - gleichzeitig in einem "Auftrag" vergeben werden und bei denen im Ergebnis dann auch trotz des einheitlichen Auftrage dennoch mehrere Verkehrswerte auszuwerfen, also "mehrere Wertermittlungen" vorzunehmen sind, ist die Vorschrift des § 34 HOAI nach Sinn und Zweck nicht anzuwenden.


Landgericht Köln

Urteil

21.03.2007

13 S 216/06

G r ü n d e :

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Dabei war nicht - wie klägerseits im Termin vom 28. Februar 2007 beantragt - gemäß § 331 a ZPO nach Lage der Akten bzw. gemäß § 331 ZPO durch Versäumnisurteil gegen den im Termin nicht erschienenen Beklagten zu entscheiden, sondern vielmehr durch streitiges Endurteil. Denn im Rechtssinne lag eine Säumnis des Beklagten nicht vor. Zwar ist dieser trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin erschienen. Jedoch ist gemäß § 67, 2. HS ZPO der Nebenintervenient "berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen." Diese Befugnis eines Streithelfers schließt das Stellen von Anträgen im Fall der Säumnis der von ihm unterstützten Partei ein (vgl. etwa auch BGH v. 13.4.1994 - II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 67 Rn. 3; Musielak/Weth, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 67 Rn. 4). Vorliegend haben die Streithelfer einen solchen Sachantrag für den Beklagten gestellt und damit die Säumnis abgewendet.

Denn der Bevollmächtigte der Streithelfer hat zunächst den ganz umfassenden Antrag aus dem Schriftsatz vom 19.7.2006 (Bl. 93 d.A.) gestellt, die Berufung zurückzuweisen. Dies hat er im Zuge der Erörterung im Termin nur später wieder dahingehend eingeschränkt, dass er den Antrag "lediglich für die Streithelfer" stelle. Diese Einschränkung hat jedoch nicht zur Folge, dass damit kein Antrag (mehr) zugunsten des Beklagten gestellt war bzw. ein Fall des Nichtverhandelns i.S.d. § 333 ZPO eingetreten wäre. Denn der einschränkende Zusatz ist als rechtlich unbeachtlich anzusehen.

Die Streithelfer haben verkannt, dass der Nebenintervenient weder Partei noch gesetzlicher Vertreter der unterstützten Partei ist, sondern Dritter. Im Prozess kommt ihm dennoch nur die Position eines "Gehilfen" der Hauptpartei kraft eigenen Rechts zu, der - insbesondere in Fristfragen und in Fragen des § 296 ZPO - quasi "akzessorisch" an die Rechtsposition der Hauptpartei "angehängt" ist (vgl. dazu eingehend Deckenbrock/Dötsch, JR 2004, 10 ff. m.w.N.). Im Rahmen des § 67 ZPO kann ein Nebenintervenient zwar in gewissem Umfang selbständig handeln, insbesondere alleine Rechtsmittel einlegen (vgl. etwa BGH v. 28.3.1985 - VII ZR 317/84, NJW 1985, 2480). Aber er darf wegen seiner o.a. Rechtsstellung dabei ersichtlich nicht (nur) im eigenen Namen vorgehen, sondern muss letztlich als "Gehilfe" für die Partei handeln (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 67 Rn. 10). Deswegen ist etwa bei der (alleinigen) Einlegung von Rechtsmitteln durch den Nebenintervenient zwar dieser Rechtsmittelführer, die unterstützte Partei wird aber dennoch selbst auch Partei im höheren Rechtszug (vgl. etwa BGH v. 16.01.1997 - I ZR 208/94, NJW 1997, 2385, 2386; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 67 Rn. 4, 10). Dieser Rechtslage wird die einschränkende Antragstellung im Termin nicht gerecht, weil der Nebenintervenient nach dem Vorgenannten eben nicht nur für sich allein Zurückweisung der Berufung beantragen kann. Eine solche Antragstellung wäre zudem auch sinnwidrig, weil sich die Berufung gar nicht gegen die Streithelfer richtet, sondern eben (nur) gegen die von diesen unterstützte Hauptpartei. Allein für letztere war daher ein Zurückweisungsantrag möglich und geboten.

Die durch den Prozessbevollmächtigten der Streithelfer nach erfolgter Antragstellung vorgenommene Einschränkung des Antrags führt auch nicht dazu, dass davon auszugehen wäre, dass die Streithelfer jeden Antrag fallen gelassen hätten und somit die Hauptpartei als säumig zu gelten hätte. Denn eine Partei kann nach Antragstellung im Termin ihren Säumnis nicht dadurch herbeiführen, dass sie ihren Antrag "zurücknimmt" (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 333 Rn. 1 a.E., § 332 Rn. 2 a.E.; Musielak/Stadler, § 334 Rn. 2).

2. In der Sache war die angegriffene amtsrichterliche Entscheidung - aufgrund des weiteren Vorbringens der Klägerin - teilweise abzuändern.

a) Eine nach der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug erstellte neue Schlussrechnung kann dabei anerkanntermaßen im Berufungsrechtszug nicht auf Grundlage der §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH v. 6. 10. 2005 - VII ZR 229/03, NJW-RR 2005, 1687). Vorliegend hat die Klägerin auf den Hinweis der Kammer vom 15. November 2006 (Bl. 137 d.A.) mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2006 zwei neue Rechnungen über 3.775,24 € und 2.325,43 € vorgelegt, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 148 f. d.A. Bezug genommen wird. Hinsichtlich der mit der Berufung insoweit verfolgten Teilbeträge aus diesen beiden Rechnungen haben Berufung und Klage dann teilweise Erfolg.

Prozessual war dabei auf den zulässigen Einspruch des Beklagten vom 2.2.2006 gegen das der Klage stattgebende Versäumnisurteil des Amtsgerichts Köln vom 24.01.2006 zunächst der Prozess gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand. Daher war - unter Berücksichtigung der o.a. neuen Abrechnungen - gemäß § 343 S. 1 ZPO nunmehr "insoweit" die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, auszusprechen, dass das o.a. Versäumnisurteil teilweise aufrechtzuerhalten war. Im Übrigen war es gemäß § 343 S. 2 ZPO aufzuheben und die Klage abzuweisen.

b) Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch gemäß §§ 631, 632 BGB i.V.m. § 34 HOAI (nur) in tenoriertem Umfang zu.

aa) Die Parteien haben einen wirksamen Werkvertrag geschlossen. Entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts bestehen keinerlei Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin als Werkunternehmerin. Soweit der Beklagte seine Passivlegitimation bezweifelt hat, weil er angeblich - etwa gemäß S. 2 der Einspruchsbegründung und gemäß S. 2 f. des Schriftsatzes vom 6.9.2006 (Bl. 109 f. d.A.) - auch Herrn N habe verpflichten wollen und damals auch in dessen Namen aufgetreten sei (§ 164 Abs. 1 BGB), kann dahinstehen, ob der diesbezügliche Vortrag ausreichend substantiiert ist. Denn selbst das Vorbringen als im Kern zutreffend unterstellt, würde dies jedenfalls nichts daran ändern, dass der Beklagte dann zumindest neben Herrn N als Gesamtschuldner für die vertraglichen Verpflichtungen einzustehen hätte (§§ 427, 431 BGB).

Dass unter den Parteien aber überhaupt ein Vertrag über die Erstellung je eines Wertgutachtens für die beiden Wohn- und Geschäftsobjekte im Innenstadtbereich geschlossen worden ist, hat der Beklagte - gerade auch wegen seines Vortrages zur angeblichen Einbindung des Herrn N und aufgrund der als solches unstreitigen Übersendung der anderen Wertgutachten und Pläne - nicht ausreichend substantiiert bestritten. Soweit er u.a. im Schriftsatz vom 13. Dezember 2006 u.a. gerügt hat, dass die Klägerin nicht berücksichtige, dass es "Vorgutachten" der damaligen Grundstücksverkäufer gegeben habe und allein diese bzw. das Objekt durch die Klägerin überprüft werden sollten (Bl. 160 d.A.), steht dies der Annahme einer entsprechenden vertraglichen Abrede unter den Parteien ebenfalls nicht entgegen. Die Klägerin hat ihren Abrechnungen zuletzt überzeugend die Regelung des § 34 Abs. 6, 3. Spiegelstrich HOAI zugrunde gelegt, die die schlichte Überprüfung bereits vorhandener Wertgutachten gerade ausdrücklich regelt (mit einem pauschalen Abschlag). Diese Bestimmung erfasst auch - wie hier - ein Anknüpfen an fremde Vorermittlungen (Pott/Dahlhoff/Kniffka/Rath, HOAI, 8. Auflage 2006, § 34 Rn. 19; Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl. 2004, § 34 Rn. 16). Anhaltspunkte dafür, dass nach den vertraglichen Abmachungen ggf. sogar nur ein Fall des § 34 Abs. 7 HOAI vorgelegen haben könnte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

bb) Aus dem so geschlossenen Werkvertrag ergibt sich auch ohne gesonderte vertragliche Abrede über § 632 Abs. 2 BGB eine (taxmäßige) Vergütungspflicht nach den einschlägigen Regelungen der HOAI.

Nach § 632 BGB i.V.m. der HOAI kann die Klägerin - wie sie zuletzt wohl eingesehen hat - entgegen ihren beiden ersten Rechnungen vom 22.12.2004 (Anlage K 1 und K 2, Bl. 11 f. d.A.) kein "Pauschalhonorar" verlangen. Denn an konkretem Vortrag zu einer dafür erforderlichen Pauschalvereinbarung i.S.d. § 34 Abs. 4 HOAI fehlt es; vielmehr hat ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2006 sogar nochmals ausdrücklich betont, dass auf eine schriftliche Fixierung des Auftrages im vorliegenden Fall verzichtet worden sei.

Grundlage der Abrechnung können daneben aber auch nicht Abrechnungen nach Zeithonorar (§ 6 HOAI) in Anlehnung an die ersten nachträglich erstellten weiteren Rechnungen gemäß Anlage zum Schriftsatz vom 28.4.2006 (Bl. 53 f. d.A.) sein. Wertgutachten wie die vorliegenden sind gemäß § 34 HOAI - der eine Spezialregelung zu § 33 HOAI ist (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl. 2006, § 33 Rn 9; Pott/Dahlhoff/Kniffka/Rath, HOAI, 8. Auflage 2006, § 34 Rn. 1) - abzurechnen. Ein Sonderfall der §§ 34 Abs. 1, 16 Abs. 2 HOAI (Wert unter 25.565 €) lag ersichtlich nicht vor.

cc) Unter Zugrundelegung der allein maßgeblichen Abrechnungsweise gemäß § 34 HOAI sind dann aber auch die zweitinstanzlich erstmals vorgelegten weiteren beiden Rechnungen erneut in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Dies führte indes nicht zu vollständigen Klageabweisung, sondern zum Zusprechen eines entsprechend gekürzten Betrages wie tenoriert.

(1) Die Klägerin durfte zunächst nur nach der sog. Normalstufe des § 34 HOAI abrechnen, weil eine Abrechnung nach der sog. Schwierigkeitsstufe wegen § 34 Abs. 4 S. 1 HOAI nur zulässig ist, wenn dies vorher schriftlich vereinbart wurde (vgl. auch Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl. 2004, § 34 Rn. 14). Dies ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich; vielmehr lag dem Vertragsverhältnis unstreitig ein mündlicher Auftrag zugrunde (vgl. auch S. 2 der Klageschrift, Bl. 8 d.A.).

Die Klägerin durfte ferner jeweils nur den "Mindestsatz" der Normalstufe ansetzen, denn mangels abweichender schriftlicher Vereinbarung gelten gemäß § 4 Abs. 4 HOAI allein diese Mindestsätze als vereinbart.

Büronebenkosten konnten schließlich nach dem - auch im Bereich des § 34 HOAI anwendbaren - § 7 Abs. 3 S. 2 HOAI mangels entsprechender schriftlicher Vereinbarung ebenfalls nicht pauschal abgerechnet werden. Somit war nur der tatsächliche Ansatz der Fahrtkosten (3 x 35 € = 70 €) zu berücksichtigen und auf die beiden Rechnungen aufzuteilen.

(2) Keinen Bedenken begegnet daneben die getrennte Abrechnung für die beiden Objekte mit ihrem jeweils getrennten Ansatz der einzelnen Verkehrswerte für die beiden Einheiten. Soweit § 34 Abs. 2, S. 2 HOAI meint, dass dann, wenn im Rahmen "einer Wertermittlung" mehrere Objekte zu bewerten sind, das Honorar nach der Summe der ermittelten Werte der einzelnen Objekte zu berechnen ist, greift diese Vorschrift hier nicht mit der Folge ein, dass die Klägerin die beiden Verkehrswerte hätte addieren und eine einheitliche Rechnung hätte erstellen müssen. Zwar hat das OLG Hamm im Urt. v. 8.6.1989 - 21 U 216/88, NJW-RR 1989, 1297 (= IBR 1990, 9 mit zust. Anm. Schulze-I) das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen einer Wertermittlung" wohl so verstanden, als dass es allein darauf ankomme, dass ein "einheitlicher Auftrag" den Begutachtungen (dort: zwei Wertgutachten für zwei Häuserkomplexe aufgrund eines einheitlichen Auftrages) zugrunde liege. Allein so würden Abgrenzungsfragen vermieden (wie z.B. hinsichtlich der Gleichartigkeit oder des örtlichen Zusammenhangs) und allein so würde man dem Willen des Gesetzgebers am ehesten Genüge tun.

Diese Auffassung - die hier zu einer einheitlichen Abrechnung führen müsste - ist jedoch eher vereinzelt geblieben (vgl. aber Jochem, HOAI, 4. Aufl. 1998, § 34 Rn. 10; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl. 2006, § 34 Rn. 6), wobei das Nachvollziehen des Meinungsstandes allerdings dadurch erheblich erschwert wird, als es im Schrifttum Schwierigkeiten bei der Findung klarer Begrifflichkeiten zu § 34 HOAI zu geben scheint. Soweit jedoch die vom OLG Hamm entschiedene Frage als solche klar und eindeutig angesprochen und sachlich diskutiert wird, wird die Entscheidung zu Recht mehrheitlich als falsch abgelehnt (vgl. Röhrich, BIS 2003, 150 ff.; Seifert, IBR 2003, 649; Pott/Dahlhoff/Kniffka/Rath, HOAI, 8. Auflage 2006, § 34 Rn. 13 ff., insbesondere Beispiel 5; Motzke/Wolf, Praxis der HOAI, 3. Aufl. 2004,, S. 515 f.).

Dem schließt sich die Kammer an. Schon der Wortlaut des § 34 HOAI gebietet es, dass die Formulierungen "eine Wertermittlung" und "ein Auftrag" nicht miteinander verwechselt werden dürfen. Nach dem Wortlaut ist vielmehr allein eine einheitliche "Wertermittlung" Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift. Nur insofern wollte der Gesetzgeber ersichtlich eine Ausnutzung des Degressionseffekts der Gebührentabelle für den einheitlichen Vorgang "einer" Wertermittlung. Auf mehrere getrennte Wertermittlungen, die nur - mehr oder weniger zufällig - gleichzeitig in einem "Auftrag" vergeben werden und bei denen im Ergebnis dann auch trotz des einheitlichen Auftrages dennoch mehrere Verkehrswerte auszuwerfen, also "mehrere Wertermittlungen" vorzunehmen sind, ist die Vorschrift nach Sinn und Zweck nicht anzuwenden. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb man die Honorarforderungen für mehrere selbständige Wertermittlungen allein deshalb kürzen sollte, weil diesen (ggf. zufällig) ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegt. Eine echte Arbeitsersparnis o.ä. wird es dort regelmäßig nicht geben, so dass kein sachlicher Grund für eine Zusammenfassung vorliegt.

In der Wertermittlungspraxis herrscht Einigkeit darüber, dass "eine Wertermittlung" eben ein in sich abgeschlossenes und einheitliches Wertermittlungsgutachten mit einem abschließend ermittelten Verkehrswert ist. Dass dazu wiederum im Vorfeld selbst recht häufig mehrere Wertermittlungen mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren durchzuführen sind, aus denen dann das einheitliche Gesamtergebnis abzuleiten ist, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise für mehrere Wertgutachten aufgrund eines nur zufällig einheitlichen Auftrages. Insofern können unter § 34 Abs. 2, S. 2 HOAI zwar u.U. "einheitliche" Wertermittlungen für in Zusammenhang stehende Gebäudekomplexe oder Objektmehrheiten erfasst werden, jedoch eben nur dann, wenn insofern ein einheitlicher Verkehrswert ermittelt wird. Mit dem hier vorliegenden Fall zweier Wertermittlungen aufgrund eines einheitlichen Auftrages hat dies nichts gemein.

(3) Aufbauend auf diese Prämisse ergab sich dann bei der gebotenen linearen Interpolation gemäß § 5a HOAI der tenorierte Betrag von insgesamt 3.406,19 € aus den beiden Rechnungen: Bei der Rechnung B-Straße 17-19 mit einem Verkehrswert von 1.580.000 € war von einem Betrag von 2.164 € (= Mindestsatz der Normalstufe bei 1.500.000) zzgl. 32 % des zu errechnenden Differenzbetrages bis zur nächsten Stufe bei einem Verkehrswert von 1.750.000 €, also 193 € (2.357 €-2.164 €) auszugehen. Letzteres errechnete sich als Betrag von 61,76 €, so dass insgesamt 2.225,76 € verblieben. Dieses Zwischenergebnis war nach § 34 HOAI um die o.a. 20% zu kürzen (= 445,15 €), so dass 1.780,61 € verblieben. Zzgl. 35 € Fahrtkosten ergaben dies als Gesamtsumme aus der korrigierten Rechnung 1.815,61 € zzgl. 16% MWSt = 2.106,11 €.

Aus der zweiten Rechnung B-Straße mit einem Verkehrswert von 540.000 € waren zunächst 1.318 € anzusetzen. Dazu kamen 16 % der Differenz zur nächsten Verkehrswertstufe bei 750.000 (= 1.563 €), also von 245 €, mithin 39,20 €. Vom so errechneten Wert von 1.357,20 € waren 20% (271,44 €) abzuziehen. Zzgl. 35 € Fahrtkosten ergab dies 1.120,76 €, inkl. MWSt also 1.300,08 €.

dd) Entgegen dem Beklagtenvortrag führten die sich aus dem Vorgenannten ergebenden Abrechnungsungenauigkeiten nicht dazu, dass die Klage insgesamt abzuweisen war. Denn - wie gezeigt - waren die letzten Berechnungen zumindest (erstmals) richterlich nachvollziehbar, so dass einfach entsprechende Kürzungen vorgenommen werden konnten (vgl. allgemein auch Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl. 2006, § 8 Rn. 26).

ee) Die Klageforderung war schließlich auch fällig. Dabei kommt es nicht auf § 641 BGB an, der die Fälligkeit des Werklohnanspruchs bei Abnahme allgemein regelt. Denn § 641 BGB wird von der Spezialvorschrift des § 8 HOAI verdrängt. § 8 Abs. 1 HOAI setzt grundsätzlich voraus, dass die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist. Insoweit bestehen keine Bedenken. Knüpft man hier an die beiden letzten Abrechnungen an, lassen die o.a. inhaltlichen Bedenken keine Zweifel an der Prüffähigkeit als solches aufkommen. Will man an die ersten Abrechnungen des Klägers nach vagen "Festpreisen" anknüpfen und die letzten Rechnungen nur als nachgeschobenen Vortrag hinsichtlich deren inhaltlicher Berechtigung würdigen, gilt nichts anderes: Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. etwa BGH, NJW-RR 2006, 455 m.w.N.) ist der Auftraggeber mit dem Einwand fehlender Prüfbarkeit einer solchen Rechnung im Prozess nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen, wenn er nicht innerhalb angemessener Frist nach Zugang der Schlussrechnung die fehlende Prüfbarkeit gerügt hat. In Anlehnung an § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B ist auf einen Zeitraum von 2 Monaten abzustellen; nach Ablauf der Frist findet im Prozess nur eine Sachprüfung statt, ob und wie die nicht prüfbar abgerechnete Forderung unter Berücksichtigung des weiteren Prozessvortrages der Parteien berechtigt ist. Entgegen dem Beklagtenvortrag kommt es nicht darauf an, ob und wie die nicht prüfbare Rechnung zumindest gewisse "Mindestanforderungen" enthält und so etwa Kontroll - und Informationsinteressen gerecht wird. Denn der Auftraggeber kann sich nach § 242 BGB schon dann auf eine fehlende Prüfbarkeit nicht mehr berufen, wenn die Rechnung auch ohne die objektiv unverzichtbaren Angaben seinen Kontroll- und Informationsinteressen genügt, weil er etwa anderweitige Kenntnis erlangt hat oder ihm eine Prüfung gerade möglich war (vgl. BGH, BGHZ 157, 118 = NJW-RR 2004, 445). Die verspätete Rüge ist jedoch nur ein Unterfall dieser Fallgruppe (BGH a.a.O.; siehe auch Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl. 2006, § 8 Rn. 17). Denn wer verspätet rügt zeigt, dass er grundsätzlich mit der Art und Weise der Abrechnung einverstanden war. Der Beklagte hat jedoch die fehlende Prüfbarkeit der Rechnungen gerade nicht rechtzeitig gerügt. Auf den entsprechenden Vortrag in der Klageschrift (Bl. 9 d.A.), hat der Beklagte in der Einspruchserwiderung zunächst nur erwidert, dass er die Klägerin zur Rede gestellt habe, "warum Gutachten erstellt wurden und dann dort keine Bergschäden und Sanierungskosten etc. vermerkt seien" (Bl. 36 d.A.). Dies genügt ersichtlich nicht, denn der Besteller muss die fehlende Prüfbarkeit substanziiert rügen. Eine wirksame Fälligkeitsrüge setzt voraus, dass der Auftragnehmer in die Lage versetzt wird, die fehlenden Anforderungen an die Prüffähigkeit nachzuholen (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Auflage § 8 Rn 17). Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 13. Dezember 2006 erstmals vorträgt, dass er bei dem Telefonat Anfang Januar die Rechnungen als falsch und fehlerhaft zurückgewiesen habe (Bl. 159 f. d.A.), ist dieser Vortrag nach dem Vorgenannten unzureichend.

ff) Mängelansprüche des Beklagten als Besteller greifen vorliegend nicht. Zwar muss der Architekt grundsätzlich im Rahmen des § 8 HOAI die Vertragsgemäßheit, also die Mangelfreiheit, darlegen, solange der Besteller seinen Nachbesserungsanspruch geltend macht (vgl. auch Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl. 2004, § 8 Rn 24). Weist der Besteller jedoch - wie hier - das Werk als Ganzes zurück und verlangt keine Nacherfüllung (mehr), steht - Mangelhaftigkeit unterstellt - fest, dass es zu einer vertragsgemäßen Leistung nicht kommen wird. Dies hat nicht zur Folge, dass die Fälligkeit i.S.v. § 8 HOAI niemals eintreten kann (vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen aaO). Vielmehr richtet sich das Schicksal des Vergütungsanspruchs dann nach dem Gewährleistungsrecht des Bürgerlichen Rechts.

Insofern ist aber hier schon nicht ausreichend vorgetragen, welche Gegenrechte der Beklagte als Besteller geltend machen will. Ein Rücktritt ist jedenfalls nicht erklärt (§ 349 BGB). Eine Minderung i.S.d. § 634 Nr. 3 BGB oder auch Schadensersatzersatzansprüche - wobei der Schaden in der Belastung mit der Honorarforderung gesehen werden müsste - scheiden jedoch letztlich schon deshalb aus, weil das Vorliegen eines Mangels schon nicht ausreichend substantiiert dargetan ist. Die Gutachten sollten aufgrund von Unterlagen und einem Ortstermin erstellt werden. Allein aufgrund der (bestrittenen) Tatsache, dass es im Jahr 2003 Bergschäden gegeben haben mag, ergibt sich jedoch nicht, dass solche im Zeitpunkt des Ortstermins erkennbar gewesen sind. Der vage Vortrag zu "Rissen im Keller" genügt dafür nicht; dem Vortrag auf S. 2 f. des Schriftsatzes vom 21.3.2006 (Bl. 44 f. d.A.) ist der Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten.

Letztlich kann dies aber dahinstehen: Sämtliche Ansprüche setzen nämlich eine fruchtlose Fristsetzung zur Nacherfüllung voraus, die unstreitig nicht erfolgt ist. Eine solche Fristsetzung war auch nicht entbehrlich. Die Voraussetzungen der §§ 636, 323 Abs. 2 BGB sind weder dargetan noch ersichtlich. Dass der Beklagte ggf. kein Interesse an einer Nacherfüllung mehr haben mag, liegt insbesondere nach eigenem Vortrag nicht an den angeblich mangelhaften Wertgutachten. Vielmehr resultierte dies nach eigenem Vortrag auf S. 3 der Einspruchsbegründung (Bl. 35 d.A.) allein auf der angeblichen arglistigen Täuschung durch den damaligen Verhandlungspartner, aufgrund derer man von weiteren Verhandlungen abgesehen habe. Bei dieser Sachlage hätte die Klägerin aber rein tatsächlich ohne weiteres die Gutachten - einen Mangel vorausgesetzt - noch nachbessern können; dem Beklagten fehlte nur das Verwendungsinteresse. Dies ist aber eine Frage des sog. Verwendungsrisikos des Bestellers, welches nach allgemeinen Grundsätzen allein zu dessen Lasten geht.

c) Als Nebenforderung hat der Beklagte der Klägerin gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB deren nicht anrechenbare vorgerichtliche Anwaltskosten zu ersetzen. Denn trotz der Zuvielforderung um ca. 25% befand der Beklagte sich aufgrund des Mahnschreibens vom 2. Mai 2005 (Anlage K 3, Bl. 13 d.A.) u.a. im Zeitpunkt der Einschaltung der Prozessbevollmächtigten im Schuldnerverzug (§ 286 BGB). Die Anwaltskosten waren gemäß § 249 BGB ersatzfähige erforderliche Kosten der Rechtsverfolgung. Ersatzfähig sind sie jedoch nur, soweit die Forderung berechtigt ist, hier also aus einem Streitwert von bis 3.500 € (= 217 € * 0,65 Gebühren = 141,05 € + 20 € Auslagenpauschale = 161,05 €). Umsatzsteuer ist ausweislich Anlage K 7, Bl. 19 d.A. nicht geltend gemacht.

Der Zinsanspruch für die Hauptforderung ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 101, 344 ZPO, wobei wegen des (weitgehenden) Obsiegens der Klägerin erst allein aufgrund des weiteren zweitinstanzlichen Vortrages (insbesondere den neuen Abrechnungen) hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 2 ZPO zu entscheiden war. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

III.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zulassung der Revision ist auch nicht i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da nicht über streitige oder zweifelhafte Rechtsfragen zu entscheiden war.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.582,00 EUR

RechtsgebieteHOAI, BGBVorschriftenHOAI § 34; BGB § 632

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