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15.04.2008 · IWW-Abrufnummer 081128

Landessozialgericht Bayern: Urteil vom 04.12.2007 – L 5 KR 274/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 5 KR 274/06

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin abgabepflichtig nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist.

Die Klägerin ist eine in N. niedergelassene Aktiengesellschaft mit dem handelsregisterlich eingetragenen Unternehmensgegenstand Luftverkehr im In- und Ausland sowie der Betrieb aller damit zusammenhängende Geschäfte insbesondere An- und Verkauf von Fluggeräten. Zur Pflege der public relations nimmt sie seit 2001 die Dienste der Firma Firma m. communications in G. in Anspruch. Diese befasst sich mit der Gestaltung und dem Design von Print- und Online-Medien unter Betonung der Verbindung von Design und Kommunikation und war bis zur Umwandlung in eine GmbH Anfang 2004 eine Einzelfirma des G. B ...

I.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 22.07.2003/Widerspruchs- bescheid vom 02.02.2004 Abgabepflicht der Klägerin nach dem KSVG fest, weil sie regelmäßig künstlerische und publizistische Leistungen der Firma m. communications in Anspruch nehme. In Auswertung des Beratungsvertrages vom 15.07.2002 sowie von Abrechnungen von Leistungen für

- Internetletters, - Mitarbeitermagazin, - Mediendesign, - Fotoshootings, - Satz- und Lithographie, - Wettbewerbspräsentationen, - Internetprojektplanung, - Redaktionssitzungen, - Bordmagazinbesprechungen, - Bildauswahl und Layout einschließlich - Corporate Identity sowie - Neuentwicklung der Titelseite des Mitabeitermagazins "w."

sei festzustellen, dass die Klägerin nicht nur gelegentlich Aufträge an die Firma m. communications erteile, um mit deren Leistungen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen zu betreiben. Die Firma Firma m. communications werde dafür als selbständige Künstlerin bzw. Publizistin in Anspruch genommen; dies betreffe insbesondere die Erstellung des Geschäftsberichtes und die quartalsweise erscheinende Mitarbeiterzeitschrift. Dem Vorbringen der Klägerin, die Firma m. communications sei lediglich als Projektmanagerin tätig geworden und habe lediglich Koordinations- sowie Organisationsaufgaben wahrgenommen folgte die Beklagte nicht ebenso wenig wie dem weiteren Vorbringen, das Mitarbeitermagazin "w." sei von der Klägerin nur für den Eigengebrauch und damit für sie als Endabnehmerin erstellt worden.

Bescheide der Beklagten, die Abgaben der Klägerin nach dem KSVG in Höhe von in der Summe von rund 30.500.- einforderten, griff die Klägerin mit dem Widerspruch an, ohne dass die Beklagte darüber entschieden hätte.

II.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg hat die Klägerin Aufhebung des Bescheides vom 22.07.2003/Widerspruchsbescheides vom 02.02.2004 beantragt. Sie hat bestritten, dass die Firma m. communications publizistische bzw. künstlerische Leistungen für die Klägerin erbracht habe. Weder der Geschäftsbericht noch die Mitarbeiterzeitung seien Werbemaßnahmen. Die Firma m. communications sei als Unternehmensberaterin weder Künstler noch Publizist und schließlich werde das Mitarbeitermagazin nicht in die Öffentlichkeit gegeben, was den Begriff der Werbung nicht erfülle. Demgegenüber hat die Beklagte eingewandt, sowohl die Mitarbeiterzeitung "w.", als auch der jährliche Geschäftsbericht, deren beider Gestaltung die Firma m. communications übernommen habe, seien publizistische Werke und gingen auf entsprechende Leistungen zurück.

Mit Urteil vom 17.05.2006 hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten aufgehoben, weil die Voraussetzungen für eine Abgabepflicht der Klägerin nicht erfüllt seien. Die Firma m. communications werde nicht als selbständiger Künstler oder Publizist für die Klägerin tätig. Der von dieser gestaltete Geschäftsbericht diene der Erfüllung gesetzlicher Veröffentlichungspflichten. Die Mitarbeiterzeitschrift "w." bezwecke, die Beschäftigten über die Geschehnisse im Unternehmen auf dem laufenden zu halten und gelange nicht in die Öffentlichkeit. Zudem habe die Firma m. communications weder Beiträge zu diesen Produkten verfasst noch darauf Einfluss genommen. Deren ausgewiesene Teilnahme an Redaktionssitzungen sei als Projektmanagement zu sehen, nicht jedoch als Leistung im Sinne des KSVG.

III.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Inanspruchnahme der Leistungen der Firma m. communications bei der Erstellung des Geschäftsberichts, des Mitarbeitermagazins sowie des Internetauftritts zögen die Abgabepflicht nach dem KSVG nach sich. Die Redaktion des Geschäftsberichts unterliege der Firma m. communications, so dass Eigenwerbung unter zu Hilfenahme publizistischer Leistungen vorliege, weil der Geschäftsbericht schon seiner Aufmachung nach weit über die Berichtspflichten nach dem Aktiengesetz und dem Handelsgesetzbuch hinausgehe. Die Mitarbeiterzeitung sei kein internes Mitarbeiterpapier, denn sie sei in 1900 Exemplaren gedruckt worden, während lediglich 1750 Beschäftigte tätig gewesen seien. Entsprechend den hierfür in Rechnung gestellten Leistungen Reaktionssitzung mit Themen und Textbesprechung, Mediendesign und Produktion, corporate identity sowie Internetauftritt sei ohne Zweifel eine künstlerische bzw. publizistische Tätigkeit der Firma m. communications anzunehmen.

Dieses Vorbringen hat die Klägerin in Wiederholung ihres bisherigen Vortrags bestritten und zusätzlich geltend gemacht, dass die Firma m. communications seit dem 27.01.2004 als GmbH im Handelsregister eingetragen sei. Spätestens seit Ende 2003 sei damit die Abgabepflicht nach dem KSVG entfallen, weil nicht mehr die Leistungen eines selbständigen Künstlers/Publizisten unterstellt werden könnten, sondern allenfalls die einer juristischen Person. Daraufhin hat die Beklagte mit Abhilfebescheid vom 11.05.2007 die Beendigung der Abgabepflicht nach dem KSVG am 31.12.2003 festgestellt, Beitragsbescheide für die Zeit ab 01.01.2004 aufgehoben und mit Schriftsatz vom 04.06.2007 ausschließlich für die davor liegende Zeit unter Beibehaltung ihres bisherigen Standpunkts eine Entscheidung beantragt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.05.2006 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 22.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2004 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit der Übertragung des Rechtsstreits auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Verhandlung und Entscheidung erklärt.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2007 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und insbesondere auf die Niederschrift des Verhandlungstermins vom 04.12.2007 wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) die Erfassungsentscheidung der Beklagten, dass die Klägerin in Bezug auf die Tätigkeiten der Firma m. communications abgabepflichtig nach dem KSVG ist, voll umfänglich aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten gem. § 155 Abs. 3, 4 SGG durch den Berichterstatter als Einzelrichter.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2004, mit welchem sie dem Grunde nach festgestellt hat, dass die Beklagte abgabepflichtig nach dem KSVG ist, soweit publizistische/künstlerische Leistungen der Firma Firma m. communications in Anspruch genommen wurden. Dies ist die Zeit bis 31.12.2003, nicht hingegen die Zeit danach, in welcher die Firma m. communications GmbH als juristische Person Leistungen für die Klägerin erbracht hat. Denn die streitige Entscheidung der Beklagten bezieht sich nur auf Leistungen der Einzelfirma m. communications und die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 04.06.2007 den Zeitraum ab 01.01.2004 als nicht streitig bezeichnet und eine gerichtliche Entscheidung nur für die Zeit davor beantragt.

Nicht Streitgegenstand sind hingegen die Abgabebescheide der Beklagten. Diejenigen vom 02.02.2005, 13.04.2006 und 12.04.2007 sind mit Bescheid vom 11.05.2007 ohnehin aufgehoben. Aber auch die Abgabebescheide für die davor liegende Zeit sind nicht Gegenstand des streitigen Verfahrens, wie sich aus dem Vorbringen der Beteiligten in erster Instanz, dem Urteil des SG Nürnberg und dem Vorbringen in zweiter Instanz ergibt. Zudem hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2007 ausdrücklich Abweisung der Klage nur gegen den Bescheid vom 22.07.2003/Widerspruchsbescheid vom 02.02.2004 beantragt.

I.

Die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten ist - entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts Nürnberg - materiell zutreffend ergangen, weil die Leistungen der Firma m. communications für die Klägerin künstlerische bzw. publizistische Leistungen im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG sind.

Der Begriff des Künstlers/Publizisten ist im Zusammenhang mit §§ 1 und 2 KSVG zu sehen. Danach ist Künstler, wer darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Aus dem Regelungszweck des KSVG, der historischen Entwicklung und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung umfasst der Kunstbegriff eigenschöpferische Leistungen. Für diese reicht angesichts des Zwecks der KSV, gerade auch weniger erfolgreiche Künstler sozial zu schützen, ein relativ geringes Niveau aus (vgl. BSG, SozR 3-5425 § 2 Nr. 13; BSG, Urteil vom 24.07.2003 - B 3 KR 37/02 R). Als Publizist gemäß § 2 Satz 2 KSVG ist zu sehen, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist, wobei der Begriff des Publizisten nicht auf diese Tätigkeiten beschränkt ist, wie sich aus § 2 Satz 2 KSVG entnehmen lässt ("oder in anderer Weise publizistisch tätig"). Der Begriff des Publizisten ist weit auszulegen und beschränkt sich nicht auf eigenschöpferische Wortgestaltung oder die inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Büchern oder Massenkommunikationsmitteln, sondern erfasst jeden am Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (vgl. BSG, SozR 3-5425 § 2 Nr. 12; BSG, Urteil vom 24.07.2003 - B 3 KR 37/02 R).

In Würdigung des gesamten Akteninhalts, des Vorbringens der Beteiligten und nach der in Augenscheinnahme des Internet-Auftritts der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts folgendes fest:

1.

In Bezug auf die von der Firma m. communications als Einzelfirma gestaltete Geschäftsberichte der Klägerin, insbesondere des Jahres 2002, wird festgehalten:

a) Die Geschäftsberichte gehen weit über die Regelungen sowie Anforderungen des Aktiengesetzes hinaus (vgl. § 286 Aktiengesetz) und sind zur Erfüllung anderer Zwecke gestaltet. Wie aus dem Internetauftritt ersichtlich sind die Geschäftsberichte der Klägerin seit dem Jahre 2000 online unter www.e ...de der Öffentlichkeit weltweit jederzeit zugänglich. Diese Homepage und die dort abrufbaren Geschäftsberichte sind entsprechend den Zwecken und Anforderungen des Internets als zuerst optisch ansprechendes Medium professionell ausgestaltet. Der Geschäftsbericht 2002 ist insbesondere nicht in berichtstypischem schmucklosen schwarz-weiß-Text gehalten, sondern der Druck changiert zwischen weiß auf Farbe, schwarz auf Farbe sowie den der corporate identity der Klägerin zugeordneten Farben. Seine optische Aufmachung enthält viele Farbfotos von Flugzeugen oder Flugzeugteilen. Exemplarisch repräsentativ herauszuheben ist insoweit die professionell-perfekte Komposition der

- Titelseite, welche ein schräg nach rechts oben - also der Richtung einer steil nach oben sich entwickelnden Aktienkursgrafik - gerichtetes Triebwerk (mit im Zentrum als eyecatcher vorhandener "Schnecke") darstellt, - ganzseitigen Abbildung eines vierstrahligen Düsenjets, welcher über den Wolken schwebt

und insbesondere

- der Blätter 40/41. Schlägt der Betrachter diese Doppelseite auf erblickt er den namentlich benannten Flugzeuggerätemechaniker I. H. , der auf dem in der klassischen Komposition eines Triptychons aufgeteilten Bild die Mittelposition einnimmt. Bekleidet mit der sauberen Monteursuniform der Klägerin in deren Farben einschließlich Firmenemblem, ausgestattet mit einer Fliegeruhr blickt der Mechaniker dem Betrachter aus blauen Augen lächelnd entgegen. Seinem zugleich in die Zukunft gerichteten sicheren Blick ist das Zitat zugeordnet "Sicherheit hat für uns höchste Priorität". Um dies zu unterstreichen, legt er beide Hände sicher auf das Fahrwerkrad einer glänzenden Flugmaschine.

Weil auch der Geschäftsbericht im Übrigen - ebenso wie die weiteren im Internet bereitgestellten Geschäftsberichte für die Jahre 2001 und 2003, an welchen die Firma m. communications gestaltend mitgearbeitet hatte - nach den Regeln der Werbekunst, -psychologie, -typografik und -designausstattung perfekt komponiert sind, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass dort professionelle, internationalen Standards entsprechende künstlerische und publizistische Sorgfalt sowie Fähigkeit ihren Niederschlag gefunden haben.

Zudem entsprechen die online weltweit verfügbaren Geschäftsberichte/Publikationen dem vitalen Interesse der Klägerin, durch ansprechende Öffentlichkeitspräsenz, publizistisch fachgemäß ausgestaltete public relations zu betreiben und damit Außenwirkung zu erzielen, weil sie andernfalls ihren Platz im internationalen Wettkampf der Flugunternehmen um Massenkundschaft nicht verteidigen kann.

b) Insoweit ist festzuhalten, dass die Klägerin von der Firma m. communications nicht nur projektsteuernde, sondern vielmehr künstlerisch/publizistische Leistungen in Anspruch genommen hat. Das beweisen - Ziffer 2.1 des Vertrags vom 15.07.2002, - die Rechnung Nr. 200316 vom 10.06.2003, welche für den Geschäftsbericht 2002 Mehraufwand für Fotoshootings, Mehrkosten für aufwendige Bildbearbeitungen beinhaltet hatte, - die Abrechnung vom 04.02.2002, für welche der Geschäftsbericht 2001 ein briefing für Wettbewerbspräsentation, sowie ein Konzeptionshonorar für corporate identity und Unternehmensphilosophie auflistet, - die Rechnung vom 15.05.2002, welche für eine Agenturbesprechung, Layout und Bildauswahl benennt, - die Rechnung vom 20.06.2001, welche in Bezug auf den Geschäftsbericht Text und Redaktion auflistet ebenso wie - die Rechnung vom 22.05.2001, für welche die Firma m. communications Konzept und Gestaltungsidee für den Geschäftsbericht in Rechnung gestellt hat.

Dies entspricht auch dem Geschäftszweck und Marktangebot der Firma m. communications, die Gestaltung und Redaktion von Internet-Auftritten sowie Imagebroschüren zu übernehmen und dabei die enge Verbindung von Design und Kommunikation als besondere Stärke hervorzuheben.

2.

In Bezug auf die Mitarbeiterzeitung "w." ergibt sich:

a) Die Mitarbeiterzeitung dient nicht nur der internen Information von Mitarbeitern. Die Druckauflage in Höhe von 1900 übersteigt die Anzahl der im Geschäftsbericht 2002 genannten Mitarbeiter von 1754. Hieraus sowie aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin, dass die Mitarbeiterzeitung von den Beschäftigten auch in doppelter Ausgabe mit nach Hause genommen wurde und werden darf, folgt, dass der Verwendungszweck nicht nur auf das Unternehmen intern begrenzt ist, sondern auf eine unbestimmte Anzahl von Personen außerhalb der Klägerin zielt, welchen die Zeitschrift "w." ohne größere Hindernisse zugänglich ist.

Die Mitarbeiterzeitung dient dabei nicht nur dem Transport von Informationen, aus der vielfach bebildeten, leicht lesbaren Aufmachung ergibt sich vielmehr, dass dort der Konzern eine Plattform findet, einen humanen Umgang mit den Mitarbeitern und deren Einbindung die Geschäftsphilosophie zu präsentieren. Auf diesem Wege wird die Einbindung der Mitarbeiter in die corporate identity gezeigt und durch den Abdruck von selbstgefertigten Fotografien verstärkt. Dieser Prozess wird nicht nur intern kommuniziert, sondern der positive Personalumgang wird einem unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht. Insofern ist es nicht entscheidend, dass das Mitarbeitermagazin - anders als das Bordmagazin - nicht in erster Linie der Werbung bei der Kundschaft dient, sondern der Werbeeffekt durch die Zirkulation innerhalb der Mitarbeiter und deren Familien, Freunde sowie Bekannte eintritt. Auch insoweit liegt Öffentlichkeitsarbeit, publizistisches Wirken vor.

b) Der Beitrag der Firma m. communications erschöpft sich dabei nicht in reinen projektsteuernden Tätigkeiten. Aus dem Impressum der "w." ist vielmehr zu entnehmen, dass diese von der Firma m. communications konzipiert, redigiert und gestaltet ist. Zwar stammen Texte und Bilder der "w." von den Beschäftigten selbst. Jedoch handelt es sich bei der Auswahl, Zusammenstellung und bei der Fertigung des Layouts um mit Professionalität erbrachte publizistische Arbeiten. Insoweit nimmt das Gericht auch Bezug auf den Posten Nr. 2 in der Rechnung der Firma m. communications vom 07.01.2002, in welchem Redaktion, Mediendesign und Produktion des Mitarbeitermagazins aufgelistet sind. Verwiesen wird auch auf Rechnung Nr. 200213 vom 04.12.2002, wo für "w. Magazin Nr. 5" die Neuentwicklung der Titelseite in Rechnung gestellt worden ist. Dem entspricht, dass die Titelzeile der Mitarbeiterzeitung Teile des Logos der Klägerin sowie einen Namensteil der Klägerin übernimmt mit der identischen Schrift (Type, Neigung, Größe und Ausgestaltung). Dies war offensichtlich so erfolgreich und für die Klägerin zweckentsprechend, dass die "w." in ihrem Erscheinungsbild über Jahre hinweg unverändert geblieben ist.

II.

Obwohl somit die Entscheidung der Beklagten inhaltlich zutreffend war, die Tätigkeit der Firma m. communications für die Klägerin als abgabepflichtig nach dem KSVG zu qualifizieren, ist diese Entscheidung gleichwohl für den noch streitigen Zeitraum in vollem Umfange aufzuheben. Die Beklagte war mangels Rechtsgrundlage nicht berechtigt, den Abgabetatbestand nach dem KSVG, welcher in den beiden Elementen Entscheidung zur Beitragspflicht dem Grunde nach und in der Entscheidung zur Beitragshöhe besteht, in seine Bestandteile aufzuspalten und abstrakt über die Beitragspflicht dem Grunde nach zu entscheiden.

1.

Die Feststellung der Beklagten, dass die Klägerin verpflichtet ist, als Unternehmer die Künstlersozialabgabe zu entrichten, stellt einen eingreifenden Verwaltungsakt dar. Ein solcher in Rechte des Betroffenen eingreifender Bescheid bedarf einer Rechtsgrundlage. Als solche existiert § 27 Abs. 1a Satz 1 KSVG (eingefügt durch das zweite KSVG-Änderungsgesetz vom 13.06.2001, BGBl I S. 1027, in Kraft seit 01.07.2001). Diese Rechtsvorschrift verpflichtet allerdings die Beklagte, dem Abgabepflichtigen einen Bescheid über die Höhe der von ihm zu zahlenden Künstlersozialabgabe zu erteilen (vgl. BT-Drs 14/5066 vom 12.01.2001, S. 14). Durch ausdrückliche gesetzliche Vorschrift ist damit die Beklagte verpflichtet, durch Verwaltungsakt den Pflichtigen hinsichtlich der Höhe seiner Beitragspflicht zu verbescheiden. Eine Aufteilung in getrennte Grund- und Beitragshöhenbescheide sieht das Gesetz nicht vor. Mangels Rechtsgrundlage ist somit der Bescheid vom 22.07.2003/Widerspruchsbescheid vom 02.02.2004 soweit noch streitgegenständlich aufzuheben. Dies folgt aus Rechtsgründen ebenso wie aus Gründen der Praktikabilität.

a)

Strittig ist die noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides beendete Tätigkeit der Firma m. communications als Einzelfirma. Die Beklagte war somit schon wegen des zeitlichen Ablaufes verpflichtet, für bereits vergangene Zeiträume und dort abgeschlossene Sachverhalte den konkret sich ergebenden Abgabenbetrag festzusetzen(vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2006 - B 12 KR 20/04 R, Abs. 36).

Die Rechtswidrigkeit der Elementenfeststellung deckt sich mit weiterer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts:

- bereits mit Urteil vom 17.12.1997 - 11 RAr 103/96 - hat der 11. Senat entschieden, dass die Behörden zur Erstattungspflicht eines Arbeitgebers nach § 128 AFG nicht befugt sind, durch Verwaltungsakt (sogenannter Grundbescheid) isoliert die Erstattungspflicht festzustellen, weil es an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung fehlte. - mit Urteil vom 24.11.2005 - B 12 KR 14/08 R - sowie mit Ur teil vom 27.09.2007 - B 12 R 12/06 R - hat es der 12. Senat des Bundessozialgerichts als rechtswidrig angesehen, wenn die Rentenversicherungsträger über die Versicherungspflicht arbeitnehmerähnlicher Selbständiger sowie von Lehrern nur dem Grunde nach entscheiden, hinsichtlich der möglichen Beitragsfreiheit gemäß § 8 SGB IV jedoch keinerlei Feststellungen treffen. - der 3. Senat des verlangt im Urteil vom 13.05.2004 - B 3 KR 18/03 R - bei Zahlungsansprüchen für einen abgeschlossenen Vorgang aus der Vergangenheit, dass dieser zur Vermeidung eines ansonsten im Raum stehenden zusätzlichen Streits über die Höhe des Anspruches konkret zu beziffern ist (unter Bezugnahme auf BSGE 83, 254).

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber auch durch die Einführung des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV erkennen lassen, dass nur in diesem eigens normierten Ausnahmefall eine Entscheidung zur Beitragspflicht dem Grunde nach eröffnet ist. Ausschließlich nach § 7a SGB IV ist ein besonderen Vorgehensweisen unterworfenes und allein der Deutschen Rentenversicherung Bund sachlich zugewiesenes Grundsatzverfahren eröffnet. Ein solches Verfahren existiert jedoch für die Frage der Abgabenpflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz nicht, eine analoge Anwendung der singulären Vorschrift § 7a SGB IV verbietet sich.

Die Zweiteilung des Abgabeverfahrens verstößt gegen den alle öffentliche Institutionen bindenden Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, welcher sich zudem vorliegend auf die Verwendung von Pflichtabgaben bezieht. Im hier zu entscheidenden Fall steht nach dem Vorbringen der Klägerin zu Art und Verschiedenheit des Tätigwerdens der Firma m. communications bereits konkret ein zusätzlicher Streit über die Höhe der Künstlersozialabgabe bevor; über insoweit eingelegte Widersprüche ist noch nicht entschieden. Verwaltungsverfahren verursachen für jeden einzelnen Tag bis zu ihrem Abschluss sächliche sowie Personalkosten, die durch eine konzentrierte Entscheidung zu vermeiden sind.

Die Aufteilung in Grund- und später zu erlassenden Höhenbescheid begegnet in Bezug auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) erheblichen Bedenken. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Ein substantieller Anspruch auf gerichtliche Kontrolle beinhaltet auch den Anspruch auf eine zeitgerechte gerichtliche Kontrolle, welche aber durch ein gespaltenes Verfahren ohne Not verzögert werden kann. Zu beachten ist dabei zusätzlich der aus Art. 6 Abs. 1 EMRK resultierende, hier nur indirekt für die Klägerin als juristische Person einzufügende Gedanke, dass die Dauer eines Verfahrens angemessen sein muss. Dabei sind bereits Widerspruchsverfahren nach §§ 78 ff. SGG auf die Verfahrensdauer anzurechnen (König./. Deutschland, Urteil vom 28.06.1978, Nr. 6232/73 RNr. 78). Im vorliegenden Falle, in welchem gegen die Beitragshöhe Widersprüche bereits seit drei Jahren anhängig sind, muss also bei anschließendem vollem Instanzenzug mit sieben Jahren Verfahrensdauer und mehr gerechnet werden. Den Anforderungen des effektiven Rechtsschutzes und der angemessenen Verfahrensdauer entspricht dies nicht.

b)

Die Klägerin muss wie alle abgabepflichtigen Unternehmen die zu entrichtenden Abgaben erwirtschaften. Die wirtschaftliche Bedeutung der Abgabe erfordert für alle Abgabepflichtigen eine fassbare Grundlage, um zwischen einer sofortigen Zahlung oder einer Weiterverfolgung rechtlicher Positionen sowie sonstiger relevanter Interessen abwägen zu können. Diese fassbare Grundlage bietet aber eine abstrakte Elementenfeststellung dem Grun-de nach nicht.

Die Zweiteilung in Abgabenpflicht und -höhe erschwert es ohne sachlichen Grund dem Gericht, seiner gemäß § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) normierten Pflicht nachzukommen, während des gesamten Verfahrens auf eine gütliche Einigung bedacht zu sein. Ebenso machte die Zweiteilung es der Beklagten unmöglich, ihr pflichtgemäßes Ermessen zum Abschluss eines prozessualen Vergleichsvertrags gemäß § 54 SGB X auszuüben, weil ein wesentlicher Entscheidungspunkt, nämlich die Abgabenhöhe, keine Berücksichtigung finden kann. Insoweit wird ausdrücklich auf die verfassungsrechtliche Richtschnur verwiesen, wonach es auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung vorzugswürdig ist, wenn eine streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung bewältigt wird (BVerfG, Beschluss vom 14.02.2007 - 1 BvR 1351/01).

III.

Als Folge der fehlenden Rechtsgrundlage ist der streitgegenständliche Bescheid/Widerspruchsbescheid aufzuheben, eine Ausnahme nach § 42 SGB X (Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit) besteht nicht. Vielmehr ist der streitgegenständliche Fall entsprechend der fehlenden sachlichen Zuständigkeit zu behandeln (vgl. BSG, Urteil vom 23.09.2003 - B 12 RA 3/02 R unter Hinweis auf BSGE 62, 281, 286.).

Das Gericht widerspricht insoweit nicht den eigenen oben genannten Grundsätzen einer zeitnahen Gerichtsentscheidung, weil - wie dargelegt - im hier zu entscheidenden Fall die Beklagte zu Recht materielle Abgabenpflicht nach dem KSVG angenommen hatte und über die Abgabenhöhe ohnehin noch zu entscheiden ist.

Es besteht auch keine Kollision mit der Entscheidung des BSG vom 01.10.1991 - 12 RK 7/90-, in welcher die Beklagte als berechtigt angesehen wurde, einen Erfassungsbescheid zu erlassen. Denn dieses Urteil ist vor Inkrafttreten des § 27 Abs. 1a KSVG ergangen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Höhe des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1 VwGO unter Berücksichtigung der bei Berufungseingang noch im Raume stehenden Abgabenforderung in Höhe von 30.427,27 Euro. Davon war ein Abschlag von einem gerundeten Drittel zu tätigen, weil streitgegenständlich die Abgabenpflicht nur dem Grunde nach ist.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG. Insbesondere wird vom Urteil des BSG vom 01.10.1991 - 12 RK 7/90 nicht abgewichen, weil dieses rund 10 Jahre vor Inkrafttreten der streitentscheidenden Neuregelung in § 27 Abs. 1a KSVG ergangen ist.

RechtsgebietKSVGVorschriften§ 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG

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