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06.08.2008 · IWW-Abrufnummer 080673

Sozialgericht Düsseldorf: Urteil vom 27.09.2007 – S 25 AL 134/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


S 25 AL 134/06

1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Recht zur Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag gemäß § 28a SGB III.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.01.1993 bis 31.07.2004 versicherungsrechtlich beschäftigt. Am 15.02.2006 beantragte der Kläger die freiwillige Weiterversicherung bei der Bundesagentur für Arbeit. In seinem Antrag wies der Kläger darauf hin, dass er ab dem 01.02.2006 die freiwillige Weiterversicherung begehre, weil er als Selbstständiger mehr als 15 Stunden pro Woche tätig sei. Den Versicherungsverlauf der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte überreichte der Kläger zur Akte. Außerdem überreichte der Kläger den Dienstvertrag mit der Firma B.Q.G. B T AG vom 23.06.2004, mit dem der Kläger zum Vorstand der Gesellschaft bestellt wurde. Unter IX Vertragsdauer war in Ziffer (1) eine Befristung geregelt, wonach der Vertrag am 01.07.2004 in Kraft trat und am 30.06.2007 enden sollte.

Mit Bescheid vom 07.04.2006 lehnte die Beklagte die freiwillige Weiterversicherung mit der Begründung ab, weil gemäß § 28a Abs. 1 Nummer 3 SGB III in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III eine Versicherungspflicht anderweitig nicht bestehe. Ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag können daher nicht begründet werden. Gemäß §27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III seien Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, versicherungsfreie Beschäftigte.

Hiergegen legte der Kläger mit Datum vom 19.04.2006 Widerspruch ein, die Beklagte lege den Gesetzestext von § 27 SGB III von 3/99 zu Grunde. Die Neuregelung von 2/06 hebe diese Regelung auf. Er sei seit 1976 unselbständig berufstätig, seit 7/04 habe er den Posten eines Vorstandes einer kleinen AG übernommen; seitdem werde er als Selbständiger behandelt. Der Vertrag laufe drei Jahre und könne verlängert werden. Danach sei eine unselbständige Arbeit jedoch eher wahrscheinlich. Er falle unter die Neuregelung des § 27 SGB III.

Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2006 als unbegründet zurück. Der Kläger gehöre den versicherungsfrei Beschäftigten als Vorstandsmitglied an; § 27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III. Damit sei ein eigener Befreiungstatbestand geschaffen, dieser könne nicht durch das Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag im Sinne von § 28a SGB III unterlaufen werden.

Mit seiner Klage vom 08.06.2006, beim Sozialgericht Düsseldorf am selben Tag eingegangen, verfolgt der Kläger weiterhin sein Begehren auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.

Der Kläger ist der Ansicht, bei der Verweisungsvorschrift des § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III auf § 27 SGB III handele es sich um ein Redaktionsversehen. Diese Vorschrift regele, dass eine Versicherungspflicht anderweitig nicht bestehe, nehme aber ausdrücklich auch Bezug auf § 27 SGB III. Diese Vorschrift regele aber gerade die versicherungsfreien Beschäftigten und nicht die Versicherungspflicht im Sinne von § 26 SGB III. Deswegen sei auch lediglich § 26 SGB III sonstige Versicherungspflichtige von der Verweisung betroffen. Daher seien nur solche Personen von der Möglichkeit der Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag erfasst, die bereits in einem sonstigen Versicherungspflichtverhältnis gemäß § 26 SGB III stünden. Die übrigen versicherungsfreien Beschäftigten im Sinne von § 27 SGB III und damit auch Mitglieder eines Vorstandes seien gerade nicht erfasst von der Verweisungsvorschrift des § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III

Selbst wenn § 27 SGB von der Verweisungsvorschrift erfasst wäre, sei im konkreten Fall der Ausschlusstatbestand der Versicherungsfreiheit wegen der Mitgliedschaft im Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht erfüllt. Die hier betroffene Aktiengesellschaft sei nicht vergleichbar mit den Aktiengesellschaften, die von § 27 SGB III erfasst werden sollte. Bei den in § 27 SGB III erfassten Aktiengesellschaften handele es sich um Unternehmen in einer gehobenen Größenordnung, die den Schutz der Arbeitslosenversicherung nicht bedürften. Dies sei bei der hier getroffenen Aktiengesellschaft anders. Die Aktiengesellschaft stehe und falle mit der Person des Klägers. Der Kläger unterhalte praktisch eine "Ich-AG".

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 07.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2006 die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in der Arbeitslosenversicherung ab dem 13.02.2006 weiter zu versichern.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als kombinierte Leistungs- und Anfechtungsklage im Sinne von § 54 IV SGG statthaft.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. 1)Der Kläger hat keinen Anspruch auf Begründung eines Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag gemäß § 28a SGB III. § 28a SGB III in der hier gültigen Fassung vom 21.03.2005, gültig ab 02.02.2006 regelt:

(1) Ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag können Personen begründen, die ... 2. eine selbständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben oder ... Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist, dass ... 3. Versicherungspflicht (§§ 26, 27) anderweitig nicht besteht.

Die Vorschrift ist insoweit identisch mit § 28a SGB III in der unterdessen gegenstandslos gewordenen Fassung vom 23.12.2003 gültig ab: 01.02.2006 (gegenstandslos). Zu Gunsten des Klägers ist zwar zu unterstellen, dass dieser in dem besagten Umfang von mehr als 15 Stunden pro Woche gemäß § 28a Abs. 1 Nummer 2 SGB III selbständig tätig sein mag. Der Kläger unterfällt aber als Mitglied des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand er angehört dem Ausschlusstatbestand des § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III.

Der Ausschlusstatbestand ist auch anzuwenden. Nach Überzeugung des Gerichts handelt es sich zwar bei der Verweisungsvorschrift des § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III um ein Redaktionsversehen, allerdings nicht in der von dem Kläger vertretenen Ansicht. Das Redaktionsversehen liegt nicht in der Bezugnahme dieser Verweisungsvorschrift auf § 27 SGB III. Es ist zwar zutreffend, dass lediglich § 26 SGB III in seiner redaktionellen Überschrift die sonstigen Versicherungspflichtigen betrifft. Insoweit spräche auf den ersten Anschein die Verweisungsvorschrift des § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III wegen dem ausdrücklichen Wortlaut "Versicherungspflicht" lediglich für eine Verweisung auf § 26 SGB III. Indes erschöpft sich die Auslegung nicht in der Auslegung anhand des Wortlauts. Die Auslegung muss anhand des Sinns und Zwecks der Verweisungsvorschrift - § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III - und den in Bezug genommenen Vorschriften § 26 SGB III und § 27 SGB III erfolgen. Danach war die Inbezugnahme auch vom § 27 SGB III vom gesetzgeberischen Willen intendiert. Für die Arbeitslosenversicherung geht der Gesetzgeber nämlich nunmehr davon aus, dass Vorstandsmitglieder grundsätzlich als Beschäftigte versicherungspflichtig seien und macht die ausnahmsweise Versicherungsfreiheit gemäß § 27 Abs 1 Nr. 5 SGB III (Überschrift: versicherungsfreie Beschäftigte) nur von der Rechtsform der Gesellschaft abhängig (hierauf weist zutreffend hin: Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 11.05.2007, Az.: L 8 AL 220/06). Damit ist klargestellt, dass Vorstandsmitglieder regelmäßig ebenfalls weisungsabhängig beschäftigt sind und daher versicherungspflichtig sind. Daher wären regelmäßig auch die in § 27 SGB III betroffenen Personenkreise von der Versicherungspflicht, so wie in der Verweisungsvorschrift des § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III mit dem Begriff der Versicherungspflicht erfasst. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass es widersinnig wäre, kraft gesetzgeberische Intention Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft, die an und für sich versicherungspflichtig Beschäftigte wären, ausdrücklich aus der Versicherung auszunehmen, ihnen dann über den Weg der Versicherung auf Antrag gemäß § 28a SGB III den Weg doch wieder in den Schutz der Arbeitslosenversicherung freizumachen. Dies kann ersichtlich nicht die gesetzgeberische Intention gewesen sein (insoweit nimmt das Gericht auch Bezug auf die Gründe im Widerspruchsbescheid - weitestgehend abgesehen - § 136 III SGG). Gegen das Redaktionsversehen, so wie vom Kläger verstanden, spricht abschließend auch, dass § 27 SGB III ausdrücklich aufgenommen worden ist. Versehen im redaktionellen Bereich zeichnen sich regelmäßig dadurch aus, dass etwas ausgelassen wird, was an und für sich hätte in Bezug genommen werden müssen. Daraus ergibt sich abschließend, dass das Redaktionsversehen nicht in der Bezugnahme von § 27 SGB III liegt, sondern das Redaktionsversehen darin zu sehen ist, dass die Verweisungsvorschrift des § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III nur von der Versicherungspflicht und nicht auch von den versicherungsfreien Beschäftigten spricht. Wie oben bereits dargelegt, handelte sich in soweit um ein Redaktionsversehen, als dass der Gesetzgeber mit der Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern im Sinne von § 27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III grundsätzlich die Versicherungspflicht für weisungsabhängig Vorstandsmitglieder anerkannt hat (Bayerisches Landessozialgericht aaO, Anm. 2.1.4).

2)Der Kläger dringt im übrigen auch nicht mit seiner Ansicht durch, der Ausschlusstatbestand der Verweisungsvorschrift § 28a Abs. 1 S. 2 Nummer 3 SGB III in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III greife deshalb nicht, weil er praktisch eine Ich-AG mit entsprechend niedrigem Umsatz betreibe und daher von der gesetzgeberischen Intentionen der Versicherungsfreiheit für Vorstandsmitglieder nicht erfasst sei. Es ist zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber mit dieser Ausnahmevorschrift des § 27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III dem Umstand Rechnung tragen wollte, dass Vorstandsmitglieder aufgrund ihrer Einkommenssituation regelmäßig in der Lage sind, für etwaige auftretende Arbeitslosigkeit selbst vorzusorgen (das bayerische Landessozialgericht aaO, Anm. 2.1.9 führt in seiner Entscheidung daher im konkreten Sachzusammenhang auch zutreffend aus: "Unter dieser Betrachtungsweise ist schon offensichtlich erkennbar, dass ein Vorstandsmitglied mit einem Jahresgehalt von über 200.000,00 DM nicht in derselben Weise vom Gesetzgeber begünstigt werden sollte, wie ein Existenzgründer, dessen Status sich gerade durch einen maximalen Umsatz von 25.000,00 Euro definiert"). Diese Einzelfallbetrachtung indes verbietet sich im Anwendungsbereich des § 27 Abs. 1 Nummer 5 SGB III, da es die Versicherungsfreiheit gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III ausschließlich von der Rechtsform der Gesellschaft abhängig gemacht wird (hierauf weist zutreffend hin: Bayerisches Landessozialgericht a.a.o, Anm. 2.1.4).

3)Der Anspruch auf Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag dürfte im übrigen auch gemäß § 28a Abs. 2 S. 4 scheitern. Auf diese Vorschrift und die entsprechende Kommentierung bei Haucke wies der Beklagtenvertreter noch im Verhandlungstermin hin. Danach gilt: erfüllt der nach § 28a SGB III Versicherte einen Versicherungsbefreiungstatbestand nach §§ 27, 28 SGB III, so gilt auch für ihn, dass er dadurch versicherungsfrei, mithin die freiwillige Weiterversicherung beendet wird. Das bestimmt § 28a Abs. 2 S. 4 SGB III ausdrücklich. Liegt die Befreiungstatbestand bereits von Anfang an vor, führt dies dazu, dass eine freiwillige Weiterversicherung ausgeschlossen ist (Haucke-Timme, Kommentar zum SGB III, § 28a SGB III, Rdn. 35). Da der Kläger bereits von Anfang an, also bereits vor Antragstellung Vorstand einer Aktiengesellschaft war, scheidet auch gemäß § 28a Abs. 2 S. 4 SGB III ein Anspruch auf Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag gemäß § 28a SGB III aus. Der Kläger war bereits seit dem 23.06.2004, befristet bis zum 30.06.2007, als Vorstand bestellt. Den Antrag stellte der Kläger jedoch erst am 15.02.2006.

4)Von einer Darstellung der Entscheidungsgründe wird unter Hinweis auf auf dem Widerspruchsbescheid gemäß § 136 SGG abgesehen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

RechtsgebietSGB IIIVorschriften§ 28a SGB III

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