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06.02.2008 · IWW-Abrufnummer 080344

Verwaltungsgericht Münster: Urteil vom 16.11.2007 – 10 K 1207/07

Wird außerhalb einer geschlossenen Ortschaft die dort zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h um 75 km/h überschritten, so ist die gegenüber dem Betroffenen ausgesprochene Verpflichtung, ein Fahrtenbuch für die Dauer von sechs Monaten führen zu müssen, rechtlich nicht zu beanstanden.


10 K 1207/07
16.11.2007

Verwaltungsgericht Münster

Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Am 22. Juli 2006 überschritt der Fahrer des Pkw in T. -X. auf der Bundesstraße 54 in Fahrtrichtung Gronau außerhalb einer geschlossenen Ortschaft die dort zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h um 75 km/h.

Nachdem der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 22. August 2006 Gelegenheit gegeben hatte, zum Vorwurf der Ordnungswidrigkeit Stellung zu nehmen, gelangte der Anhörungsbogen nicht in den Rücklauf.

Unter dem 6. September 2006 meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers und bat um Akteneinsicht, die Statusangaben seien zutreffend, im übrigen lasse er sich erst nach Einsichtnahme in die Akten ein. Da der Fahrzeugführer jünger als der Kraftfahrzeughalter erschien, dehnte der Beklagte seine Ermittlungen auch auf den Sohn des Klägers aus. Mit Schreiben vom 15. September 2006 bat der Beklagte seinen Ermittlungsdienst, die für die Tat verantwortliche Person festzustellen, sie zu dem Vorwurf anzuhören und die für das Verfahren notwendigen Personalien aufzunehmen.

Der Ermittlungsdienst teilte dem Beklagten mit, dass örtliche Ermittlungen gegen den Sohn des Klägers negativ verlaufen seien. Der verantwortliche Fahrzeugführer habe nicht ermittelt werden können.

Das Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde daraufhin eingestellt.

Der Beklagte gab dem Kläger unter dem 11. Dezember 2006 Gelegenheit, zur Auferlegung eines Fahrtenbuches Stellung zu nehmen. Der Kläger ließ daraufhin unter dem 22. Januar 2007 vortragen, eine Fahrtenbuchauflage sei mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht vereinbar. Die notwendigen und möglichen Ermittlungen seien nicht im angemessenen und zumutbaren Umfang durchgeführt worden.

Mit Ordnungsverfügung vom 5. März 2007 gab der Beklagte dem Kläger die Führung eines Fahrtenbuches für die Dauer von sechs Monaten auf. Seinen dagegen gerichteten Widerspruch ließ der Kläger damit begründen, eine Fahrtenbuchauflage sei schon allein deshalb ermessensfehlerhaft, weil der Beklagte eine Zeugenbefragung des Klägers nicht durchgeführt habe, die ggf. zu einem anderen Ergebnis geführt hatte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2007 wies die Bezirksregierung N1. den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Der Kläger hat daraufhin am 26. Juli 2007 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren ergänzt und beantragt,
die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 5. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N1. vom 28. Juni 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Er tritt dem Vorbringen des Klägers unter Hinweis auf die angegriffenen Bescheide entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide, was hiermit festgestellt wird.

Mit Blick auf das Vorbringen des Klägers und auf die von seinem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumente ist lediglich Folgendes ergänzend hinzuzufügen:

a) Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ist es nicht zu beanstanden, für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage und für die Einstufung der Schwere eines Verkehrsverstoßes auf das Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) zurückzugreifen und die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes für gerechtfertigt zu erachten.
OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2006 – 8 B 1224/06 –. Im vorliegenden Fall wurde mit dem Fahrzeug des Klägers eine schwerwiegende Ordnungswidrigkeit begangen, die bei einer Ermittlung des Fahrzeugführers drastische Sanktionen nach sich gezogen hätte. Der ermittelte Fahrer hätte neben 375,– Euro Bußgeld und einem dreimonatigem Fahrverbot mit der Eintragung von 4 Punkten in dem Verkehrszentralregister rechnen müssen. Vor diesem Hintergrund liegt die Anordnung der sechsmonatigen Führung eines Fahrtenbuches deutlich an der unteren Grenze des Möglichen.

Im Übrigen geht das Führen eines Fahrtenbuchs – dies sei wegen des nach Auffassung des Klägers gegebenen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip hervorgehoben – „über eine mit geringem Zeitaufwand verbundene Belästigung nicht hinaus.“
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. März 2007 – 8 B 2769/06 –.

b) Soweit der Kläger meint, dass er im Rahmen der Ermittlungspflicht noch als Zeuge hätte gehört werden müssen, verkennt er, dass im der Anhörungsbogen zum Tatvorwurf übersandt worden ist. Darin hätte er bekunden können, dass er nicht gefahren sei, aber wisse, um welchen Fahrzeugführer es sich gehandelt habe.

Diese Angaben hat der Kläger aber unterlassen und deshalb an der Aufklärung nicht mitgewirkt. Vor diesem Hintergrund konnte der Beklagte auch nicht erwarten, dass der Kläger sich im Rahmen einer zeugenschaftlichen Vernehmung zu seinem Wissen äußern würde.

c) Es bleibt nach alledem dabei, dass derjenige, der ein Bußgeld für eine Verkehrsordnungswidrigkeit nicht zu zahlen bereit ist, die sich hieraus ergebenden Konsequenzen in Gestalt einer Fahrtenbuchauflage immer dann zu tragen hat, wenn nicht auf der Grundlage der Rechtsprechung eine atypische Ausnahmekonstellation gegeben ist. Eine derartige Ausnahme liegt hier aber gerade nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

RechtsgebietStVZOVorschriftenStVZO § 31a

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