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01.06.2007 · IWW-Abrufnummer 071778

Beschluss vom 30.03.2007 – VK 4/07

1. Die Angabe der absteigenden Reihenfolge bei den Auftragskriterien ersetzt nicht die Gewichtung im Sinne von § 16 Abs. 2 S. 2 VOF.


2. Der öffentliche Auftraggeber hat gemäß § 16 Abs. 2 VOF entweder die Gewichtung der Auftragskriterien oder - falls er sich für die absteigende Reihenfolge entscheidet - die nachvollziehbaren Gründe für diese Entscheidung den Bietern bekanntzugeben. Allein die schriftliche Dokumentation im Vergabevorgang reicht nicht.


3. Die Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe ist aufgrund des Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderlich, damit die Bieter sich bei der Fertigung ihrer Angebote bzw. bei der Vorbereitung auf das Verhandlungsgespräch darauf einstellen können.


4. Für den Zeitpunkt der Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe hat der öffentliche Auftraggeber - ebenso wie für die Bekanntgabe der Auftragskriterien und deren Gewichtung - die Wahl nach § 16 Abs. 2 S. 1 VOF.


5. Unabhängig davon, ob die nachvollziehbaren Gründe den Bietern mitzuteilen sind oder nicht, haben die Vergabestellen diese Gründe im Vergabevorgang zu dokumentieren.


6. Wird der öffentliche Auftraggeber in einem Vergabeverfahren nach § 5 VOF zu einer Wiederholung der zweiten Wertungsstufe verpflichtet, so sind alle Prüfschritte auf der beanstandeten Wertungsstufe ordnungsgemäß zu wiederholen. Eine Vermengung mit Teilwertungsabschnitten aus der aufgehobenen Wertungsentscheidung darf nicht erfolgen. Bereits von den Bietern vorgelegte Honorarangebote sind deshalb nicht wertbar, sondern müssen neu angefordert werden.


Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster

Beschluss

VK 4/07

In dem Nachprüfungsverfahren wegen der Vergabe von Planungsleistungen für die technische Gebäudeausrüstung im Zusammenhang mit dem Umbau- und Neubau des xxxxxxxxxxxxx

.....

hat die Vergabekammer Münster auf die mündliche Verhandlung vom 27.03.2007 durch die Vorsitzende Diemon-Wies, den hauptamtlichen Beisitzer Stolz und der ehrenamtlichen Beisitzerin Rechtsanwältin Wiemann

am 30. März 2007 beschlossen:

1. Dem Nachprüfungsantrag wird stattgegeben. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die zweite Wertungsstufe unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer mit allen drei Bietern zu wiederholen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden auf xxxx ? festgesetzt.

3. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

4. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens und die Aufwendungen der Antragstellerin für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung jeweils zur Hälfte zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Vergabe von Planungsleistungen zur Technischen Gebäudeausrüstung entsprechend den Grundleistungen nach § 73 HOAI für das Projekt Neubau und Umbau des xxxxxxxxxxxxxxxxxxfür Kunst- und Kulturgeschichte in Münster in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Vergabebekanntmachung nach § 5 VOF zu vergeben. Der Auftragswert für die Planungsleistungen beträgt ca. xxxxxxx ?.

In der Bekanntmachung verlangte die Antragsgegnerin als Teilnahmebedingung zur technischen Leistungsfähigkeit u.a. Nachweise über vergleichbare Projekte und nannte als Zuschlagskriterien das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf insgesamt 5 Auftragskriterien, und zwar in der Reihenfolge ihrer Priorität:

1. Nachweis über die erfolgreiche Abwicklung vergleichbarer komplexer Aufgaben (auch unter Verwendung von Referenzauskünften)
2. Honorar (inkl. aller Nebenkosten)
3. Fachliche Qualifikation des vorgesehenen Personals, insbesondere des vorgesehenen Projektleiters
4. Qualität und besondere Erfahrungen bei Umbauten und mit denkmalgeschützter Bausubstanz
5. Örtliche Präsenz

Aus den eingegangenen 24 Bewerbungen wählte die Antragsgegnerin in der ersten Stufe drei Bewerber aus, die zu einem Verhandlungstermin am 30.01.2007 geladen wurden. Dazu gehörten die Antragstellerin und die mit Beschluss vom 08.03.2007 Beigeladene.

Dem Einladungsschreiben der Antragsgegnerin vom 23.01.2007 war zur Vorbereitung auf den Verhandlungstermin eine Anlage mit einer Aufgabenbeschreibung beigefügt. Als Auftragskriterien wiederholte die Antragsgegnerin die bereits in der Bekanntmachung genannten Zuschlagskriterien und wies erneut auf die Rangigkeit hin.

Ausweislich des Vergabevermerks stellten sich die drei Bewerber am 30. Januar 2007 einem Verwaltungsgremium vor. Die Antragsgegnerin führte die Wertung in der zweiten Stufe anhand einer Bewertungsmatrix durch, die sie zuvor nicht bekannt gegeben hatte. Für jedes Auftragskriterium konnten die Bewerber maximal 10 Punkte erreichen, wobei die Gewichtung anhand von abgestuften Bewertungsfaktoren (5 bis 1) berücksichtigt wurde. Die Antragsgegnerin legte aber weder im Vergabevermerk noch in der Vergabeakte sachlich nachvollziehbar dar, warum sie die Zuschlagskriterien in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung bewertet hatte.

Bei den ersten beiden Auftragskriterien erhielt die Antragstellerin 35 bzw. 16 Punkte, während die Beigeladene die Maximalpunktzahl von 50 bzw. 40 erhielt. Beim 3. Auftragskriterium erhielt die Beigeladene 27 Punkte und die Antragstellerin 30 Punkte. Die letzten beiden Auftragskriterien wurden bei den Parteien gleich hoch bewertet.

Weiterhin legte die Antragstellerin ihrem Angebot die Honorarzone II (für Gas-, Wasser- und Abwasser; Heizung und Lüftung (ohne Klima) und Elektrotechnik) zugrunde und forderte für die Klimatisierung die Honorarzone III, wobei sie die Nebenkosten mit 5 % veranschlagte. Die Beigeladene forderte für die technische Ausrüstung im Bereich Gas-, Wasser- und Abwasser die Honorarzone I, im Übrigen legte sie die Honorarzone II zugrunde und forderte 4 % Nebenkosten.

Die Antragsgegnerin dokumentierte die Wertung der drei Angebote in ihrem Vergabevermerk vom 02.02.2007, auf den hiermit vollinhaltlich verwiesen wird.

Insgesamt lag die Antragstellerin nach der Bewertung auf dem dritten Rang, während die Beigeladene sich auf dem ersten Rang befand.

Mit Schreiben vom 14.02.2007 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass die Beigeladene den Auftrag erhalten soll.

Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 22.02.2007 nach anwaltlicher Beratung die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene, weil sie u.a. die Bewertung nicht nachvollziehen konnte.

Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit, dass sie die weitere Bearbeitung der Rüge an ihren Rechtsbeistand abgegeben habe. Da die Frist nach § 13 VgV ablief, beantragte die Antragstellerin am 27.02.2007 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer.

Die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin habe gegen § 13 VgV verstoßen, indem sie ihr den Grund für die Nichtberücksichtigung ihres Angebots nicht mitteilte.

Unter Hinweis auf Entscheidungen aus der Rechtsprechung vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass die Antragsgegnerin die Referenzlage bei den Bewerbern sowohl bei der Bewerberauswahl als auch nochmals bei der Wertungsentscheidung nach § 16 Abs. 4 VOF berücksichtigt habe, was eine unzulässige Doppelbewertung darstelle und nicht zulässig sei. Allerdings könne aus ihrer Sicht diese Frage offen bleiben, weil sie sich selbst jedenfalls dadurch nicht benachteiligt fühle.

Die Antragstellerin meint aber, sie sei im Verhältnis zur Beigeladenen bei der Entscheidung, wer die bestmögliche Leistung im Sinne von § 16 Abs. 4 VOF erwarten lasse, ungerechtfertigterweise insgesamt schlechter bewertet worden.

Zunächst stellt sie darauf ab, dass die Antragsgegnerin ausweislich des Vergabevermerks unzulässigerweise auf die von den Bewerbern vorgestellten Ideen und Konzepte zur Bearbeitung der Aufgabenstellung abgestellt habe, obwohl die Antragsgegnerin diese vorab weder in der Bekanntmachung noch in der Aufgabenbeschreibung mitgeteilt habe. Überlegungen zur Bearbeitung der Aufgabenstellung im Auftragsfalle seien nicht als Wertungskriterium gefordert worden. Als Wertungskriterium sei schließlich der "Nachweis über die erfolgreiche Abwicklung vergleichbarer komplexer Bauaufgaben" genannt worden. Deswegen habe sie sich im Rahmen ihrer Präsentation im Verhandlungsgespräch bewusst auf die bereits von ihr erbrachten Planungsleistungen konzentriert.

Die Antragstellerin behauptet weiterhin, dass sie Nachfragen zum Erfahrungspotential für klimatische Bedingungen bei Vergleichsobjekten keinesfalls -so wie im Vergabevermerk beschrieben- ausweichend beantwortet habe. Sie habe vielmehr darauf hingewiesen, dass das konservatorische Raumklima von den geplanten Ausstellungen abhängig sei und diese Vorgaben mache selbstverständlich der Bauherr. Die Antragsgegnerin habe aber auf ihre Rückfrage hin geantwortet, dass man noch nicht genau wisse, welche Exponate ausgestellt werden sollen.

Zudem vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass weder Vorschläge zum Einsatz regenerativer Energien oder Geothermie oder zu den Folgekosten als Auftragskriterien genannt waren, also konnten diese Kriterien auch nicht Grundlage einer Wertung sein.

Hinsichtlich des 2. Wertungskriteriums trägt die Antragstellerin vor, die Beigeladene habe ihrer Honorarermittlung bezüglich der Anlagengruppe GWA (Gas-, Wasser- und Abwassertechnik) eine zu geringe Honorarzone zugrunde gelegt. Der Ansatz der Honorargruppe I -so wie von der Beigeladenen genannt- komme nur für Fachplanungsaufgaben mit einfachen Aufgabenstellungen in Betracht. Ausweislich der Objektliste könnten dies nur einfachere Gebäude sein. Ein Museumsgebäude werde hingegen üblicherweise der Honorarzone IV zugeordnet, soweit überdurchschnittliche Planungsanforderungen gestellt würden.

Der von der Beigeladenen vorgenommene Ansatz einer objektiv zu niedrigen Honorarzone I stelle hingegen eine unzulässige Mindestsatzunterschreitung dar, die zwar an sich noch keinen zwingenden Angebotsausschluss begründe, aber die Antragsgegnerin hätte bei der Bewertung selbst eine entsprechende Korrektur des Honorarangebots vornehmen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe die Antragsgegnerin gegen § 16 Abs. 3 S. 2 VOF verstoßen.

Weiterhin trägt die Antragstellerin vor, das Wertungskriterium "Fachliche Qualifikation des vorgesehenen Projektteams" sei ebenfalls nicht ordnungsgemäß von der Antragsgegnerin angewandt worden. Zwar habe sie die maximale Punktzahl erreicht, aber die Abstufung zur Beigeladenen, die hier 9 Punkte erreicht habe, sei nicht nachvollziehbar. Entgegen dem Vergabevermerk komme es nicht auf die Anzahl der in den Unternehmen insgesamt beschäftigen Fachkräfte an, sondern hier sei das konkrete Projektteam, insbesondere die Qualifikation des Projektleiters, zu beurteilen gewesen. Folglich hätte sich die Punktevergabe danach richten müssen, ob die einzelnen Bewerber ein Projektteam vorgesehen haben, das im Vergleich zu den Mitbewerbern über geringere oder größere Erfahrungen verfüge. Die Antragstellerin behauptet, sie habe im Verhandlungsgespräch ausgeführt, dass das gleiche Projektteam vorgesehen sei, das auch das sehr komplexe Museumsprojekt xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx abgeschlossen habe.

Hinsichtlich des Kriteriums "Qualität und besondere Erfahrung bei Umbauten mit denkmalgeschützter Bausubstanz" beanstandet die Antragstellerin, dass auch hier ein Vergleich zu den Mitbewerbern über eine größere oder geringere Erfahrung nicht stattgefunden habe.

Zudem vertritt die Antragstellerin die Auffassung, die Vergabedokumentation sei unzureichend. Zunächst sei nicht erkennbar, wann die konkrete Festlegung einer Gewichtung der Kriterien vorgenommen worden sei, also ob vor oder erst nach Eingang der Angebote oder der Verhandlungen. Auch sei nicht dokumentiert, warum die Antragsgegnerin ausnahmsweise dazu berechtigt gewesen sei, die Wertungskriterien nur in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung anzugeben und warum sie auf die Mitteilung einer konkreten Gewichtung verzichtet habe.

Weiterhin trägt die Antragstellerin vor, aus ihrer Sicht sei die Offenlegung sämtlicher Auftragskriterien und deren Gewichtung vor einem Verhandlungsgespräch aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung unbedingt erforderlich, ansonsten sehe sie sich in ihren Rechten beeinträchtigt.

Auch seien in der Vergabeakte keine Gesprächsprotokolle über Ablauf, Inhalt oder Umfang der Verhandlungsgespräche mit den einzelnen Bewerbern zu finden. Gerade im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens sei aus Gründen der Transparenz auf die Erstellung von Gesprächsprotokollen großen Wert zu legen. Dokumentationsmängel, so trägt die Antragstellerin vor, führen im Ergebnis dazu, dass das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend ist, wiederholt werden muss.

Die Antragstellerin meint, dass aus ihrer Sicht das Verfahren in den Zeitpunkt der Aufforderung zur Verhandlung zurückzuversetzen sei und mit sämtlichen Bewerbern erneut über eine Beauftragung verhandelt werden müsste.

Die Antragstellerin beantragt,

1. festzustellen, dass die Antragstellerin in ihrem Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren verletzt ist,

2. die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die entsprechende Rechtsverletzung zu beseitigen, also möglichst das Verfahren zur Vergabe der Planungsleistungen in den Zeitpunkt der Aufforderung zur Verhandlung zurückzuversetzen und mit sämtlichen Bewerbern erneut über die Beauftragung zu verhandeln.

3. die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin für notwendig zu erklären,

4. die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die Anträge zu 1. und 2. aus der Antragsschrift zurückzuweisen,

2. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären,

3. die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin meint, der Antrag sei unzulässig, weil der Antrag zu offen und unpräzise formuliert sei und keine Zielrichtung erkennen lasse. Das Informationsschreiben vom 14.02.2007 enthalte zwar eine unglückliche Formulierung, allerdings sei das Schreiben inhaltlich nicht zu beanstanden, zumal die Anforderungen an den Inhalt dieser Mitteilungen nicht überspannt werden dürften.

Zudem habe die Antragstellerin erst acht Tage nach Erhalt des Informationsschreibens gerügt, was dem Merkmal der Unverzüglichkeit in § 107 Abs. 3 GWB nicht mehr entspreche.

Die Antragsgegnerin weist zudem darauf hin, dass bei der Erstellung der Vergabeunterlagen die Problematik mit der Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht umfassend erkannt worden sei, weil es sich bei § 16 Abs. 2 VOF um eine neue Vorschrift handele, die in dieser Form noch nicht zur Anwendung gekommen sei. Allerdings meine sie, dass die Antragstellerin diesen Vergaberechtsverstoß nunmehr nicht mehr beanstanden könne, weil sie es versäumt habe, diesen Verstoß vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nach § 107 Abs. 3 GWB zu rügen. Somit sei die Antragstellerin mit diesem Vortrag präkludiert.

Weiterhin vertritt sie die Auffassung, dass ihre Wertungsentscheidung nicht fehlerhaft im Sinne von § 16 Abs. 4 VOF sei. Die von ihr getroffene Wertungsentscheidung nehme im einzelnen dezidiert zu den jeweiligen Wertungskriterien Stellung und sei in sich schlüssig und sachlich richtig begründet. Eine fehlerhafte Wertung läge nicht vor, weil bei der zu treffenden Prognoseentscheidung die für dieses Projekt eminent wichtigen Aspekte ausführlich begründet und korrekt bewertet worden seien.

Auf die Beanstandung der Antragstellerin zur doppelten Berücksichtigung der Referenzlage meint die Antragsgegnerin, dass dies nach ihrer Auffassung zulässig sei. Unter Hinweis auf Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Rostock, so trägt die Antragsgegnerin vor, werde insbesondere bei der Vergabe von geistigen Dienstleistungen es für zulässig gehalten, dass eignungs- und angebotsbezogene Aspekte miteinander vermischt werden könnten. Notwendig sei lediglich, dass die Eignungsgesichtspunkte auch ausführungsbezogen sind, was vorliegend der Fall sei. Referenzobjekte sowie einschlägige Berufserfahrungen könnten daher Wertungskriterien sein und auf beiden Ebenen berücksichtigt werden. Im Übrigen sei die Antragstellerin, was diese selbst zutreffend ausgeführt habe, dadurch nicht unzulässig benachteiligt worden. Auch habe es in der Bekanntgabe kein Bewertungskriterium bezogen auf die reine Anzahl vergleichbarer Referenzobjekte gegeben; dies habe auch in der Wertung keine Rolle gespielt.

Weiterhin trägt die Antragsgegnerin vor, dass sie sehr wohl den Bietern mit dem Einladungsschreiben mitgeteilt habe, dass nicht nur bestimmte Referenzobjekte dargestellt werden sollten, sondern dass die Bieter auch ihre eigene Vorgehensweise im Rahmen der Bauabwicklung in dem Verhandlungsgespräch darstellen sollten. Schließlich habe sie in den Projektinformationen aufgeführt, dass die "Qualitätsziele durch die gewünschte hervorragende Funktionalität und Wirtschaftlichkeit des Entwurfskonzepts im späteren Betrieb bestimmt werden sollten. Hierauf sind die entsprechenden Planungsansätze auszurichten." Außerdem lasse sich aus dem Begriff "Abwicklung", den sie im ersten Auftragskriterium genannt habe, schließen, dass sie von den Bietern erfahren wollte, wie diese sich an der Gesamtabwicklung der Bauaufgabe beteiligen wollten, insbesondere in welcher Form der Bieter sich selbst bei dem von ihm gewählten Referenzobjekt in die Erfüllung der Bauaufgabe während der Umsetzung eingebracht habe.

Die Antragsgegnerin behauptet zudem, die Antragstellerin habe auf ihre Nachfrage hin, welche Exponate in dem Museum zukünftig ausgestellt werden sollten, sehr wohl eine Antwort erhalten. Im Übrigen gebe es ausführliche Informationen über das Projekt im Internet, so dass die Antragstellerin auch so hätte ermitteln können, welche Exponate ausgestellt werden sollen.

Weiterhin meint die Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe das Kriterium der Wirtschaftlichkeit verkannt, das mit dem Einsatz regenerativer Energien sowie der Beeinflussbarkeit von Betriebskosten oder der Bauteiltemperierung zusammenhänge. Darauf habe sie bereits im Einladungsschreiben hingewiesen.

Die Antragsgegnerin vertritt zudem die Auffassung, die Beigeladene habe bei der Ermittlung ihres Honorars keine zu geringe Honorarzone bezüglich der Angabengruppe GWA zugrunde gelegt. Vielmehr seien für das Gewerk GWA Besuchertoiletten mit Zu- und Ableitungen, eine WC Anlage im Cafebereich sowie gegebenenfalls Waschbecken in Putzmittelräumen auszuführen. Das Objekt verfüge über keine Merkmale der Honorarzone II wie Hebeanlagen, Sprinkler oder Druckerhöhungsanlagen.

Hinsichtlich der Bewertung des Projektteams sowie der Umbauerfahrungen habe die Antragstellerin doch die Maximalpunktzahl erreicht, so dass hier ein rügefähiger Rechtsverstoß zu Lasten der Antragstellerin überhaupt nicht erkennbar sei.

Weiterhin trägt die Antragsgegnerin vor, Dokumentationsmängel seien nicht erkennbar. Mit dem Einladungsschreiben habe sie die Kriterien für das Vergabegespräch nochmals bekannt gegeben, so dass jeder Bewerber sich darauf habe einstellen können. Auch gäbe es keine Vorschrift, wonach Gesprächsprotokolle zu fertigen seien; ausreichend sei vielmehr, dass sich der Gesprächsinhalt aus dem Vergabevermerk ablesen lasse. Jedenfalls habe sie hier die Vorgaben des § 18 VOF beachtet. Im Übrigen weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass allein ein Verstoß gegen Dokumentationspflichten nicht ausreichend sei, vielmehr müsse auch eine Rechtsverletzung bei der Antragstellerin feststellbar sein, was hier nicht der Fall sei.

Die Beigeladene beantragt,

1. die Sachanträge zu 1. und 2. der Antragsschrift vom 27.02. 2007 zurückzuweisen,

2. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Beigeladene für notwendig zu erklären,

3. die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Beigeladene meint, die Antragsgegnerin habe ihre Wertungen transparent, schlüssig und überzeugend begründet. Ein Vergaberechtsverstoß sei nicht erkennbar.

Soweit die Antragstellerin vortrage, es sei zu einer unzulässigen Doppelbewertung der Referenzlage gekommen, was allerdings nicht ganz eindeutig dem Vortrag der Antragstellerin zu entnehmen sei, so müsse sie sich entgegen halten lassen, dass dieser vermeintliche Vergaberechtsverstoß bereits aus der Bekanntmachung erkennbar gewesen sei, von ihr aber nicht unverzüglich gerügt wurde.

Weiterhin verweist die Beigeladene unter Angabe von Einzelprojekten darauf, dass sie im Vergleich zur Antragstellerin über deutlich bessere und umfangreichere Referenzen verfüge. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin seien aus der Referenzlage nicht etwa weitere Umstände in die Wertungsentscheidung eingeflossen, sondern in dem Verhandlungsgespräch habe die Antragsgegnerin, was auch zulässig sei, die bei den Bietern bestehenden Erfahrungen und Referenzen im Hinblick auf das konkret Projekt erörtert.

Die Beigeladene trägt weiterhin vor, eine Mindestsatzunterschreitung der Honorarzone hinsichtlich der GWA-Technik liege nicht vor, weil die Planung lediglich 2 WC-Kerne mit den entsprechenden Sanitärobjekten vorsehe, aber eben keine Warmwasserleitungen oder gastechnische Anlagen und Leitungen, so dass weder Hebeanlagen noch Druckerhöhungsanlagen vorgesehen seien. Insofern sei die Einordnung in die Honorarzone I hier angemessen. Der Verweis auf die Objektliste in § 12 HOAI sei nicht überzeugend, weil die Ausschreibung sich auf Leistungen bei der technischen Ausrüstung beziehe und nicht auf ein Gebäude. Eine unmittelbare Wechselwirkung bestehe nicht, weil ein einfaches Gebäude durchaus über ein weit verzweigtes Rohrnetz verfügen könne, umgekehrt sei es aber auch denkbar, dass ein großes anspruchsvolles Gebäude mit einfachsten GWA-Anlagen auskomme, wie das hier der Fall sei.

Im Übrigen habe die Antragsgegnerin die Planungsunterlagen den Bewerbern ohne Kommentierung übersandt. Bei einer derartigen Konstellation, so führt die Beigeladene aus, könne es sich erfahrungsgemäß nur um einfache technische Anlagen handeln, ansonsten würden die Auftraggeber umfangreichere Informationen herausgeben.

Weiterhin meint die Beigeladene, durch die Tatsache, dass die Antragstellerin bei den Auftragskriterien "Bewertung des Projektteams" und "Umbauerfahrungen" jeweils die Maximalpunktzahl erreicht habe, liege überhaupt keine Rechtsbeeinträchtigung der Antragstellerin vor. Soweit die Antragstellerin gemeint habe, die fachliche Qualifikation des vorgesehenen Personals sei bei der Beigeladenen mit 9 Punkten zu hoch bewertet worden, handele es sich ersichtlich um einen rein spekulativen Vortrag. Die Beigeladene habe hingegen ein Projektteam, das über nachgewiesene Qualifikationen und Erfahrungen im Museumsbau und in der Temperiertechnik sowie der Geothermie verfüge.

Die Beigeladene meint, die Antragsgegnerin habe auch nicht gegen § 18 VOF verstoßen, weil Gesprächsprotokolle nach dieser Vorschrift nicht verlangt werden könnten. Vielmehr reiche die Anfertigung eines Vergabevermerks aus, so wie es die Antragsgegnerin auch gemacht habe. Weitergehende Wortlautprotokolle seien nicht erforderlich. Auch könne die Antragstellerin hier nicht nachweisen, dass ihr durch diese angeblichen Dokumentationsfehler ein Schaden entstehe, was aber nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf oder München zwingend erforderlich sei.

Insgesamt könne die Antragstellerin deswegen nicht verlangen, dass das Verfahren ganz oder teilweise neu aufgerollt werde.

Am 27. März 2007 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.

Die Vorsitzende hat die Frist für die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 113 Abs. 1 GWB bis zum 27.04.2007 verlängert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte der Vergabekammer, auf die Vergabeakten der Antragsgegnerin und auf die Niederschrift aus der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Vergabekammer ist zuständig, weil die Antragsgegnerin der mittelbaren Landesverwaltung angehört und von ihr zu vergebene Aufträge damit dem Land Nordrhein-Westfalen zuzurechnen sind, § 104 Abs. 1 GWB, und sie ihren Sitz im Regierungsbezirk Münster hat, § 2 Abs. 3 ZuStVO NpV NW.

Der geschätzte Auftragswert für die zu vergebenden Planungsleistungen liegt oberhalb von 211.000 Euro und übersteigt damit den nach § 2 Nr. 3 VgV erforderlichen Schwellenwert für Dienstleistungsaufträge.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Hinsichtlich der Behauptung, die Antragsgegnerin habe die "Referenzlage" doppelt berücksichtigt, und zwar als Auswahl- und als Auftragskriterium, hält die Vergabekammer die Rüge vom 22.02.2007 nicht mehr für unverzüglich. Die Antragsgegnerin hatte in der Bekanntmachung sowohl die Eignungskriterien für die erste Stufe als auch die Auftragskriterien für die zweite Stufe genannt. Somit war -soweit dies in tatsächlicher Hinsicht zutreffend sein sollte- die doppelte Wertung von Kriterien bereits aus der Bekanntmachung ersichtlich. Gemäß § 107 Abs. 3 S. 2 GWB ist der Antrag unzulässig, wenn der vermeintliche Vergaberechtsverstoß bereits aus der Bekanntmachung erkennbar ist und nicht unverzüglich bis zur Angebotsabgabe gerügt wird. Die Rüge erfolgte hier aber erst nach Angebotsabgabe.

Aber auch wenn diese doppelte Wertung der Referenzlage nicht aus der Bekanntmachung erkennbar gewesen sein sollte, - was hier ausdrücklich offen gelassen wird- fehlt der Antragstellerin insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragstellerin jedenfalls durch eine gegebenenfalls unzulässige neue Berücksichtigung der Referenzlage nicht in ihren Rechten verletzt wurde. Schließlich hat sie die erste Stufe erfolgreich abgeschlossen und befand sich mit ihrem Angebot in der zweiten Wertungsstufe. Sie beanstandet deshalb vorrangig die Durchführung der Wertung auf der zweiten Stufe und fordert nicht die erneute Wertung auf der ersten Stufe.

b) Hinsichtlich der übrigen gerügten Vergaberechtsverstöße, die die zweite Stufe des Vergabeverfahrens betreffen, ist die Antragstellerin ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB unverzüglich nachgekommen.

Unverzüglich ist nicht gleichbedeutend mit sofort, zumal dem betreffenden Unternehmen außer der eigentlichen Prüfung und Erarbeitung der meist schriftlich erklärten Rüge auch eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen ist, ob es überhaupt zum Angriff übergeht. Bei einer Zeitbemessung, die auch die Interessen des Auftraggebers sowie die etwaigen besonderen Verhältnisse des Einzelfalls angemessen zu berücksichtigen hat, werden dem Unternehmen in der Regel zwei Wochen (als Obergrenze) bis zur Erklärung der Rüge belassen sein, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.4.1999, Verg 1/99; OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.3.2002, 11 Verg 2/01. Erkennt der Antragsteller einen Vergaberechtsverstoß erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens, so entsteht keine gesonderte Rügeobliegenheit, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2005, Verg 74/04.

Ausgehend von dieser Rechtsprechung, die die Kammer für zutreffend hält, ist eine Rüge innerhalb von acht Tagen unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB. Die Kammer hält die Obergrenze von zwei Wochen im Falle einer durchschnittlichen Auftragsvergabe auch deshalb für angemessen, weil sowohl innerhalb des Unternehmens eine Abstimmung in der Geschäftsleitung erforderlich sein kann, als auch die Beratung durch Rechtsanwälte zeitlich möglich sein muss. Alles andere führt nur dazu, dass innerhalb weniger Tage vorschnell Rügen erhoben werden, die möglicherweise ins Blaue hinein erfolgen, und die Vergabestellen letztlich zu überflüssigen Prüfungen veranlassen.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet, weil die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist. Denn die Antragsgegnerin hat bei der Bekanntgabe der Zuschlagskriterien § 16 Abs. 2 VOF nicht beachtet.

a) Gemäß § 16 Abs. 2 VOF haben die Auftraggeber in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung oder der Aufforderung zur Teilnahme an der Verhandlung alle Auftragskriterien anzugeben, deren Anwendung vorgesehen ist.

Hier hat die Antragstellerin den Bietern sowohl in der Bekanntmachung als auch in ihrem Einladungsschreiben vom 23.01.2007 im Grundsatz vergleichbare Zuschlagskriterien genannt.

Weiterhin verlangt § 16 Abs. 2 S.2 VOF von den öffentlichen Auftraggebern, dass sie auch angeben, wie die einzelnen Kriterien gewichtet werden. Die Gewichtung kann mittels einer Marge angegeben werden. Kann nach Ansicht des Auftraggebers die Gewichtung aus nachvollziehbaren Gründen nicht angegeben werden, so gibt der Auftraggeber die Kriterien in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung an.

Die Antragsgegnerin hat hier sowohl in der Bekanntmachung als auch in dem Einladungsschreiben die absteigende Reihenfolge, also die Rangigkeit der Kriterien angegeben.

Dies genügt den Anforderungen des § 16 Abs. 2 VOF nicht. Die Angabe der Rangigkeit ersetzt nicht die Gewichtung. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 S. 4 VOF. Im Übrigen ist die Abstufung der Auftragskriterien in einer Reihenfolge deshalb nicht ausreichend, weil die Bieter nicht wissen können, mit welchem Gewicht das erste Zuschlagskriterium bewertet werden soll und welche Abstufungen insgesamt und für das jeweilige Zuschlagskriterium vorgesehen sind.

Aufgrund dessen ist nicht sichergestellt, dass die Auftragsvergabe in einem transparenten Verfahren erfolgte, in dem die Bieter durch die Vorhersehbarkeit der Wertungsmaßstäbe nicht nur vor einer willkürlichen Bewertung der Angebote, sondern zugleich vor einer nachträglichen Abweichung des Auftraggebers von den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien geschützt sind, OLG Düsseldorf, 16.02.2005, Verg 74/04.

aa) Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH, 12.12.2002, Rs. C-470/99, ist ein öffentlicher Auftraggeber, der im Voraus Regeln für die Gewichtung der Zuschlagskriterien aufgestellt hat, verpflichtet, diese Regeln in der Auftragsbekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben. Der EuGH meinte, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der eine Gewichtung der zur Anwendung vorgesehenen Zuschlagskriterien vorgesehen habe, sich nicht darauf beschränken könne, diese Kriterien lediglich in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung zu benennen, sondern er müsse den Bietern außerdem die vorgesehene Gewichtung mitteilen. Durch diese dem öffentlichen Auftraggeber auferlegte Verpflichtung werde gerade bezweckt, den potentiellen Bietern vor der Vorbereitung ihrer Angebote die Zuschlagskriterien, denen diese Angebote entsprechen müssten, und die relative Bedeutung dieser Kriterien bekannt zu machen, um so die Grundsätze der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz zu gewährleisten.

In der Rechtsprechung der nationalen Gerichte ist dann wiederholt entschieden worden, dass der öffentliche Auftraggeber jedenfalls dann, wenn er im Vorhinein diese Regeln zur Gewichtung der Zuschlagskriterien aufgestellt hat, verpflichtet ist, den Bietern diese Gewichtung auch mitzuteilen, vgl. u.a. OLG Düsseldorf, 16.02.2005, Verg 74/04.

Mittlerweile ist aber in den Verdingungsordnungen -wie hier in § 16 Abs. 2 VOF- der öffentliche Auftraggeber verpflichtet worden, die Zuschlagskriterien - wenn mehrere genannt werden- zu gewichten, also zueinander in Relation zu setzen, und dies den Bietern auch vor Abgabe der Angebote mitzuteilen. Dabei kann der öffentliche Auftraggeber die Gewichtung mittels einer Marge vornehmen oder andere Bewertungsfaktoren, die eine Abstufung erkennen lassen, nennen. Die zuvor von der Rechtsprechung zu beantwortende Frage, ob ein öffentlicher Auftraggeber tatsächlich im Vorfeld die Gewichtung der Zuschlagskriterien vorgenommen oder eine Bewertungsmatrix erstellt hat, hat sich damit erledigt. Ein öffentlicher Auftraggeber muss nunmehr im Vorhinein die Gewichtung der Zuschlagskriterien vornehmen und bekannt geben.

In einem VOF Verfahren muss der Auftraggeber spätestens in der Aufforderung zur Teilnahme an der Verhandlung sowohl die Zuschlagskriterien nennen als auch deren Gewichtung. Im vorliegenden Fall hätte die Antragsgegnerin jedenfalls in ihrem Einladungsschreiben vom 23.01.2007 die Gewichtung der Kriterien offen legen müssen. Dort hat die Antragsgegnerin lediglich wiederholt, dass die Kriterien in der absteigenden Reihenfolge, also nach Rangigkeit, bewertet werden sollen.

Aus § 16 Abs. 2 S. 4 VOF ergibt sich aber, dass die Angabe der absteigenden Reihenfolge im Verhältnis zu § 16 Abs. 2 S. 2 und 3 VOF die Ausnahme ist, die eigentlich nur in Betracht kommt, wenn der öffentliche Auftraggeber die Gewichtung aus nachvollziehbaren Gründen nicht angeben kann. Beruft sich ein Auftraggeber auf diese Ausnahme, so muss er das den Bietern auch mitteilen; allein ein interner Vermerk in den Akten reicht dafür aus folgenden Gründen nicht.

bb) Dem Wortlauf des § 16 Abs. 2 S. 4 VOF ist nicht zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt ein öffentlicher Auftraggeber die nachvollziehbaren Gründe darzulegen hat und ob er diese Gründe allen Bietern mitteilen muss. Möglicherweise könnte eine ausführliche Begründung im Vergabevermerk ausreichend sein oder ein Aktenvermerk vor Abgabe der Angebote, der zu den Vergabeakten genommen wird.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH und dem Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 S. 4 VOF hält die Kammer die Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der absteigenden Reihenfolge gegenüber den Bietern für erforderlich, und zwar zu einem Zeitpunkt, der in § 16 Abs. 2 S. 1 VOF genannt ist.

(1) Die Offenlegung der Gewichtung von Zuschlagskriterien soll die Gleichbehandlung der Bieter und die Transparenz des Vergabeverfahrens gewährleisten und den Bietern ermöglichen, sich besser auf die Anforderungen des Vergabeverfahrens einstellen zu können. Die Bieter sollen nicht im Unklaren darüber gelassen werden, an welchen konkreten Bewertungsfaktoren der Auftraggeber seine Zuschlagskriterien messen will. Auch aus der Sicht des öffentlichen Auftraggebers ist die Bekanntgabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien sinnvoll, damit sie von vornherein nur Angebote erhalten, die den geforderten Kriterien entsprechen.

Legt die Vergabestelle ausnahmsweise keine Gewichtung fest, so muss sie dies zunächst nachvollziehbar begründen. Dahinter steht der Gedanke, dass die Gewichtung von Zuschlagskriterien mehr Transparenz ergibt und deshalb die Vergabestellen gezwungen werden, dann, wenn sie von diesem Grundsatz abweichen, sich genau zu überlegen und zu begründen, warum diese Gewichtung nicht möglich sein soll.

Gibt es nachvollziehbare Gründe, so kann die Vergabestelle als Bewertungsmaßstab die absteigende Reihenfolge wählen und den Bietern dies mitteilen. Daraus muss gefolgert werden, dass die nachvollziehbaren Gründe spätestens in diesem Zeitpunkt der Vergabestelle bekannt sind; ansonsten müsste sie sich für die Gewichtung der Zuschlagskriterien entscheiden.

Weiterhin muss man -da § 16 Abs. 2 S.4 VOF als Ausnahmevorschrift konzipiert ist- verlangen, dass die nachvollziehbaren Gründe von der Vergabestelle schriftlich zu dokumentieren sind; eine lediglich interne Absprache, die sich nicht aus dem Vergabevorgang ergibt, reicht dafür nicht, weil es eben ein Ausnahmefall ist.

Die Dokumentation dient dem Ziel, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und sowohl für die Nachprüfungsinstanzen als auch für die Bieter überprüfbar zu machen. Es genügt dabei nicht, dass der Vergabevermerk erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung vorliegt. Vielmehr muss die Dokumentation aus Gründen der Transparenz und Überprüfbarkeit laufend fortgeschrieben werden, so OLG Düsseldorf, 14.08.2003, Verg 46/03. Also muss auch die Entscheidung über Gewichtung oder absteigende Reihenfolge zeitnah im Vergabevorgang dokumentiert werden. Diese Entscheidung muss somit von der Vergabestelle jedenfalls vor Einreichung der Angebote in der Vergabeakte schriftlich fixiert werden.

Weiterhin muss man schlussfolgern, dass auch die Darlegung dieser nachvollziehbaren Gründe für die Bieter bei der Fertigung ihrer Angebote sachdienlich sein kann und dazu beitragen wird, dass das Vergabeverfahren offen und nicht diskriminierend durchgeführt wird.

Die Bieter sollen erkennen können, mit welchen Wertungsmaßstäben der öffentliche Auftraggeber ihre Angebote beurteilen will, damit sie sich -was sinnvoll ist- bei der Fertigung ihrer Angebote darauf einstellen können. Dann muss den Bietern aber auch offen gelegt werden, warum in der konkreten Vergabe die Gewichtung von Zuschlagskriterien nicht möglich ist und aufgrund welcher -nachvollziehbaren- Gründe lediglich die absteigende Reihenfolge angegeben wird. Auch daraus kann ein Bieter Informationen ziehen, die bei der Fertigung seines Angebotes sachdienlich sind.

Berücksichtigt man nunmehr den Rechtsgedanken aus der Entscheidung des EuGH, wonach eine Vergabestelle jedenfalls dann, wenn sie im Voraus die Bewertungskriterien festgelegt hat, verpflichtet ist, diese Regeln in der Auftragsbekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben, damit der Grundsatz der Transparenz und der Gleichbehandlung gewahrt werden, dann gilt dies in gleichem Maße auch für die nachvollziehbaren Gründe. Auch diese müssen, wie oben ausgeführt, im Voraus bekannt sein und die Kenntnis dieser Gründe ist für die Bieter bei der Fertigung ihrer Angebote durchaus sachdienlich, so dass dem Transparenzgrundsatz letztlich nur dann genüge getan ist, wenn diese nachvollziehbaren Gründe auch den Bietern bekannt gegeben werden. Letztlich steht der Rechtsgedanke dahinter, dass eine Vergabestelle alle sachdienlichen Informationen den Bietern rechtzeitig vor Abgabe der Angebote mitzuteilen hat und nichts zurückgehalten werden soll, was Auswirkungen auf das Vergabeverfahren und die Erstellung der Angebote haben könnte.

Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass die Grundsätze auf Transparenz und Gleichbehandlung die Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe erfordern, wenn ein öffentlicher Auftraggeber die Zuschlagskriterien in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung angibt. Nur dies entspricht dem Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 S. 4 VOF.

Im Übrigen ist es aus der Sicht des öffentlichen Auftraggebers auch sinnvoll, eine Begründung für die Wahl des Ausnahmefalls in § 16 Abs. 2 VOF möglichst frühzeitig offen zu legen. Denn der jeweilige Bieter könnte ansonsten vom öffentlichen Auftraggeber auch außerhalb eines Nachprüfungsverfahrens die Bekanntgabe dieser Gründe erfragen, soweit der Auftraggeber das Informationsfreiheitsgesetz NRW zu beachten hat.

(2) Für den Zeitpunkt der Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe hat der Auftraggeber -ebenso wie für die Bekanntgabe der Auftragskriterien und deren Gewichtung- die Wahl nach § 16 Abs. 2 S. 1 VOF. Er hat diese entweder in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung oder der Aufforderung zur Teilnahme an der Verhandlung anzugeben. In einem VOF Verfahren kann der öffentliche Auftraggeber die Auftragskriterien auch erst nach Abschluss der ersten Stufe nennen. Möglich ist auch, dass der öffentliche Auftraggeber die Auftragskriterien bereits in der Bekanntmachung nennt, die Gewichtung aber erst in der Aufgabenbeschreibung oder in dem Aufforderungsschreiben zur Teilnahme vornimmt. Spätestens dann, wenn der Auftraggeber eben keine Gewichtung vornimmt und er hinsichtlich der Zuschlagskriterien auf die Ausnahme in § 16 Abs. 2 S. 4 VOF (absteigende Reihenfolge) abstellen will, hat er den Bietern die nachvollziehbaren Gründe für diese Entscheidung mitzuteilen.

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin die absteigende Reihenfolge (Rangigkeit) gewählt und den Bietern im Einladungsschreiben vom 23.01.2007 lediglich dies mitgeteilt. Die Antragsgegnerin hat weder in diesem Einladungsschreiben, wozu sie nach den vorangestellten Ausführungen der Kammer verpflichtet gewesen wäre, noch in den Vergabeakten vermerkt, aufgrund welcher Gesichtspunkte sie keine Gewichtung der Auftragskriterien vorgenommen hat. Nachvollziehbare Gründe für das Unterlassen der Gewichtung der einzelnen Auftragskriterien sind von der Antragsgegnerin, zumindest nach Aktenlage, zu keinem Zeitpunkt dargelegt worden. Vielmehr hat die Antragsgegnerin stattdessen tatsächlich eine Gewichtung vorgenommen und die Angebote entsprechend gewertet.

b) Klarstellend weist die Kammer darauf hin, dass im vorliegenden Fall auch ohne die zuvor erfolgte Auslegung des § 16 Abs. 2 S. 4 VOF ein Vergaberechtsverstoß vorliegt.

Gemäß § 18 VOF ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Die Dokumentation dient dem Ziel, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und sowohl für die Nachprüfungsinstanzen als auch für die Bieter überprüfbar zu machen. Die Dokumentation muss aus Gründen der Transparenz und Überprüfbarkeit zeitnah erfolgen. Dabei muss ein festgestellter Dokumentationsmangel sich gerade auch auf die Rechtsstellung des Antragstellers in einem Nachprüfungsverfahren nachteilig auswirken, so OLG Düsseldorf, 17.03.2004, Verg 1/04.

Unabhängig davon, ob die nachvollziehbaren Gründe den Bietern mitzuteilen sind oder nicht, haben die Vergabestellen diese Gründe zu dokumentieren. Da es sich um einen Ausnahmefall handelt, muss diese Entscheidung entweder im Vergabevorgang oder im Vergabevermerk dokumentiert sein. Das ist hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat überhaupt keine Gründe für die von ihr gewählte absteigende Reihenfolge der Zuschlagskriterien genannt.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Nachprüfungsbegehren gegen die Angebotswertung auf der zweiten Stufe und beanstandet die fehlerhafte Dokumentation der nachvollziehbaren Gründe. Die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers die Zuschlagskriterien in der absteigenden Reihenfolge zu werten, stellt eine Maßnahme zur näheren Ausgestaltung der Ausschreibungsbedingungen dar und hat als solche Auswirkungen auf die konkreten Angebote.

Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Antragstellerin hat die fehlende Dokumentation schon deshalb, weil es diese nachvollziehbaren Gründe ausweislich des Vergabevorgangs auch tatsächlich gar nicht gibt. Denn die Antragsgegnerin hat die einzelnen Zuschlagskriterien im Vergabevermerk mit den Bewertungsfaktoren 5 bis 1 versehen, ohne dass ersichtlich ist, warum diese Gewichtung nicht schon bei der Bekanntgabe der Zuschlagskriterien hätte erfolgen können. Aus der Sicht der Kammer sind im vorliegenden Fall überhaupt keine Gründe erkennbar, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Zuschlagskriterien das Unterlassen der Gewichtung rechtfertigen konnten. Genau darauf zielt § 16 Abs. 2 VOF ab, indem dort bestimmt wird, dass die Bieter frühzeitig umfassende Informationen erhalten.

Entsprechend der Entscheidung des OLG Düsseldorf, 17.03.2004, Verg 1/04, kann dem öffentlichen Auftraggeber auch nicht gestattet werden, ihre Erwägungen durch schriftsätzlichen Vortrag in einem Nachprüfungsverfahren nachzuholen. Bedeutung und Funktion des Vergabevermerks würden entwertet, wenn man dem öffentlichen Auftraggeber gestattet, den von ihm geschuldeten zeitnahen Vergabevermerk im Nachhinein zu erstellen. Es würde damit die Möglichkeit einer ergebnisorientierten und mit den tatsächlichen Erwägungen und Entscheidungen nicht übereinstimmenden Darstellung der jeweiligen Vorgänge eröffnet.

c) Die Antragstellerin hat vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens allerdings das Unterlassen dieser sich aus § 16 Abs. 2 VOF ergebenden Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zur Mitteilung der Gewichtung oder zur Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe gemäß § 107 Abs. 3 S.1 GWB nicht gerügt. Erst nach Akteneinsicht ist diese Beanstandung schriftsätzlich vorgetragen worden.

Die Antragstellerin ist mit ihrem Vorbringen aber nicht präkludiert. Der Rügeobliegenheit des Bieters nach § 107 Abs. 3 GWB unterliegen nur solche Vergaberechtsverstöße, hinsichtlich derer der Bieter über die volle und positive Kenntnis der sie begründenden Tatsachen verfügt und die er außerdem auch in rechtlicher Hinsicht bei zumindest laienhafter Bewertung als Rechtsverletzung würdigt, so u.a. OLG Düsseldorf, 04.03.2004, Verg 8/04.

Das Entstehen der Rügeobliegenheit des Bieters setzt nach vorherrschender Auslegung dieser Bestimmung durch die Rechtsprechung nicht nur voraus, dass der Bieter vorher von den einen Vergaberechtsfehler begründenden Tatsachen positive Kenntnis erlangt hat, sondern dass sich die Kenntnis dieses tatsächlichen Vorgangs bei ihm zur Gewissheit eines der Vergabestelle anzulastenden Fehlers (und zwar im Sinn einer laienhaften Vorstellung) auch rechtlich aktuell verdichtet hat. Die rechtliche Erkenntnis eines Vergaberechtsfehlers hat sich für die Antragstellerin erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens eingestellt. Erlangt der Antragsteller erst im Laufe eines Nachprüfungsverfahrens von einem weiteren Verstoß gegen Vergabevorschriften positive Kenntnis -und sei es dadurch, dass sich bei ihm erst in diesem Verfahren die hierzu erforderliche rechtliche Wertung vollzieht- so besteht keine Obliegenheit zu unverzüglicher Rüge dieses Vergaberechtsfehlers, OLG Düsseldorf, 2.8.2002, Verg 25/02.

In der mündlichen Verhandlung hat sich herausgestellt, dass sowohl die Antragsgegnerin als auch die Antragstellerin die Vorschrift des § 16 Abs. 2 VOF in der Tragweite noch nicht zur Kenntnis genommen hatten. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens die Antragstellerin die für die Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S.1 GWB erforderliche positive Kenntnis weder auf der Tatsachenebene noch auf der Rechtsfolgenebene gehabt hat.

Da die Vorschrift des § 16 VOF sowie die vergleichbaren Vorschriften in der VOB/A und der VOL/A erst mit der letzten Rechtsänderung aufgenommen wurden und -soweit ersichtlich- noch keine Rechtsprechung dazu vorhanden ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller den vorliegenden Vergaberechtsverstoß beim Erhalt des Einladungsschreibens nicht erkannt hat.

III.

Gemäß § 114 Abs. 1 GWB entscheidet die Vergabekammer, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.

1. Die Antragstellerin ist durch den vorstehenden Vergaberechtsverstoß in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt.

Denn der Verstoß kann nur dadurch behoben werden, dass die Antragsgegnerin zur Wiederholung der Wertung auf der zweiten Stufe unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer verpflichtet wird, nachdem sie den Bietern die Gewichtung der Auftragskriterien oder die Begründung, warum keine Gewichtung vorgenommen werden kann, mitgeteilt hat.

In der Durchführung einer neuen Wertung liegt für die Antragstellerin die reelle Chance doch noch den Auftrag zu erhalten, da das Ergebnis eines neuen Verhandlungsgesprächs der Wertung zugrunde zulegen ist und nicht vorhersehbar ist, wie sich die Bieter dann darstellen werden. Weiterhin kann jeder Bieter nach Offenlegung der Wertungskriterien sich besser auf das hier durchzuführende Verhandlungsgespräch einstellen und auch dadurch Vorteile erlangen. Insofern liegt eine Verletzung in eigenen Rechten vor.

Klarstellend weist die Kammer darauf hin, dass aus den Anträgen und dem Vortrag der Antragstellerin sich insgesamt ergibt, dass sie die Wiederholung der zweiten Wertungsstufe auch anstrebt. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin verdeutlicht, dass sie die Wiederholung der zweiten Wertungsstufe für erforderlich hält, und sie - nach Offenlegung bestimmter Informationen, wie der Gewichtung der Auftragskriterien vor dem Verhandlungsgespräch- eine bessere Startposition für das Verhandlungsgespräch für sich selbst sieht. Insofern hat sie reelle Chancen auf Erhalt des Auftrages. Allein dies ist für die Feststellung einer Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin in einem Nachprüfungsverfahren ausreichend.

2. Für die Durchführung der neuen Wertung werden folgende Hinweise erteilt:

a) Die Kammer geht davon aus, dass es ausreichend ist, in einem neuen Einladungsschreiben an die drei Bieter die Gewichtung oder die nachvollziehbaren Gründe für eine absteigende Reihenfolge mitzuteilen. Die Antragsgegnerin ist hinsichtlich der Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht an ihre Vergabebekanntmachung gebunden; sie muss aber die dort genannten Auftragskriterien beibehalten. Sie kann den Hinweis auf die Reihenfolge der Priorität durch eine Gewichtung ersetzen.

Ein öffentlicher Auftraggeber kann jedenfalls in dem zweistufigen Verhandlungsverfahren nach § 5 VOF die Gewichtung der Auftragskriterien auch später noch vornehmen oder konkretisieren, also vor Eintritt in die zweite Stufe. Denn die Teilnehmer der ersten Stufe können dadurch nicht in ihren Rechten verletzt sein, weil ihre Angebote jedenfalls anhand dieser Kriterien nicht bewertet werden, so auch OLG München, 28.04.2006, Verg 6/06.

b) Weiterhin bedeutet die Wiederholung der zweiten Wertungsstufe, dass auch die bereits vorgelegten Honorarangebote nicht mehr verwandt werden können. Wiederholung heißt, dass in einem Vergabeverfahren nach § 5 VOF, das sich in zwei Wertungsstufen gliedern lässt, alle Prüfschritte auf der beanstandeten Wertungsstufe ordnungsgemäß wiederholt werden und keine Vermengung mit Teilwertungsabschnitten aus der aufgehobenen Wertungsentscheidung erfolgt.

Die Kammer verkennt nicht, dass es nach erfolgter Akteneinsicht für alle Beteiligten schwierig ist, diesen Wertungsschritt zu wiederholen. Die bisherige Beurteilung der Honorarangebote durch die Antragsgegnerin war jedenfalls nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen § 16 Abs. 3 S. 2 VOF lag nicht vor, weil eine Mindestsatzunterschreitung nicht feststellbar war. Gemäß § 16 Abs. 3 VOF ist ein bestimmter Rahmen einzuhalten und innerhalb dieses Rahmens sind Schwankungsbreiten bei den Angeboten denkbar und zulässig, OLG Stuttgart, 28.11.2002, 2 Verg 14/02.

Weiterhin war nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin keine Vorgaben bezüglich der Honorarzonen gemacht hat. Zur Vermeidung von Missverständnissen kann die Vergabestelle in der Bekanntmachung diejenige Honorarzone angeben, die sie für anwendbar hält, Müller-Wrede, Kommentar zur VOF, 2. Auflage, § 16 Rd. 71. Dazu verpflichtet ist sie nicht.

Soweit die Antragstellerin auf die sich aus den Unterlagen ersichtlichen Restaurationsräume abstellt, die gegebenenfalls wegen der Chemikalien aufwendigere technische Abwasseranlagen erfordern könnten, muss sie sich entgegen halten lassen, dass sie Details dazu vor der Abgabe der Angebote von der Antragsgegnerin auf Nachfrage erhalten hätte.

Weiterhin ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene Wertung der Honorarangebote ohne weiteres nachvollziehbar gewesen. Im Vergabevermerk (siehe Anlage 1) hat die Antragsgegnerin verfügt: "Bei der Wertung des Honorars werden dem wirtschaftlichstem Angebot 10 Punkte vergeben. Bei Abweichungen vom wirtschaftlichstem Angebot werden pro 1% Abweichung jeweils ein Punkt von den 0-10 zu vergebenden Punkten abgezogen." Gegen diese Vorgehensweise bestehen keine Bedenken. Die Antragsgegnerin kann, wenn sie dies für richtig hält, diesen Maßstab auch bei der Wiederholung der zweiten Wertungsstufe beibehalten.

c) Die Antragsgegnerin hat auch nicht gegen § 16 Abs. 4 VOF verstoßen. Gemäß § 16 Abs. 4 VOF schließt der Auftraggeber den Vertrag mit dem Bewerber, der aufgrund der ausgehandelten Auftragsbedingungen im Rahmen der vorgegebenen Auftragskriterien die bestmögliche Leistung erwarten lässt.

Dabei ist dem Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet, dessen Ausfüllung der Überprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen weitgehend entzogen ist. Die Nachprüfungsinstanzen prüfen nur, ob die Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes überschritten sind. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber Verfahrensfehler begangen hat, den Sachverhalt unzutreffend ermittelte oder sachwidrige Erwägungen zugrunde legte, vgl. u.a. OLG Brandenburg, 13.09.2005, Verg W 8/05; OLG Düsseldorf, 08.10.2003, Verg 48/03.

Die Ausführungen der Antragsgegnerin im Vergabevermerk zu den Kriterien "Vergleichbare komplexe Aufgaben", "Fachliche Qualifikation des vorgesehenen Personals" und "Erfahrungen bei Umbauten mit denkmalgeschützter Bausubstanz" lassen keine Ermessensfehler erkennen.

Für die Wiederholung der zweiten Wertungsstufe gibt die Kammer zu dem ersten Auftragskriterium folgende Hinweise:

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin bei dem 1. Zuschlagskriterium nicht auf Umstände abgestellt, die vorab nicht bekannt gegeben wurden. Als Zuschlagskriterium nannte sie "den Nachweis über die erfolgreiche Abwicklung vergleichbarer komplexer Bauaufgaben (auch Museen/ Bauteiltemperierung)."

Auftragsgespräche werden geführt, um den am besten geeigneten Bewerber auszuwählen, wobei dies anhand der zuvor bekannt gegebenen Auftragskriterien zu erfolgen hat. Ausgehend von den verlangten Nachweisen über vergleichbare Projekte in der Vergangenheit hat die Vergabestelle bei ihrer Wertungsentscheidung eine auftragsbezogene Prognose für die Zukunft zu stellen, die sich auf den konkret zu vergebenden Auftrag zu beziehen hat. Es sollen nicht etwa nur die bisher vorhandenen Erfahrungen der Bieter gegeneinander gestellt werden, weil dies bereits Gegenstand der Eignungswertung auf der ersten Stufe war. Vielmehr ist Sinn und Zweck der Vergabeverhandlung und der Vergabeentscheidung auf der zweiten Stufe, dass eine auftragsbezogene Prognose erfolgt, vgl. OLG Brandenburg, 13.09.2005, Verg W 8/05. Die Vergabestelle hat zu ermitteln, ob der Bewerber, der bereits in der Vergangenheit gute Leistungen erbracht hat, anknüpfend daran auch für die zu beauftragende Leistung, die noch nicht genau beschreibbar ist, gute Leistungen erwarten lässt.

Insofern hat die Antragsgegnerin ausweislich des Vergabevermerks an vergleichbare komplexe Bauaufgaben in der Vergangenheit angeknüpft und dabei die im Einladungsschreiben vom 23.01.2007 bereits genannte Bauteiltemperierung im Besonderen in dem Verhandlungsgespräch mit den Bietern aufgegriffen. Für den Bieter war dies aus dem Einladungsschreiben, dem zur Vorbereitung auf das Verhandlungsgespräch eine Aufgabenbeschreibung beigefügt war, aus der sich ebenfalls diese Zielrichtung erkennen ließ, vorhersehbar.

Soweit die Antragstellerin die Inhalte des Vergabevermerks als nicht richtig dargestellt beanstandet (Nachfragen seien ausweichend beantwortet worden oder die Beigeladene habe die innovativsten Ansätze gebracht usw.), kann dies nicht Prüfgegenstand einer Kammerentscheidung sein. Auch wenn diesbezüglich im Rahmen einer Beweisaufnahme die Behauptung der Antragstellerin sich als zutreffend herausstellen sollte, verbleibt es beim Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin. Sie hat die in dieser Prüfsituation erfolgten Aussagen wie im Vergabevermerk bewertet. Die Inhalte von Prüfentscheidungen unterliegen nicht der Kontrollmöglichkeit, sondern dies steht allein im Ermessen des Prüfers oder der Prüfkommission.

d) Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass eine Vergabestelle nicht verpflichtet ist über ihre Verhandlungsgespräche Gesprächsprotokolle zu fertigen. Sie kann diese führen, wenn sie sich dadurch sicherer fühlt. Es muss sich aber eine nachvollziehbare Bewertung aus dem Vergabevermerk ergeben, wobei die Vergabestellen einen weiten Beurteilungsspielraum haben.

Die Kammer verkennt nicht, dass gerade aus Gründen der Transparenz Gesprächsprotokolle sachdienlich sein können. Allerdings handelt es sich um eine Prüfsituation, die eine einzigartige und besondere Situation darstellt und in der sich ein Gesamtbild ergibt, das nicht allein aus dem gesprochenen Wort rekonstruiert wird. Aus gutem Grund sind deshalb nur Formfehler im Zusammenhang mit Prüfsituationen gerichtlich überprüfbar, weil die Besonderheit der Prüfsituation im Nachhinein nicht einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden kann.

Wenn - wie hier - eine Prüfkommission tätig wird, ist es deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Auffassungen der Teilnehmer in dem Vergabevermerk zusammengetragen werden. Aus dem Vergabevermerk sollten sich dann der Ablauf und die Beurteilung der Prüfkommission ergeben. Die im Vergabevermerk (§ 18 VOF) enthaltenen Angaben und die in ihm mitgeteilten Gründe für die getroffenen Entscheidungen müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind. Das gilt insbesondere für die Darlegungen, mit denen die Auswahl des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters gerechtfertigt wird, so OLG Düsseldorf, 14.08.2003, Verg 46/03.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 1 und Abs. 3 GWB, wonach die Antragsgegnerin und die Beigeladene als unterliegende Parteien die Kosten für das Nachprüfungsverfahren vor der Kammer jeweils zur Hälfte zu tragen haben.

Entsprechend der bundesweit einheitlich verwandten Gebührenstaffel ist eine Gebühr in Höhe von xxxx ? ausgehend von einem Auftragswert basierend auf dem Angebot der Antragstellerin von ca. xxxxxxx ? bis xxxxxxx ? anzusetzen.

Gemäß § 128 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz des Bundes ist die Antragsgegnerin von der Zahlung dieser Gebühr befreit. Die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Kostenschuldner ist zwingende Rechtsfolge der Erhebung der Gebühren. Das nach § 128 Abs. 3 s. 2 GWB der Kammer eingeräumte Ermessen, von der ganzen oder teilweisen Erhebung der Gebühren abzusehen, erstreckt sich nicht auf die vom Gesetz angeordnete gesamtschuldnerische Haftung. Jedoch kann die Vergabekammer zur Erreichung des Zwecks des § 8 VwKostG die nicht persönlich von der Gebührenzahlungspflicht befreite Beigeladene nur in Höhe ihres Gebührenanteils zur Zahlung der Verfahrensgebühr mittels ihres Kostenfestsetzungsbescheids heranziehen, OLG Düsseldorf, 23.11.2004, Verg 69/04. Die Kammer folgt dieser Rechtsprechung und wird deshalb die Beigeladene wegen der Verfahrenskosten nur zur Hälfte in Anspruch nehmen.

V.

Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen, § 128 Abs. 4 GWB. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend.

Die Vergabekammer hält die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB in Verbindung mit § 80 Abs. 3 VwVfG NRW für notwendig, weil das Nachprüfungsverfahren sich nicht nur auf fachliche Details in den Ausschreibungsunterlagen konzentrierte, sondern allgemeine Grundsätze aus dem Vergaberecht und dem allgemeinen Verfahrensrecht streitentscheidend waren.

Als unterliegende Parteien haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin jeweils zur Hälfte zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung

.....

RechtsgebietVOFVorschriftenVOF § 16 Abs. 2

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