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03.04.2007 · IWW-Abrufnummer 071172

Amtsgericht Stuttgart: Urteil vom 21.06.2006 – 50 C 6856/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Stuttgart

50 C 6856/05
verkündet am 21.6.2006

Urteil

XXX

wegen ärztlicher Leistung

hat das Amtsgericht Stuttgart
durch XXX auf die mündliche Verhandlung vom 19.05.2006
für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.724,39 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.706,88 ? seit 25.11.2004 und aus 17,43 ? seit 28.01.2005, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 123,48 ? zu zahlen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

TATBESTAND:

Der Kläger, Chefarzt XXX in XXX macht mit der Klage eine privatärztliche Honorarforderung für Leistungen geltend, die er im Rahmen der stationären Behandlung des Beklagten vom 19.05. bis 31.05.2004 erbracht hat.

Diese Leistungen wurden mit den Rechnungen vom 20.10.2004 (Bl. 12 d. A.) und 23.12.2004 (Bl. 14 d. A.) mit 2.108,08 ? und 17,43 ?, insgesamt 2.125,51 ? abgerechnet.

Am 01.12.2004 und 17.02.2005 leistete der Beklagte auf die Rechnung vom 20.10.2004 Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 401,12 ?.

Die Klage betrifft die Restforderung in Höhe von 1.724,39 ?.

Der Kläger trägt vor,
die von ihm erbrachten Leistungen seien in Übereinstimmung mit der Gebührenordnung für Ärzte in Rechnung gestellt worden. Dem stehe das so genannte Zielleistungsprinzip nach § 4 Abs. 2 a GOÄ nicht entgegen. Sämtliche von der Versicherung des Beklagten gekürzten Positionen (die Ziffern 2583, 2072, 2073, 2001, 2803 und 204 GOÄ) seien zusätzlich berechenbar, da jeweils eine eigenständige - über die bloße Tumorresektion hinausgehende - Indikation vorgelegen habe.

Der Kläger beantragt,
wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, er sei zur Kürzung der Rechnung um 1.706,96 ? berechtigt

Unter Berücksichtigung des Zielleistungsprinzips ergebe sich ein Anspruch des Klägers in Höhe der bereits bezahlten 401,12 ?.

Entscheidend sei, ob die mit den streitigen Gebührenordnungsnummern abgerechneten ärztlichen Maßnahmen selbstständige Maßnahmen gewesen seien, mithin auch ohne die operative Zielleistung erbracht worden wären. Danach seien die gekürzten Positionen nicht zusätzlich abrechenbar gewesen. Die Tatsache, dass die getroffenen Maßnahmen durch die Operation selbst bedingt gewesen seien, ergebe sich schon daraus, dass ihre Durchführung ohne die Notwendigkeit der Operation weder notwendig noch sinnvoll gewesen wäre.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen verwiesen.

Es wurde Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. XXX (Bl. 81 f. d. A.) sowie seinen Erläuterungen im Termin vom 19.05.2006 (Bl. 105 f. d. A.) Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Beklagte schuldet dem Kläger - über den bereits bezahlten Betrag von 401,12 ? hinaus - weitere 1.724,39 ? Honorar für die stationäre ärztliche Behandlung vom 19.05. bis 31.05.2004. Der Kläger ist berechtigt, die Leistungen nach den Nr. 2583, 2073, 2072, 2801 und 2803 sowie 204 abzurechnen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Frage, welche von mehreren gleichzeitig oder im Zusammenhang erbrachten Leistungen selbstständig berechnungsfähig sind, ist neben Berechnungsbestimmungen im Gebührenverzeichnis selbst vor allem in § 4 Abs. 2 a GOÄ zu betrachten. Danach kann der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt nach § 4 Abs. 2 a Satz 2 GOÄ auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. In den dem Abschnitt L (Chirurgie, Orthopädie) des Gebührenverzeichnisses vorangestellten allgemeinen Bestimmungen werden Inhalt und Tragweite dieses als Zielleistungsprinzip bezeichneten Grundsatzes näher verdeutlicht, wenn es dort heißt, dass zur Erbringung der in Abschnitt L aufgeführten typischen operativen Leistungen in der Regel mehrere operative Einzelschritte erforderlich sind und dass diese Einzelschritte, soweit sie methodisch notwendige Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genanten Zielleistung sind, nicht gesondert berechnet werden können (vgl. BGH Urteil vom 16.03.2006, Az: III ZR 217/05 m. w. N., insbesondere unter Bezugnahme auf das Urteil vom 13.05.2004 BGHZ 159, 142). Entscheidend ist daher für den vorliegenden Fall, ob - wie vom Beklagten vertreten - die Hauptleistung aus GOÄ Ziffer 2404 (Exzision einer größeren Geschwulst) sämtliche anderen bei der Operation durchgeführten weiteren Maßnahmen abrechnungstechnisch abdeckt.

Dies ist zu verneinen.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen handelt es sich bei GOÄ Ziffer 2404 um die technische Entfernung einer Geschwulst, ohne dass damit alle flankierenden Maßnahmen, die aus anderer Indikation bei der Entfernung einer bösartigen Geschwulst notwendig sind, inkludiert wären. So hat der Sachverständige zu den nach GOÄ Ziffer 2583 abgerechneten Neurolysen weiter erläutert, dass diesen eine eigenständige Indikation, nämlich die Erhaltung der Funktion der Schulter und des Armes, zu Grunde lag. Rein methodisch - technisch ist die bloße Tumorentfernung nach den Angaben des Sachverständigen auch ohne Erhalt der Nerven durchführbar, allerdings mit der Folge, dass es zu erheblichen Funktionsausfällen insbesondere im Schulter- und Armbereich kommen kann. Auch bezüglich der GOÄ Ziffern 2072, 2073, 2801 und 2802 hat der Sachverständige überzeugend sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch bei der mündlichen Erläuterung dargelegt, dass der Tumor hätte entfernt werden können, ohne die Sehnen oder Muskeldurchschneidung und -naht durchzuführen oder ohne die Arteria subclavia und Vena subclavia freizulegen oder zu präparieren. Bei all diesen Maßnahmen ging es letztlich nicht um die Entfernung des Knotens, sondern um den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Armes.

Auch für den nach GOÄ Ziffer 204 abgerechneten Gilcristverband bestand eine eigenständige Indikation, nachdem dieser nicht dem Wundverschluss dient, sondern der Stabilisierung von Kopf, Arm, Schulter und Rumpf, was nach einer so ausgedehnten Operation wie beim Beklagten zusätzlich zum Wundverschluss erforderlich ist. Erst durch diesen Verband wurde einer ansonsten möglichen erheblichen Funktionseinschränkung des Armes entgegen gewirkt bzw. vorgebeugt.

Somit war der Beklagte, nachdem der Sachverständige auch die Notwendigkeit der Anzahl der Neurolysen und Gefäßfreilegungen überzeugend als erforderlich begründet hat, zur Zahlung des offenen Restbetrages aus der Rechnung vom 20.10.2004 und vom 23.12.2004 zu verurteilen.

Bezüglich des Einwandes des Beklagten, er sei lediglich von 19.05. bis 31.05.2004 in stationärer Behandlung gewesen und ein weiterer stationärer Aufenthalt habe nicht stattgefunden, ist darauf hinzuweisen, dass mit der Rechnung vom 23.12.2004 keine weiteren stationären Leistungen abgerechnet wurden, sondern lediglich der Krankheits- und Befundsbericht zur ursprünglichen Diagnose.

Die Nebenforderungen folgen aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Die als Verzugsschaden erstattungsfähigen außergerichtlichen Anwaltskosten errechnen sich dabei ausgehend von einem Gegenstandswert von 1.724,39 ? wie folgt:
1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2004 VVRVG in Höhe von 172,90 ? zuzüglich Auslagenpauschale aus 702 VVRVG in Höhe von 20,00 ? abzüglich einer 0,65 Geschäftsgebühr gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 IV VVRVG in Höhe von 106,45 ?, zuzüglich Mehrwertsteuer von 17,03 ?, somit ein Gesamtbetrag von 123,48 ?.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

RechtsgebieteBürgerliches Recht, MedizinrechtVorschriften§§ 611, 612 BGB i.V.m. der GOÄ

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