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27.03.2007 · IWW-Abrufnummer 071011

Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 11.10.2006 – L 5 KR 5117/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landessozialgericht Baden-Württemberg

L 5 KR 5117/04
S 5 KR 633/04 Sozialgericht Mannheim

Die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30.9.2004 werden zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 1) trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu 2) + 3), deren außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten sind.

Tatbestand:

Im Streit ist die Versicherungspflicht des Klägers zur Renten- und Arbeitslosenversicherung als Vorstand einer Genossenschaft.

Der 1967 geborene Kläger verfügt über eine akademische Ausbildung im Bereich der Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Marketing. Er war bei verschiedenen Unternehmen als Geschäftsführer tätig. Bevor er zur Beigeladenen Nr. 1 wechselte war er Geschäftsführer bei der Firma WK-Möbel (SG-Akte S. 69).

In der Beigeladenen Nr. 2, einer eingetragenen Genossenschaft mit Sitz in B., sind etwa 250 Kinderfachgeschäfte zusammengeschlossen. Zweck der Genossenschaft ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Gegenstand des Unternehmens sind der Großeinkauf und der Großhandel mit allen für das Gewerbe und die Wirtschaft der Mitglieder erforderlichen Waren, Maschinen, Geräte und Einrichtungen, der Versandhandel auf eigene Rechnung, der Abschluss von Liefer- und Zahlungsvereinbarungen mit Lieferanten für die Mitglieder sowie die Durchführung von Vermittlungs- und Delkrederegeschäften mit oder ohne Zentralregulierung sowie die Stärkung und Sicherung der selbstständigen Existenz der einzelnen Mitglieder durch geeignete Maßnahmen und Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Organe der Genossenschaft sind Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung (§ 13 der Satzung). Der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung, führt die Geschäfte und vertritt die Genossenschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 15 der Satzung). Der Vorstand besteht aus mindestens zwei Mitgliedern und wird vom Aufsichtsrat bestellt und, sofern er nicht ehrenamtlich tätig ist, angestellt (§ 18 der Satzung).

Der Kläger wurde durch Dienstvertrag vom 1.7.2002 von der Beigeladenen Nr. 2 angestellt. In § 1 Nr. 1.1 des Dienstvertrages ist bestimmt, dass der Kläger durch Beschluss des Aufsichtsrates zum hauptamtlichen geschäftsführenden Vorstand bestellt werden wird. Zu den Bezügen des Klägers wurde unter § 2 des Dienstvertrags ein Festgehalt von 10.250 EUR brutto monatlich vereinbart. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind darin enthalten. Außerdem sollte der Kläger eine Umsatztantieme in Höhe von 0,35 %o ab einem Umsatz von 30 Millionen EUR erhalten. Hinzukommen Tantiemen in Abhängigkeit vom Jahresgewinn (von Gewinn bis 300.000 EUR 2,5 % bis Gewinn ab 1,2 Mio EUR 5 %). Überstunden werden nicht gesondert vergütet. Regelungen zu Gehaltsfortzahlung bei Krankheit und Tod sind in § 3 des Dienstvertrags festgelegt. Bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit wird das Grundgehalt 6 Monate weiter gezahlt. Die Beiträge einer von der Beigeladenen Nr. 2 für den Kläger abgeschlossenen Krankengeld- bzw. Krankenhaustagegeldversicherung werden auf das Gehalt angerechnet. Als Nebenleistungen sind (u. a.) die Überlassung eines Dienstfahrzeuges, der Abschluss einer Unfallversicherung und einer Altersversorgungsversicherung für den Kläger vorgesehen (§ 4 des Dienstvertrages). Der Urlaubsanspruch des Klägers beträgt 30 Arbeitstage (§ 5 des Dienstvertrags). Nach § 6 des Dienstvertrages ist der Kläger verpflichtet, seine Arbeitskraft ausschließlich für die Genossenschaft einzusetzen. Die Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit oder von Ehrenämtern bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats. Dem Kläger ist untersagt, während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ein Handelsgewerbe im Geschäftszweig der Genossenschaft zu betreiben oder sich daran zu beteiligen (§ 6 Abs. 3 des Dienstvertrags). Arbeitsverhinderungen sind dem Aufsichtsrat unverzüglich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Im Krankheitsfall ist nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen (§ 7 des Dienstvertrags). Der Dienstvertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende gekündigt werden; die Abberufung als Vorstand gilt als Kündigung (§ 9 des Dienstvertrages). Der Kläger ist gem. § 10 des Dienstvertrages Mitglied der Genossenschaft.

Zum 1.7.2004 wurde der Dienstvertrag durch ergänzende Regelungen auf die Zeit vom 1.7.2004 bis 30.6.2007 befristet; erst zu diesem Zeitpunkt soll eine Kündigung möglich sein. Der Vertrag verlängert sich jeweils um zwei Jahre, wenn er nicht bis zum 30.6.2007 oder zum Ablauf eines der nachfolgenden Zweijahreszeiträume gekündigt wird. Außerdem wurden das monatliche Festgehalt auf 12.800 EUR erhöht und die Gewinn- und Umsatztantieme auf eine Gewinntantieme begrenzt. Bei vorzeitiger Kündigung durch den Kläger wurde eine Vertragsstrafe von einem Jahresfestgehalt (153.600 EUR) vereinbart. Vom Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) wurde der Kläger befreit (SG-Akte S. 61 ff.).

In einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines geschäftsführenden Vorstandsmitglieds einer eingetragenen Genossenschaft gab der Kläger (u. a.) an, er sei ausschließlich im Rahmen des Gesellschaftsvertrags zur Mitarbeit verpflichtet, wobei die Mitarbeit in einem besonderen Dienstvertrag geregelt sei. Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden, die tatsächliche Arbeitszeit 60 bis 80 Stunden. Er unterliege keinem Weisungsrecht hinsichtlich der Zeit, des Orts und der Art seiner Beschäftigung. Er könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Einschränkungen bestünden nicht. Er könne auch Personal selbstständig einstellen und entlassen. Urlaub müsse nicht genehmigt werden.

Mit Bescheid vom 1.9.2003 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Wegen der Höhe der Vergütung bestehe keine Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Zur Begründung verwies sie auf § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) und führte aus, ins Gewicht falle, dass der Aufsichtsrat die Vorstände bestelle, abberufe und auch deren Anstellungsbedingungen regele. Zu berücksichtigen sei weiter, dass der Kläger nicht alleinvertretungsberechtigt und nicht vom Selbstkontrahierungsverbot befreit sei, (nach eigenen Angaben) nicht als einziger Mitarbeiter über die für die Führung der Genossenschaft erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse verfüge, seine Tätigkeit im Rahmen des Genossenschaftsgesetzes, der Satzung und der Geschäftsordnung der Genossenschaft auszuüben habe, unabhängig von der Ertragslage eine monatlich gleich bleibende Vergütung erhalte und ihm im Falle der Arbeitsunfähigkeit die Fortzahlung der Vergütung für sechs Monate zugestanden sei. Nach Abwägung aller Umstände liege eine abhängige und damit versicherungspflichtige Beschäftigung vor.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, im Vergleich zu seinem Vorgänger hätten sich die seine Tätigkeit bestimmenden Merkmale verändert. Er übe keine Tätigkeit nach Weisung aus und sei in die Arbeitsorganisation der Genossenschaft nicht eingegliedert. Zwar befinde sich sein Büro in den Geschäftsräumen der Genossenschaft (in B.), seine Arbeit gestalte er jedoch nach eigener Verantwortung und völlig frei. Das gehe schon daraus hervor, dass er nach wie vor in Mannheim wohne und einen Teil seiner Arbeit von dort aus erledige. Außerdem sei er europaweit bei Verhandlungen mit neuen Mitgliedern oder Lieferanten unterwegs. Wann er welche Arbeit erledige, entscheide er völlig frei, da er (neben einem zweiten Vorstandsmitglied) der einzige hauptamtliche Vorstand der Genossenschaft sei. Gem. § 23 Abs. 1 der Satzung beschlössen Vorstand und Aufsichtsrat nach gemeinsamer Beratung und getrennter Abstimmung die Grundsätze der Geschäftspolitik. Das besage, dass er als Vorstand nicht weisungsgebunden gegenüber dem Aufsichtsrat sei, sondern mit diesem die Geschäftspolitik nur abstimmen müsse. Daran ändere § 2 der Satzung nichts, wonach bestimmte Tätigkeiten der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürften. Er habe eine vergleichbare Stellung wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft und sei deshalb nicht als abhängig Beschäftigter anzusehen. Die Forderung, als Unternehmer müsse er ein Unternehmer- bzw. Kapitalrisiko übernehmen, sei überzogen, weil das auch vom Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht verlangt werde. Demgegenüber sei seine Haftung mit derjenigen des Vorstands einer Aktiengesellschaft vergleichbar, sodass er durchaus insofern ein Unternehmerrisiko trage. Der Erfolg seines Arbeitseinsatzes sei ungewiss, zumal er viel länger als tariflich festgelegt arbeiten müsse. Überstunden würden nicht vergütet. Wie ein Unternehmer könne er eine Vergütung seiner Mehrarbeit nur dadurch erreichen, dass der Umsatz des Unternehmens steige und er damit höhere Tantiemen bekomme. Seine Tantiemen errechneten sich nach dem Gewinn, was ebenfalls die Unternehmerstellung verdeutliche. Hinzukomme dass er ohne zusätzliches Geschäftsführergehalt auch Geschäftsführer der Tochtergesellschaften der Genossenschaft (H. GmbH und k. ad) sei. Hier sei er vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Entgegen seiner irrtümlichen Angaben auf den Fragebogen verfüge er doch allein über die für die Führung der Genossenschaft erforderlichen Kenntnisse. Zwar sei er zuvor nicht in der Kinder- und Babyausstattungsbranche tätig gewesen, habe jedoch langjährige Erfahrung im Marketing und Vertrieb von Markenartikeln; dies sei nötig, um einen Einkaufsverband führen zu können. Er habe früher für den führenden Einkaufsverband der Einrichtungsbranche (W., E.-GmbH) als Geschäftsführer gearbeitet. Auch die übrigen Regelungen des Dienstvertrages, wie Festgehalt und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, stünden der Unternehmereigenschaft nicht entgegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Vorschriften, wonach Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nicht versicherungspflichtig seien, könnten auf Vorstandsmitglieder einer eingetragenen Genossenschaft nicht entsprechend angewendet werden. Maßgebend sei allein § 7 SGB IV bzw. die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Auf einen Vergleich mit den Verhältnissen einer Aktiengesellschaft komme es nicht an. Auch Mitglieder des Vorstands juristischer Personen, die von Weisungen im täglichen Geschäft weitgehend frei seien, könnten abhängig Beschäftigte sein. Der Kläger stelle als Vorstand ohne eigenes Unternehmer- bzw. Kapitalrisiko seine Arbeitskraft der Genossenschaft zur Verfügung. Im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände komme es letztendlich nicht ausschlaggebend darauf an, dass der Kläger seine Arbeit weitgehend weisungsfrei leiste, eine gewinnabhängige Tantieme beziehe und eine hohe wöchentliche Arbeitszeit vorliege.

Auf den am 5.2.2004 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 5.3.2004 Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er trug ergänzend vor, seine Stellung sei mit der Position des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft - wie sie der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zugrunde liege - nicht vergleichbar. Sie gleiche vielmehr der Rechtsstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft. Die hierfür geltenden Vorschriften seien entsprechend anwendbar. In der Genossenschaft existierten für den Vorstand keine Weisungsgeber. Der Aufsichtsrat stimme lediglich die Geschäftspolitik mit ihm ab. Zwar bedürften einzelne Tätigkeiten der Zustimmung des Aufsichtsrats; insgesamt sei eine Weisungsgebundenheit aber nicht festgelegt. Der Aufsichtsrat müsse vielmehr, wie im Aktienrecht, die Geschäftsführung nur überwachen.

Die Beklagte trug vor, die für die Vorstände von Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften habe das Bundessozialgericht nur auf die Vorstandsmitglieder großer Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit entsprechend angewandt; ausschlaggebend hierfür sei gewesen, dass diese durch eine Reihe von Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes den Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften weitgehend gleichgestellt gewesen seien (BSG, Urteil vom 27.3.1980, USK 8094). Demgegenüber fänden sich im Genossenschaftsgesetz keine entsprechenden Regelungen. Die im Urteil des BSG vom 21.2.1990 (- 12 RK 47/87 -) aufgestellten Kriterien würden vom Vorstand einer Genossenschaft nicht erfüllt. Die Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft könnten hinsichtlich der gesetzlichen Versicherungspflicht den Mitgliedern des Vorstands einer Aktiengesellschaft nicht gleichgestellt werden. Es bleibe bei der Maßgeblichkeit des § 7 SGB IV. Für eine abhängige Beschäftigung spreche insoweit zusätzlich zu den in den angefochtenen Bescheiden angeführten Gesichtspunkten, dass der Kläger ohne Nebentätigkeitsgenehmigung nicht für andere tätig werden dürfe. Hinzuweisen sei außerdem auf die im Dienstvertrag vereinbarte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Gewährung eines Dienstwagens mit privater Nutzung, den Abschluss einer Unfallversicherung und einer Altersvorsorgeversicherung für den Kläger, die Verpflichtung zur Mitteilung von Arbeitsversäumnissen u.a. Insgesamt überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände.

In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 30.9.2004 gab der Kläger an, es sei ihm gelungen, die Beigeladene zu 1.) deren Umsätze in früheren Jahren geschrumpft seien, durch Umstrukturierung wieder in die Gewinnzone zu bringen. In den Jahren 2002 und 2003 seien für ihn keine gewinnbezogenen Provisionen angefallen; als Umsatzprovision sei ihm pauschal ein Betrag von 10.000 EUR gezahlt worden. Er habe einen Genossenschaftsanteil gezeichnet, übe das Mitgliedschaftsrecht in der Genossenschaftsversammlung aber nicht aus, da er an ihr als Geschäftsführer teilnehme.

Mit Urteil vom 30.9.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Arbeitslosenversicherung seien gem. § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bzw. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien. Beschäftigung sei die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte dafür seien eine Tätigkeit nach Weisung und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 SGB IV).

Die Organstellung des Klägers bei der Beigeladenen Nr. 1 schließe das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliege, sei durch Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände festzustellen. Es komme auf das Gesamtbild der Arbeitsleistung an. Bei Diensten höherer Art könne nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Entscheidend sei nach wie vor, dass der Versicherte in den Betrieb eingegliedert sei. Unter dieser Voraussetzung müssten auch die Mitglieder von Vorständen juristischer Personen, die von Weisungen im täglichen Geschäft weitgehend frei seien, als abhängig Beschäftigte angesehen werden (BSG, Urteil vom 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -).

Die Tätigkeit des Klägers sei bei Würdigung ihres Gesamtbildes im Wesentlichen fremdbestimmt und berge kein unternehmerisches Risiko. Zwar leite er als Vorstand die Genossenschaft in eigener Verantwortung, betreibe aber dennoch im Ansatz kein Unternehmen im eigenen Interesse. Er übe seine Funktion und Tätigkeit vielmehr in Abhängigkeit zu den Entscheidungen des Aufsichtsrats und der Generalversammlung aus. Er werde vom Aufsichtsrat bestellt und angestellt. Die Grundsätze der Geschäftspolitik entwickle er nicht allein, sondern gemeinsam mit dem Aufsichtsrat. Für bestimmte Grundsatzentscheidungen sei auch dessen Zustimmung erforderlich. Das ergebe sich aus der Satzung der Genossenschaft. Die Arbeitskraft des Klägers unterliege der Verfügungsgewalt der Genossenschaft, da er für eine entgeltliche Tätigkeit die Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden benötige (§ 18 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Vorstands). Der Kläger müsse seine Arbeitskraft nach dem Dienstvertrag ausschließlich für die Genossenschaft einsetzen.

Dem Kläger komme auch die Stellung eines Mitunternehmers nicht zu. Er habe zwar in Ausführung der entsprechenden Vereinbarung im Dienstvertrag einen Mitgliedsanteil gezeichnet, die daraus folgende Position sei aber auf die Dauer des Dienstvertrags begrenzt. Der Kläger trage auch kein wesentliches unternehmerisches Risiko. Verluste der Genossenschaft beträfen ihn im Wesentlichen nicht; für die Genossenschaft setze er kein eigenes Wagniskapital ein. Das wirtschaftliche Ergebnis seiner Tätigkeit richte sich im Kern nicht nach dem unternehmerischen Erfolg der Genossenschaft, da für ihn in den Jahren 2002 und 2003 das monatliche Festgehalt von 10.250 EUR die entscheidende Einnahme gewesen sei; hinzugekommen sei lediglich eine pauschale Provision von 10.000 EUR.

Auf die Haftung nach § 34 Genossenschaftsgesetz könne sich der Kläger nicht berufen. Danach hafte er nämlich nicht (wie ein Unternehmer) im Falle ausbleibenden wirtschaftlichen Erfolgs, sondern nur bei der Verletzung der ihm gegenüber der Genossenschaft obliegenden Verpflichtungen. Die hohe wöchentliche Arbeitszeit sei für abhängige Beschäftigungen höherer Art nicht untypisch. Demgegenüber ergäben sich aus dem Dienstvertrag des Klägers weitere Hinweise auf eine abhängige Beschäftigung. So müsse er Arbeitsverhinderungen dem Aufsichtsratsvorsitzenden noch am Vormittag des ersten Tages der Verhinderung unter Angabe von Gründen mitteilen. Daraus folge, dass er der Genossenschaft an jedem Tag zur Verfügung stehen müsse und es nicht genüge, wenn er etwa im Krankheitsfall seine Vertretung selbstständig regele. Hinzukämen Bestimmungen zur Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und zum Urlaub.

Die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III, § 1 Abs. 1 Satz 4 SGB VI) seien für den Kläger nicht anwendbar. Diese Bestimmungen beruhten auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass eine soziale Sicherung für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften deshalb nicht notwendig sei, weil es typischerweise um große Kapitalgesellschaften mit einem Mindestkapital von 50.000 EUR gehe. Im Genossenschaftsgesetz werde demgegenüber auf die Vorschriften des Aktiengesetzes nicht verwiesen (vgl. auch BSG, Urteil vom 19.6.2001, - B 12 KR 44/00). Ob die Vergütung des Klägers den Bezügen der Vorstände von Aktiengesellschaften vergleichbar sei, sei rechtlich unerheblich.

Auf das ihm am 14.10.2004 zugestellte Urteil haben der Kläger und die Beigeladene zu 1.) am 11.11.2004 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend zu seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren vor, das Sozialgericht habe nicht beachtet, dass er inzwischen vom Verbot der Selbstkontrahierung (§ 181 BGB) befreit sei. Dieses wichtige Merkmal sei völlig unberücksichtigt geblieben. Seine Haftung sei mit der Haftung des Vorstands einer Aktiengesellschaft vergleichbar (§ 34 Abs. 2 und 3 Genossenschaftsgesetz bzw. § 93 Abs. 2 und 3 AktG). Deshalb trage er ein Unternehmerrisiko. Unberücksichtigt sei auch die im Dienstvertrag vom 1.7.2004 vereinbarte Vertragsstrafenregelung geblieben. Diese weise auf ein hohes Unternehmerrisiko hin. Demgegenüber hätten die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale weit geringeres Gewicht. Die vom Sozialgericht hierfür herangezogenen Vereinbarungen im Dienstvertrag seien auch für Geschäftsführerverträge in Gesellschaften mit beschränkter Haftung üblich. Die Geschäftsführer dieser Unternehmen würden aber von der Rechtsprechung als Unternehmer eingestuft. Die vom Sozialgericht herangezogene Rechtsprechung des BSG sei im Übrigen überholt. Er stehe einem Unternehmen mit 250 Mitgliedern und einem Umsatzvolumen von 44 Millionen EUR vor, weshalb er durchaus mit dem Vorstand einer Aktiengesellschaft verglichen werden könne.

Der Kläger und die Beigeladene zu 1.) beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30.9.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1.9.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen Nr. 2 bis 3 stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 1.9.2003 (Widerspruchsbescheid vom 4.2.2004) zu Recht festgestellt, dass der Kläger in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig ist.

Gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 24 SGB III setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann dieses auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteil vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 -). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -). Diese Rechtsgrundsätze gelten auch für die Mitglieder von Vorständen juristischer Personen, die von Weisungen im täglichen Geschäft weitgehend befreit sind.

Auf die in § 1 Satz 4 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III vorgesehene Versicherungsfreiheit kann sich der Kläger demgegenüber nicht berufen. Nach diesen Vorschriften sind Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt und damit versicherungsfrei in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Für die Mitglieder des Vorstands einer eingetragenen Genossenschaft sind die genannten Vorschriften jedoch nicht, auch nicht entsprechend anwendbar. Das Bundessozialgericht hat dies mit Urteil vom 21.2.1990 (- 12 RK 47/87 -; vgl. auch schon das Urteil vom 2.3.1973, - 12/3 RK 80/71 -) entschieden und dafür maßgeblich darauf abgestellt, dass hinsichtlich der Rechtsstellung des Vorstands im Genossenschaftsgesetz - im Unterschied zum Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) für Vorstände von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit - jegliche Verweisung auf das Aktiengesetz fehlt und sich die für den Vorstand einer Genossenschaft geltenden Bestimmungen erheblich von den Regelungen des Aktiengesetzes über den Vorstand einer Aktiengesellschaft unterscheiden. Diese Rechtsauffassung hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 3.2.1994 (- 12 RK 84/92 -) bekräftigt und zusätzlich betont, dass der Gesetzgeber die ursprünglich in § 3 Abs. 1a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) angeordnete Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft auf die Vorstandsmitglieder anderer juristischer Personen hätte ausdehnen können, wenn er das gewollt hätte. Statt dessen hat er die Regelung des § 3 Abs. 1a AVG aber unverändert in § 1 Satz 3 SGB VI (jetzt § 1 Satz 4 SGB VI) übernommen. Der darin hervortretende Wille des Gesetzgebers kann nicht im Wege erweiternder Auslegung oder entsprechender Anwendung des Gesetzes unterlaufen werden, zumal die Versicherungsfreiheit nach dem klaren Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen ausschließlich von der Rechtsform der Gesellschaft abhängt, der die Vorstandsmitglieder vorstehen. Deshalb kommt es allein auf die (gesetzlich nicht vollzogene) rechtliche Gleichstellung und nicht auf eine tatsächliche Vergleichbarkeit mit Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften an. Das Bundessozialgericht hat den Sinn dieser mehr formalen Abgrenzung darin gesehen, dass die Rechtsanwendung dadurch einfacher, sicherer und gleichmäßiger wird (BSG SozR 2400 § 3 Nr. 4) und daran im Urteil vom 3.2.1994 (- 12 RK 84/92 -) ausdrücklich fest gehalten. Das Abgrenzungsmerkmal der rechtlichen Gleichstellung kann nicht durch andere Merkmale - etwa das vom Kläger im Berufungsvorbringen betonte, einer Aktiengesellschaft vergleichbare Umsatzvolumen der Genossenschaft - ersetzt werden (BSG; Urt. v. 3.2.1994, a. a. O.). Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht schließlich im Urteil vom 19.6.2001 (- B 12 KR 44/00 R -: eingetragener Verein) nochmals bekräftigt und die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft auf die Organe anderer juristischer Personen erneut abgelehnt. Der Senat schließt sich dieser überzeugenden Rechtsprechung an. Sie ist auch keineswegs überholt, wie der Kläger meint. Sollen nicht nur die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, sondern auch diejenigen anderer ("großer") juristischer Personen von der Sozialversicherungspflicht befreit werden, hat darüber der Gesetzgeber zu entscheiden, etwa, indem er die Versicherungsfreiheit auf die Vorstände weiterer juristischer Personen ausdehnt oder für die Versicherungsfreiheit nicht mehr an die Rechtsform der juristischen Person, sondern an andere Merkmale anknüpft. Solange das nicht geschehen ist, bleibt es bei der Anwendung der derzeit geltenden klaren Gesetzesbestimmungen in § 1 Satz 4 SGB VI bzw. in § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III.

Danach ist der Kläger zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig, wenn er nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV als (abhängig) Beschäftigter einzustufen ist. Das ist auch nach Auffassung des Senats der Fall. Das Sozialgericht hat seiner Entscheidung die rechtlich maßgeblichen Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt und diese auch richtig gewürdigt. Es hat auf die vertraglichen Vereinbarungen und Satzungsregelungen der Genossenschaft, so wie sie im Fall des Klägers auch tatsächlich vollzogen werden, abgestellt und dem das Gesamtbild der abhängigen Beschäftigung eines Dienste höherer Art leistenden Angestellten entnommen (vgl. dazu auch hinsichtlich des Vorstandsmitglieds eines Vereins BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR44/00 R -). Der Senat verweist gem. § 153 Abs. 1 SGG auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (S. 5 dritter Absatz bis S. 7 erster Absatz des Entscheidungsabdrucks), die er sich zu Eigen macht. Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Die vom Kläger für seinen Arbeitgeber geleisteten Dienste höherer Art bleiben fremdbestimmt, da die Ordnung des Betriebs, die Unternehmenspolitik der Beigeladenen Nr. 2 nach den dafür maßgeblichen Kriterien der Rechtsprechung (dazu insbesondere BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -) maßgeblich durch den Aufsichtsrat bestimmt wird, der nicht nur zu den in § 23 Abs. 2 der Satzung der Beigeladenen Nr. 2 genannten Angelegenheiten seine Zustimmung erteilen muss, sondern auch die Vorstandsmitglieder bestellt und ggf. abberuft (§ 18 Abs. 3 und 7 der Satzung) und deren Anstellungsverhältnis durch einen schriftlichen Dienstvertrag regelt (§ 18 Abs. 3 der Satzung). Soweit der Kläger geltend macht, er sei für die Beigeladene zu 1.) weit mehr als die üblichen 40 Wochenstunden tätig, lässt er außer acht, dass die Vergütung, die im üblichen zeitlichen Umfang beschäftigte Arbeitnehmer typischerweise erhalten, mit seiner Vergütung einschließlich der Nebenleistungen auch nicht ansatzweise vergleichbar ist (dazu auch etwa BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Davon abgesehen kann ein Arbeitseinsatz dieser Art bei Geschäftsführern und leitenden Angestellten allgemein nicht als Indiz für eine selbständige (unternehmerische) Tätigkeit herangezogen werden, nachdem er in diesem Bereich (und vielfach auch bei nicht leitenden Angestellten) durchaus üblich ist (vgl. BSG, Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -). Ohne maßgebliche Bedeutung ist auch, dass der Kläger seine Dienste höherer Art teils in seinem Büro am Wohnort, teils in den Geschäftsräumen seiner Arbeitgeberin und teils auf Geschäftsreisen ausübt; das ist bei Diensten der in Rede stehenden Art nichts Außergewöhnliches und findet sich angesichts der Entwicklungen in der Bürokommunikation zunehmend auch bei abhängig Beschäftigten in Sachbearbeiterfunktionen. Auf eine unternehmerische Tätigkeit weist das nicht hin. Das gilt in gleicher Weise für die Beteiligung des Klägers am Betriebergebnis durch eine ihm neben dem im Dienstvertrag vereinbarten Gehalt (ab 1.7.2004 12.800,- EUR monatlich) gewährte Gewinntantieme und die Zeichnung eines Mitgliedsanteils entsprechend der im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen. Auch angesichts dessen bleibt es dabei, dass er für die Beigeladene zu 1.) im Rahmen des abgeschlossenen Dienstvertrags seine Arbeit einsetzt und die ihm dafür vereinbarungsgemäß zustehende Gegenleistung dem von einem Unternehmer regelmäßig eingesetzten Wagniskapital nicht gleich steht (vgl. zur Zahlung einer Jahresleistungsprämie etwa BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 ? R).

Wie das Sozialgericht im Einzelnen richtig dargelegt hat, begründet auch die den Kläger persönlich treffende Gefahr der Haftung für durch schuldhaftes Verhalten entstandene Schäden kein Unternehmerrisiko (auch dazu BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 165 Nr. 73). Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der vorzeitigen Kündigung des auf 3 Jahre befristeten Arbeitsvertrags verdeutlicht das Interesse des Arbeitgebers daran, einen leitenden Angestellten, der Dienste höherer Art an maßgeblicher Stelle leistet, nicht vorzeitig zu verlieren. Für die Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von unternehmerischer (selbständiger) Erwerbstätigkeit bietet sie aber kein ausschlaggebendes Kriterium. Nichts anderes gilt für die vom Kläger im Berufungsvorbringen betonte Befreiung vom Verbot der Selbstkontrahierung nach § 181 BGB. Dabei handelt es sich nur um ein Kriterium unter anderen, das in das für die Qualifizierung der jeweiligen Tätigkeit maßgebliche Gesamtbild einfließt, die Annahme einer selbständigen Beschäftigung aber nicht von vornherein erzwingen kann, zumal es in Fällen dieser Art (wie auch hier) regelmäßig um in der dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess bestehende Dienste höherer Art geht (vgl. dazu auch etwa BSG, Urt. v. 30.6 1999, - B 2 U 35/98 R -). Schließlich kann das vom Kläger ? entgegen seiner ursprünglichen Angaben im Verwaltungsverfahren ? im weiteren Verfahren für sich allein reklamierte "know how" für die Führung der Beigeladenen Nr. 2 nicht den Ausschlag geben. Abgesehen davon, dass es hier weniger um spezielle technische Kenntnisse, etwa hinsichtlich Entwicklung und Ausbau des einzigen branchengebundenen Produkts eines Unternehmens, sondern um Management- und Marketingerfahrungen im Geschäftsfeld der Beigeladenen Nr. 2 geht, hätte dieser Umstand ohnehin kein derartiges Gewicht, um daraus eine selbständige Tätigkeit abzuleiten. Vielmehr ist es durchaus üblich, dass Geschäftsführer (nicht anders geschäftsführende Vorstandsmitglieder) spezielle Fachkenntnisse aufweisen und diese vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung dieser Aufgabe sind (so BSG, Urt. v. 30.6.1999, - B 2 U 35/98 -).

Schließlich trifft es entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht zu, dass die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der Rechtsprechung als Unternehmer eingestuft würden. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der von ihnen ausgeübten Tätigkeit richtet sich vielmehr ebenfalls nach den dargestellten Rechtsgrundsätzen; das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist grundsätzlich neben der gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -). Anderes gilt nur dann, wenn der Gesellschafter (namentlich als Alleingesellschafter) wegen des ihm im Einzelfall zukommenden rechtlich maßgeblichen Einflusses auf die Willensbildung der Gesellschaft Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, a. a. O.).

Alles in allem ergibt sich aus dem Vertrag, den der Kläger mit der Beigeladenen zu 1.) abgeschlossen hat, und dessen tatsächlicher Anwendung in der Praxis das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung als angestelltes Mitglied der Beigeladenen zu 1.). Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufungen des Kläger und der Beigeladenen zu 1.) erfolglos bleiben mussten.

Die Kostenentscheidung berücksichtigt, dass das Berufungsverfahren von einem nicht gerichtskostenpflichtigen Beteiligten, dem Kläger, und einem gerichtskostenpflichtigen Beteiligten, der Beigeladenen zu 1.) geführt wurde. Auf die Berufung des Klägers findet § 193 SGG Anwendung, sodass er gerichtskostenfrei bleibt und auch sonst keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat. Die Beklagte hat bezüglich seiner Berufung Pauschgebühren nach § 184 SGG zu entrichten. Für die Beigeladene zu 1.), die nicht zu den nach § 183 SGG privilegierten Beteiligten gehört, ist das Berufungsverfahren nach § 197a Abs. 1 SGG kostenpflichtig, die Kostenentscheidung folgt für sie aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte trifft bezüglich der Gerichtskosten keine Kostenlast, sodass eine doppelte Heranziehung (zu Pauschgebühren und zu Gerichtskosten) nicht stattfindet. Der Umstand, dass die Beigeladene zu 1.) auch in Berufung ging, kann aber nicht dazu führen, dass sie hinsichtlich der Pauschgebühren entlastet wird.

Der Senat schließt sich mit dieser kombinierten Kostenentscheidung der Rechtsauffassung des 3. Senats des BSG (Beschluss vom 26.07.2006, B 3 KR 6/06 B) an. Die Auffassung des 2. Senats (Beschluss vom 29.05.2006, B 2 U 391/05 B), wonach dann, wenn gegen ein Urteil mehrere Beteiligte Rechtsmittel einlegen, von denen einer zum kostenrechtlich begünstigten Personenkreis des § 183 SGG gehört und ein anderer nicht, sich die Kostenentscheidung in dem Rechtszug für alle Beteiligten einheitlich nach § 193 SGG richten soll, lehnt der Senat ab. Diese Auffassung führt dazu, dass die Frage, ob Gerichtskosten anfallen, von Beteiligten nicht im Voraus beantwortet werden kann. Es bliebe der Willkür eines Außenstehenden Dritten, etwa eines Beigeladenen, überlassen, durch Einlegung eines Rechtsmittels für den Wegfall der Gerichtskostenpflicht zu sorgen bzw. durch die Rücknahme einer Berufung wieder das Aufleben von Gerichtskosten zu bewirken. Die Auffassung des 2. Senats des BSG ermöglicht zudem in der Praxis Gestaltungsmöglichkeiten zu Lasten der Staatskasse, beispielsweise würden Streitigkeiten um Beitragsnachentrichtungen (z.B. Nachforderung 50.000 EUR, 15 Beigeladene) für den Arbeitgeber gerichtskostenfrei, wenn es ihm nur gelänge, einen seiner früheren oder derzeitigen Mitarbeiter zu bewegen, ein Rechtsmittel einzulegen.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Insbesondere ist in der wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt, dass auf die Mitglieder des Vorstands einer eingetragenen Genossenschaft die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften nicht anwendbar sind.

RechtsgebietSGBVorschriften§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV

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