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15.03.2007 · IWW-Abrufnummer 070932

Landgericht Köln: Urteil vom 13.12.2006 – 4 O 350/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


4 O 350/06
verkündet am 13.12.2006

Landgericht Köln

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln

auf die mündliche Verhandlung vom 15.11.2006
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Reiner als Einzelrichter
für Recht erkannt

1. Die Beklagten werden, als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 5.703,94 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 2.8.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 7.175,94 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.8.2006 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 4.11.2005 zu ersetzen, soweit Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die XXX einen Betrag in Höhe von 1.226,12?nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.8.2006 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 %, die 'Beklagten als Gesamtschuldner zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 4.11.2005 in Wesseling am Kreisverkehr an der Kreuzung Kronenweg/Eichholzer Straße gegen 13.25 Uhr ereignet hat.
Die Kläger war mit einem Fahrrad an dem Unfall beteiligt, der Beklagte zu 1) war Fahrer und die. Beklagte zu 2) ist Haftpflichtversicherer des PKW Marke Opel Vectra mit dem amtlichen Kennzeichen XXX.
Zur Unfallzeit befuhr die Klägerin mit ihrem Rad den Kronenweg auf dem rechten Radweg stadtauswärts. Sie wollte an der Kreuzung Kronenweg/Eichholzer Straße; an der sich ein Kreisverkehr befindet, gegenüberliegend den Kronenweg weiterfahren. Hierzu benutzte sie den über die Eichholzer Straße führenden Radweg, der sich in Richtung Kreisverkehr hinter einem Zebrastreifen befindet. Vor dem Zebrastreifen befinden sich die Verkehrszeichen gemäß § 41 StVO Zeichen 205 (Vorfahrt achten) mit dem Zusatzschild "von beiden Seiten kreuzende Radfahrer". Zur gleichen Zeit näherte sich der Beklagte mit seinem Pkw dem Kreisverkehr auf der Eichholzer Straße. Die Klägerin sah den mit langsamer Geschwindigkeit auf den Kreisverkehr zufahrenden Beklagten zu 1), ging davon aus, dass dieser sein Fahrzeug anhalten werde und fuhr auf dem Radweg weiter. Der Beklagte zu 1) sah die Klägerin nicht, so dass es zum Zusammenstoß der beiden Parteien kam. Die Klägerin stürzte und zog sich neben Prellungen eine Tibiakopffraktur zu.

Sie wurde vom 4. bis 17.11.2005 stationär im Dreifaltigkeits-Krankenhaus in Wesseling, wo der Bruch operativ versorgt wurde, behandelt. Bis Ende März 2006 trug sie eine Don-Joy-Schiene, deren Winkel stufenweise verstellt wurde. Ende Mai 2006 wurde das in das Knie eingesetzte Material operativ entfernt. Hierbei wurde zugleich ein Marknagel, den die Klägerin anlässlich der Operation einer Unterschenkelfraktur im Januar 2005 erhalten hatte, entfernt.

Wegen der näheren Einzelheiten des Behandlungsverlaufs wird auf die Schilderungen in der Klageschrift verwiesen.

Die Klägerin verlangt nunmehr ein angemessenes Teil-Schmerzensgeld für die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen Beeinträchtigungen aufgrund des Unfalls, dessen Angemessenheit sie in das Ermessen des Gerichts stellt, aber mit mindestens 10.000,- ? angibt. Da die Gefahr einer Arthrose bestehe, könne das Schmerzensgeld nicht abschließend beziffert werden.
Die Beklagte hat vorprozessual eine Zahlung von 2.000,- ? geleistet, wobei sie im Prozess eine Leistungsbestimmung dahingehend getroffen hat, dass 175,93 ? auf materielle Schäden und 1.824,06 ? auf Schmerzensgeld verrechnet werden.
Als Schmerzensgeldbetrag verlangt die Klägerin daher noch weitere 8.175,94 ?. Weiterhin verlangt sie den Ersatz materieller Schäden für die Beschädigung der am Unfalltag getragenen Kleidung, des Fahrrades, Fahrt- und Zuzahlungskosten und allgemeine Unkostenpauschale, insgesamt 431,87 ?. Ferner begehrt sie fiktive Haushaltshilfekosten in Höhe von 8.230,- ?, zu deren Berechnung sie im einzelnen ausführt.
Schließlich verlangt die Klägerin die Zahlung einer 2,1-fachen Geschäftsgebühr an ihre Rechtsschutzversicherung, deren Höhe sie mit der besonderen Schwierigkeit des Falles . wegen Schmerzensgeld- und Haushaltsführungsschadenbezifferung begründet.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin weitere 8.475,94 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.11.2005 zuzahlen.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldbetrag (als Teilschmerzensgeld bis zum 15.11.2006) - mindestens jedoch weitere 8.175,94 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.11.2005 zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 4.11.2005 zu ersetzen, soweit Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die XXX zur Schaden-Nr. XXX (Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Zum Haftungsgrund sind sie der Ansicht, dass die Klägerin ein Mitverschulden treffe, das sie auf 50 % beziffern. Hierzu meinen sie, dass sich auch die Klägerin nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Rücksichtnahme verhalten habe. Ein Vorfahrtsrecht habe ihr nicht zugestanden. Sie habe aber auch ihr vermeintliches Vorfahrtsrecht nicht erzwingen dürfen, sondern hätte notfalls anhalten müssen.
Zur Höhe des geltendgemachten Schadens behaupten sie, das der Zeitwert des beschädigten Kleidung nur 80,- ? betragen habe. Die Berechtigung des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens bestreiten sie ebenso wie die Höhe der geltend gemachten Geschäftsgebühr, die sie mit 1,8-fach als angemessen bewerten. Zum Schmerzensgeld rügen sie die .Unzulässigkeit des verlangten Teilschmerzensgeldes, da der Klägerin eine Bewertung der eingetretenen Verletzungen möglich sei. Die Höhe des Schmerzensgeldes halten sie bei Annahme eines hälftigen Mitverschuldens mit 1.800,-? für angemessen reguliert.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend begründet.

Die Beklagten haften dem Grunde nach der Klägerin für die Folgen des Verkehrsunfalls vom 4.11.2005 gemäß §§ 7 I, 18 StVG, § 3 PfIVersG.; Der Unfall stellte für den Beklagten zu 1) kein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 7 II StVG dar, wie auch die Beklagten einräumen.

Der Klägerin ist kein nach §§ 18 StVG, 254 BGB anzurechnendes Mitverschulden an dem Unfall anzulasten. Zwar war auch für die Klägerin der Unfall nicht unvermeidbar im Sinne von § 7 II StVG, da sie bei Beachtung der äußersten Sorgfalt und Vorsicht den Unfall dadurch hätte vermeiden können, dass sie mit ihrem Fahrrad anhielt, bevor sie mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) kollidierte. Die Abwägung der Verursachungsanteile unter Berücksichtigung der jeweiligen Betriebsgefahr ergibt jedoch im Ergebnis eine alleinige Haftung des Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 1) war aufgrund des Verkehrszeichens § 41 StVO Nr. 205 gegenüber dem kreuzenden Fußgänger- und Fahrradverkehrs wartepflichtig. Bereits hieraus ergibt sich gemäß § 8 StVO das Vorfahrtsrecht der Klägerin, so dass dem Beklagten zu 1) dessen Verletzung anzulasten ist. Der Klägerin ist kein Verstoß gegen § 2 IV StVO vorzuwerfen, da sie den rechten Radweg, der parallel zur Straße verlief, benutzt hat. Soweit die Beklagten eine Verletzung des § 1 II StVO rügen, tritt dies hinter den Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1) zurück. Anders als in Fällen, in denen ein in diese Richtung nicht freigegebener Radweg benutzt wird, bei dem der Radfahrer eher damit rechnen muss, von einem Autofahrer übersehen zu werden. (vgl. die Nachweise bei OLG Saarbrücken vorn 13.1.2004 - 3 U 244/03-), ist der Klägerin hier ein derartiger Vorwurf nicht zu machen. Sie konnte darauf vertrauen, dass der wartepflichtige Beklagte zu 1) ihr Vorfahrtsrecht respektieren würde, da insbesondere auch die Lage des Radweges - aus Sicht des wartepflichtigen Beklagten zu 1) - hinter dem Zebrastreifen der Klägerin den Eindruck eines besonderen Schutzes des Radweges vermittelte. Der Klägerin ist auch kein Vorwurf zu schnellen oder unachtsamen Fahrens zu machen. Auf der anderen Seite ändert an der alleinigen Haftung des Beklagten zu 1) jedoch nichts, dass auch dieser nicht schnell, sondern eher langsam auf den Kreisverkehr zugefahren ist.

Der danach der Klägerin dem Grunde nach in voller Höhe zu ersetzende materielIe Schaden berechnet sich wie folgt:

Der Fahrradschaden in Höhe von 30,- ?, Kostenpauschale in Höhe von 25,-, ?, Zuzahlungskosten in Höhe von 156,87 ? sowie Fahrtkosten in Höhe von 60,- ? sind der Höhe nach unstreitig, daher voll zu regulieren. Den von der Klägerin mit 150,-? angesetzten Bekleidungsschaden schätzt das Gericht gemäß §287 ZPO auf 100,- ?, da die zum Neuwert von 150,- ? im Frühjahr 2005 angeschafften Kleidungsstücke zur Zeit des Verkehrsunfalls nur noch einen Zeitwert in dieser Höhe hatten.

Den insoweit entstandenen Schaden in Höhe von insgesamt 371,87 ? haben die Beklagten bereits in Höhe von 175,93 ? reguliert, so dass ein Betrag von noch 195,94 ? zu zahlen ist.

Die Klägerin kann ferner als weiteren materiellen Schaden Ersatz für die ihr unfallbedingt entstandene Beeinträchtigung in der Führung ihres Haushalts verlangen. Der Grad der Beeinträchtigung ist entsprechend dem Vortrag der Klägerin - der durch vorgelegte Atteste belegt und aufgrund der Art der Verletzung auch nachvollziehbar dargelegt ist - Zeitabschnittsweise anzusetzen:

Für die Zeit der stationären Behandlung vom 4. bis 17.11.2005 mit 100 %, wobei die Klägerin die Hälfte auf den angefallenen Erwerbschaden anrechnet; für die Zeit vom 18.11.2005 bis 31.1.2006 auf 100 % entsprechend den vorgelegten Arztberichten des Dr. XXX vom 3.3.2006 und XXX vom 7.6.2006. Ab dem 1.2.bis zum 15.4.2006 ist nach dem letztgenannten Bericht eine durchschnittlich 50 %-ige Beeinträchtigung in der Haushaltsführung anzunehmen.

Die Höhe des Haushaltsführungsschadens berechnet die Klägerin fiktiv, was grundsätzlich zulässig ist. In Ermangelung konkreten Vortrages dazu, welche Tätigkeiten der Klägerin im einzelnen unfallbedingt nicht möglich waren, ist jedoch eine Schadensschätzung als Mindestschätzung vorzunehmen (vgI. BGH NJW 1989, 2539; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 87). Hierfür geben die Tabellen bei Schulz-Borck/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl.) eine hinreichende Schätzungsgrundlage. Der Haushalt der Klägerin ist dem Haushaltstyp Nr. 3 der Tabelle 8 (2-Personen-Haushalt, über 60 Jahre, nicht erwerbstätig) zuzurechnen. Der statistische Anteil der Klägerin an der Hausarbeit ist daher mit 40,5 Stunden bzw. einem Anteil von 62,3 % anzusetzen. Soweit die Klägerin darüber hinaus Zuschläge nach den Tabellen 1 a und 2 wegen gesteigerten Bedarfs aufgrund des Haushaltstyps und der Gartenversorgung verlangt, die sie mit20 % bewertet, ist dem nicht zu folgen. Insbesondere in Tabelle 2 sind verschiedene Möglichkeiten für Zu- und Abschläge vorhanden, deren Annahme eine im Detail vorzunehmende Abwägung aller relevanten Besonderheiten des konkreten Falles voraussetzt. Da die Klägerin vorliegend den Haushaltsführunqsschaden nur abstrakt berechnet, ist dies nicht möglich. Auch das beantragte Sachverständigengutachten ist insoweit nicht einzuholen, da dies ohne nähere Angaben der konkreten Einzelheiten auf eine Ausforschung hinausliefe.

Die Höhe des Stundenlohns einer fiktiven Haushaltskraft schätzt das Gericht in Anlehnung an Entscheidungen verschiedener Obergerichte auf 8,- ? (vgl. OLG Celle NJW-RR 2004, 1673; OLG Hamm NJOZ 2001,514).

Danach ergeben sich bei Anwendung dieser Gründlagen folgende Beträge:

Für die Zeit vom 4. bis 17.11.2005 324,- ?,
für die Zeit vom 18.11.2005 bis 31.1.2006 3.402,- ?,
für die Zeit vom 1.2. bis 15.4.2006 1.782,- ?,
so sich dass der gesamte Haushaltsführungsschaden auf 5.508;-? errechnet.

Die Klägerin kann ferner auch ein weiteres Schmerzensgeld als billigen Ausgleich für die. beim Unfall entstandenen Verletzungen verlangen. Aufgrund der bei dem Unfall entstandenen Tiblakopffraktur, die zwei Operationen und einen längeren Heilungsverlauf mit Bewegungsschienenapparat sowie den bereits oben aufgeführten Zeiten geminderter Bewegungsfähigkeit mit sich brachte, ferner auch unter Berücksichtigung der aufgrund dessen und durch Rippenprellungen entstandenen Schmerzen hält das Gericht einen Schmerzensgeldbetrag von insgesamt 9.000,- ? für angemessen. Dies entspricht (indexiert) den Beträgen, die auch andere Gerichte bei vergleichbaren Verletzungen zugesprochen haben, namentlich OLG Schleswig vom- 8.7.1992 - 9 U 79/90 - 7.500,- ?, indexiert 9.416,38 ?; LG Köln vom 21.5.1993 - 5 O 159/92- 3.750,- ? bei 50 % Haftungsquote, indexiert 4.509,18 ?. Dem Gericht ist wohl bewusst, dass auch niedrigere Beträge ausgeurteilt worden sind, z.B. OLG Hamm, Urteil vom 26.2.1986 - VersR 1987, 206 (3.150,- ?, indexiert 5.485,45 ?). Andererseits sind auch höhere Beträge zugesprochen worden, z. B. LG Hagen vom 9.10.1984 - 19 O 377/83 - (7.000,- ?, indexiert 10.437,24 ?), sowie OLG Dusseldorf vom 1.12.2003 - 1 U 65/03 - (15.338,-?).

Die unterschiedlichen Beträge resultieren aus den nicht übertragbaren Besonderheiten des jeweiligen Falles - Umfang der Verletzungen sowie Heilungsverlauf - sowie aus den richterlichen Ermessensentscheidungen immanenten Abweichungen, so dass sich hieraus nichts Erhebliches ableiten lässt.

Da die Beklagte zu 2) bereits einen Betrag in Höhe von 1.824,06 ? auf das Schmerzensgeld gezahlt hat, verbleibt ein noch zuzusprechender Betrag von 7.175,94 ?. Hierbei sind auch die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetretenen dauerhaften Beeinträchtigungen mit umfasst, da diese nicht aufgeteilt werden können. Das Begehren der Klägerin, diese im Wege des Teilschmerzensgeldes völlig (oder nur anteilig) unberücksichtigt zu lassen, widerspricht dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes. Ein Ausnahmefall, wie der Entscheidung BGH in NZV 2004, 241 zugrunde liegend, dass eine abschließende Bezifferung noch nicht möglich ist, ist vorliegend, nicht gegeben: Die Klägerin hat lediglich eine noch nicht abschätzbare Arthrosegefahr als möglichen weiteren Zukunftsschaden vorgetragen. Dem ist durch den ebenfalls begründeten Feststellungsantrag Rechnung getragen. Eine Aufteilung der übrigen, jetzt schon feststehenden dauerhaften Bewegungseinschränkungen in einen Teil bis zur letzten mündlichen Verhandlung und einen Teil danach ist weder praktikabel noch zulässig. Da in vergleichbaren Fällen jeweils auch ein materieller und immaterieller Vorbehalt mit ausgeurteilt wird, das Schmerzensgeld abereinheitlich für eingetretene Schäden zugesprochen wird, ist ansonsten eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben. Hinzukommt auch, dass die Klägerin ein Teilschmerzensgeld bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in Höhe von 10.000,- ? für angemessen hielt, das auch unter Berücksichtigung der bereits jetzt eingetretenen dauerhaften Bewegungs- und Belastungseinschränkung des' rechten Beins nicht erreicht worden ist.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist das Gericht im Übrigen nicht davon ausgegangen, dass die vorliegenden Verletzungen durch den seitens der Klägerin im Frühjahr 2005 erlittenen Unfall begünstigt worden sind. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Auch der Umstand, dass die zweite Operation auch der Entfernung von Material diente, das aufgrund des ersten Unfalles eingesetzt worden. war, fällt nicht ins Gewicht. Andererseits hat das Gericht das zögerliche Regulierungsverhalten der· Beklagten zu 2) nicht als schmerzensgelderhöhend angesehen, da die von dieser vertretene Rechtsauffassung zum Haftungsgrund zumindest vertretbar erscheint.

Die Klägerin hat schließlich auch Anspruch auf Erstattung eines Teils der durch die vorgerichtliche 'Tätigkeit. ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen Geschäftsgebühr.

Diese ist nach einem Wert von 28.856,87 ? (am Ende des Urteils festgesetzter Verfahrensstreitwert zuzüglich vorgerichtlich geleisteter Vorschusszahlung) zu berechnen. Der Höhe nach hält das Gericht die angesetzte 2,1-fache Gebühr nicht für unbillig und daher für verbindlich. Die vorliegende Angelegenheit ist überdurchschnittlich schwierig, so dass aufgrund der zahlreichen problematischen Rechts- und Tatsachenfragen die verlangte Gebühr auch wegen der haftungsrechtlichen Risiken berechtigt erscheint. Ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer zur Überprüfung der Gebührenhöhe ist nicht einzuholen, da § 14 Abs. 2 Satz 1 RVG nur für den Honorarstreit zwischen Rechtsanwalt und Mandant gilt, aber nicht gegenüber Dritten (vgl. OLG Saarbrücken vom 13.9.2006, 1 U 624/05).

Auf die Geschäftsgebühr ist jedoch die im vorliegenden Verfahren entstehende Verfahrensgebühr mit dem Höchstbetrag von 0,75 anzurechnen. Dies hat entgegen der Ansicht der Klägerin bereits im vorliegenden Prozess zu erfolgen, da die Anrechnung in dem erst später erfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht möglich ist (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.), so dass die Klägerin ansonsten mehr erhielte, als ihr - bzw. ihrer Rechtsschutzversicherung - als Schaden entstanden ist.

Die zu erstattende Gebühr errechnet sich daher wie folgt:
2,1 Geschäftsgebühr nach Streitwert 28.856,87 ? = 1.592,00 ?
abzüglich 0,75 Anteil Verfahrensgebühr nach Streitwert 26.856,87 ? = 569,00 ?
verbleiben: 1.023,00 ?
unstreitige Kopiekosten: 9,00 ?
Auslagenpauschale: 25,00 ?
Zusammen: 1.057,00 ?
16,% Umsatzsteuer: 169,12 ?
Insgesamt: 1.226,12 ?

Die Zinsforderung hinsichtlich materiellem Schaden und Schmerzensgeld sowie bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 291 BGB als Rechtshängigkeitszins. Ein Anspruch auf Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 BGB besteht nicht, da die Beklagten nicht wirksam in Verzug gesetzt worden sind. Die Aufforderung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Beklagte zu 2), einen weiteren Vorschuss in Höhe von 18.000,-? zu leisten, genügt nicht den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit der Zahlungsaufforderung im Sinne von § 286 BGB (vgl. ( vgl. Palandt-Heinrichs, 65. Aufl. § 286 Rn 19 ). Insbesondere bei mehreren Ansprüchen, wie hier in Form von Schmerzensgeld und materiellem Schaden ist eine Abgrenzung der Höhe nach erforderlich, um dem Schuldner Gelegenheit zu geben, die Ansprüche zu prüfen und gegebenenfalls zu erfüllen.

Für die von der Klägerin verlangte Verzinsung der Ansprüche auf Ersatz des materiellen Schadens und Schmerzensgeld ab dem Zeitpunkt des Verkehrsunfalls ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 (Schmerzensgeld), der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Streitwert: Für die Anträge zu 1) und 2): 16.856,87 ?, für den Antrag zu 3): 10.000,-?, da der Vortrag der Klägerin einen höheren Gegenstandswert für die Feststellung von Zukunftsschäden nicht rechtfertigt.

Gesamtstreitwert: 26.856,87 ?.

RechtsgebieteStVG, BGBVorschriften§§ 18 StVG, 254 BGB

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